Ein Pseudo-Feminismus, der keiner ist
26. Januar 2024
„Die Party – eine Einkreisung“ von Ulrike Haidacher am Schauspielhaus in Graz wartet mit einer schauspielerischen Glanzleistung auf. Über den Rest darf diskutiert werden.
Michaela Preiner
Marlene Hauser in "Die Party" im Schauspielhaus Graz (Foto: Lex Karelly)
Foto: (Lex Karelly)

Um einen Text wirklich beurteilen zu können, sollte man ihn gelesen haben. Wenn man eine Theaterkritik schreibt, dann umso mehr. „Die Party – eine Einkreisung“ von Ulrike Haidacher, wird im Schauspielhaus Graz als Ein-Personen-Stück im Schauraum gezeigt. 2022 erlangte der gleichnamige Roman der Autorin literarische Adelung, wurde Haidacher für das Werk doch mit dem „Peter-Rosegger-Literatur-Preis“ ausgezeichnet.

Der Roman oszilliert stark zwischen Realität und Fiktion, beginnt mit surrealen Situationen und erinnert alsbald an die schrecklichen Keller-Lebensumstände, die einige Kinder und Erwachsene in Österreich im vergangenen Jahrhundert durch perverse männliche Kreaturen erleiden mussten. Kampusch und Fritzl sind Namen, die auch heute noch im kollektiven Gedächtnis verankert sind.

Marlene Hauser in "Die Party" im Schauspielhaus Graz (Foto: Lex Karelly)

Marlene Hauser in „Die Party  – eine Einkreisung“ im Schauspielhaus Graz (Foto: Lex Karelly)

In Haidachers Roman hält eine junge, gebildete Frau dem Wahnsinn einer Partygesellschaft entgegen, die sich dadurch auszeichnet, dass die feministischen Ressentiments der bourgeoisen Gemeinschaft im Laufe des Events immer stärker zum Vorschein treten. Verwoben wird die Erzählung über den Gastgeber, einen renommierten Wiener Regisseur und seine Gästeschar, mit den Erinnerungen der jungen Frau an ihre Kindheit und ihre Schwester. Haidacher arbeitete plausibel den Schwesternhass heraus, der auf beiden Seiten besteht. Plakativer sind bei ihr der regieführende „Künstler“ und seine Freunde angelegt. So plakativ, dass sie nicht mehr als reale, sondern nur mehr als überzeichnete Figuren wahrgenommen werden können, als symbolhafte Gestalten, die klischeehaft feministische Gegenbilder verkörpern. Dies tun sie mit einer Überheblichkeit und im Geiste eines unanfechtbaren Gutmenschentums, dass der jungen – namenlosen – Frau zurecht schlecht wird.

Marlene Hauser in "Die Party" im Schauspielhaus Graz (Foto: Lex Karelly)

Marlene Hauser in „Die Party  – eine Einkreisung“ im Schauspielhaus Graz (Foto: Lex Karelly)

In der Fassung für die Aufführung im Schauspielhaus gehen leider die traumhaften Sequenzen und die surrealen Momente, welche den Roman in ein eigenes Raum-Zeit-Gebilde versetzen, fast ganz verloren. Der Keller zeigt sich erst ganz zum Schluss als eine Bedrohung, in der es um Leben und Tod gehen kann, nicht schon, wie im Roman, gleich zu Beginn. Dadurch verliert vieles, was gesagt wird, seine doppelte Ebene und bleibt nur plakativ stehen. Unter der Regie von Lukas Michelitsch verstärkt sich zwar die Körperlichkeit von Haidachers Personen, zugleich jedoch fehlen ihnen jene fatal-diabolischen Ansätze, welche dazu führen, dass die junge Frau letztlich ein grausames Ende findet. Dieses wird auf der Bühne nicht gezeigt, auch nicht angeschnitten, zumindest nicht so, dass es verstanden werden kann. Zwar bleibt der Nachspann, der auch im Roman hinter das Ende ein Zweites setzt. Die Ausgrenzung jener jungen Frau jedoch, die sich dem Mainstream aller entgegensetzt und die versteht, dass das, was um sie herum geschieht, letztlich nichts mit Feminismus zu tun hat, diese Ausgrenzung wird nicht spürbar.
Sehenswert an diesem Abend ist jedoch die Schauspielerin Marlene Hauser. Sie verkörpert nicht nur die studierte Eisverkäuferin, sondern auch alle anderen Charaktere. Innerhalb weniger Augenblicke schlüpft sie von einer Rolle in die nächste, ohne dass man auch nur ansatzweise Schwierigkeiten hat, die jeweiligen Personen zu erkennen. Ein karges Bühnenbild von Franziska Bornkamm und Eva Seiler wirft die Frage auf, ob es überhaupt eines gebraucht hätte. Fazit: Eine wunderbare schauspielerische Leistung trifft auf einen Text, dem die Schönheit abhandengekommen ist und auf eine Regie, die es sich – milde ausgedrückt, – sehr leicht gemacht hat.

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