Weihnachtliches Straßburg – einmal anders

Weihnachtliches Straßburg – einmal anders

Tapisserie Jesu Geburt (Photo:MP)

Tapisserie Jesu Geburt (Photo:MP)

Pferdegetrappel und ein feines Glöckchengeläut ist zu hören, da biegt die Kutsche auch schon um die Ecke. Auf dem unbedachten Oberdeck mummeln sich die Gäste tief in ihre warmen Mäntel und Jacken und recken ihre Köpfe nach rechts und links.

Dem Kutscher mit der überlangen Peitsche am Bock vorne scheint die Kälte nichts auszumachen. Mit lauter Stimme erzählt er bei jedem Halt Interessantes aus der Geschichte der Stadt und setzt seine Peitsche als verlängerten Zeigefinger ein. Er erzählt hauptsächlich, wie es damals so war, in Strasbourg. Heutzutage verwandelt sich die sonst so noble „heimliche Hauptstadt Europas“, wie sich Strasbourg gerne selber tituliert, jeden Dezember in ein lebendiges Weihnachtstheater. Auf insgesamt 11 Plätzen ducken sich bis Jahresende spitz bedachte Holzhäuschen Seite an Seite und beherbergen Glühwein-, Keks- und Handwerksstände. Aber auch wild blinkende, bunte Weihnachtsgirlanden und rot-weiße Santaclausmützen mit einem elektrifizierten Stern an der Zipfelmütze – dieses Jahr der Renner – gibt es zu kaufen. Strasbourg scheint außer Rand und Band. Die Einheimischen überlegen sich ihre Fußwege durch die Stadt zu dieser Zeit tagsüber gut und umgehen meist großräumig das bunte Treiben, um nicht darin stecken zu bleiben. Nach Arbeitsschluss jedoch mischen sie sich selbst gerne unter die vielen Fremden, um sich an einem Glas Punsch zu wärmen.

Dass Straßburg aber gerade zu dieser Zeit ein kulturelles Erbe der Spitzenklasse seinen Besuchern zeigt, ist lange nicht so bekannt, wie der eben beschriebene „Christkindelsmärik“. Völlig unspektakulär und doch atemberaubend hängen sie zwischen den Säulen des Langhauses im Straßburger Münster – die 14 barocken Tapisserien, auf denen das Leben der Jungfrau Maria in seinen wichtigsten Stationen gezeigt wird. Wer das Straßburger Münster kennt, und die Hängung dieser Tapisserien das erste Mal sieht, ist leicht irritiert. Schweben sie doch, allen zeitgeistigen Sehgewohnheiten zum Trotz, hoch über den Besuchern und bilden einen Korridor, der vom Langschiff hin zum Chor führt. Man muss schon den Kopf in den Nacken werfen, um die prächtigen Gewirke genau betrachten zu können. Und das auch nur zur Advents- und Weihnachtszeit. Denn seit ihrer Restaurierung, die 1999 abgeschlossen wurde, sind die Tapisserien alljährlich wieder nur für diese wenigen Wochen zu betrachten.

Tapisserie Darbringung im Tempel (Foto: MP)

Tapisserie Darbringung im Tempel (Foto: MP)

Um Näheres über sie zu erfahren muss entweder französische Spezialliteratur gewälzt werden, oder man hat, so wie ich, das Glück, mit Herrn Xibaut, dem Kanzler des Erzbischofes, sich über die wechselvolle Geschichte zu unterhalten. „Wir haben selber lange nichts über die Vorgeschichte der Tapisserien gewusst“, gibt er offen und unumwunden zu. Erst die wissenschaftlichen Aufarbeitungen der letzten Jahre brachten Licht ins historische Dunkel. Was zur Zeit ihres Ankaufes, man schrieb das Jahr 1739, als hochmodern galt, stellt heutzutage eine kostbare, kunsthistorische Rarität dar. Mode ist eine kurzlebige Erscheinung geworden. Was im Frühjahr noch en vogue ist, kann schon im Herbst nicht mehr getragen werden. Im 17. und 18. Jahrhundert war dies noch ganz und gar nicht so. Denn, wie vom Kanzler weiter zu erfahren ist, hatten die gewirkten Bilder, als sie Straßburg erreichten, immerhin schon 100 Jahre auf dem Buckel. Und dennoch galten sie als modern, als stilbildend, eben als pariserisch. Für Paris waren sie auch ursprünglich geschaffen worden. Genauer gesagt für die Kathedrale „Notre-Dame“ , welche das führende Gotteshaus jener Zeit in Frankreich darstellte. Ludwig XIII hatte 1638 drei Wochen vor der Geburt seines ersten Kindes einen folgenschweren Schwur geleistet – nämlich ganz Frankreich der Jungfrau Maria zu weihen, wenn er einen männlichen Thronfolger bekommen sollte. Dass dem so war, ist hinlänglich bekannt. Dass dadurch die Marienverehrung in Frankreich einen weiteren Höhepunkt erleben durfte, nicht ganz so. So wurde denn auch ihr zu Ehren der Chor der Pariser Kathedrale erweitert, was zur Folge hatte, dass die 14 Tapisserien sich nicht mehr, wie zuvor, passgenau der Architektur anschmiegten.

Geschäftstüchtig war er jedoch, der Pariser Klerus und – was hier besonders zum Tragen kommt – auch darauf bedacht, die von Gott gegebene, königliche Weltherrschaft landauf, landab zu stärken. Und so kam es denn auch, dass sich die Herren des damaligen Domkapitels in Straßburg, allesamt der adeligen Familie der Rohans entstammend, kurzerhand dazu entschlossen, die Tapisserien für ihr eigenes Gotteshaus anzukaufen. Denn immerhin hatten sie den Wunsch, Straßburg neben Paris zur zweit wichtigsten Stadt Frankreichs umzugestalten. Und dazu gehörte vor allem der damals herrschende Kunstgeschmack. Egal ob Architektur, bildende Kunst, Literatur oder Musik. Die Rohans waren bestrebt, dem französischen Königshaus in allem vorbildlich nachzueifern. „Der Ankauf war auch politisch motiviert, muss man wissen“, erläutert Xibaut den schon beinahe als strategisch zu bezeichnenden Kaufhandel. Zwar passten die Tapisserien nicht in den Chor der Kathedrale in Straßburg – dieser war wiederum viel zu klein um die 14 großformatigen Bildteppiche aufzunehmen. Aber man machte aus dem vermeintlichen Übel kurzerhand eine Tugend und hing, so wie auch noch heute, die Tapisserien in das Langhaus der Gläubigen und zeigte so obendrein eine gewisse Art von Volksverbundenheit. Denn was in Paris nur für die kirchlichen Würdenträger zu sehen war, konnten nun in Straßburg alle Gläubigen bestaunen. Zwar waren Moden vor 250 Jahren nicht ganz so schnelllebig wie heute, aber dennoch unaufhaltsam. Und so kam es, dass mit den Jahrzehnten der sakrale Bilderreigen als altmodisch und unpassend empfunden wurde. Man besann sich auf die architektonischen Reize der gotischen Kathedrale und wollte diese nicht mehr durch barocke Tapisserien verhängt sehen. So wurden sie einfach abgehängt. Zumindest für den Großteil des Jahres. Wie das Elsass selbst, teilten sie nun auch das Schicksal der abwechselnden Zugehörigkeit zu Deutschland und Frankreich, wiederum Deutschland und wiederum Frankreich und waren während der Besetzung der Nationalsozialisten, welche diese als „Kulturgut ersten Ranges“ einstuften, der Gefahr ausgesetzt, aus dem Elsass abtransportiert zu werden. Zum Glück, und Dank des Einsatzes der damaligen Domherren, kam es nicht dazu und die über die Jahrhunderte im Elsass heimisch gewordenen Kunstschätze kehrten nach ihrem Intermezzo der Zwischenlagerung im Kloster der Heiligen Odilie, hoch oben in den Vogesen, wieder wohlbehalten zurück nach Straßburg. Und so ist es heute wieder möglich, sie zu bestaunen.

Tapisserie Heimsuchung Marias (Foto: MP)

Tapisserie Heimsuchung Marias (Foto: MP)

Die Anbetung der Könige zum Beispiel, auf der neben den in prächtigsten Gewändern gekleideten, orientalischen Könige auch ein Teil ihrer berittenen Begleiter mit stark gebauschten Fahnen zu sehen sind. Wie alle anderen Tapisserien auch, wird das Geschehen inmitten einer baufälligen, antiken Architekturlandschaft gestellt und verweist somit schon auf die Historie der Begebenheit an sich. Im 17. Jahrhundert war man ja auch noch weit entfernt, zeitgenössisch zu interpretieren.

Ich erfahre noch, dass jährlich 2-3 Millionen Menschen das Straßburger Münster besuchen. Eine genaue Zählung gibt es nicht. „Aber im Dezember sind es besonders viele. Denn die Menschen, die mit dem Nachschub der Kerzen für die Besucher beschäftigt sind, sind im Jänner sehr, sehr müde“, schließt Monsieur le Chancelier unser Gespräch. Und tatsächlich kehrt Ruhe ein, nach dem 6. Januar, dem Dreikönigstag. Die Tapisserien werden wieder ins Depot gebracht, die weihnachtlichen Märkte haben sich aufgelöst, und die Pferde der Doppeldeckerkutsche dürfen sich wieder genüsslich ausruhen; bis zum nächsten Dezember.

Alexander Somov und Harold Hirtz – Don Quichotte und Sancho Pansa des OPS

Alexander Somov und Harold Hirtz – Don Quichotte und Sancho Pansa des OPS

Alexander Somov, Harold Hirtz (Foto: OPS)

Alexander Somov, Harold Hirtz (Foto: OPS)

Optisch sind sie das Gegenteil von Don Quichotte und Sancho Pansa, genau umgekehrt in ihrem Körperbau veranlagt. Der Cellist Alexander Somov, der Don Quichotte in Richard Strauss` Tondichtung verkörpert ist von kräftiger Statur, wenngleich nicht klein. Harold Hirtz, der Sancho Pansa mit der Bratsche sehr groß und schlank gewachsen. Ihre Temperamente aber vergleichen sie tatsächlich ein wenig mit jenen des literarischen Vorbildes von Miguel Cervantes. Er ließ ja bekanntlich die beiden Hauptfiguren seines Buches allerlei sagenhafte Kämpfe austragen und dies alles zu Ehren einer – Bauernmagd, Dulcinea.

Im OPS spielen die beiden jungen Musiker schon seit 2006 miteinander, unter der Leitung von Marc Albrecht wurden sie in dieser Saison auf der Bühne zu einem Paar zusammengeschweißt, das musikalisch seinen Träumen, Halluzinationen und selbst auferlegten Aufgaben folgt. „Strauss hat nicht die schwersten Kapitel für seine Tondichtung ausgesucht. Dennoch gibt es dabei Stellen, die den Charakter von Don Quichotte ganz, ganz tief ausloten, bis in seine schwärzesten Abgründe. Da kann ich mich selbst tatsächlich auch wiederfinden“ kommentiert Alexander Somov seine Rolle. Der aus Bulgarien stammende erste Cellist des OPS wurde während seines Studiums in Sofia von Stefan Popov 1995 an die Guildhall School of Music and Drama in London gerufen. Der weltberühmte Cellist war in seiner Heimat längst zur Legende geworden und immer auf der Suche nach neuen Talenten. Hirtz hingegen ging nach seiner ersten Ausbildung am Konservatorium in Straßburg nach Paris, wo er bei Patrice Fontanarosa und Jean Mouillère Geigenunterricht, bzw. Kammermusikunterricht erhielt . Und doch sind beide in Straßburg gelandet, bei einem Orchester, das für die jungen Männer so attraktiv war, sich hier zu bewerben.

„Für mich war es in Paris nicht wirklich schwer zu studieren“ erzählt Hirtz über die Zeit, die er ab 16 in der Hauptstadt verbrachte. Ich hatte Freunde dort und es war ein anderes Leben, viel freier als zuvor. Aber was dann zurück in Straßburg passierte, das halte ich auch heute noch für einen Traum. Ich hatte mich bei zwei Bewerbungen für Geige nicht durchsetzen können, da machte mich Claude Ducrocq, der damalige Solo-Bratschist aufmerksam, dass für ihn eine Nachfolge am OPS gesucht würde und ermutigte mich, dafür zu üben. Das tat ich auch und es ging mir extrem leicht von der Hand. Dass ich dann auf Anhieb genommen wurde, konnte ich selber erst gar nicht glauben, so unglaublich war das.“ Dass Hirtz jedoch damals schon mit Preisen ausgestattet gewesen war, erwähnt er mit keinem Wort. „Für mich war London am Anfang extrem schwer. Auch ich war 16 Jahre alt und ganz allein in dem fremden Land. Meine sozialen Kontakte machte ich in den vielen Pubs, das war extrem wichtig für mich, um Anschluss zu bekommen“ ist von Somov zu erfahren.„Die Zeit in England war auch für meine Karriere notwendig. Ich hatte das Glück, 2000 Solocellist der Northern Sinfonia Newcastle zu werden, das unter der Leitung von Thomas Zehetmair stand.“ Ab diesem Jahr trat er auch bei Solokonzerten des London Philharmonic Orchestras, der London Symphony , dem Scottish Chamber Orchestra oder dem English Chamber Orchestra als Gast auf. Warum aber sind die beiden schließlich in Straßburg gelandet? „London ist eine kulturvolle Stadt mit vielen Orchestern, aber als meine Partnerin ein Baby erwartete, suchten wir bewusst nach einer anderen Umgebung, in der unser Kind aufwachsen sollte. Straßburg ist ein idealer Ort dafür und noch dazu hat das Orchester einen ausgezeichneten Ruf. Außerdem hat sich das Repertoire im Chamber Orchester zu wiederholen begonnen, was für ein Kammerorchester auch normal ist“ begründet Somov seine Übersiedelung. „Ich habe mich auf freie Stellen hier in meiner Heimatstadt beworben, in Paris gibt es ein Überangebot an Musikern, “ erklärt Hirtz.

Dass beide nun schon mehrere Jahre auch am Konservatorium unterrichten, hat mit ihrem Vertrag zu tun, der jeden Musiker und jede Musikerin des OPS dazu verpflichtet. Auf die Frage, ob es schwer sei, so jung schon zu unterrichten, winken beide unisono zuerst einmal ab. „Nein, gar nicht! Wir kennen ja das Soloprogramm das alle erlernen müssen in- und auswendig. Wir haben es ja selbst erlernt“, so Somov wobei Hirtz relativiert: „Es kommt ganz auf die Schüler drauf an und wie hoch der Level ist, den man beim Unterricht ansetzt. Ich habe viele junge Schülerinnen und Schüler; hier besteht noch die Herausforderung, sie zum Üben zu motivieren. Sie haben in der Schule enorm viel zu tun, müssen noch lernen, wenn sie nach Hause kommen und erklären dann oft, dass sie keine Zeit hatten zum Üben. Bei jenen, die einmal Musik zu ihrem Beruf machen wollen, da setzte ich schon auch einmal Daumenschrauben an.“ „Was man braucht, ist Geduld“ wirft Somov ein, „Das stimmt, und da muss ich noch viel, viel lernen!“ ergänzt sein Gegenüber. „Das Wichtigste ist aber sicherlich zuerst einmal die Beherrschung der Technik, ohne die geht es nicht“ – Somov. „Genau, das kann man mit einem Kellner vergleichen. Auch der muss zuerst lernen, wie er dem Gast eine Speise serviert. Wenn er aus Ungeschick stolpert, ist alles verloren“ vergleicht Hirtz die Ausbildung und unterstreicht seine Ausführung mit einer kleinen, pantomimischen Einlage. Es ist hoch interessant, wie sehr sich die beiden Musiker bei diesem Gespräch die Stafetten in die Hand geben, so, als führten sie ein zweistimmiges Stück auf, in dem die Melodie keine Unterbrechung erfahren darf.

Die Frage, ob das OPS eine Charakteristik aufweist, die es von anderen Orchestern unterscheidet, bringt sie dennoch kurz ins Nachdenken. „Ich glaube, der Klang der Orchester ist bei weitem nicht mehr so einzigartig wie dies früher der Fall war. Das hängt damit zusammen, dass die Dirigenten nicht mehr so lange mit einem Orchester arbeiten und auch, dass das Niveau der Musikerinnen und Musiker so enorm gestiegen ist. Aber das OPS unterscheidet sich doch von seinem Programm her zumindest von den anderen Orchestern in Frankreich“, Somov, der schon in mehreren Orchestern gespielt hat, scheint zu wissen, wovon er spricht. „Das stimmt auf alle Fälle“, ergänzt Hirtz, „hier in Straßburg spielen wir ein Programm, das sehr germanophil ist. Wir spielen viel Mahler, Bruckner, Brahms, auch Strauß. Ich bin sehr froh darüber, denn ich liebe diese Musik über alles. Marc Albrecht soll, laut den Kolleginnen und Kollegen die schon länger im Orchester sind, einiges hier verändert haben. Da ich aber nur die Zeit unter ihm hier kenne, kann ich dies selbst natürlich nicht wirklich beurteilen.“

Ob sie von den vielen Gastdirigenten auch lernen würden, möchte ich weiters wissen. Das käme auf die Dirigenten an, auf deren Persönlichkeit und Kenntnis, darin sind sich beide einig und auch, dass einer ihrer Lieblingsdirigenten Gennadi Rozhdestvensky wäre. „Bei ihm genügte ein Blick und wir wußten, was gemeint war. Es sind keine großen Gesten oder ausladenden Bewegungen die einen guten Dirigenten ausmachen. Das mag fürs Publikum interessant anzusehen sein, aber für uns Musiker spielt das keine Rolle. Für uns ist es wichtig, dass die Dirigenten wirklich vom Fach sind. Es gibt heute viele Solisten die sich hinstellen und dirigieren, aber das Wissen derer, deren Hauptberuf das ist, haben sie natürlich nicht“ ist Somovs Meinung. „Man merkt sofort, wenn ein wahrer Maestro in den Raum kommt. Die Art seiner Körperhaltung, seine Aura bestimmten vom ersten Augenblick an das Zusammenarbeiten, wie auch bei Haitink und Collin Davis“, so Hirtz. So langsam wird klar, dass das bevorstehende Konzert ein ausgewogenes, harmonisches werden wird. In vielem, wie auch in dieser Frage sind sich beide einig oder ergänzen sich wunderbar.

Der Traum vom Solisten, den müsse wohl jeder während seines Studiums träumen, auch darin stimmen sie überein „Think big“ muss es erst einmal heißen, „die Realität holt die meisten von uns ohnehin ein“, fast schon eine kleine Weisheit, die Somov hier weiter gibt. Noch einmal auf Don Quichotte angesprochen meint er, dass das schöne seine noblen aber auch sehr naiven Ideale sind. Seine Reinheit, aber auch sein Schmerz und poignancy sind es, die ihn berühren. Und Hirtz schwärmt von den schönen Melodien, mit der seine Bratsche Sancho Pansa charakterisieren kann. „Aber auch wenn ich eines der schönsten Soli darin habe, welches für Bratsche je geschrieben wurde muss ich mein Spiel ganz Don Quichotte widmen und ihm dienen, sonst bin ich falsch am Platz“. Noch bevor sein Spiel das Publikum bezaubern wird, weiß Hirtz mit seiner wunderbar bescheidenen Art zu berühren.

Auch auf die Frage, ob sie gerne den Leserinnen und Lesern noch etwas mitteilen möchten, gibt es ebenfalls ergänzende Antworten: „Oh ja, gerne. Ich möchte den Menschen sagen, dass Musik etwas ist, das heilen kann. Etwas, das auf spiritueller Ebene wirkt und das wir heute mehr denn je brauchen. Heute ist alles am wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtet, die spirituelle Ebene verkümmert dagegen schnell. Musik hingegen wirkt wie Medizin und noch dazu ohne jegliche Nebenwirkungen!“, so offeriert Alexander Somov spontan seine Arbeit. „Eigentlich kann man heute ja niemandem mehr etwas vorschreiben. Jeder macht, was er will. Ich kann nicht sagen: geht ins Konzert! und das von den Leuten auch erwarten. Aber ich sehe es als ein Angebot und als etwas, wofür es sich zu kämpfen lohnt. Vielleicht ist der Zugang zu Musik aufgrund des reichhaltigen sonstigen Angebots heute erschwert, aber Musik ist für alle da und bietet jedem etwas“ fügt Harold Hirtz nach kurzer Überlegungsphase hinzu.

Somov und Hirtz – die beiden jungen Musiker machten sich gemeinsam auf den Weg des Don Quichotte und Sancho Pansa. Aber weitere spannende musikalische Abenteuer mit dem OPS sind auf alle Fälle bereits vorprogrammiert.

Das Interview führte Dr. Michaela Preiner am 2. Dezember in Straßburg.

St-Art – Die Straßburger Messe für zeitgenössische Kunst

St-Art – Die Straßburger Messe für zeitgenössische Kunst

st-art 2009

st-art 2009

Derzeit findet noch bis inklusive 30. November die St-art, die Messe für zeitgenössische Kunst in Straßburg statt. 80 Galerien aus 12 Ländern sind vertreten, das Gros davon kommt aus Frankreich. Gegenüber den vorigen Messen fällt auf, dass sich das Galerienangebot gelichtet hat, was wohl auch mit der Finanzkrise in direkte Verbindung gebracht werden kann. Die Messe unter der neuen Leitung des Kunsthistorikers Patrick-Gilles Persin lockt in diesem Jahr mit dem Sonderthema „Kunst aus Istanbul“. Die Ausstellung „Rencontrer l’Europe – Istanbul“, organisiert von der Gesellschaft für europäischen Kulturaustausch Apollonia, zeichnet Anfänge, Entwicklungen und aktuelle Tendenzen türkischer Videokunst nach. Leider konnten nur drei Galerien aus Istanbul nach Straßburg gelockt werden, was auf den übervollen Terminkalender der türkischen Galerien zurückzuführen ist, die ab dem 3. Dezember in Istanbul selbst auf einer Messe vertreten sein werden.

Der Gang durch die Kojen bestätigt mehrere Trends, die in den letzten Jahren sichtbar wurden. Fotokunst mit übergroßen, aufgeblasenen Formaten ist nicht zu finden, die Malerei – und hier die gegenständliche – boomt. Eine sehr wohltuende Ausnahme bildet die Galerie Frank Pages, die mit Arbeiten des Österreichers Peter Weibel auffällt. Er nimmt in einer kleinen Fotoserie die derzeitige Finanzkrise unter die satirische Lupe. Da ist die österreichische Nationalbank zu sehen, mit einem davor stehenden Polizeiauto. Quer über den Aufgang zu dem Gebäude ist ein Band gespannt mit der Aufschrift: Nicht betreten, Ort einer kriminellen Handlung. Weibel führt mit dieser Arbeit ein Werk fort, dass sich mit der Infragestellung und Absurdität von Autoritäten auseinandergesetzt. Eine große Installation des Künstlers hat Pages inmitten seines Standes aufgebaut. Das „Dach der Welt“ – ist ein langer Glastisch auf einem breiten Sockel, bestehend aus Karlsruher Telefonbüchern. Auf ihm sind an den Stirnseiten zwei Teller platziert, die anstelle eines Bodens einen Bildschirm aufweisen, der Afrika und Europa aus der Weltallperspektive zeigt. Zwei Löffel, deren Stiele so lang sind wie der komplette Tisch, verdeutlichen, dass ein Essen nur dann möglich ist, wenn das Gegenüber auch mithilft. Eine komplexe Arbeit, welche auf die Thematik der Globalisierung und dem Nord-Süd Konflikt anspielt. Dass der mit Preisen und Auszeichnungen hochdotierte Weibel, seit 1999 auch Professor am ZKM in Karlsruhe noch die Zeit zu neuen Arbeiten findet ist erstaunlich. Eine weitere Arbeit, die eigentlich ihren Weg in ein Museum finden sollte ist „Der Revolutionstisch – eine soziale Plastik – Leipzig 1989“ zusammengestellt von Edith Tar und Radjo Monk. Hier handelt es sich um ein Ready-made, den Tisch, der während des Mauerfalls vor 20 Jahren von 13 Personen umlagert war, die über die Öffnung der DDR und die daraus folgenden Konsequenzen diskutierten. Frank Pages geht mit seinem Programm ein hohes Risiko ein, umso mehr ist sein Auftritt auf dieser Messe zu bewundern.

Neben diesem galeristischen Hochseilakt fallen vereinzelte Positionen auf, wie zum Beispiel die Künstlerin Anne-Valérie Dupond am Stand von Dufay / Bonnet aus Paris. Sie zeigt Büsten von berühmten Männern wie z.B. Beethoven aber auch historischen Politikern – aus weißem Stoff, mit grobem, schwarzem Garn genäht. Diese Plastiken erhalten etwas dämonisch Lebendiges und fordern auf, sich über die Funktion von Denkmälern Gedanken zu machen. Die Casart Gallery aus Paris vertritt den belgischen Künstler Pierre Devreux, der ausgestopfte und präparierte Arbeitsoveralls als Skulpturen in den Raum stellt. Sein bestes Werk sind zwei kleine Kindergewänder auf einem Sockel vor drei Zeichnungen, die sich mit dem Thema des Kleidungsstückes auseinandersetzen. Hier sei mir der kleine Hinweis erlaubt, dass unter anderen der Österreicher Erwin Wurm schon an anderer Stelle vorgezeigt hat, wie man sich künstlerisch mit dem Ausgangsmaterial Bekleidung geistreich auseinander setzen kann. Mit Kim Eungki wiederum findet sich ein leises, subtiles und sehr ästhetisches Werk in der Koje der koreanischen Galerie Han. Er setzt seine auf schwarze Striche und färbige Punkte reduzierte Handschrift auf vergrößerte Ausdrucke von Seiten europäischer Kunstlexika. So ist mit Mühe zu erkennen, dass es sich bei der Beschreibung, die Kim Eungki überarbeitet hat, um Informationen zu Matthias Grünewald handelt. Die Verschränkung asiatischer, sparsam eingesetzter malerischer Mittel mit dem Hintergrund europäischer Kunstgeschichte irritiert und beruhigt zugleich. Dieses Werk zeigt, dass es auf Kunstmessen immer wieder zu neuen Entdeckungen kommen kann, die sich lohnen.

Das Unternehmen Coop verfolgt mit seiner Aktion 5 elsässische Künstler auf der Messe zu zeigen einen mäzenatenhaften Ansatz, der mit einem sozialen Projekt verbunden ist. Die 5 Künstlerinnen bzw. Künstler haben je ein Motiv für einen Jute-Einkaufstasche gestaltet, der um 5 Euro auf der Messe aber auch in allen Coop-Supermärkten verkauft wird. Der Erlös kommt Arbeitslosen-Projekten zugute. Kunst begeht hier einen engen Schulterschluss mit der Wirtschaft, was sinnvoll verknüpft immer zu begrüßen ist.

Als noch zu erwähnender Nachwuchskünstler erhielt Pierre Laurent den „Prix des Amis des Art et des Musées“ zu Recht. Seine kleinen Betonarbeiten erinnern an architektonische Ausschnitte mit Treppenauf- und –abgängen und weisen eine hohe Ästhetik auf. Vielleicht wird von ihm in Zukunft noch mehr zu hören sein.

Eine St-art, die aufzeigt, dass  Kunstmessen auch in Städten ohne Millionenpublikum durchaus viril und interessant sein können, wenn ihre Ausrichtung international angelegt ist.

Interview mit Timothy Brock

Interview mit Timothy Brock

Anlässlich seines Gastauftrittes beim OPS im November 2009 in Straßburg gab der Charlie Chaplin-Experte und Komponist ein Exklusivinterview.

Timothy Brock (c) Timothy Brock

Timothy Brock (c) Timothy Brock

Herr Brock, wo sind Sie aufgewachsen und wie kamen Sie eigentlich zur Musik?

Ich wurde in Ohio geboren. Mein Vater war Prediger und wir musizierten viel zuhause, allerdings nur auf einem amateurhaften Level. Bevor ich richtig lesen konnte, konnte ich jedoch die Noten zu den Liedern lesen, die wir gesungen haben. Jene von Charles Ives haben mich sehr beeindruckt.

Wo haben Sie Musik studiert?

Ich studierte an keiner Hochschule, sondern bekam privaten Unterricht ab meinem 16. Lebensjahr. Bernstein und Copland beeinflussten mich sehr. Diese Zeit war aber nicht leicht für mich, ich war noch sehr jung, erst 16 Jahre alt, als ich begann, Komposition zu studieren.

Ihre ersten Kompositionen entstanden als sie 17 Jahre alt waren. Sie komponierten Symphonien, Konzerte, ein Requiem, zwei Opern. Wie würden Sie Ihren Stil beschreiben.

Das ist schwer für mich in Worte auszudrücken, aber ich würde sagen, die Kompositionen klingen sehr amerikanisch, wenngleich auch von europäischer Musik beeinflusst.

Gibt es CDs von diesen Werken?

Nein, es gab welche, derzeit sind aber keine mehr erhältlich. In naher Zukunft sollen die Werke aber wieder neu aufgenommen werden.

Haben Sie aufgehört zu komponieren?

Nein, ich komponiere eigentlich jeden Tag. Meine Lehrer sagten zu mir, als Komponist darfst du nie aufhören zu komponieren. Du musst jeden Tag zumindest ein wenig schreiben, und das tue ich auch. Zurzeit beschäftige ich mich stark mit Kammermusik.

Sie waren der musikalische Direktor des Olympia Chamber Orchesters. Worin sahen Sie in der Stellung ihre Herausforderung?

Das Orchester war mit seinem Repertoire ganz im 20. Jahrhundert angesiedelt. Es war ein sehr progressives Orchester. Wir spielten viele Uraufführungen und begleiteten eine jede Menge von Filmaufführungen bzw. brachten Filmmusik zur Aufführung. Zu seiner Zeit war das OCO das einzige große Orchester für diese Art von Musik. Als ich das Orchester verließ – es war genau zum Regierungswechsel, in welchem George W. Bush die Regierung übernahm, begann es sich leider aufzulösen. Von der Bush-Administration erhielt es einfach keine Subventionen mehr und war damit nicht mehr zu halten.

Sie haben sich in der Zeit mit dem OCO sehr viel mit Musik des 20. Jahrhunderts beschäftigt, wie Sie bereits sagten. Gab es da weitere Schwerpunkte außer den Filmmusikpartituren?

Wissen Sie, in Amerika, speziell zu dieser Zeit, war ein Konzert, in dem nicht das klassische Repertoire gespielt wurde, in den Augen des Publikums kein gutes Konzert. So musste ich die Konzerte immer kombinieren. Wir spielten z.B. Brahms mit einem unbekannten Komponisten. Denn für mich persönlich sah ich es immer als eine Aufgabe Komponisten aufzuführen, die wenig oder gar nicht bekannt waren. Es gibt so viele Komponisten wie z.B. Alexander von Zemlinsky, der viel zu selten aufgeführt wird. Viele Stücke von Bartok, die man nicht kennt, aber auch von bekannten Komponisten wie Brahms führten wir ebenfalls auf; Beethovens  gesamten Egmont ebenso, nicht nur die Ouvertüre. Und ich führe gerne „Entartete Musik“ auf, also Musik von Künstlern, die im Naziregime nicht aufgeführt werden durften.

Wie kommen Sie an die Partituren, das ist wahrscheinlich nicht immer leicht!

Das stimmt, heute ist es bereits besser, vieles ist schon erforscht und zugängig. Aber als ich begann mich dafür zu interessieren, war es oft ein langer Weg zu einer bestimmten Partitur zu kommen. Ich habe einen sehr guten Freund, er ist Däne, Komponist. Mit ihm sprach ich darüber, dass ich gerne ein bestimmtes Werk von Leo Schmidt aufführen wolle, aber ich die Partitur nicht finden konnte. Er machte sich auf den Weg ins Jüdische Kulturzentrum und fand dort tatsächlich eine einzige Kopie von seiner Symphonie in C die wir kopierten und die ich dann verwenden konnte. Ähnlich schwierig war es mit Werken von Hans Krása oder Victor Ullmann, von dem wir „Der Kaiser von Atlantis“ spielten. Sie waren beide in Theresienstadt und zur Zeit meiner Recherchen war das Archiv noch nicht aufgearbeitet. Auch Schulhof ist ein Komponist den niemand mehr kennt. Ich bin aber der Meinung, dass man sie bekannt machen sollte, damit man überhaupt weiß, dass sie gelebt haben. Ich hätte gerne auch heute noch öfter die Gelegenheit, die Musik dieser Zeit aufzuführen und beim Publikum bekannt zu machen. Derzeit dirigiere ich neben den Filmmusikaufführungen zu Stummfilmen nur ca. 25 – 30% andere Konzerte, was ich gerne ändern möchte. Vielleicht habe ich in Zukunft die Möglichkeit, wieder mit einem festen Orchester zusammenzuarbeiten. Dann würde ich mich stärker auf diese Musik konzentrieren.

Sie erwähnten bereits Musik, die das OCO zu Filmen gespielt hat. Wann sind Sie eigentlich mit Filmmusik in Berührung gekommen.

Das war schon sehr früh. So ab meinem 10. Lebensjahr begleitete ich jeden Samstag Stummfilme am Klavier. Zu Filmen von Stan Laurel und Oliver Hardy oder Buster Keaton spielte ich oft. Ich war auch für die Filmauswahl zuständig, was in diesem Alter nicht leicht war. Vorausschauend war ich nicht wirklich und so besorgte ich oft erst in letzter Minute die Filme aus der öffentlichen Videothek. Das führte dann aber auch dazu, dass es oft nur mehr Filme gab, die kein Mensch ansehen wollte. Aber da unsere Samstagnachmittagvorführungen nicht ausfallen durften, nahm ich eben, was noch übrig war – und begleitete schon auch mal Dokumentarfilme über das Leben von wilden Bibern! Mit 22 Jahren kam ich das erste Mal in Berührung mit der Restaurierung von Filmmusikpartituren. Und zwar über einen damals schon sehr alten Historiker. Er hatte Beziehungen in die Filmindustrie und kannte dort eine jede Menge Leute noch von früher. In den 40er Jahren traf er David Raksin, der Chaplin bei dem Film „Modern Times“ mit der Partiturerstellung zur Seite stand. 1998 wurde ich dann von den Chaplins gerufen, um bei der Restaurierung der Partitur für „Modern Times“ behilflich zu sein.

Wie kann man sich eigentlich die Restaurierung einer Partitur vorstellen?

Das ist ein sehr langer Prozess. Chaplin spielte Geige und Klavier, aber nur nach Gehör und er sang auch gerne. Wenn er eine Melodie im Kopf hatte, so brauchte er jemanden, der neben ihm diese Melodie notierte. Danach wurden die einzelnen Teile in eine Orchesterfassung transkribiert, die dann wiederum in kurzen takes auf Walzen aufgenommen wurden. Chaplin hörte sich das Ergebnis dann an und begann, wenn es ihm nicht gefiel, wieder zu ändern. Alles, was jemals aufgenommen oder notiert wurde, ist zwar erhalten. Für eine Partitur existieren manches mal 5 – 6 Archivboxen in denen sich nicht nur das Tonmaterial findet, sondern auch allerhand andere Unterlagen wie z.B. Rechnungen von Wäschereien oder auch Bierdeckel, die mit musikalischen Einfällen versehen wurden. Nach der ersten Sichtung entscheide ich, welche Versionen die passenden sind und arrangiere von der Piccoloflöte bis zum Bass die Partitur. Dann beschäftige ich mich damit, in welcher Art und Weise der notierte Sound gespielt werden soll. Ich notiere ein Glissando oder ein Vibrato oder den Einsatz von Trompetendämpfern. Das ist nicht leicht, denn früher arbeitete man mit einer ganzen Palette an Dämpfern, mit 15 verschiedenen. Heute findet man kaum mehr als drei im gängigen Einsatz. Ich versuche natürlich, das Stück so spielbar wie möglich zu machen und nehme auch einmal einen Wechsel eines Instrumentes von der Originalpartitur vor. Bei „City lights“ habe ich zum Beispiel ein Basssaxophon gegen eine Bassklarinette stimmlich ausgetauscht.

Bedeutet das nicht aber auch gleichzeitig einen veränderten Klang?

Ja natürlich. Heute hört sich eine Wiedergabe anders an als in den 20er und 30er Jahren. Die Beschwerde, die von Musikern, die damals musizierten und heute noch leben am häufigsten zu hören ist, hört sich so an: „Sie spielen das nicht, wie wir das gespielt haben“. Aber man muss bedenken, die Lehrer von damals gibt es nicht mehr und die Musikpraxis hat sich verändert. Wir spielen aber heute gewiss Verdis Requiem auch nicht so, wie es zu seiner Zeit aufgeführt wurde. Natürlich bemühe ich mich, so authentisch wie möglich zu arbeiten, aber ich weiß, dass dies nur bedingt möglich ist.

Haben Sie das Gefühl, dass Sie bei der Arbeit an der Restaurierung ihre eigene Musikalität sehr unterdrücken müssen?

Nein, eigentlich überhaupt nicht. Ich habe diese Arbeit sehr gerne. Sie ist sehr anspruchsvoll, man muss sehr genau arbeiten, das macht mir großen Spaß. Genau und präzise zu sein finde ich wundervoll.

Wie lange benötigen Sie für die Wiederherstellung einer Partitur?

Das hängt ganz davon ab, 14 Monate zum Beispiel oder auch 8 Monate, solange habe ich für „City lights“ gearbeitet.

Zur Stummfilmzeit gab es viele Musiker, die die Filme im Kino begleiteten. Auch Pianisten zum Beispiel. War es noch üblich, ein Orchester begleiten zu lassen, nachdem man die Musikspur aufbringen konnte?

Ja durchaus, in den großen Städten Amerikas gab es große Orchester, die die Filme begleiteten. In Chicago spielten zum Beispiel Mitglieder des Symphonieorchesters bei jenem Orchester, das im Kino auftrat. Das Roxy Theater in NY beschäftigte beispielsweise 45 Musiker. Ein heute nur für seine Kompositionen bekannter Klavierbegleiter war Schostakowitsch, der zu Chaplins Filmen spielte. Aber nicht lange. Er wurde vom Kinodirektor gefeuert, nachdem er mehrmals laut zu Chaplins Filmen gelacht hatte mit dem Argument: „Bei uns werden Sie fürs Spielen und nicht fürs Lachen bezahlt!“ Schostakowitsch nahm es gelassen, er stellte fest: „Gut so, der Job war ohnehin nichts für mich!“

Möchten Sie einmal die Filmmusik für einen zeitgenössischen Film schreiben?

Nein, überhaupt nicht!!!

Warum nicht?

Nein, da hat man es mit viel zu vielen Leuten zu tun, die überhaupt nichts von Musik verstehen und alle mitreden wollen. So etwas zu machen finde ich sehr, sehr langweilig, das ist keine Herausforderung für mich. Als junger Mann schrieb ich einmal für Disney wirklich schreckliche Musik. Das hat mir gereicht. Mit Bertolucci habe ich einmal zusammengearbeitet, aber ohne Erwähnung. Ich habe ihn bei der Filmmusik beraten und gab ihm Informationen wie er Fehler vermeiden könne.

Die Stummfilme von Charlie Chaplin kommen immer mehr in Mode, das bedeutet, Sie sind immer stärker auf dieser Schiene unterwegs.

Ja, das ist richtig. Ich würde zwar gerne auch anderes dirigieren und habe auch immer wieder das Glück, dass mich Orchester, mit denen ich Filmmusik aufgeführt habe dann danach zu einem anderen Konzert einladen. Das Schöne dabei ist, dass ich damit durch die ganze Welt reise und interessante Erfahrungen mache, wie zum Beispiel in Korea, wo Chaplin das erste Mal gezeigt wurde, oder auch in Moskau, Neu Seeland oder Abu Dhabi. Vor einigen Jahren führten wir in Kairo sogar einen 3stündigen Film auf. Diese Art von Aufführung lockt das Publikum wieder in die Konzertsäle. Das ist der Grund, warum Veranstalter diese Art von Musikvorführung verstärkt buchen. Sie bieten einfach Menschen die Gelegenheit, ein großes Orchester als Filmbegleitung zu hören und hoffen, dass diese nach dieser Aufführung vielleicht Lust auf weitere Konzerte bekommen.

Stellen Sie Unterschiede zwischen den einzelnen Orchestern fest, die Sie mit immer denselben Stücken dirigieren?

Oh ja, sofort, schon nach den ersten Takten höre ich, wie ein Orchester angelegt ist. Es gibt große Unterschiede, aber nicht nur nationale sondern auch regionale. Ich habe meinen Hauptwohnsitz in Bologna, dort werden auch die Chaplinfilme selbst restauriert. Ich arbeite viel mit italienischen Orchestern zusammen und höre, dass es große Unterschiede zwischen jenen im Norden und jenen im Süden gibt – manchmal auch ganz schreckliche!

Möchten Sie dem Publikum und unseren Leserinnen und Lesern noch etwas sagen?

Ja, gerne. Wenn Sie zu einer Filmvorführung mit Musikbegleitung gehen, dann achten Sie nicht vorrangig auf die Musik. Die ist eigentlich nur dazu da, damit man stärker in den Film hineingezogen wird. Sie werden aber sehen, der Sound, den wir dabei produzieren ist ganz unglaublich. Lassen Sie sich einfach verzaubern und genießen Sie, was Ihnen geboten wird.

Herzlichen Dank für das Interview!

Der Dank liegt ganz auf meiner Seite!

Das Interview führte Dr. Michaela Preiner

Weitere Infos zu Timothy Brock: https://www.timothybrock.com

Eine Brandschrift wider Kürzungen in den Kulturbudgets

Eine Brandschrift wider Kürzungen in den Kulturbudgets

Kennen Sie den nachhaltigsten Rohstoff Europas?

Die aktuelle Finanzkrise lässt, interpretiert man die Zeichen richtig, den Schluss zu, dass in den Kulturbudgets der europäischen Länder bereits in den nächsten Monaten der Rotstift angesetzt werden wird. Das erste Opfer, das durch die Medien ging, ist das Wuppertaler Theater, das ganz geschlossen werden soll. Auch Hamburg und Stuttgart sehen drastische Einsparungen – sprich Kürzungen in ihren Kulturbudgets vor. Weitere werden folgen. In der freien, unsubventionierten Privatwirtschaft ist die Krise im Kunst- und Kulturbereich bereits angekommen. Sponsoren werden zurückhaltender mit Geldern, private Sammler agieren nur mehr vorsichtig bei Ankäufen und Kulturveranstalter reduzieren die Kosten für ihr Personal auf das absolut notwendige Minimum, um sich den neuen, wirtschaftlichen Gegebenheiten  anzupassen. Ich erlebe auch persönlich, wie groß die Zurückhaltung derzeit ist in Projekte zu investieren, die sich mit Kunst beschäftigen. Vieles wird auf Eis gelegt und verschoben, wann der Zeitpunkt gekommen sein wird, diese Projekte tatsächlich abzuarbeiten, ist ungewiss. Mit einigem Nachdenken wird deutlich, dass eigentlich jede und jeder, die oder der sich im Kulturbetrieb engagiert, im Moment sämtliche Alarmglocken läuten hören muss, die da verkünden: die Zeiten werden noch härter, das Geld wird noch spärlicher fließen. Mir, als Einzelkämpferin, bleibt nichts anderes übrig, als auf dieses bedrohliche Phänomen aufmerksam zu machen und mich zumindest mit Worten vehement gegen diese drohende Entwicklung zu stemmen und Gegenargumente aufzuzeigen. In der allerleisesten Hoffnung, irgendwo Gehör zu finden und einen Denkprozess in Gang zu setzen, der in Aktionen mündet, die sich für und nicht gegen die finanzielle Unterstützung von Kunstprojekten aussprechen.

Kunst als natürliche Ressource

Europa besitzt eine unübertroffene Ressource, die nicht nur nachhaltig ist, sich ständig erneuert und noch dazu jede Umweltverträglichkeitsprüfung mit Bravour besteht. Es handelt sich dabei um eine Ressource, die, je mehr man sie fördert, umso üppiger nachwächst, je mehr man in sie investiert, eine umso höhere Umwegrentabilität zeigt und je länger man sie vor Ort hegt und pflegt, umso nachhaltiger auf die kommenden Generationen wirkt. Die Ressource, über die an dieser Stelle nachgedacht wird, ist – wie sollte es hier auch sonst sein – nichts anderes als der „Rohstoff“ Kunst.

Um die Ressource Kunst  anzubohren, muss man nicht irgendwo Rohstoffe plündern, man braucht keine Kriege um diese Ressource zu führen, man wird in Zukunft keine giftigen Rückstände entsorgen müssen oder darüber nachzudenken haben, wie unsere Kinder und Kindeskinder mit einer dadurch aufgelasteten Hypothek einst fertig werden können. Die Beschäftigung mit dem Rohstoff Kunst fördert das Demokratieverständnis und hebt die Lust an der Kommunikation. Sie bringt Menschen und ganze Völker zueinander, die ohne sie nicht zueinander gefunden hätten und produziert weiteren Rohstoff, für den dasselbe wie bisher Gesagte gilt.

Kunst wird bislang nicht als Rohstoff gesehen, weil die Produktion von Kunst, speziell in den deutschsprachigen Ländern, oft noch im Geruch des Exotischen, Bohemistischen oder überhaupt abstrus Undurchschaubaren bleibt und für den Großteil der Bevölkerung als völlig irrelevant für ihr eigenes Leben betrachtet wird. Würden die Menschen jedoch erkennen, dass dies ein falscher Denkansatz ist und unsere Gesellschaft nicht weniger, sondern noch viel mehr Kunst vertragen könnte, dann wäre ein richtiger Schritt in eine Zukunft getan, in welcher die Ressource Kunst, wie eingangs beschrieben, zu einer Hochblüte gelangen könnte. Und dies mit positiven Nebeneffekten auch in Gesellschaftsbereiche, die auf den ersten Blick als kunstfern bezeichnet werden. Kunst wird von Menschen gemacht, entsteht in den Köpfen von Menschen und äußert sich in unterschiedlicher Vielfalt. Sie geht, da sie sich an eine Öffentlichkeit wendet, über eine persönliche, egoistische Lebenserhaltung hinaus, ohne jedoch dadurch weder unsere Erde, noch Menschen auszubeuten, die sich in einem anonymisierten Produktions- oder Dienstleistungsprozess unterordnen müssen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Kunst als Wirtschaftsfaktor im Tourismus

Orchester als Tourismusattraktion (Foto: Paul Georg Meister/pixelio.de)

Orchester als Tourismusattraktion (Foto: Paul Georg Meister/pixelio.de)

Kunst ist ein Rohstoff, zu dem in vielen Ländern Europas jeder Zugang haben kann, der dies möchte; um den Europa von allen anderen Ländern der Welt beneidet wird und der sogar, wenn er als Exportartikel eingesetzt wird, im Ausland dafür sorgt, dass im Anschluss an einen Verkauf desselben der Fremdenverkehr in dem Land zunimmt, das diesen „Artikel“ zuvor exportiert hat. Das wohl plakativste Beispiel, das mir als geborene Österreicherin hierzu einfällt, sind die Wiener Philharmoniker. Ihre Auslandsauftritte, oder das in über 70 Länder übertragene Neujahrskonzert aus dem Wiener Musikvereinssaal, erwecken bei vielen Menschen die Sehnsucht, sich einmal die Heimatstadt dieses Orchesters anzusehen und einen Aufenthalt dort zu planen. Und Sehnsüchte werden nicht nur geweckt, sondern alljährlich weist Wien in einer Statistik genau auf, warum die Besucher tatsächlich nach Wien kommen und was sie sich dort genau ansehen:  Knapp 6 Millionen Gäste strömen alljährlich nach Schönbrunn – inkludiert die Sehenswürdigkeiten Schloss Schönbrunn, Tiergarten Schönbrunn, Palmenhaus Schönbrunn, Irr- und Kronprinzengarten sowie die Wagenburg. Knapp 2 Millionen besichtigen das Hofburgareal bestehend aus den Kaiserappartements, Sissi Museum, Silberkammer, Schatzkammer, Spanische Hofreitschule, Schmetterling- und Palmenhaus, Österreichische Nationalbibliothek, neue Burg & Museum für Völkerkunde und dem Papyrusmuseum. Und noch immer 849.471 Personen nahmen im MuseumsQuartier an den Ausstellungen und Veranstaltungen im Leopold Museum, Museum Moderner Kunst, Architekturzentrum Wien, Dschungel Wien, Zoom Kindermuseum und in der Kunsthalle Wien teil. Insgesamt genossen rund 3,6 Millionen Menschen die Stimmung und das Flair im Areal des MuseumsQuartiers.  (Zahl lt.WienTourismus einzusehen unter: https://b2b.wien.info/article.asp?IDArticle=4567)

Es ist noch nicht allzu lange her, dass man marktwirtschaftlich begonnen hat,  Kunst und Kultur als wirtschaftliches Phänomen auch in Zahlen auszudrücken. Dabei zeigte sich deutlich, dass die wirtschaftlich positiven Auswirkungen bisher weit unterschätzt, ja ganz im Gegenteil völlig falsch beurteilt wurden. So belegte z.B. eine Studie, welche die Semperoper 2007 in Dresden in Auftrag gab, dass das Haus einen Rentabilitätsfaktor von 3,9 aufweist, was so viel bedeutet, dass jeder Euro, den der staatliche Träger in die Institution Sächsische Staatsoper Dres­den investiert, sich wirt­schaft­lich mit einem Faktor 3,9 hinsichtlich eines mone­­tären Rückflusses rentiert. Oder in einer anderen Zahl ausgedrückt, die Semperoper ist in Dresden für 7,2 % des gesamten Tourismus-Umsatzes verantwortlich. https://www.ifk-verein.de/fileadmin/ifk/downloads/praxisforum/2008/Praxisforum_2008_Projekte.pdf

Ausgerechnet Kunst, die oft Geschmähte, die vielfach als zu teuer Betrachtete, Kunst, die angeblich nur für eine kleine Bildungsschicht da ist, Kunst, die nur kostet und nichts bringt, hört man sich in Bierkneipen um, wo auch so manch anderer Stumpfsinn fröhliche Urstände feiert, ausgerechnet dieses Phänomen sollte stärkenswert sein? In einer Zeit, in der – die Zukunft wird es zeigen –  Budgetkürzungen aller Art zu erwarten sind, natürlicherweise auch in Bereichen der Kunst, bzw. Kultur sollte man dieser weiter mit öffentlichen Geldern Hilfestellung leisten? Selbstverständlich, denn Kunst, betrachtet man sie genauer, wirkt nicht nur nachhaltig, sondern produziert darüber hinaus auch noch ganz andere Nebeneffekte, die in einer gesunden Marktwirtschaft höchst erwünscht sind.

Kunst als Beschäftigungsfaktor

Dass eine lebendige Museumslandschaft, ein vielfältiges Konzert- Opern- und Theaterangebot sich positiv auf den Fremdenverkehr auswirkt, ist kein Geheimnis mehr und wurde am Beispiel Wien oder Dresden mit eindringlichen Zahlen bereits kurz veranschaulicht. Dass Kunst Arbeitsplätze schafft und erhält, und zwar in vielerlei Bereichen, wird oft nicht bedacht. Die Beschäftigungszahlen steigen in jenen Bereichen, die sich mit Kunst beschäftigen jedoch  ständig. Stellen Sie sich ein rechtwinkeliges Dreieck vor, das auf seiner Spitze – also „auf dem Kopf“ steht. Die Spitze symbolisiert eine kleine Zahl von Personen, die mit der ursächlichen Kunstproduktion beschäftigt sind. Das wären Schriftsteller, Maler, Bildhauer, Fotografen, aber auch Komponisten. Die Reihe ließe sich noch fortsetzen. Ein wenig darunter ist schon eine größere Anzahl von teilnehmenden Personen angesiedelt, nämlich jene, die mit den bereits genannten direkt zusammenarbeiten. Bei Schriftstellern also Verleger, Übersetzer, Lektoren, Graphiker, Drucker, bei Malern Galeristen und  Museumsfachleute, Katalogherausgeber, Kunsthistoriker und wissenschaftliche Mitarbeiter, ebenso bei Bildhauern – hier noch häufig zusätzliche Arbeitskräfte im Atelier und Menschen im Speditionsgewerbe, die Bücher, Skulpturen und Plastiken von A nach B transportieren, bei Fotografen wiederum jene Modelle, die sich ablichten lassen, wiederum Herausgeber von Print- oder Onlinemedien, Lektoren, Graphiker, Drucker und bei Komponisten ebenso Verleger, aber auch Dirigenten, Opernintendanten, Leiter von Jazzevents usw. usw. Noch eine Stufe darunter wiederum wird der Beschäftigungsgrad noch höher. Wird das Werk eines Schriftstellers veröffentlicht, muss Papier bestellt werden und Farbe, arbeiten hierfür Fabrikangestellte in Papier- und Farbfabriken, Frächter mit ihren Fahrern, ob auf der Schiene oder der Bahn; müssen von Buchhaltern Rechnungen geschrieben und Rechtsanwälte bemüht werden, die sich um das Aufsetzen von  Verträgen kümmern, geht es darum, das Geschriebene vielleicht auch noch als Bühnen- oder Filmstück zu verkaufen. Ganz zu schweigen von den Heerscharen von Musikern, die Musik zum Klingen bringen, in Orchestern, kleinen Formationen oder solo auf einer Bühne, umrahmt von Bühnenmitarbeitern, Pressebetreuern, Veranstaltern. Dasselbe gilt selbstverständlich auch für Schauspieler und Tänzer, die solistisch, oder in einem Ensemble auftreten. Verzeihen Sie diese sprunghafte und rudimentäre Aufzählung, die jeglicher Vollständigkeit entbehrt. Lassen Sie Ihrer Fantasie selbst freien Lauf und spinnen einfach die Kette weiter, egal mit welchem künstlerischen Beruf, bis vielleicht sogar hin zu jenen Museumswärtern, die Kunst bewachen –  Kunst, die viele hunderte Jahre alt ist und die auch in den nächsten Generationen noch restauriert und bewacht werden wird, und so mit einer Nachhaltigkeit in der Wirtschaft verankert bleibt, wie kaum ein anderes „Produkt“ oder eine andere Dienstleistung.

Viele Menschen in diesen ellenlangen Ketten – bis hin zu jenen, die als Finanzprüfer die Unterlagen von Kulturschaffenden überprüfen, verdienen ihr tägliches Brot mit Kunst. Mit einer Lebensform, die man gerne außerhalb unseres alltäglichen Lebens ansiedeln möchte und die doch in der Mitte unserer Gesellschaft eingebettet ist. Zwei Zahlen sollen darauf hinweisen, wie stark die Verankerung von Kunst und Kultur in der Wirtschaft tatsächlich ist. Eine wurde von der Eurostat-Pressestelle im Jahr 2004 veröffentlich. Damals waren 2,5 % aller in der EU Beschäftigten in kulturnahen Bereichen anzutreffen, was ungefähr 5,8 Millionen Arbeitnehmern entspricht.  Diese Zahl wird noch beeindruckender, wenn man weiß, dass in Griechenland und Irland zusammen weniger Menschen berufstätig sind. https://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=STAT/04/68&format=HTML&aged=1&language=DE&guiLanguage=en

Die zweite Zahl veröffentlichte das Büro für Kulturpolitik und Kulturwirtschaft im Februar 2007 bezugnehmend auf  die Wertschöpfung der sogenannten „Creative Industries“ in ganz Deutschland, dazu gehören neben Kulturwirtschaft der Werbemarkt und die Software/Spieleindustrie. Für 2004 weisen diese einen Jahresumsatz in Höhe von 117 Milliarden Euro aus und bewegen sich mit einer Bruttowertschöpfung von 58 Milliarden Euro und einem BIP-Anteil von 2,6% zwischen der Chemischen Industrie (46 Mrd./2,1%) und der Automobilindustrie (64 Mrd./2,9%). Nachzulesen unter: https://www.goethe.de/ges/pok/thm/pan/de2011834.htm

Wirtschaftlich schlechte Zeiten, in denen ständig die Kosten hinterfragt werden, evozieren oftmals drastische Kürzungen gerade bei den Kulturausgaben. Ausstellungen müssen gestrichen, Preise für Veranstaltungen angehoben werden, Gastspiele auf ein Minimum reduziert und neue Werke können nur mit der Aussicht auf einen Hungerlohn in Auftrag gegeben werden. Dass sich aber all dies spiralenartig fortsetzt, in dem oben nur angedeuteten Wirtschaftskreislauf, wird nicht bedacht.

Kunst als soziale Notwendigkeit

Verminderte Ausgabenzahlen im Kunstbereich können nur von jenen gefeiert werden, die Scheuklappen tragen und willfährige Gehilfen jener sind, die Hirnbesitzer aber keine Hirnbenützer sind. All diese selbst ernannten Sparmeister feiern nämlich nur vermeintliche Siege, die sich jedoch als Pyrrhussiege herausstellen, betrachtet man die Auswirkungen genauer. Jeder in Kunst investierte Euro vervielfacht sich im Laufe der Jahre, auch wenn dies nicht immer sofort erkannt wird, ich kenne keinen einzigen Fall in der Kunst, bei dem dies anders ist.

Ich schreibe diese Zeilen ganz aktuell unter dem Eindruck, dass viele Künstlerinnen und Künstler im Moment die Auswirkungen von Einsparungen hautnah erleben und unter kaum vorstellbaren Bedingungen weiter ihrer Arbeit nachgehen. Ich wende mich mit diesen Zeilen an all jene, die an einflussreichen Positionen ihr Werk verrichten und die Möglichkeit haben, über Ausgaben oder Einsparungen im Kunstbereich zu entscheiden. Es ist nicht nur das persönliche, finanzielle Wohlergehen von kreativen Menschen, das mir am Herzen liegt. Vielmehr ist es das Phänomen der Kunstproduktion selbst, das mich fasziniert und das es zu verteidigen gilt. Kunst bringt etwas in diese Welt, was vorher noch nicht da gewesen war. Menschen, die Kunst produzieren, schreiben, wenn sie so wollen, eine eigene, kleine, neue Schöpfungsgeschichte. Sie produzieren dadurch, dass sie ihre Gedanken materialisieren – seien es Noten, Bilder, Filme oder Texte – Vorstellungswelten, in denen sich andere Menschen wiederfinden können. Solche, die keine Begabung zu außergewöhnlichen, künstlerischen Leistungen haben, die aber dadurch ein Stück Bereicherung in ihrem Leben erfahren.

Der Mensch lebt nicht von Brot allein – wie viele Menschen müssen dies zurzeit erfahren. Es gibt viele, die in letzter Zeit ihren Arbeitsplatz verloren haben und materiell nicht üppig abgesichert sind. Die meisten von ihnen beziehen zum Glück soziale Leistungen und haben zumindest ein Dach über dem Kopf und genügend zu essen. Was ihnen jedoch oft fehlt, ist die soziale Einbindung und der Gedankenaustausch mit anderen. Uneingeschränkter Zugang zu kulturellen Ereignissen, mit dementsprechend offener Kommunikation und ohne den Aufbau von Schwellenängsten zu Veranstaltungen, trägt aktiv dazu bei, dass gerade Menschen in Lebenssituationen, in denen sie  finanziell benachteiligt sind, sich wenigstens in ihrem Menschsein nicht sozial isoliert fühlen müssen. Dass jetzt vorgenommene Kürzungen im Kulturbudget sobald nicht mehr zurückgenommen werden, zeigen alle vergleichbaren Erfahrungen der letzten Jahrzehnte aus anderen Bereichen. Einmal gekürzt, stabilisieren sich solche Entwicklungen dann nur mehr auf dem neuen, niedrigeren Niveau ohne jemals wieder an die ursprünglich erhaltene Summe heranzukommen. Kürzungen treffen, bedenkt man den dadurch erschwerten Zugang zu Kunst mit, vor allem wieder jene Gesellschaftsgruppe, die es auch schon jetzt nicht leicht hat, an Kunstphänomenen teil zu nehmen und verstärken den Trend zu einer Zweiklassengesellschaft.

Wenn Politikerinnen und Politiker Kunst auch als soziales Stabilisierungsmittel wahrnehmen könnten, dann würden sie mehr in sie investieren.

Tanzprojekt Gizella Hartmann (Foto: Mathias Wunderlich)

Tanzprojekt Gizella Hartmann (Foto: Mathias Wunderlich)

Hier ein konkretes Beispiel: ich verfolge ich seit Jahren aufmerksam die Projekte der Düsseldorfer Tänzerin Gizella Hartmann, die in Brennpunktschulen Tanzkurse mit ganzen Klassen im Rahmen des Unterrichts abhält. In Klassen, wohlgemerkt, die einen 50-80%igen Anteil an Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund aufweisen und deren Schülerinnen und Schüler von Pädagogen meist als zukunftslos bezeichnet werden, sollte es sich um eine Hauptschule handeln. Nichtsdestotrotz gelingt es der Künstlerin, die Jugendlichen zu einem Miteinander zu motivieren, das am Ende des Projektes oft in eine bühnenreife Aufführung mündet. Mit einer Realschulklasse erarbeitete sie das Tanztheaterstück „Hey, wo issn hier Moskow?!“. Die Leistungen gegen Projektende gingen weit über ein normales Schultheaterniveau hinaus. In das Projekt integriert waren desweiteren zwei Fotografen und ein bildender Künstler, der zusammen mit der Klasse das 30 qm große Bühnenbild schuf – unbezahlt, aufgemerkt! Kunst gab diesen Jugendlichen vielleicht das erste Mal in ihrem Leben eine adäquate und komplexe Ausdrucksmöglichkeit ihres Lebensgefühls. Sowohl die Persönlichkeitsentwicklung jedes Beteiligten als auch die Gruppe in sich sind deutlich gestärkt aus dem Projekt hervor gegangen.

Das klingt soweit so gut, bis auf die Tatsache, dass Projekte wie diese keinesfalls adäquat bezahlt werden, sofern sie aus öffentlicher Hand gefördert werden. Der Stundenetat bezieht sich immer nur auf die reine Unterrichtszeit mit der Klasse. Nachbesprechungen mit dem verantwortlichen Lehrer, Supervisionsgespräche, Kooperation mit dem schulischen Sozialpädagogen, Einzelbesprechungen mit Schülern, Koordination und Organisation der Aufführung und natürlich die Unterrichtsplanung werden in der Regel nicht honoriert. Das ist die Schnittstelle, wo die Gesellschaft das ehrenamtliche und soziale Engagement der Künstler voraussetzt und auf gewisse Weise ausnutzt. Ein Phänomen, das Künstler aller Sparten betrifft, wenn sie mit Kindern und Jugendlichen arbeiten und nicht nur dort.

Kunst als demokratiepolitisches Instrument

Politikerinnen und Politiker müssen nicht nur erkennen, dass kulturelle Äußerungen im Bereich Musik, Theater, Literatur, Tanz, bildender Kunst usw. für viele Menschen eine Unabdingbarkeit in ihrem Leben darstellen, sondern auch für den Lebensunterhalt von Hunderttausenden in einer nationalen Gemeinschaft sorgen. Sie müssen erkennen, dass Kunst nicht nur unsere Vergangenheit bestimmte und wir davon heute noch zehren, sondern sie sollte vielmehr in verstärktem Maße unsere Zukunft bestimmen. Politikerinnen und Politiker müssten erkennen, dass eine lebendige Kunst- und Kulturlandschaft den Bildungs- und Meinungsprozess der Menschen vehement fördert und müssten dies lautstark begrüßen. Gerade wenn Kunst uns irritiert oder verunsichert, wenn wir über die Intention der Künstlerin oder des Künstlers debattieren und diskutieren, entsteht ein demokratisches Bewusstsein. Wir müssen uns mit anderen Lebensentwürfen genauso auseinandersetzen wie mit anderen Kulturen und Ländern. Andere Lebensauffassungen, die wir nicht immer teilen müssen, führen aber trotz alledem zu mehr Verständnis und Toleranz.

Alleine als völkerverbindendes Element ist die Kunst aus der heutigen Zeit nicht mehr wegzudenken. Internationale Projekte fördern das gegenseitige Verständnis, sind jedoch ursächlich vom Damoklesschwert der Subventionskürzungen bedroht. Wie aber sollte sich Völkerverständnis in Zahlen ausdrücken lassen, sodass jene, die mit dem Rotstift unterwegs sind, vor Kürzungen zurückschrecken? Wie jedoch lässt sich die Zufriedenheit jener Menschen messen, die einen Abend nicht vor dem Fernseher verbracht haben ,sondern bei einem Liveevent waren, das viel direkter  und erinnerungswürdiger auf sie wirkt, als eine noch so gute gemachte TV-Sendung? Wie kann geweckte Neugier von Kindern gemessen werden, die das erste Mal eine Ausstellung besucht haben? In welche nationalökonomischen Berechnungen kann das kulturelle Angebot eines Landes einfließen? In welchen Statistiken wird die Zufriedenheit der Menschen eines Landes mit diesem Angebot ausgeworfen? Gibt es eine Möglichkeit, Erkenntniszuwachs, der durch die Teilnahme am kulturellen Geschehen resultiert, zu messen und in Statistiken zu verankern? Nichts von alledem wurde bisher gezählt, aber in jüngster Zeit wurde zumindest wahrgenommen, das hier ein großes Manko besteht. Nun gibt es neue Bestrebungen, welche die Grundlagen zur Berechnung des BIP, also des Bruttoinlandsproduktes, neu andenken. Ausgehend von einer vom französischen Staatspräsidenten Sarkozy in Auftrag gegebenen Studie, an der sich gleich 5 Nobelpreisträger beteiligten, wird versucht, wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt zu messen. Noch ist man aber weit davon entfernt, bisher unquantifizierbare Phänomene wie die oben beschriebenen in Zahlen zu fassen, um so Klarheit darüber zu erhalten, welcher Wert mit Kunst in einer Nationalökonomie eigentlich erwirtschaftet wird und welche Nachhaltigkeit ihr inne wohnt.  Dieses Handicap des schwer Messbaren wird, wie es im Moment aussieht, die Verteidigung von kulturellen Aktivitäten gegenüber Reaktionären und politischen Sparefrohs noch länger erschweren. Aber gerade deswegen ist es unbedingt notwendig, so oft es geht, auf diese Umstände hinzuweisen;  wir alle sollten, wann immer es möglich ist, unsere Stimme für Kunst erheben und schon gar nicht klein bei  geben, wenn es daran geht, künstlerische Projekte finanziell abwürgen zu wollen. Leider ist schon viel zu viel zerschlagen und zerstört worden. Der Musik- und Kunstunterricht in den Schulen wurde in den letzten Jahren europaweit systematisch gekürzt.

Kind lernt Klavierspielen (Foto: Rainer Sturm/pixelio.de)

Kind lernt Klavierspielen (Foto: Rainer Sturm/pixelio.de)

Kinder, die heute ein Instrument erlernen, gehören entweder zur Elite einer Großstadt oder leben noch in dörflichen Strukturen, in denen es noch „zum guten Ton“ gehört, in der Blaskapelle vor Ort mitzuspielen. Alle anderen jedoch, und das ist die überwiegende Mehrheit, spielt fleißig Musik – aber nur mehr aus der Konserve, mit einem einzigen Fingerdruck auf die Power-Taste. Diese Kinder und Jugendlichen können nicht erahnen, was ihnen entgeht und um wie viele Chance sie und die Gesellschaft beraubt werden.  Wer wird aber später einmal unseren Orchestern zuhören, wer wird später einmal unsere Museen besuchen, wenn die Grundlagen des Verständnisses dazu, die in der Jugend gelegt werden müssen, nicht mehr vorhanden sind? Und auf welchen kreativen Schatz werden sie als Erwachsene einmal zurückgreifen, wenn sie sich künstlerisch ausdrücken möchten?

Beispiel eines offeneren Kunstzuganges

In Kunst und Kultur darf, egal wie sehr die Gürtel enger zu schnallen sind, niemals weniger investiert werden. Wer dies anstrebt oder gar tut, handelt fahrlässig und ist sich der Tragweite dieser Entscheidung nicht bewusst. Die politische Frage angesichts einer angespannten wirtschaftlichen Lage kann nicht heißen, „wo können wir bei Kunst noch einsparen?“, sondern viel mehr, „was passiert eigentlich, wenn wir bei Kunst einsparen?“

Ich verbrachte die letzen 6 Jahre in drei Ländern: Österreich, Deutschland und jetzt in Frankreich und habe einen guten Überblick über die jeweilige Kulturpolitik der verschiedenen Nationen erhalten. Ich lebe derzeit in Straßburg, einer Stadt, die nicht als Großstadt bezeichnet werden kann und in der es dennoch möglich ist, beinahe täglich an einem kulturellen Ereignis teilzunehmen, ohne dafür die Geldbörse öffnen zu müssen. Ich erlebe dies hier in Frankreich, in einem Land, das, so scheint es, seine Prioritäten im Umgang mit Kunst tatsächlich anders sieht, als in den deutschsprachigen Nachbarländern, wo ich eine wesentlich höhere Zugangsschwelle zu kulturellen Veranstaltungen festgestellt habe.

Nennen Sie mir eine Stadt mit ca. 250.000 Einwohnern in Deutschland, Österreich oder der Schweiz, in der sie im Jahr ca. 150 – 200 Literaturlesungen, 150 – 200 frei zugängige Konzerte und 52 Sonntage im Jahr haben, an denen in den Museen kein Eintritt zu zahlen ist. Wer einmal bei diesen Veranstaltungen dabei gewesen ist, der weiß, wie groß der Hunger der Menschen nach Kunst ist – denn jede einzelne dieser kostenlosen Veranstaltungen ist so gut besucht, dass die Säle oft zu klein sind, in denen sie stattfinden und viele Besucherinnen und Besucher stundenlanges Anstellen oder auch Stehen während der Vorführungen in Kauf nehmen, nur um dabei sein zu können. Die eintrittsfreien Museumssonntage entwickeln sich zu Familienwandertagen, bei welchen das Kleinkind ebenso wie die betagten Großeltern ins Museum gehen und sich in zwangloser Atmosphäre unter vielen anderen die neuesten Ausstellungen ansehen. Ob zeitgenössische Kunst oder mittelalterliche Retabeln gezeigt werden, ist völlig egal, immer strömen Massen von sich anregend unterhaltenden Menschen an den eintrittsfreien Sonntagen durch die sonst so heiligen Kulturstätten. Ähnliches kennt man auch in Deutschland und Österreich, wenn es anlässlich der „Langen Nacht der Museen“ mittlerweilen in großen Museen schon darum geht, dem Massenansturm auch nur irgendwie Herr zu werden. Bei der Eröffnung des Festivals Musica, einem Festival für zeitgenössische Musik in Straßburg, stürmten an einem Sonntagnachmittag 3000 Menschen die Musikhochschule, in der ca. 25 unterschiedliche Konzerte bei freiem Eintritt gegeben wurden. Und es handelte sich beileibe nicht um „leichte“ Kost, die zur Aufführung gebracht wurde. 24% der Besucher der Opera du Rhin in Straßburg sind unter 26 Jahre alt, ein Wert der, soweit ich weiß, in Europa ziemlich einzigartig ist. Er resultiert unter anderem aus der Einführung der Straßburger „carte cultur“ einer Karte, die die Inhaber berechtigt, um 5,50 Euro bei einer kulturellen Veranstaltung dabei zu sein. 5,50 Euro, egal ob für eine Opernaufführung oder ein Gastspiel einer internationalen Theatertruppe, das schon lange im Voraus ausverkauft ist, um nur zwei Beispiele zu nennen. Ebenso dazu gehört der freie Eintritt in einen großen Verbund von Museen.  Dieser Karte gilt auch – und man lasse sich den französischen Terminus auf der Zunge zergehen – für „Arbeitssuchende“ – welch schöne Bezeichnung für Menschen, die im deutschsprachigen Raum meist ganz anders betitelt werden. Vereinzelt mag es in diesem oder jenem Land vergleichbare Ansätze geben, aber eigentlich ist es eine Schande, dass man eine solche Entwicklung noch immer groß herausstreichen und als etwas Nachahmenswertes vorstellen muss.

Wenn wir schon ein vereintes Europa haben, dann sollten wir uns nicht scheuen, über unsere Grenzen zu blicken und Mittel und Wege zu finden, wie es möglich ist, ein Kunstangebot wie das soeben beschriebene auch in anderen Ländern wirksam werden zu lassen. Wenn dieser Weg einmal beschritten wird, dann gibt es kein Zurück mehr. Denn dann geschieht etwas, was ich zu Beginn meines Artikels bereits beschrieben habe. Die Ressource Kunst wird wachsen und wachsen, wird stärker und stärker werden und wird vielen Menschen zugute kommen, die jetzt keinerlei Möglichkeiten und Zugang dazu haben.

Für mich gibt es nur zwei Gründe, warum politische Entscheidungsträger bei einem  Kunstbudget einsparen wollen: Erstens, sie haben die komplexen Zusammenhänge, in denen sich künstlerischer Ausdruck bewegt, nicht einmal in den Ansätzen begriffen, oder zweitens, was noch schwerer wiegt, sie kürzen dann, wenn mündige Bürger nicht gewollt sind. Mehr Verständnis und mehr Diskussionen über Kunst und die Lebensentwürfe und –welten jener, die Kunst produzieren, führen automatisch zu mehr Mündigkeit und kritischer Reflexion. Wenn es jedoch Bestrebungen gibt, genau diese Mündigkeit nicht weiter zu entwickeln, dann verstehe ich die Reaktion des Kunst- und Kulturbudgetkürzens völlig. Denn dann kann es nur heißen:  „Weg damit, weg mit der Kunst, die das Denkvermögen fördert und aus unmündigem Wahlvolk mündige Bürger macht, die selbstbestimmt leben möchten und alles und jedes hinterfragen, was in politischen Gremien entschieden wird.“

Interview mit John Storgårds

Interview mit John Storgårds

John Storgards (Foto: Marco Borggreve)

John Storgårds (Foto: Marco Borggreve)

Anlässlich eines Gastauftrittes mit dem OPS, dem Philharmonischen Orchester Straßburg, gab der finnische Dirigent John Storgårds ein Exklusivinterview.

Um Sie unseren Lesern näher vorzustellen, wäre es interessant zu wissen, ob Sie von Ihrer Familie musikalisch vorgeprägt sind.

In meiner Familie gab es keine Berufsmusiker, sondern Musik wurde nur als Hobby ausgeübt. Ich bin der einzige, der von 5 Kindern einen musikalischen Beruf ergriffen hat. Zuhause wurde zwar Musik gespielt, aber es gab für mich keine direkten Vorbilder auf diesem Gebiet. Ab meinem 7. Lebensjahr erhielt ich Geigenunterricht.

Sie waren auch solistischer Geiger bevor Sie als Dirigent reüssierten.

Das ist nicht ganz richtig, ich spiele nach wie vor Geige und trete auch als Solist auf. Pro Jahr erarbeite mir zwischen 3 und 5 neue Stücke, um mein Repertoire zu erweitern. Ich mache besonders viel Kammermusik. Das ist eigentlich mein künstlerischer Ursprung. Zu Beginn meiner Karriere war ich Konzertmeister des schwedischen Rundfunksymphonieorchesters. Ich finde Geige zu spielen und zu dirigieren eine gute Kombination, ja ich brauche das Violinspiel. Es hilft mir, mich weiter zu entwickeln. Heute spiele ich hauptsächlich Kammermusik im Rahmen von Festivals in unterschiedlichen Ensembles.

Wie kamen Sie eigentlich dazu zu dirigieren? War es so etwas wie eine innere Notwendigkeit, die Sie dazu veranlasste?

Das ergab sich eigentlich auf ganz natürliche Art und Weise. Ich wurde von meinen Kollegen im Kammermusikensemble gebeten, zu dirigieren. Das tat ich direkt von der Geige aus.

So, wie das früher gemacht wurde und ganz natürliche Aufführungspraxis war?

Ja, so wie z.B. Haydn oder Mozart vor ihren Orchestern auch dirigierten. Es war eigentlich selbstverständlich für mich. Aber als ich 1992 gefragt wurde, ob ich das Universitätsorchester von Helsinki dirigieren wollte, stand für mich fest, diese Herausforderung nur dann anzunehmen, wenn ich auch die richtige Ausbildung dafür vorweisen konnte. Und so habe ich noch einmal begonnen zu studieren. Und habe nach meinem Studium der Violine noch erlernt, wie man ein Orchester dirigiert. Das Studentenorchester von Helsinki besteht nur aus Amateuren, aber es ist ein sehr großes und gutes Orchester und mir fehlten einfach gewisse Fertigkeiten und auch bestimmte „Werkzeuge“ um ein guter Dirigent zu sein. Das Studium gab mir diese Kenntnisse und auch die Möglichkeit, als Dirigent am Pult erfolgreich zu sein. Dirigieren bedeutet, ein Orchester zu leiten und als Führer des Klangkörpers aufzutreten. Es ist auch eine besondere physische Herausforderung, mit der man umgehen lernen muss. Wenn man selbst in der Interpretation der Partitur unsicher ist, so wirkt sich das sofort auf das Ergebnis aus, die Musiker spüren die kleinste Unsicherheit und es kommt zu Missverständnissen. Aus diesem Grunde bedaure ich, dass heute viele Instrumentalisten ohne Dirigentenausbildung Orchester leiten, da den meisten von ihnen die Grundlagen dazu fehlen, die aber unabdingbar sind.

Wenn man sich ihre bisherigen CD-Einspielungen ansieht, so fällt auf, dass Sie sich sehr mit finnischer, besser gesagt mit skandinavischer Musik beschäftigen. Von den bisher 26 erschienen CDs sind 15 Komponisten oder Komponistinnen aus dem nordischen Raum gewidmet. Empfinden Sie sich als Botschafter dieser Musik?

In Skandinavien gibt es eine Menge guter Komponisten, besonders auch zeitgenössische Komponisten, die wirklich gute Musik komponieren. Ich finde, dass diese Musik es wert ist, nach außen getragen zu werden. Ich will aber nicht als Spezialist für skandinavische Musik betitelt werden, das wäre mir zu wenig. Ich versuche ständig, eine gute Balance in der Präsentation zu erreichen. Ich finde besonders unterschiedliche Kombinationen in einem Repertoire spannend. Ich liebe es genauso, bekannte Stücke wie z.B. von Bruckner oder Beethoven aufzuführen.

Sie arbeiten viel mit zeitgenössischen, finnischen Komponisten zusammen. Können Sie feststellen, dass es bei zeitgenössischen Kompositionen einen Unterschied gibt, der sich durch die Herkunft des Komponisten oder der Komponistin erklärt?

Nein, heute eigentlich nicht mehr. Man kann, wenn man ein Stück hört nicht mehr sagen, das ein dänisches, finnisches oder deutsches Stück. Aber natürlich trägt zum Beispiel eine finnische Person gewisse Elemente in sich, die man nicht wegdenken kann. Ich denke zum Beispiel allein an die unterschiedlichen klimatischen Bedingungen, die in den verschiedenen Ländern gegeben ist. Wenn man, so wie ich, in Finnland aufgewachsen ist, dann hat man es mit langen, sonnenlosen Wintern zu tun. Mit viel Kälte und Schnee, was sich ursächlich auf den Charakter der Personen auswirkt. Diese, aber auch andere Elemente machen dann einen bestimmten Teil einer Person aus, was sich in unterschiedlichen Kompositionsweisen verdeutlicht.

Sind es nicht auch unterschiedliche, frühe musikalische Prägungen, denen wir alle ausgesetzt sind und die wir unser ganzes Leben lang in uns tragen, die uns schließlich unterschiedlich agieren lassen?

Ja, ganz sicher. Wenn Sie in Finnland einer Hochzeit beiwohnen und spontan Lieder gesungen werden, so können Sie sicher sein, dass diese alle in Moll gehalten sind. Ich denke, Sie als Österreicherin haben da sicher andere Traditionen.

Ja, absolut. Bei Hochzeiten wird ausgelassen gefeiert mit fröhlicher Musik.

Es ist interessant. Denn obwohl es diese Prägungen gibt, die nicht wegzudenken sind und die unseren musikalischen Charakter mitbestimmen, sind dennoch die heutigen Werke in gewissem Sinne global. Und das finde ich zugleich auch sehr gut.

Wie viele Konzerte geben Sie im Jahr?

Ich denke, so um die 50, aber ich habe sie nicht gezählt. 1 pro Woche – nein, stimmt nicht, das sind doch wesentlich mehr, denn allein bei den Festivals komme ich manches Mal auf 2 an einem Tag!

Haben Sie da noch Zeit, für die Erarbeitung neuer Partituren?

Ich arbeite ständig an neuen Partituren, schon mehrere Monate im Voraus, bevor ich ein neues Stück dirigiere. 1 – 2 neue Werke pro Monat sind das meist.

Das ist viel!

Ja schon, aber ich arbeite einfach gerne.

Was fällt Ihnen leichter, die Erarbeitung neuer, zeitgenössischer Werke oder solche aus dem allseits bekannten Orchesterrepertoire?

Ich fürchte mich nicht vor der Erarbeitung zeitgenössischer Werke und ich finde es in gewisser Weise auch einfacher, da man viel mehr Freiheiten hat. Viele Werke werden zum ersten Mal aufgeführt, was gleichzeitig bedeutet, dass es noch keine Vergleichsbeispiele gibt. Man ist in der Interpretation dabei völlig frei und nicht schon von gewissen Hörgewohnheiten vorbestimmt. Wenn ich mich an Bruckner annähere, so gibt es ja schon viele Dirigenten, die dies vor mir gemacht haben. Es gibt viele Interpretationen die man schon in den Ohren hat. Hier muss ich erst die Partitur genau studieren, um darin etwas zu finden, was ich persönlich anders als bisher ausdrücken möchte. Das kann viel schwerer sein, als ein neues Stück aufzuführen. Auch in der Zusammenarbeit mit den Orchestern ist es manches Mal schwerer, ein bekanntes Stück zu erarbeiten. Es gibt Orchester, die ein gewisses Stück schon viele Male gespielt haben, es auswendig kennen und in ihrer eigenen Art immer wieder gleich spielen. Da muss man dann an gewissen Stellen stoppen und erklären – bitte hier nicht „diminuendo“ – und es kann dann schon passieren, dass man dies auch drei Mal hintereinander wiederholen muss, um die bisher eingefahrene Spielweise zu eliminieren. Ein zeitgenössisches Werk hingegen sitzt oftmals ganz rasch.

Sie sind international unterwegs und kennen verschiedene Orchester mit ihren unterschiedlichen Klangausformungen. Wie würden Sie den Klang des Philharmonischen Orchesters von Helsinki bezeichnen, dessen musikalischer Leiter Sie ja seit der Saison 2008/09 sind?

Ich glaube, dass die Orchester auf dieser Welt heute in ihrem Klang nicht mehr so weit auseinander sind, wie das noch vor einigen Jahrzehnten waren. Sie spielen heute alle auf einem sehr hohen Niveau und haben sich auch dadurch aneinander angeglichen. Und dennoch gibt es feine Unterschiede. Das Philharmonische Orchester in Helsinki zeichnet sich zum Beispiel durch einen vollen Körper im symphonischen Klang aus. Das ist eine hervorragende Basis, die vor allem von meinen Vorgängern, z.B. Leif Segerstam und Paavo Borglund erarbeitet wurde. Ich möchte gerne eine flexiblere Einsatzweise forcieren, ein noch stärkeres Ausbalancieren von Nuancen erreichen. Ich liebe es, mit allen kleinen Details zu arbeiten, Balancen herauszuheben, aber nicht nur in der kleinteiligen Betrachtung, sondern auch im gesamten Überblick.

Nikolaus Harnoncourt zeigte mit seiner Art, Partituren zu lesen, dass es vor allem auch daran ankommt, sich mit den Details zu beschäftigen. Ist das auch Ihre Vorgehensweise?

Nikolaus Harnoncourt ist einer jener Dirigenten, die ich ganz besonders schätze. Das, was er vor 30, ja 40 Jahren völlig revolutionär gemacht hat, ist heute eigentlich Standard in der Behandlung einer Partitur. Heute zählt diese Art und Weise, sich mit einem Werk auseinanderzusetzten, zur allgemeinen Lehre; niemand, der heute Musik studiert, kommt an diesen Interpretationsansätzen vorbei. Hier hat sich sehr viel weiter entwickelt. Harnoncourt war hier absolut stilbildend. Es gibt daher heute ein viel stärkeres Bewusstsein, was den jeweiligen musikalischen Stil betrifft. Heutzutage kann man sozusagen in den Stil Mozarts, Schumann oder von Schostakowitsch springen, denn man weiß, wie man z.B. den Bogen unterschiedlich ansetzen muss, um dem jeweiligen Stil in der Interpretation gerecht zu werden. Natürlich ist dies auch eine Generationenfrage, denn früher wurden Werke einfach stärker schwarz-weiß interpretiert, ohne auf gewisse Feinheiten und Finessen näher einzugehen. Es besteht aber der Unterschied zu heute schon allein in der Tatsache, dass Chefdirigenten eines Orchesters früher oftmals jahrzehntelang einem Orchester vorstanden und es somit mit ihrer Art zu dirigieren maßgeblich prägten. Heute gibt es keine jahrzehntelange, ununterbrochene Zusammenarbeit mehr. Die Orchester selbst sind mit vielen unterschiedlichen Dirigenten konfrontiert, wie zum Beispiel hier in Straßburg, wo es viele Gastdirigenten in einer Saison gibt.

Wie lange läuft Ihr Vertrag mit dem Philharmonischen Orchester Helsinki und haben Sie bestimmte Pläne, die Sie während Ihrer Direktion verwirklichen möchten?

Der Vertrag ist für 4 Jahre abgeschlossen, aber man weiß noch nicht, was dann kommt. Das muss nicht bedeuten, dass ich nur 4 Jahre mit dem Orchester zusammen arbeite. Was auf alle Fälle kommen wird, ist die Übersiedelung in das neue Konzerthaus, die für 2011 geplant ist. Es wird eine phantastische Akustik aufweisen und dadurch eine Menge in Bewegung bringen und viel verändern. Auch befindet sich das Orchester gerade mitten in einem starken Generationenwechsel und die jungen Musiker, die nachfolgen, haben den unbedingten Willen besser und besser zu werden.

Welches Programm spielen Sie in Helsinki hauptsächlich?

Wir spielen finnische Musik z.B. von Armas Launis, Jukka Tiensuu, Leevi Madetoja oder Selim Palmgren, natürlich auch Jean Sibelius, aber auch Werke des Esten Erkki-Sven Tüür oder des Schweden Anders Hillborg. Wie jedoch schon erwähnt, ist mir auch hier eine gute Mischung mit anderen Komponisten wichtig und so spielen wir auch Strauß, Brahms, Beethoven, Dvořák oder Musorgski, um nur ein paar zu nennen.

Auch in diesem Programm ist eine starke Orientierung hin zur zeitgenössischen Musik bemerkbar, ist dies eine Besonderheit in Skandinavien?

Ja, das denke ich schon. Das skandinavische Publikum ist es gewohnt, ständig zeitgenössische Stücke zu hören, dies einfach ein Teil der Kultur. Das ist anders, als in Mitteleuropa, wo die Veranstalter viel vorsichtiger in der Auswahl der Stücke agieren. Dadurch sind die Hörgewohnheiten beim Publikum anders. Was in Skandinavien eigentlich ganz normal ist, ist in Mitteleuropa oft eine Ausnahme. Ich merke dies auch an der Reaktion des Publikums, das hier einfach verhaltener auf zeitgenössische Musik reagiert.

Wie kam das aktuelle Konzertprogramm zustande, das Sie in Straßburg dirigieren? War es der Wunsch des Veranstalters oder haben Sie die Stücke ausgesucht?

In diesem Fall war es eigentlich eine Kombination. Die 6. von Bruckner war mein Wunsch und die Zusammenarbeit mit dem Flötisten Emmanuel Pahud, mit dem ich hier das erste Mal zusammentreffe, war vom Veranstalter gewünscht. Ich bin aber sehr froh, dass ich die Möglichkeit hab,e hier zu Beginn des Konzertes ein Stück von Alfred Alessandrescu aufzuführen. Dafür bin ich dem OPS dankbar, denn es ist ein sehr selten aufgeführtes und daher kaum bekanntes Stück. Geschrieben wurde es 1910 aber es klingt so, als wäre es schon viel früher komponiert worden. Es ist ein spätromantisches, ruhiges und einfaches, aber unglaublich schönes Werk und ich glaube, es wird dem Publikum sicher gefallen. Es ist eigentlich eine Schande, dass Alessandrescu völlig in Vergessenheit geraten ist. Er war zu seiner Zeit nach George Enescu, dem wichtigsten rumänischen Komponisten der zweit wichtigste Mann in Rumänien. Zu seiner Zeit war er sehr bekannt, ganz im Gegensatz zu heute. Ich entdeckte die Partitur1994 beim Stöbern in einer Musikalienhandlung in Paris und habe sie in Lappland mit meinem Kammerorchester schon mehrfach dirigiert. Sie passt sehr gut zur 6. von Bruckner und ist mit „Spätherbst“ übertitelt – sie passt natürlich gut in die jetzige Zeit. Das Stück ist jenen von Joseph Suk, dem tschechischen Komponisten, sehr ähnlich. Der darauf folgende Ibert ist im Gegensatz dazu im Charakter viel prickelnder und ein schöner Kontrast. Was die 6. Von Bruckner betrifft, so sehe ich die wiederum in einer nahen Verwandtschaft zum Stück von Alessandrescu. Bruckners 6. wird selten gespielt, obwohl sie es wert ist, gespielt zu werden. Natürlich hat Bruckner immer dasselbe Kompositionsprinzip, aber dennoch ist auch in diesem Stück etwas Neues zu entdecken. Sie trägt viel Raum in sich, ist voll von Licht – das ist ihr Hauptcharakter, sie ist nicht schwer, ist eher serenadenhaft. Der zweite, langsame Satz ist einer der schönsten, die ich überhaupt kenne.

Eine Ihrer bemerkenswertesten Zusammenarbeiten ist jene mit dem BBC Symphony Orchestra, geht diese Zusammenarbeit auch in Zukunft weiter?

Ja, ich bin sehr froh darüber, dass ich immer wieder eingeladen werde. Die nächste gemeinsame Arbeit steht für die Saison 2011/12 auf dem Programm. Ich liebe die Zusammenarbeit mit dem Orchester, das unglaublich flexibel reagieren kann und extrem gute Fähigkeiten aufweist. Das Orchester hat dieselbe Art zu denken wie ich und kombiniert gerne Traditionelles mit Modernem. Die Musiker sind außerordentlich virtuos.

Haben Sie persönliche Wünsche für die Zukunft, gibt es Orchester, mit denen Sie gerne zusammen arbeiten würden?

Ja natürlich habe ich die, aber darüber sprechen möchte ich nicht!

Gibt es etwas, was Sie gerne den Leserinnen und Lesern direkt noch mitteilen möchten?

Mit dieser Möglichkeit habe ich eigentlich gar nicht gerechnet. Aber ja, es gibt etwas sehr wichtiges, das mir große Sorgen bereitet und das ich noch gerne ansprechen möchte. Das ist die Zukunft für unsere Arbeit. Wir leben in einer sehr paradoxen Zeit. Die Ausbildung der Musiker wird immer besser, die Qualität der Orchester ist heute so hoch wie noch nie zuvor und dennoch bricht uns das Publikum weg. Es ist festzustellen, dass jahrhundertealte Traditionen der Musikvermittlung, die uns auf dieses Niveau gebracht haben, nicht mehr weiter gepflegt werden. In den Schulen wird Musikunterricht auf ein Minimum gekürzt, was sehr schade ist. Wenn nicht dementsprechende Entscheidungen getroffen werden, dann verlieren wir für das, was wir tun, einfach das Publikum. Damit muss Schluss gemacht werden! Musik ist ein Teil unserer Kultur und unabdingbar notwendig. Ich plädiere einfach an all jene, die die Möglichkeit haben zu agieren – vor allem an politisch Verantwortliche, diese Kultur wieder verstärkt zu unterstützen. Sie dürfen den Menschen die Musik nicht einfach wegnehmen, sondern müssen dafür sorgen, dass Livemusik wieder erlebt werden kann, auch im Radio oder im Fernsehen, das heute ja eine ganz besonders wichtige Rolle spielt

Herzlichen Dank für das Gespräch und viel Erfolg für Ihre weitere Arbeit!

Das Gespräch am 27.10.2009 führte Michaela Preiner