Ohrenfutter vom Feinsten

Ohrenfutter vom Feinsten

Und so konnte Anfang Oktober eine Woche lang das 25-jährige Jubiläum des Radiokulturhauses gefeiert und am 15. des Monats das abschließende Festkonzert veranstaltet werden.

Extra dafür wurden zwei Auftragswerke erteilt. Eines ging an den Komponisten und Musiker Wolfgang Mitterer.  An der Schuke-Orgel des großen Sendesaales spielte er selbst sein Werk „11 songs for two machines“. Schon im Titel wird klar, dass er neben der Orgel zwei elektronische „Maschinen“ – Computer wäre wohl der deutsche Ausdruck – hängen hatte und bediente. Aufgrund seiner Bewegungen konnte man erkennen, dass diese direkt links und rechts neben ihm angeordnet waren und er so leichten Zugriff auf die „Maschinen“ mit den darauf abgespeicherten Samples hatte.

Gleich zu Anfang wurde eine der Charakteristiken der Komposition erkennbar. Nach einem rhythmisch nervösen Beginn in allen Registern schoben sich immer wieder kurze Klangcluster, die den Eindruck von wild gewordenen, kleinen Kobolden erweckten, dazwischen. Immer wieder wurden diese, verstreut über das ganze Werk, hörbar. Abgelöst wurde der erste musikalische Eindruck – und auch das wiederholte sich in Abwandlungen – von lang gezogenen Akkordfolgen, die mit menschlichen Stimmen eine ungewöhnliche Färbung erhielten.

Mitterer nutzte aber auch die klanglichen Möglichkeiten der Orgel selbst aus und wechselte nach einem breiten und tief gebautem Klangraum in den Diskant, in welchem er Erinnerungsmomente Bach’scher Orgelthemen einstreute. Wie so oft in seinen Kompositionen wurde auch in dieser ein Flattergeräusch und ein Plätschern hörbar, an den sich abermals ein wildes Clustergeschehen anschloss, das ganz unerwartet von einem Dur-Akkord eingefangen wurde.

Es sind diese plötzlich auftauchenden klanglichen Wendungen, die der Komposition ihren eigenen Charakter verleihen. Immer wieder aber auch der Wechsel zwischen einem musikalischen Geschehen, das außer Rand und Band geraten zu sein scheint und beruhigenden Momenten, die dem Ohr und dem Kopf wie Beruhigungspillen erscheinen, die einem keine Orientierung bieten, aber zumindest eine vorgaukeln. Gut erkennbare melodische Linien wurden immer wieder von wilderen Klangfetzen abgelöst, zarte Klanggebilde ergänzten ansteigende Tonreihen und gegen Ende der Komposition setzte Mitterer mehrfach kleine Kaskaden in der rechten Hand gegen ein breites, fast überbordendes Soundgeschehen.

Eine effektvolle Beleuchtung ließ ihn und sein Instrument während seines Spiels theatralisch erscheinen, was einen zusätzlichen, sinnlichen Effekt beisteuerte. „Zeitgenössische Musik muss man sehen“ postulierte einst der ehemalige Leiter des Festivals „musica“, Jean-Dominique Marco in Straßburg. Und tatsächlich galt dies in besonderem Maße auch für „11 songs for two machines“.

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Franz Koglmann mit seinem Ensemble (Foto European Cultural News)

Aber nicht nur für dieses. Auch die Komposition „ZIEFF – Notes on a Genius“ von Franz Koglmann, die im Anschluss zur Uraufführung kam, erhielt an diesem Abend durch ein besonderes, visuelles Moment ihre zusätzliche Adelung. Der Komponist und Jazzer bezieht sich in dieser „Suite“ mit neun Sätzen und einer abschließenden Gedicht-Vertonung auf den amerikanischen Jazz-Komponisten Bob Zieff. Wie in der Konzertankündigung zu lesen war, „zog Zieffs Musik, die bei aller kompositionstechnischen Komplexität vor allem durch ihre Eleganz besticht, und die herkunftsmäßig nicht nur in Jazztraditionen der Nachkriegszeit, wie Miles Davis „Birth of the Cool“-Nonett, sondern auch in der Wiener Schule eines Schönberg und Alban Berg verankert ist, Franz Koglmann in ihren Bann.“

Und tatsächlich weist seine Komposition eine außerordentlich große Fülle an Einfällen auf: Man vernimmt Atonales und eine kurz aufblitzende Mikrotonalität genauso wie herkömmliche Dur-Moll-Sequenzen, man erkennt lateinamerikanische Rhythmen, genauso wie Free-Jazz-Anklänge. Die neun Sätze der Suite tragen die Titel: “Chet’s Cat’s Heels”, “Waltz for Bob”, “April in Vienna”, “Der Jüngling”, “Miles at Minton’s”, “Nachts”, “Franz Schuh”, “I Am a German Girl”, “Near Blue”, “Sad Walk” – Gedicht von Robert Creeley, Rezitation: Colin Mason.

Eingeleitet und verbunden wurden sie alle durch Gerhard Laber an den Percussions, der vieles improvisieren durfte und sichtlich sehr großen Spaß dabeihatte. Seine Spielfreude war es auch, die emotional stark ins Publikum überschwappte und dem Live-Auftritt eine ganz besondere Note verlieh. Immer wieder jedoch formierten sich die Musiker zu Terzetten, Duetten oder auch Quartetten und folgten genau notierten Anweisungen. Es gab Wechsel zwischen kammermusikalischen Partien mit zart ausformulierten Themen, die wenig später von einem anderen Instrument paraphrasiert wurden oder ein Pizzicato, das vom Cello über die Oboe in die Percussion-Instrumente sprang.

Vorsichtig Tastendes, dunkel Eingefärbtes machte einem jazzigen, vital pulsierenden Part mit Unisono-Momenten Platz und verschwand danach hinter einem abermaligen Percussionvorhang. Ein rhythmisch stark akzentuiertes Cellothema, das von den anderen Instrumenten aufgenommen wurde, setzte gegen Ende des Werkes ein starkes Wiedererkennungszeichen und ein kurzer, von allen Instrumenten getragener Einschub vor dem Gedichtvortrag, erinnerte stark an jene Momente vor einem Konzert oder einer Opernaufführung, in welcher die Musizierenden ihre Instrumente stimmen. Der zutiefst lyrische Moment des Poems, das über das Altwerden und Verschwinden eines Menschen erzählt, der sich darüber auf einer Parkbank Gedanken macht, blieb nach dessen Ende beeindruckend lange im Raum hängen, bevor der verdient heftige Applaus einsetzte.

Mario Arcari am Englischhorn, Sandro Miori ausgestattet mit einem Sopran- und Tenorsaxofon sowie auch einer Altquerflöte, Attila Pasztor am Cello und Gerhard Laber an den Percussion-Instrumenten hatten an diesem Abend das große Privileg, dieses komplexe und farbenreiche Stück von Franz Koglmann zu spielen, der selbst den Flügelhorn-Part übernommen hatte. „ZIEFF – Notes on a Genius“ darf man als gelungene Jubiläumsgabe bezeichnen. Als solche ist zu hoffen, dass sie rasch Einzug in das herkömmliche Orchesterrepertoire finden wird.

Der krawallgebürstete Onkel

Der krawallgebürstete Onkel

Diese Metapher könnte man auch für Inszenierungen von Arturas Valudskis anwenden. In seiner neuen Arbeit am TAG bedient er sich einer soliden Textfassung von „Onkel Wanja“, die nahe an Tschechows Original bleibt. Aber wie die einzelnen Szenen aneinandergesetzt werden, sowie einige prägnante Stilmittel verleihen der Inszenierung eine unverwechselbare künstlerische Handschrift.

Dazu benötigt Valudskis kein großes Bühnenbild. Ein paar Stühle und ein hochkant gestellter, langer Tisch reichen; des Weiteren noch einige wenige Requisiten und Kostüme, die zwischen Geschichte und Zeitgeist pendeln und nicht zu vergessen eine gehörige Portion uralter Theaterzauber, sowie humorige Szenen, die nahe am Slapstick gebaut sind. Das alles führt dazu, dass man die Zeitorientierung völlig verliert. Man weiß, das Stück spielt zu Ende des 19. Jahrhunderts, zugleich aber gibt es Regie-Einfälle, die bis in die Commedia dell’arte zurückreichen. Wenn plötzlich eine Wodkaflasche „unsichtbar“ auf eine Türe gehievt wird, oder einzelne Personen hinter derselben einfach „verschwinden“, wenn ein Arm plötzlich 2 Meter lang wird, dann fühlt man sich in eine Zeit zurückversetzt, in der es keine elektrischen und schon gar keine elektronischen Hilfsmittel gab, die theatrale Illusionen hervorbringen konnten.

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„Onkel Wanja“ (Foto: Anna Stöcher)

Und doch hat „Onkel Wanja“ einen starken Aktualitätsbezug, wie einige musikalische A-Capella-Einschübe, vom Ensemble selbst produziert. Aber auch Tschechows Text selbst ist mehr als zeitgeistig. Das, was er Astrow sagen lässt, sein Monolog über die Gefahr der Wälderabholzung, aber auch sein Bekenntnis zum Vegetarismus, klingt prophetisch. Andreas Gaida tritt in dieser Rolle als Landarzt auf, der längst nicht mehr auf äußerliche Anerkennung seiner eigenen Leistungen hofft. Einerseits vom Leben desillusioniert, pflegt er andererseits seine Leidenschaft für die Natur, um zukünftigen Generationen damit noch Freude bieten zu können. Der Regisseur lässt ihn in einigen Szenen dadaistisch-skurril als Tier auftreten. Als ein Geschöpf, das auf dem russischen Landgut genauso seine Lebensberechtigung hat, wie jenes Schwein, in das sich Onkel Wanja in wenigen Augenblicken mehrfach verwandelt.

In dieser Rolle brilliert Georg Schubert. Auch er schlüpft mehrfach völlig unvermittelt in besagte tierische Rolle und grunzt dabei fröhlich vor sich hin. Ganz unbeeindruckt von all dem aufregenden Geschehen, das sich auf dem Landsitz abspielt, tummeln sich diese beiden Tiere und relativieren das menschliche Gebaren. Wanja, von Liebesschmerzen verblendet und finanziell in die Enge getrieben, verliert schließlich seine Contenance und fordert seinen Widersacher, seinen Schwager, zum Duell auf. Die Erkenntnis, dem angeheirateten Kunstgeschichtsprofessor völlig sinnlos sein Leben gewidmet zu haben und dabei einer Schimäre aufgesessen zu sein, erschüttert ihn so sehr, dass er zum Äußersten greift. Diesen Kulminationspunkt gestaltet Valudskis mit einem unglaublich witzigen Regieeinfall. In diesem darf man Zeuge eines fiktiven Schusswechsels werden, der alles andere als tragisch ist.

Neben den vielen, wirklich amüsanten Momenten ist es vor allem die ansteckende Spielfreude des Ensembles, die unglaublich bezaubert. Zugleich werden aber die Charaktere aller Figuren gut erkennbar. Jens Claßen lamentiert als hinkender Professor ob seines altersbedingten Gesundheitszustandes, was das Zeug hält, und gibt einen wunderbaren Widerpart zu Wanja. Als betrunkener Arbeiter wiederum, tänzelt Claßen mehrfach so kunstvoll über die Bühne, dass jeder einzelne dieser Auftritte zum Ereignis wird. Michaela Kaspar schlüpft in die Rollen der unter ihrem Ehemann leidenden und dennoch tugendhaften Elena, sowie der alten Gutsbesitzerin Maria – der Mutter von Wanja. Als solche hält sie ihren Sohn mit wenigen, aber umso bestimmteren Sätzen in Schach. Ida Golda versucht, als Sonja nach Kräften, das Gut mit ihren Verwandten redlich zu bewirtschaften, koste es, was es wolle. Als alte Marina erscheint sie, gebückt, mit einem Spitztuch auf dem Kopf, als einzige Konstante in einer aus den Fugen geratenen Welt.

Arturas Valudskis‘ Wanja-Interpretation am TAG schafft das Kunststück, dem Inhalt jenen nötigen Tiefgang zu belassen, den es für heute noch so interessant macht. Zugleich aber verleiht er seiner Inszenierung eine Leichtigkeit, die klarmacht, dass Theater wesentlich mehr kann als die Menschen mit erhobenem Zeigefinger zu belehren.

Vom Privaten ins Öffentliche

Vom Privaten ins Öffentliche

Wie kalt ist Eis, wenn man es in seinen Händen halten muss? Wir alle, die wir schon einmal ohne Handschuhe einen Schneeball formten oder einen Eiswürfel in ein Glas fallen ließen, wissen, wie sich diese Kälte anfühlt. Niemand von uns hat jedoch diese Erfahrung anlässlich einer Theatervorstellung gemacht. Diese durfte man nun – völlig unerwarteterweise – im Rahmen einer Produktion der Musiktheatertage Wien – nachholen. „Kunstschnee“ (Kollapsologie I), ein Musiktheater mit Publikum, machte es möglich. Nach einer Idee und der Komposition von Thomas Cornelius Desi verwandelten sich drei nacheinander gelegene Räume des Wuk sowohl in eine kalte Eislandschaft als auch in einen Sitzungssaal.

Nach einem Raumwechsel wurde das Publikum aufgefordert, selbst nach eigenem Gutdünken Texte nach vorhandenem Material, das auf den Tischen auflag, zu deklamieren. Laut oder leise, singend oder brüllend, je nachdem, wie man gelaunt war. Die daraus resultierende Kakofonie war beabsichtigt, ein Unisono-Summen sicherlich auch, wenngleich es während der Vorstellung völlig unbeabsichtigt erschien. Es erklang nach dem Satz „Wer gerettet werden soll, soll summen“ – und vereinte das Publikum ad hoc in seiner Zustimmung und wohl auch Hoffnung auf solch eine Rettung. Es blieb jedoch nicht nur bei diesem kurzen, wenngleich höchst beeindruckenden und berührenden gemeinsamen Erlebnis.

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Kunstschnee (Foto: Barbara Pállfy)

Die von Beginn an verwendete Eismetapher wurde unterstützt durch einen Skifahrer mit pantomimischen Qualitäten (Roman Maria Müller) und der Sopranistin Manami Okazaki, die in einem blütenweißen Kimono und weißer Skihaube auftrat. Eine sich ausdehnende Schneewand in Form eines aufblasbaren, weißen, amorphen Gebildes, das im Laufe der Zeit anwuchs, unterstrich das kalte Setting. (Objekte Laurenz Steixner, Markus Rupprecht). Fünf Musizierende interpretierten Desis Komposition, für E-Gitarre, zwei Kontrabässe und zwei Bassklarinetten. Lediglich das Tongeschlecht und die Stimmung (z.B. brilliant, heavy, airy), konnte man während der Aufführung von einer Videoprojektion (Peter Koger) ablesen, aber zugleich auch spüren, dass den Musikerinnen und Musikern ein großer, eigener Gestaltungsrahmen zugestanden worden war. Auch die Texte, die Okazaki sang und rezitierte, konnte man auf Deutsch mitlesen, wenn man wollte. Sie changierten zwischen der Erzählung einer schicksalhaften, jedoch misslungenen Beziehung und einem dystopischen Blick in die Zukunft. Was sich anfänglich als reine Beziehungsgeschichte anfühlte, wurde im Laufe des Abends immer mehr zu einer Betrachtung unserer Umwelt, in der sowohl unsere Gesellschaft als auch die Natur, die uns umgibt, von Eis überzogen erschien.

Abgelöst wurde die kalte Atmosphäre durch ein Video, in welchem Müller mit seinen Skiern in einer schneelosen Landschaft zu sehen war. Rhythmisch von schnell und unleserlich bis hin zu langsam und lesefreundlich war dieses Video mit einer Textzusammenfassung von Hölderlins „Empedokles“- Dramenskizze unterlegt. In dieser verabschiedet sich der griechische Dichter freiwillig vom Leben und stürzt sich in den Ätna. Die Sopranistin Samaan Gholami begleitete singend den Kunstfilm mit einer Farsi-Übersetzung des Textes und animierte schließlich das Publikum, wie schon einmal zuvor, den Raum zu wechseln. Zurückgekehrt in jene Umgebung, die anfänglich mit Eis und Schnee konnotiert war, tauchte man abermals in dieses Setting ein. Mit einem Unterschied: Die nun verbreitete Atmosphäre unterschied sich grundsätzlich zu jener von Beginn der Vorführung. Den Bewegungen des Tänzers folgend, begannen viele Besucherinnen und Besucher der Vorstellung sich ebenso fließend und langsam zu drehen oder sich im Takt zu beugen und strecken. Überwunden schienen in diesem Moment abstrakte Gedanken und diskursive Anstrengungen. Vielmehr herrschte jetzt das Gefühl vor, sich in einer beruhigenden Soundkulisse gemeinschaftlich harmonisch zu bewegen und dabei so etwas wie ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu empfinden.

Das explizit als Mitmachtheater konzipierte Stück bot eine große Bandbreite an unterschiedlichen, theatralischen Erfahrungen. Die Interpretationen dürften ebenso breit gefächert sein wie die Eindrücke, die man auf ganz individuelle Art sammeln durfte. In den kommenden drei Jahren sollen weitere Experimente dieser Art folgen.

Alte Machtspiele in zeitgenössischem Gewand

Alte Machtspiele in zeitgenössischem Gewand

Das Wort „Totentanz“ ist im europäischen Kunstverständnis mit bildlichen Darstellungen verknüpft, die seit dem Mittelalter in unablässiger Folge bis in unsere Zeit neu interpretiert werden. Die letzten mir bekannten, die europaweit in öffentlichen Gebäuden entstanden sind, sind jene von Gerald Brettschuh (2002 in der Aufbahrungshalle des evangelischen Stadtfriedhofs in Graz und 2004 in der Aufbahrungshalle in Mureck). Beide zeigen großformatig einen personifizierten Tod, einmal mit einer Querflöte, das andere Mal mit einer Fiedel beim Musizieren. Beide Male weilt er mitten unter den Lebenden, vermittelt aber deutlich, dass er diese schon zum Sterben auserkoren hat. Anhand des zeitgenössischen, österreichischen Künstlers wird klar, dass der Totentanz ein Genre ist, das über die Jahrhunderte hinweg ein Faszinosum auf die Menschen ausübt. Ein so starkes, dass sie sich künstlerisch bis heute damit auseinandersetzen.

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Totentanz (Foto: Julia Kampichler)

Es kommt nicht von ungefähr, dass der Totentanz mit der Abbildung eines Gerippes, das sich unter tanzende Lebende mischt, im 14. Jahrhundert vermehrt auftrat. Es war jenes Jahrhundert, in dem die Pest in Europa zu wüten begann und über 20 Millionen Tote forderte. Das Grauen, das in diesen Darstellungen aufkommt, hinterlässt bei den Betrachtenden dementsprechend ambivalente bis beunruhigende Gefühle.

So ist verständlich, dass ein Theaterstück mit dem Titel „Totentanz“ nicht dazu prädestiniert erscheint, ein Publikumsmagnet zu werden. Womit der Grund angesprochen wurde, die gleichnamigen Dramen von August Strindberg „Totentanz 1 und Totentanz 2“ schon wenige Jahre nach Strindbergs Tod für die Bühne umzubenennen. Letztlich beließ man jedoch die Originaltitel, was – das zeigt auch die aktuelle Interpretation in den Kasematten von Wiener Neustadt – durchaus Sinn macht.

In dem 1900 entstandenen Drama tritt der Tod zwar nie in Erscheinung, spielt aber dennoch eine Hauptrolle. Uwe Reichwaldt, ein junger Regisseur, der am Max Reinhardt Seminar seinen Studienabschluss gemacht hat, hat dies nun geändert. In seiner Inszenierung, die im Rahmen des Festivals „Europa in Szene“ unter der künstlerischen Leitung von Anna Maria Krassnigg gezeigt wird, ist dieser Tod omnipräsent. Der einzige Unterschied zu den bildlichen Darstellungen, die sich überliefert haben, ist, dass dieser Tod in weiblicher Gestalt auftritt. Isabella Wolf – in Wiener Neustadt durch ihre großen Rollen wie dem Pandulfo (König Johann) oder der verlassenen Frau (Die Königin ist tot) sowie Robespierre (Dantons Tod) dem Publikum bestens bekannt, begleitet von der ersten bis zur letzten Szene unaufdringlich, aber dennoch ständig präsent, das Geschehen.

Die beiden Eheleute Alice und Edgar, er ein Hauptmann, sie eine ehemalige Schauspielerin, stehen kurz vor ihrem 25. Hochzeitstag. Schnell wird klar, dass die anfängliche, gegenseitige Bewunderung irgendwann im Laufe der Ehejahre in blanken Hass umgeschlagen hat und sich die beiden, wo es nur geht, das Leben schwer machen. Ihre Kinder, ein Sohn und die Tochter Judith, leben nicht mehr mit den Eltern in einem festungsähnlichen Turm auf einer Insel vor Schweden, sondern wachsen in Internaten in einer Stadt auf. Durch den Besuch von Kurt, eines Cousins von Alice, der auf der Insel der „Quarantäne-Beauftragte“ werden soll, gerät die ausbalancierte Schieflage der Ehehölle völlig ins Rutschen. Edgar erweist sich als unvorstellbarer Intrigant, der weder Lügen noch Demütigungen scheut, um sein eigenes Ego hochhalten zu können. Dazu kommt, dass man zwischen den Zeilen heraushört, dass Kurt und Alice in ihrer Jugend mehr verband als ihre familiäre Abstammung.

Strindberg erzählt das sich nun ausweitende Drama klar und schnörkellos, manches Mal auch mit harten Schnitten und einem Erzählfluss, bei welchem man – genauso wie Alice und Kurt selbst – erst nach und nach begreifen kann, welch unmenschliche Aktionen Edgar gesetzt hat, um allen seine Macht zu zeigen. In der allerersten Szene ist die Tochter von Alice und der Sohn von Kurt in einem sich anbahnenden jugendlichen Zu- und Abneigungs-Geplänkel zu erleben. Dabei erweisen sie sich als wahres Spiegelbild ihrer Eltern. Sich lieben und hassen, sich anziehen und abstoßen, dieses Spiel gelingt ihnen schon in Perfektion. Reichwaldt hat beide Dramen von Strindberg – jenes der Elterngeneration und jenes der Kinder – äußerst klug und gerafft in ein einziges zusammengeführt und es bedarf tatsächlich nur weniger „Jugend-Auftritte“, um aufzeigen zu können, wie sehr das, was durch ihre Erziehung in ihnen wachsen konnte, zumindest zu Beginn unreflektiert ausgelebt wird.

Wie in einer Art Rückblende beginnt danach das Ensemble hinter einem durchscheinenden Vorhang in der Bühnenapsis zu spielen. (Bühne Thomas Garvie, Max Seper) Begleitet wird es von einer Kamera, die an einer Stelle das Gesicht von Edgar beunruhigend groß und bedrohlich projiziert. Er ist es, der vom Tod gezeichnet noch verzweifelt versucht, alles in seiner Macht Stehende zu tun, um sich seine Umwelt ohne Rücksicht auf Gefühle untertan zu machen. Doch immer wieder wird er von diesem gebeutelt oder eingefroren, scheint seine Wahrnehmung zu verlieren und seine Umgebung nicht mehr zu kennen.

Das Spiel mit den räumlichen Gegebenheiten in den Kasematten funktioniert perfekt und trennt die einzelnen Szenen ohne größeren Umbau voneinander. Dabei gelingt ein Schwebezustand zwischen Realität und Traum, bei dem man das eine von dem anderen manches Mal schwer voneinander unterscheiden kann. Musikalisch begleitet wurde die Premiere von David Gratzer, der sowohl mit einem Stage-Piano als auch einer E-Gitarre die jeweilige Atmosphäre klanglich gelungen unterstützte.

Lukas Haas, bei diesem Festival heftig gefordert, da er in der zweiten großen Produktion in den Kasematten die Titelrolle in Coriolanus spielt, personifiziert Edgar, den Familientyrannen perfekt ohne jegliche Sympathienoten. Nils Hausotte wirkt in der Doppelrolle als Cousin Kurt und dessen Sohn Allan wie das genaue Gegenteil: still und ruhig, alles über sich ergehen lassend, ohne jegliche Aufregung. Diese lässt er selbst dann vermissen, als ihm der finanzielle Boden unter den Füßen von Edgar weggezogen wird und dieser ihm noch obendrein seinen Sohn entzieht. Auch Annina Hunziker schlüpft in eine Doppelrolle. Sowohl Alice als auch ihre Tochter Judith wird von ihr gespielt. Besonderes Augenmerk darf man jener Szene schenken, in der die Mutter ihre Tochter in einer Art Initiationsritus in das schickliche Kleiden einer jungen Frau einweist. Wie Uwe Reichwaldt dies umsetzt, hat große Klasse und jede Menge Tiefgang. (Kostüme Antoaneta Stereva)

Es ist der Mix und die Verschränkung des Geschehens mit zeitgenössischen, technischen Bühnenmitteln, die in dieser Inszenierung von Beginn bis zum Schluss besonders faszinieren. Es ist aber auch die Erkenntnis, dass Machtspiele – und seien es auch nur solche innerhalb der eigenen vier Wände – bis heute, ja wahrscheinlich nie, ihre Aktualität verlieren. Die Wiener Neustädter Kasematten erweisen sich aufgrund ihrer Baulichkeiten und ihrem ehemaligen Verwendungszweck als Verteidigungs- und Wehrbau fast schon als ideale Naturkulisse. Die dicken Mauern des Turmes der Eheleute müssen nicht erst künstlich nachgestellt werden, sie sind vorhanden und in jedem Augenblick spürbar. Sosehr der Kampf zwischen den Geschlechtern von einem einzigen Tyrannen bestimmt wird, sosehr beeindruckt letztlich die Reaktion seiner geliebten Tochter Judith. Sie schafft es, in einem Mut erfordernden Befreiungsschlag, ihr Leben selbstbestimmt in die Hand zu nehmen und – das darf das Publikum letztlich auch hoffen – eine andere Partnerschaft als ihre Eltern zu gestalten.

In einem Interview, das Anna Maria Krassnigg mit der amerikanischen Literaturwissenschaftlerin Liliane Weissberg anlässlich einer Matinée führte, wies diese auf erstaunliche Parallelen zwischen der Strindberg-Familienkonstellation und jener des Ex-Präsidenten der Vereinigten Staaten, Donald Trump, hin. Wie Edgar liegt Trump offenbar seine eigene Tochter mehr am Herzen als alle anderen Familienmitglieder um ihn herum und wie im Strindberg-Drama ist es die Tochter, die als einzige den Mut hat, gegen ihren Vater aufzutreten. Ein wunderbarer Hinweis, der zugleich deutlich macht, wie aktuell dieses Stück nach wie vor ist.

Zur Entscheidung, das Festival „Europa in Szene“ in dieser Auflage vom diplomierten Regienachwuchs des Max Reinhardt Seminares zu bespielen, darf man Anna Maria Krassnigg gratulieren. Das ist nicht nur als programmatischer Schachzug zu bewerten, sondern zeugt auch von einer Generosität, die im Theaterbusiness eine große Ausnahme darstellt. Sowohl Totentanz als auch Coriolanus stehen noch bis Mitte Oktober auf dem Spielplan. Ergänzt werden sie durch das neue Format „Reden“, sowie den sonntäglichen Matinéen des „Salon Europa“.

Warum ist dieser Shakespeare so unbekannt?

Warum ist dieser Shakespeare so unbekannt?

Wenn der Name Shakespeare fällt, kommen wohl den meisten von uns die Königsdramen wie Lear, Macbeth oder Hamlet in den Sinn. Um jemanden zu finden, der Coriolanus gesehen hat, muss man aber lange suchen. Dem schafft gerade die Theatercompagnie „wortwiege“ bei ihrem Festival „Europa in Szene“ Abhilfe. Die Theatermacherin und Regie-Professorin am Max Reinhardt Seminar, Anna Maria Krassnigg, lud zur aktuellen Festival-Ausgabe zwei ehemalige Studierende ihrer Regieklasse ein, um dort ihre Abschlussarbeiten zu zeigen. Azelia Opak griff dafür tief in die Recherchekiste und zeigt mit einem Ensemble aus jungen, aber dennoch schon arrivierten Schauspielern und zwei Mitgliedern der „wortwiege“ den Aufstieg und Fall des römischen Patriziers Coriolanus. Es ist das letzte Shakespeare-Werk und wird allgemein als reif bezeichnet. Seine unterschiedliche Deutungshoheit mag vielleicht daran schuld sein, dass es nicht oft gespielt wird.

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Coriolanus (Foto: Julia Kampichler)

Der von Kindheit an auf den Kampf gedrillte Coriolanus bewirbt sich, von seiner Mutter gepusht, für das Amt eines römischen Konsuls. Die Meriten dafür hat er sich hinlänglich erkämpft, mehr als 20 Narben könnte er dem Volk, wie es vor Amtsantritt üblich war, zeigen, um sich damit als Romtreuer auszuweisen. Könnte er – wäre da nicht sein unbeugsamer Stolz. Dieser ist es schließlich auch, der ihn zu Fall bringt. Einige Jahrhunderte nach Shakespeare wird es eine zweite Figur namens Michael Kohlhaas geben, die sich genauso unbeugsam zeigen wird, wie einst Coriolanus, wenngleich auch das Motiv ein anderes ist.

Bis es jedoch so weit ist, zeigt Opak Shakespeares Figuren in all ihrer psychologischen Differenziertheit: Coriolanus (Lukas Haas), der Unbeugsame, der ein einziges Mal nicht seinen Prinzipien treu bleibt, sonst aber als Sturkopf par excellance gelten kann. Toll, wie sich Haas in einen Furor reden kann, der fast schon erschreckend wirkt. Seine Mutter Volumnia (Judith Richter), die, ähnlich heutigen Sportmüttern, alles von ihrem Sohn abverlangt, um sich schließlich in seinem Ruhm sonnen zu können. Menenius Agrippa (Jens Ole Schmieder), Angehöriger der Elite-Kaste und Coriolanus mit wohlmeinendem Rat zur Seite stehend, um seine eigene Position nicht zu gefährden. Tullus Aufidius (Philipp Dornauer), Coriolanus mehrfach im Kampf unterlegen, wartet nur darauf, im richtigen Moment Rache nehmen zu können. Trotz seiner Jugend mimt Dornauer  zwar einen heißblütigen Kämpfer, setzt aber vor jede seiner Handlungen eine große Portion Nachdenkkllichkeit. Junius Brutus (Paul Hüttinger), der als einer der ersten Volkstribune schnell gelernt hat, wie politische Intrigen funktionieren. Zwar deuten seine äußeren Attribute wie eine dicke Silberkette um den Hals auf Bürgernähe, Hüttinger verleiht seinem Tribun dennoch eine viel Verschlagenheit und Durchtriebenheit. Letztlich Sicinius Velutus (Uwe Reichwaldt), zweiter Volkstribun, der sich in Opaks Regie wie ein österreichischer Beamten-Schlawiner durch alle gefährlichen Situationen durchmogelt und dabei die Sympathie des Publikums auf seiner Seite hat.

Mit einem extrem klugen Bühnenbild (Felix Huber) wird der lange Bühnenraum getrennt. Eine runde Drehtüre – die Vorderseite in strahlendem Gold, die Rückseite pechschwarz gestrichen, gibt jeweils an, ob sich das Geschehen in Rom oder bei Roms Feind, den Volskern, abspielt. Nach der letzten gewonnen Schlacht verschmiert Coriolanus mit seinen eigenen Händen Blut auf dem großen Spiegel in der Bühnenapsis und macht damit klar, dass seine Kämpfe nicht nur ein Menschenleben gekostet haben.

Die Idee, die Produktion mit Live-Musik zu begleiten, ist nicht nur großartig, sondern macht auch dramaturgisch Sinn. Boglarka Bako und Marie Schmidt intonieren an ihren Streichinstrumenten immer wieder Beethovens Coriolanus-Motiv mit kleinen Abwandlungen. Damit werden auch jene Augenblicke unterstrichen, in welchen sich der Patrizier ganz in seinem Element als Volksführer und adeliger Herrscher versteht, der sich das Recht herausnimmt, seine Entscheidungen ohne das Volk zu machen, das er eigentlich für lästig und entbehrlich hält. Die beiden Musikerinnen sitzen links und rechts so im hinteren Bühnenabschnitt, dass man sie zwar wahrnehmen kann, sie aber das Spiel auf der begrenzten Bühne nicht stören.

Die Inszenierung lebt nicht nur davon, dass sie unterschiedliche Auffassungen eines gelungenen Staatswesens und ihren jeweiligen Vertretern aufzeigt. Die Inszenierung lebt auch von starken, emotionalen Momenten, wie jenem, in welchem Coriolans Mutter sich vor ihm auf die Knie wirft, und ihn um Gnade für Rom bittet. Wie sie sich kurz darauf an ihn klammert, zeigt überdeutlich die schicksalhafte Verbindung zwischen ihr und ihrem Sohn auf. Judith Richter bleibt mit dieser Szene unauslöschbar in Erinnerung. Aber auch Jens Ole Schmieder gelingt es, bei einem beinahe wortlosen Auftritt zu zeigen, was hohe Schauspielkunst ist. Wie er mit kurzen, abschätzigen Schnalzlauten die Volkstribunen an die Bühnenseite drängt und sie nicht mittig Platz nehmen lässt, geht unter die Haut und macht ihn in diesem Moment zutiefst verabscheuungswürdig.

Wer hier gut und wer hier böse ist, ist letztlich nicht wirklich auszumachen. Wie im richtigen Leben gibt es in diesem Stück kein wirkliches Schwarz und kein wirkliches Weiß. Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass Politik früher genauso wie heute von Menschen gemacht wird. Von Menschen, die einerseits kraft ihres eigenen Willens dort stehen, wo sie stehen und andererseits dank familiärer oder politischer Seilschaften sich einen Platz erobert haben, für den sie bereit sind, persönliche Opfer zu bringen, aber auch über Leichen zu gehen.

Dass das Stück wie für die Kasematten in Wiener Neustadt gemacht scheint, ist ein weiterer Pluspunkt der Inszenierung. Umrahmt werden die weiteren Aufführungen von Salon-Gesprächen, aber auch einem neuen Format. Mit „Reden“ werden Reden von berühmten Menschen reenacted, die man meist nur vom Hörensagen kennt. Eine weitere tolle, künstlerische Idee, welche das große Feld der „Macht“, um das es letztlich bei „Europa in Szene“ in den Kasematten von Wiener Neustadt geht, von einer anderen Seite beleuchtet.

Wenn das Risotto zu riechen beginnt

Wenn das Risotto zu riechen beginnt

Die von Thomas Cornelius Desi und Georg Steker programmierten ‚Musiktheatertage Wien‘ bieten dem Publikum eine schier atemberaubende Bandbreite an unterschiedlichen Vorstellungen. Das zeigen allein die beiden thematisch diametral gegenüberstehen Produktionen „Chornobyldorf“ und ‚European Kitchen Encounters: VR-Bania‘.

Dieses ‚Virtual-Reality-Projekt mit Geschmack‘, so der Untertitel, stammt von der österreichischen Regisseurin Carmen C. Kruse und dem italienischen Komponisten Manuel Zwerger. Sie reisten dafür in die italienische Stadt Verbania am Lago Maggiore und interviewten unterschiedliche Ansässige zum Thema Essen. Die Interviews wurden in kleine Sequenzen zusammengeschnitten, die man mit der VR-Brille genauso sehen konnte, wie die Zubereitung eines Risotto – um genau zu sein eines „risotto giallo con salciccia“, gekocht von der Performerin Anna Piroli. Sie wurde von Leo Morello mit einer feinen Geräuschkulisse unterstützt, bei der man das Schaben des Messers am Holzbrett genauso verfremdet hören konnte, wie das rhythmische Einrieseln der Reiskörner in den Topf. Schnarrend, vibrierend, klopfend unterstützte er Piroli mit allerlei Percussioninstrumenten, wie weiland Stummfilm-Musik gemacht wurde. Nur mit dem Unterschied, dass das auditive Repertoire sich deutlich zeitgeistiger präsentierte.

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VR-Bania (Foto: Nick-Mangafas)

Das Publikum war dazu aufgerufen, das Kochprocedere sowie die Interviews mit Bewegungen auf den Drehsesseln, auf die es platziert worden war, nach Belieben mitzuverfolgen. Der Clou der Performance aber war, dass während des Abspielens der Videos in der Küchenzeile des WUK hinter dem Publikum dieses Gericht tatsächlich zubereitet wurde und sich so die olfaktorischen Ereignisse mit den videografierten zu einem Live-Erlebnis vermengten.

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VR-Bania (Foto: Nick-Mangafas)

Das anschließende, gemeinsame Essen mit der Regisseurin und dem Komponisten bot Gelegenheit, sich nicht nur über das Gesehene, sondern auch darüber hinaus auszutauschen. Gerade dieser Part soll besonders hervorgehoben werden, denn es ist das Erlebnis der Gemeinsamkeit, das man nicht empfinden kann, während man die VR-Brillen aufhat, die der Performance erst die richtige Würze gab. Sie ist es, was das Publikum heute mehr denn je benötigt, wenn es sich Theatererlebnissen aussetzt. Videos, Spielfilme oder aufgezeichnete Theaterstücke kann man sich post Corona zuhauf vor dem Videoschirm zu Hause ansehen. Das Gespräch mit Menschen, die man nicht kennt, die aber zumindest einen gleichen Nenner haben – die Lust am Theater – dieses Gespräch und diesen Austausch kann man nicht ersetzen, sondern sollte man – wie bei dieser Produktion exemplarisch vorgezeigt – verstärkt forcieren.