Musik von ganz weit her

Musik von ganz weit her

Shanbehzadeh Ensemble in Wien

Shanbehzadeh Ensemble gastierte in Wien

Mit dem Shanbehzadeh Ensemble gastierte im Rahmen des „Salam.Orient“ eine 3köpfige Musikergruppe, die ihre traditionellen Stücke aus dem Süden des Irans mitgebracht hatten. (Foto: Salam.Orient9

Salam.Orient – das Festival für Musik, Tanz und Poesie aus orientalischen Kulturen hatte in den vergangenen Wochen Wien fest im Griff. Mit dem Shanbehzadeh Ensemble gastierte im Rahmen des Festivals eine 3köpfige Musikergruppe, die ihre traditionellen Stücke aus dem Süden des Irans mitgebracht hatten.

Genauer gesagt stammt Saeid Shanbehzadeh, der Gründer der Gruppe, aus Buschehr, das am persischen Golf gelegen ist. „We come from the south of Iran and we are not „in mode“ – so beschrieb das Bandoberhaupt die Rolle seiner Landsleute im Iran. „We are what we are – we are natural“ – und damit charakterisierte er sich und seine Landsleute, die nicht zwar aus dem persischen Raum stammen, ihre Wurzeln aber auch nach Afrika oder Indien zurückverfolgen können.

In Wien trat das Trio im Odeon auf und begeisterte ein Publikum, das mindestens zur Hälfte die persische Sprache – Farsi – verstehen oder auch sprechen konnte. Das ergab ein kurzer Gegencheck anlässlich einer kleinen Conferance von Saeid. Dieser energiegeladene Musiker gewann die Zuhörerinnen und Zuhörer durch seine impulsive Art den Neyanban zu spielen und damit auch gleichzeitig zu tanzen. Dieser aus Ziegenhaut hergestellte Dudelsack zeugt von einer uralten Musiktradition, die nach wie vor noch in dem Landstrich gepflegt wird. Dort aber nicht in Konzertsälen wie in Europa, sondern anlässlich von Hochzeiten oder Beerdigungen oder anderen Feierlichkeiten, zu denen sich viele Menschen versammeln. Oft erlernen die Musiker ihre Instrumente und das einschlägige regionale Repertoire von ihren Vätern, so wie diese es auch von ihren Vätern erlernten. Interessant aber ist, dass einige der Stücke, die das Shanbehzadeh Ensemble aufführte, erst einige Dezennien alt sind. So erklärte Saeid den Hintergrund eines Liedes, welches Anfang des 20. Jahrhunderts als Rebellionslied von Arbeitern im Hafen aufkam. „Es ist ein bekanntes Lied im Iran, aber viele Menschen wissen nicht, was es damit auf sich hatte“, erklärt der Vollblutmusiker, der durch seine unglaubliche Bühnenpräsenz auch dann das Publikum faszinierte wenn er auch nur kleine Geschichten rund um die Musikstücke zum Besten gab.

Bekleidet mit einem dünnen Rock und einem ebensolchen ärmellosen Oberteil schlüpfte er auch gerne so manches Mal mit nur wenigen Schritten in die Rolle von einer tanzenden Frau. Eine gängige Praxis dort, wo es Frauen verboten ist, mit Männern aufzutreten und zu tanzen. Mit seinem archaisch wirkenden Instrument verbindet ihn mehr als nur die Möglichkeit, Musik zu machen. Und so fungierte dies je nach Stimmung auch als sein Kind, das er in den Schlaf zu wiegen schien, seine Geliebte, die er zärtlich umfasste oder sein Verführungsinstrument, dessen Wirkung er sich bewusst ist. „I can not speak German, all I know is „ich liebe dich“ ließ er die Damen im Publikum wissen und bezauberte auch mit einem Liebeslied, in dem es heißt „es geht nicht ohne dich – mit dir aber auch nicht“ – was eine Dame im Publikum zum Anlass nahm festzustellen, dass dieses Problem wohl ein Internationales sei.

Die Musik an diesem Abend lässt Bilder von einem heißen Land aufkommen, von einem staubigen, sandigen Boden und Menschen, die gemeinsam im Freien feiern. Sie klingt, als käme sie aus ganz ferner Zeit und ist doch ganz gegenwärtig. Abseits jegliches world-music-maistreams, den es mittlerweile auch schon gibt, spielen die drei Musiker, die in Paris leben, als hätten sie ihre Heimat nie verlassen. Habib Mefthah Boushehri und Naghib Shanbehzadeh sind Meister auf ihren Daboukas – den kleinen Trommeln, die in unterschiedlichen Stimmungen im Sitzen am Boden gespielt werden. Immer wieder faszinierten sie mit ihrer Fingerfertigkeit und legten Saeid einen rhythmischen Boden, der ihn während seines eigenen Spiels zum Tanzen verleitete.

Bis 31. Oktober gibt es noch Gelegenheit, mit der orientalischen Kultur bei einigen Veranstaltungen in Berührung zu kommen.

Infos unter: salam-orient.at

Man nehme: Luft, Wasser und viel Geduld

Man nehme: Luft, Wasser und viel Geduld

Der junge chilenisch-niederländische Choreograf Rodrigo Sobarzo de Larraechea, der in Amsterdam am SNDO Choreografie und in Chile an der Universität von Santiago Theater studierte, gastierte im Rahmen von ImPulsTanz in Wien. Der Titel seiner jüngsten Arbeit „Apnea“ weist auf jenen atemlosen Zustand hin, den man zwangsläufig unter Wasser einnimmt. Und tatsächlich ist es dieses Element, in welches er in transformierter Art und Weise auf der Bühne eintaucht.

Doch bis es so weit ist, heißt es sich in Geduld zu üben. Denn als Vorspann hat der Choreograf und Tänzer in Personalunion einige Zen-Übungen für das Publikum eingebaut. Und die sind nicht jedermanns bzw. jederfraus Sache. Schon in der dazugehörigen Aufwärmphase, in welcher er mittels eines am Boden stehenden Mischpultes und eines Minisynthesizers einen voluminösen Klangberg aufbaut, verlassen einige Ungeduldige den Raum, nichtsahnend, dass dieser sich im Laufe der Vorstellung noch grundlegend optisch und akustisch verändern wird. Am Höhepunkt dieses klanglichen Spektakels greift Rodrigo schließlich zur Schaufel und beginnt bedächtig jenen kleinen Lautsprecher mit Erde zuzuschaufeln, aus welchem sich die Klangmassen ins Publikum wälzen. Dieser surreale Gestus wird umso intensiver wahrgenommen, als der Künstler zuvor noch die Schallwellen aus dem kleinen Lautsprecher optisch sichtbar machte, indem er dem Lautsprecher einen dünnen schwarzen Müllsack umband, durch den die Bewegungen des Schalles gut erkennbar wurden. Mit dem Zuschaufeln der Box verringerte sich allmählich auch die Geräuschkulisse bis hin zur gänzlichen Stille – eine schöne, wenngleich auch nicht ad hoc verständliche Analogie des Menschseins. Leben heißt atmen, aber auch einmal an seinen eigenen letzten Atemzug zu gelangen. Auch wenn man das Programm nicht gelesen hatte stand zumindest an diesem Punkt fest, dass sich der Kreative in dieser Arbeit explizit mit einem Element auseinandersetzt – nämlich jenem der Luft. Dass dazu noch ein weiteres kommt – das Wasser – wird kurz später klar. Kaum gebändigt, braust Rodrigos Geräuschkulisse noch einmal gewaltig durch den Raum – dieses Mal durch den Einsatz der über der Bühne installierten Lautsprecher. Wie harter Regen prasselt das auditive Geschehen auf das Publikum nieder und wird durch seine Intensität körperlich spürbar.

Erst nach dem gänzlichen Verstummen ändert sich das Setting. Der große, quer über die Bühne gespannte milchige Plastikvorhang wird nun neben dem Performer zum Hauptaktionisten. Mit dem Rücken zum Publikum begibt sich Sobarzo de Larraechea nach und nach mit immer wiederkehrenden Armbewegungen in eine Art Trance. Anfänglich fährt er zärtlich über die schlaff hängende Vorhangwand, tippt mit seinen Fingern leicht darauf, sodass sich die Aktion auch bildhaft durch konzentrische Kreise auf der Folie bemerkbar macht. Schon bald aber streicht er im immer selben Takt mit weit ausladenden Gesten rasch hintereinander über die vor ihm gespannte Fläche und evoziert damit Gedanken ans Schwimmen – ans Kraulen oder auch an jene Bewegungen, die Delphinschwimmer mit ihren Armen absolvieren. Nach einer nicht enden wollenden, körperlich anstrengenden Session, in der die Bewegungen auch als rhythmische Aktionen hörbar werden, schlüpft der junge Mann schließlich behände unter die Oberfläche, eigentlich hinter den Vorhang, so als ob er nun in die Tiefen des Meeres eintauchen würde und tatsächlich verändert sich schon nach wenigen Momenten auch die Szenerie. Plötzlich aufsteigender Nebel macht nun auch optisch das luftige Element sichtbar, das zusätzlich mit einem blauen Lichtstrahl markiert wird. Die Illusion einer Unterwasserhöhle mit bizarren Lichtreflexen wird nun vom Künstler durchwandert – ein Ventilator auf seinem Rücken erinnert an Pressluftflaschen, wie sie von Tauchern benutzt werden. Ein witziges Gestaltungselement, das auch sinnlich vom Publikum durch die unterschiedlichen Luftströme wahrgenommen wird, die der Ventilator während der Bewegungen Rodrigos von sich gibt. Die hektischen Bewegungen sind vorbei, ein eher ruhiges „Durch den Raum Gleiten“ ist ihnen gewichen und hält so lange an, bis letztendlich jede Lichtquelle erlischt. Ein langer applausloser Moment macht klar, dass für die ZuseherInnen das Finale nicht sofort als solches wahrgenommen wird. Man könnte aber meinen, dass Rodrigo Sobarzo de Larraechea diesen Augenblick bewusst als Endpunkt in seine Performance komponierte. Teilweise ratlose Gesichter, teilweise laute Bravorufe zeigten, dass „Apnea“ unterschiedliche Reaktionen beim Publikum auslöste. Wer sich mit offenen Augen und Ohren unverkrampft auf ein Geschehen einlässt, in welchem die Kunstgattung Tanz in neuartige Felder voranschreiten darf, wird mit den Auftritten des Künstlers mehr als zufrieden sein.

Sobarzo de Larraecheas Show ist voll von Bildern, die im Stande sind, unterschiedliche Assoziationen bei den BertrachterInnen zu evozieren. Mehr noch versetzt er sein Publikum auch in die Lage, eine neue Sensibilität für das Element Luft zu entwickeln, ohne welches es kein Menschsein gibt und das wir tagtäglich dennoch als völlig selbstverständlich erachten. Wer sich jedoch eine Soloshow erwartet hatte, bei welcher der Choreograf zuallererst auf die tänzerischen Fertigkeiten seines Körpers setzte, mag enttäuscht von dannen gezogen sein. Eine mutige Performance, mit der es durch eine kurze Einleitung davor vielleicht auch gelungen wäre, den einen oder anderen Fluchtreflex zu verhindern.

Links: ImPulsTanz

Das Paradies ist in uns

Das Paradies ist in uns

Die übliche Art Theater zu machen ist, Stücke verschiedener Autorinnen und Autoren auf die Bühne zu bringen und diese entweder im Repertoire- oder Stagionesystem aufzuführen. Aber es gibt auch andere Ansätze. Ein solcher findet sich beim Odeon-Theater in der Taborstraße in Wien, das in diesem Jahr sein 25jähriges Bestehen feiern darf. Es beheimatet das Serapions-Ensemble, das von Ulrike Kaufmann und Erwin Piplits gegründet wurde und regelmäßig mit einer neuen Produktion vor das Publikum tritt. In dieser Saison ist diese mit „Paradiso“ übertitelt. Um das Odeon am Laufen halten zu können wird es zwar auch als Spielort von anderen Veranstaltern gern genutzt, sein originärer Kern jedoch trägt schon über diese lange Zeit den Serapions-Stempel, der über Österreich hinaus einen hohen Wiedererkennungswert erlangt hat.

Paradiso im Odeon

Zum 25. Jubiläum des Odeon Theater spielt das Serapions-Ensemble das Stück „Paradiso“ (Foto: Odeon, Nick Albert)

Das Außergewöhnliche des Ensembles ist seine homogene Arbeit, in welcher sich ein Thema an das nächste anschließt oder, besser präzisiert, in welchem es einige wenige Hauptthemen gibt, die immer wieder in eine neue Bühnensprache übersetzt werden. Der Mensch auf dieser Welt, die Bedingungen die er vorfindet und in welchen er sich zurechtfinden muss und die Rolle der Kunst kommen in diesen Produktionen immer wieder leitmotivisch vor, so auch bei „Paradiso“. Diese Art von Theater, das im wahrsten Sinne des Wortes „sprachlos“ agiert, setzt auf den Ausdruck der Bewegung, auf bühnentechnische Finessen und auf den gekonnten Einsatz von Musik. Diese fungiert zugleich auch als Hauptträger der Bühnenemotionen, die zwischen Erstaunen, Freude, Angst, Trauer und Hoffnung oszillieren können.

Für die neue Produktion wurde eine hohe Mauer voll von Säcken vor die Publikumsränge gebaut. Der schmale Raum davor ist lediglich der androgynen Erscheinung von Ulrike Kaufmann gewidmet, die, als die Mauer in sich zusammenstürzt, den gesamten Abend über als nicht unwichtige „Randfigur“ das Geschehen mit einem roten Faden in der Hand begleitet. Dieser rote Faden erweist sich auch nach einiger Zeit als jenes Kontinuum, das die Menschheitsgeschichte von ihrem Anbeginn an begleitet. Das Auf und Ab zwischen befriedeten und unbefriedeten Zeiten – in der Choreografie des international bestückten Ensembles höchst nachvollziehbar umgesetzt, aber auch die alltägliche Tretmühle der Arbeit und das Eingespanntsein in ein soziales System, an dem manche zerbrechen, andere wieder ausbrechen – all das kommt an diesem Abend in Wiederholungen vor. Es ist erst diese Repetition, die letztlich diesen roten Faden erklärlich macht. Der Abend wird von intensiven Tanzszenen getragen, die meist die ganze Truppe zu starkem Rhythmusbackground interpretiert. In ihnen ballt sich die ganze Kraft des gesellschaftlichen Movens, sowohl in positiver als auch negativer Auslegung. Diesen aktiven Szenen gegenübergestellt sind jene, in welchen einzelne Ensemblemitglieder poetische Lieder anstimmen, die von den anderen Agierenden bald aufgenommen werden. Der Zauber der Stimmen und die Ruhe dieser Szenen bekommen eine ganz besondere, eigene Qualität und nehmen ein wenig das Ende voraus. In ihm verselbständigt sich der Bühnenprospekt und beginnt wie von Zauberhand über den ProtagonistInnen auf der Bühne zu schweben. Wie die Flügel eines großen Vogels belebt der zarte Stoff die Szenerie und beeindruckt durch diese poetische Bildsprache nicht nur die Tänzerinnen und Tänzer. Die Kunst gewinnt durch diese Metapher die Oberhand über die Menschen, befreit sie von allen Zwängen und gestattet ihnen jene Bewegungen durchzuführen, die ihnen nicht aufoktroyiert erscheinen, sondern aus ihnen selbst kommen. Sie steht dem Erdhaften und Erdgebundenen in geistiger Leichtigkeit entgegen und begleitet mit einer zarten Geigenmelodie das Publikum nach den Ovationen noch aus dem Theaterraum. „Paradiso“ verzaubert all jene, die Theater als sinnliches Erlebnis verstehen, bei dem die Entdeckung der eigenen Gefühle eine größere Rolle spielt als ein strikt vorgegebener Inhalt.

Vorstellungen:
21., 24., 25., 29.-31. Mai /
1., 7., 8., 11., 13.-15., 18., 21., 22.,
26.-29. Juni / 3., 5., 6. Juli
jeweils 20 Uhr

Jiddische Musik auf dem globalen Trip

Jiddische Musik auf dem globalen Trip

World-music, mittlerweile ein manches Mal schon abgedroschener Begriff, der zu fassen versucht, was in keine regionale oder nationale Schublade passt, kann treffender nicht jene Musik bezeichnen, die anlässlich des Jiddischen Herbstes von Emil Aybinder und Vira Lozinsky im Odeon gespielt wurde. Begleitet wurden sie von Aliosha Biz (Violine), Vlado Blum (Gitarre) und Lango Lakatos (Kontrabass).

Emil Aybinder, ein weltweit bekannter Virtuose,  dem das Akkordeon neben seinem Herz und seiner Lunge, so scheint es, wohl als weiteres Organ mit auf seinen Lebensweg gegeben wurde, agierte bei dieser Formation als “Art-director” und zeichnete auch für alle Arrangments verantwortlich. Der hagere, bebrillte Mann mit krempigem Hut spielt dieses schwierige mehrregistrige Konzertinstrument, als gäbe es für ihn nichts Einfacheres. Um sein Publikum davon auch noch intensiver zu überzeugen, steht er während des Konzertes ab und zu auf um nahe an die Zuseherinnen und Zuseher heranzutreten und ihnen sozusagen hautnah sein Können vorzuzeigen. Tatsächlich ist es aber nicht nur seine Virtuosität, die beeindruckt, sondern seine immense Musikalität und sein Feuer im Blut, das zwischendurch immer wieder in lauten „Hej“ – Rufen aus ihm heraus lodert. Ganz besonders dann, wenn es sich um Weisen handelt, die seiner osteuropäischen Heimat entspringen. Aber auch eine jugoslawische musikalische Erzählung oder argentinische Tangos entlockten dem sonst so stoisch Wirkenden immer wieder Ausrufe der musikalischen Lebenslust. Ihm ebenbürtig in der Formation steht der junge Geiger Aliosha Biz zur Seite, der mit seiner „Fidel“ dieselbe Faszination ins Publikum trägt, die er wohl selbst für die Musik empfindet. Es gibt keine Stelle, an der er nicht Präsenz zeigte. Ob bei einem kleinen Duett mit dem Akkorden oder bei einem furioses Solo, nach dem man ihm alles auf dem Instrument zutraut, was nur spielbar ist.

Einen ruhenden Gegenpol dazu – so kurios dies auch klingen mag – bildete Vira Lozinsky, eine der wichtigsten, zeitgenössischen Interpretinnen von jiddischen Liedern. Ihre langen, roten Haare, ihre samtweiche Stimme und die von ihr sparsam eingesetzten Gesten konzentrierten die Aufmerksamkeit tatsächlich auf den Inhalt der von ihr gesungenen Lieder. Und der reichte von Liebeserklärungen an Menschen und Orte bis hin zu feurigen Tanzanleitungen. Egal, aus welcher Ecke dieser Welt die Melodien auch stammten – mit ihrer Interpretation erhielten sie alle einen starken Bezug zur osteuropäischen Gesangtradition. Genau diese Mischung machte den Abend im Odeon aber auch so interessant und reizvoll. Klänge aus Moldawien, Polen, Russland vermischten sich mit jiddischer Klezmermusik und argentinischen Tangorhythmen – und manchesmal hatte es den Eindruck, als vereinigten sich all diese Einflüsse sogar in einem einzigen Stück. Besonders berührte die musikalische Liebeserklärung “In der Finster”, bei der sie nur Vlado Blum zart an der Gitarre begleitete. Eine kleine, pathosfreie Ode and die Zartheit eines Geliebten, die sich besonders in der dunklen Nacht zum Erkennen gibt.

Michael Felsenbaum, der Vater von Vira Lozinsky, steuerte die Texte vieler Lieder bei und eine enthusiasmierte Fangemeinde im Saal sorgte für beste Akklamationsstimmung. Wie auf einer imaginären Reise in einem tief fliegenden Luftschiff über weite Länder, tiefe Täler, kleine Städtel, flache Küstenstreifen und rauchgeschwängerte Tanzlokale folgte das Publikum dem musikalischen Wunderweg.  Einem  “wondrous way” der nicht nach Herkunft fragt sondern alle Menschen in der Freude an der Musik vereint. Die charmante und herzliche Angelica Schütz begleitete die Interpreten und Vira Lozinsky einfühlsam mit kurzen, erhellenden Kommentaren und trug als Vermittlerin zwischen den vielen Welten maßgeblich zum Gelingen der Reise bei.

Vom Zauber dieser Welt

Vom Zauber dieser Welt

Das Serapionsensemble im Odeon Wien (Foto: N. Albert)

Das Serapionsensemble im Odeon Wien (Foto: N. Albert)

Wer sich Augen- und Ohrenfutter und Balsam für die Seele gönnen möchte, dem sei angeraten, rasch Karten für das Serapions Ensemble im Odeon zu besorgen. Dort wird noch bis 26. Mai die jüngste Inszenierung von Ulrike Kaufmann und Erwin Piplitzs gezeigt. Unter dem völlig offenen Titel „Voilà“ verbirgt sich grandioses Welttheater zum Staunen, Lachen und Weinen.

Als Ausgangsbasis dient unter anderen eine persische Erzählung über die Suche nach dem phantastischen Vogelkönig Simurg. Darin machen sich die Menschen auf die Suche – die schlussendlich immer eine Suche nach sich selbst, dem Göttlichen in sich ist. Ein Märchen oder vielmehr eine Parabel, die von der Musik, dem Tanz, aber auch von den Verwandlungen auf der Bühne lebt, von den großartigen Bildern, den berührenden Gesten und vielen kleinen Aktionen, die emblematisch von großem Theater künden.

Ob asiatische Trommelwirbel, spanische Volkslieder, ob ein italienischer Walzer oder Ederlezi in der Version von Goran Bregovic – egal welcher Erdteil die Musik beisteuert, sie bildet das Grundgerüst, an dem entlang sich das Bühnengeschehen entfaltet. Dem Menschentreiben zur Seite gestellt ist die Gestalt eines Demiurgen, der aber nicht ins Geschehen selbst eingreift, sondern – wie auch in den unterschiedlichen Quellen seines Auftretens selbst – indifferent das Treiben der Menschen begleitet.

Freude und Angst, Gemeinsamkeit und Einsamkeit – der Aufbau und die Zerstörung unserer Welt – alles darf an diesem Theaterabend an uns vorbeiziehen. Die Errungenschaften der Kultur – in einem wunderschönen Tanz mit langen, weißen Fahnen, der Geist und die Verwendung desselben durch den Menschen steht neben einem männlichen Vogeltrio, das mit gekonnten Tierstimmenimitationen das Publikum in die Tiefe eines belebten Urwaldes entführt.

Bewundernswert sind bei dieser Aufführung auch die Kostüme – spannend wandlungsfähig könnten sie auch auf jedem internationalen Laufsteg für Prêt-à-porter-Mode reüssieren.

„Voilá“ – in dem babylonisches Stimmengewirr neben nonverbalen bildhaften Welterklärungsmodellen stehen verzaubert und entführt eineinhalb Stunden in eine Welt, die unsere ist, die wir aber viel zu selten in dieser Vielfalt und Schönheit wahrnehmen. In eine Welt, die wir aus unseren Ideen heraus speisen und die wir durch Gemeinsamkeit – wie an diesem Abend vorgezeigt – noch ganz anders gestalten könnten.

Hier ein kleiner Eindruck was einem bei Voilá erwartet:

Das Serapionsensemble im Odeon Wien (Foto: N. Albert)

Das Serapionsensemble im Odeon Wien (Foto: N. Albert)

Wer sich Augen- und Ohrenfutter und Balsam für die Seele gönnen möchte, dem sei angeraten, rasch Karten für das Serapions Ensemble im Odeon zu besorgen. Dort wird noch bis 26. Mai die jüngste Inszenierung von Ulrike Kaufmann und Erwin Piplitzs gezeigt. Unter dem völlig offenen Titel „Voilà“ verbirgt sich grandioses Welttheater zum Staunen, Lachen und Weinen.

Als Ausgangsbasis dient unter anderen eine persische Erzählung über die Suche nach dem phantastischen Vogelkönig Simurg. Darin machen sich die Menschen auf die Suche – die schlussendlich immer eine Suche nach sich selbst, dem Göttlichen in sich ist. Ein Märchen oder vielmehr eine Parabel, die von der Musik, dem Tanz, aber auch von den Verwandlungen auf der Bühne lebt, von den großartigen Bildern, den berührenden Gesten und vielen kleinen Aktionen, die emblematisch von großem Theater künden.

Ob asiatische Trommelwirbel, spanische Volkslieder, ob ein italienischer Walzer oder Ederlezi in der Version von Goran Bregovic – egal welcher Erdteil die Musik beisteuert, sie bildet das Grundgerüst, an dem entlang sich das Bühnengeschehen entfaltet. Dem Menschentreiben zur Seite gestellt ist die Gestalt eines Demiurgen, der aber nicht ins Geschehen selbst eingreift, sondern – wie auch in den unterschiedlichen Quellen seines Auftretens selbst – indifferent das Treiben der Menschen begleitet.

Freude und Angst, Gemeinsamkeit und Einsamkeit – der Aufbau und die Zerstörung unserer Welt – alles darf an diesem Theaterabend an uns vorbeiziehen. Die Errungenschaften der Kultur – in einem wunderschönen Tanz mit langen, weißen Fahnen, der Geist und die Verwendung desselben durch den Menschen steht neben einem männlichen Vogeltrio, das mit gekonnten Tierstimmenimitationen das Publikum in die Tiefe eines belebten Urwaldes entführt.

Bewundernswert sind bei dieser Aufführung auch die Kostüme – spannend wandlungsfähig könnten sie auch auf jedem internationalen Laufsteg für Prêt-à-porter-Mode reüssieren.

„Voilá“ – in dem babylonisches Stimmengewirr neben nonverbalen bildhaften Welterklärungsmodellen stehen verzaubert und entführt eineinhalb Stunden in eine Welt, die unsere ist, die wir aber viel zu selten in dieser Vielfalt und Schönheit wahrnehmen. In eine Welt, die wir aus unseren Ideen heraus speisen und die wir durch Gemeinsamkeit – wie an diesem Abend vorgezeigt – noch ganz anders gestalten könnten.

Hier ein kleiner Eindruck was einem bei Voilá erwartet:

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