GATES – Zwischen?Raum war der zweite Teil des Wien Modern Abends in Zusammenarbeit mit dem sirene Operntheater – progetto semiserio und der IGNM. Musikalisch unterstützt wurde er von PHACE deren Schlagwerker Berndt Thurner mit einer besonderen Herausforderung konfrontiert war, waren doch die Schlagwerknoten des ersten Stückes „Seelentore“ am Premierenabend nicht auffindbar. Die einzige Möglichkeit, das Spielen von der Gesamtpartitur, gelang Thurner jedoch meisterhaft, womit er seine Klasse und sein Können mehr als sonst unter Beweis stellen konnte.
„Seelentore“, für das Jörg Ulrich Krah die Musik und Susanne Felicitas Wolf das Libretto schuf, handelt von drei Personen, die ihre soziale Befindlichkeit offenbaren. Dies geschieht jedoch in parallelen Strängen, sodass sich die Personen nicht kennenlernen und austauschen können, was der Idee eine zusätzliche Spannung verlieh. Der politische Flüchtling, der nicht mehr in seine Heimat zurück kann und sich in seiner neuen nicht zurechtfindet (Levent Bakirci), die Pensionistin, der die Sprachverfremdung und der Lärm einfach zu viel wird (Ingrid Habermann) und der junge Gutmensch, der versucht sein Leben so politisch korrekt wie möglich zu leben, agierten auf ihren eingenommenen Plätzen, ohne diese je zu verlassen. Ein schönes Bild für die Vereinsamung und Unmöglichkeit, sich mit anderen auszutauschen. Krah schuf ein sehr ausdifferenziertes musikalisches Werk, das jeder Person eine eigene Färbung zuschrieb und sogar den Flüchtlingsstatus mit verfremdeten Klängen, die in der Nähe des Bosporus angesiedelt sind, verdeutlichte. Der kurze, aber umso prägnantere und völlig emotionslose Text von Wolf unterstrich die ungeschönten Aussagen exakt.
Mit „Wärme“ schloss sich eine abermals ganz persönliche seelische Bestandsaufnahme an, für die Tamara Friebel das Konzept und die Komposition und Nathalie Latham den visuellen Gang durch eine Kirschblütenbaum schuf. Kaoko Amano pendelte darin als entwurzelte Japanerin zwischen Traumgebilden und bedrohlicher Realität. Die musikalische Begleitung durch Cello und Schlagwerk erweiterte Friebel durch zusätzliche elektronische Einspielungen. Spätestens mit diesem Stück war klar, dass der Abend nach der Pause eine eklatante Wendung genommen hatte. Stand das Spielerisch-Humorige im ersten Teil im Vordergrund, war es die Tragik des Individuums, die nun in verschiedenen Ausformungen abgehandelt wurde.
„Gate as my asshole“ – dieser Titel war nicht das einzig Gewalttätige, das sich in der Arbeit von Oliver Weber (Komposition) und Nurkan Erpulat (Libretto) zeigte. Sie setzten einen türkischstämmigen Mann in den Mittelpunkt, der sein Schwulsein in ständiger Angst so lange verbarg, bis seine unterdrückten Gefühle schließlich vulkanartig ausbrachen. Andreas Jankowitsch explodierte nicht nur schauspielerisch, sondern auch stimmlich – wobei er locker den Spagat zwischen Sprechgesang und schwierigen Gesangspartien bis hin zum Verlust der fließenden Sprachmelodie schaffte. Ein expressives, gewalttätiges Werk, das vor allem im Hinblick auf den Schluss des Abends gut platziert war.
Jorge Sánchez-Chiong war dafür kompositorisch zuständig und Thomas J. Jelinek sorgte für das Konzept, den minimalen Text und die Bühne. Der Titel „Bill“ verweist auf das englische Wort für „Rechnung“ assoziiert aber auch jenen Mann, der den größten Softwareentwickler unserer Zeit begründete. Immer schneller werdende, zum Schluss nicht mehr verfolgbare rasende, aufsteigende Zahlenkolonnen, auf mehrere hintereinander gestaffelte, durchsichtige Leinwände projiziert, symbolisierten den wirtschaftlichen Fortschritt seit dem 18. Jahrhundert auf unserem Planeten, zugleich aber auch die Überpopulation und die irrwitzige Ausbeutung, die damit einhergeht. Eine Klangdichte, die sich im Laufe der „installativen Raum-Klang Oper“ zur Schmerzgrenze hin ausweitete, unterstrich diese unaufhaltbare Entwicklung. Die auf der Bühne mitagierenden Musiker von Phace machten deutlich, wie sehr der Mensch in den Produktionswahnwitz eingebunden ist und diesen trotz aller sichtbaren Bedrohungen weiter verfolgt. Da wurden absurde Klangkästen mit Schläuchen traktiert, Percussioninstrumente, Cello und Saxophon in all ihren Klangmöglichkeiten ausgereizt und keine Rücksicht auf Kaoko Amano und Paul Schweinester genommen, die in die Rollen der Dokumentierenden geschlüpft waren, ohne in den Wahnwitz weiter eingreifen zu können. Das dichte, auditive Gespann, teilweise mit harten Beats akzentuiert, erlaubte keinerlei Gedankenabschweifung und machte klar, dass es aus dieser Situation keinen Ausweg geben würde. Erst als abrupte Stille und tiefes Schwarz den Saal ausfüllten, war dem zerstörerischen Treiben ein Ende gesetzt. Hart, mitreißend, unbarmherzig und illusionsfrei präsentierte sich der Schluss dieses Abends und machte mehr als deutlich, dass individuelle seelische Empfindlichkeiten auf das Weltgeschehen keinen Einfluss mehr ausüben.
Peter Pawlik, der die Regie im zweiten Teil führte, gelang damit eine logische Schlussfolgerung, wenngleich auch für viele eine schwer verdauliche.
Ein Abend der Superlative, was die Anzahl der Werke und auch deren Qualität betraf, der ganz am Puls der Zeit das Medium Oper in kürzestmöglichen Varianten von vielen Seiten aus sowohl unterhaltsam als auch nachdenkenswert beleuchtete. Eine Zweiteilung wäre zwar publikumsattraktiver gewesen, hätte aber auch so manche Erkenntnis, die sich gerade aus der Gegenüberstellung der beiden Blöcke ergab, nicht ermöglicht. Gratulation für dieses Wagnis!
Am vorletzten Tag von Wien Modern erlebte das Publikum im Palais Kabelwerk einen besonderen Abend. Insgesamt acht (sic!) Kurzopern standen auf dem Programm und wurden in 2 Blöcken mit einer längeren Pause hintereinander gespielt. Das hatte zur Folge, dass sich das Zeitmaß zu einem wahrhaft wagneresken auswuchs, wenngleich jedes einzelne Stück kurz und prägnant zugleich ausgefallen war.
Gates/Gäste war der erste Teil übertitelt und zugleich Programm für alle vier Kurzopern. Sie waren eine Produktion des sirene Operntheaters, dem Ensemble Platypus und der IGNM (Internationale Gesellschaft für Neue Musik) die in diesem Jahr die world music days in Wien abhielten.
Den Reigen eröffnete „Karussell“ nach einem Libretto von Radek Knapp und der Musik von Mirela Ivičević. Darin wird ein alter Mann (Johann Leutgeb) von einem jungen Paar (Theresa Dlouhy und Richard Klein) in seiner Wohnung besucht und so von den beiden infiltriert, dass am Ende nichts mehr so ist, wie es zu Beginn des Stückes war. Seine Bücher müssen einer CD weichen, die schlummernde Katze einem grellen Papagei und das betuliche braune Sakko und die dazupassende Hose werden gegen ein grelles Work-out-Kostüm ausgetauscht, das von keinem Autofahrer nachts übersehen werden könnte. So klein und so unscheinbar sich die Geschichte präsentiert, so viel Tiefgang beinhaltet sie – bis hin zur Interpretation, dass die Schöpfung ihrem Schöpfer völlig aus dem Ruder geglitten ist und der Mensch das Maß und Ziel jeder Individualität komplett aus den Augen verloren hat. Theresa Dlouhy und Richard Klein gaben ein im wahrsten Sinne des Wortes stimmiges Paar und das, obwohl noch kurz vor Beginn die Ansage erfolgte, dass Dlouhy erkrankt war und dennoch an diesem Abend sang. Wäre die Information nicht ans Publikum gelangt, kein Mensch hätte auch nur eine kleine Unpässlichkeit der Sängerin feststellen können – im Gegenteil, sie agierte extrem viril und stimmlich ohne jeden Tadel. Als herausragend ist das Bühnenbild zu bezeichnen, für das Jakob Scheid auch für die folgenden drei Stücken ein besonderes Lob ausgesprochen werden muss. Gemeinsam mit Markus Kuscher, der die Kostüme beisteuerte, gelang es den beiden, vier völlig unterschiedliche Musikdramolettchen so zu verpacken, dass sie sich optisch wie aus einem Guss präsentierten. Scheids „All-in-one-Wohnzimmer“ des alten Mannes, welches er auf so geringem Platz ausgeführt hat, dass sich Stuhl, Bücherregal, Katzenbaum, Tisch und Fenster in einem einzigen kompakten Möbel wiederfinden, hat große Klasse und könnte so in jedem Designerraum stehen, der für Wohnen auf 10m wirbt. Die Klangumsetzung von Ivičević folgte in fast durchgehend raschem Tempo unter der Berücksichtigung eines dennoch gut verständlichen Textes. Sie unterstützte, wo Atmosphäre gefragt war und spielte vor allem dort mit Wiederholungen, wo der Mensch als funktionierende Maschine dargestellt wurde. Ein grelles Opernstreiflicht, das kein Wenn und Aber zulässt und einen gelungenen Auftakt für das Kommende darstellte.
Mit Axi schuf Jaime Wolfson eine Komposition zu einem sehr humorigen und sprachlich von sich aus schon musikalischen Libretto von Antonio Fian. Darin vertreiben sich eine alte und eine junge Frau im Gemeindebau ihre Zeit damit, das Geschehen rundherum auf Überwachungskameras zu verfolgen – mit fatalen Konsequenzen. Ingrid Habermann brillierte nicht nur stimmlich, sondern auch schauspielerisch als mit ihrem Sofa verwachsene Alte, die dem Alkohol mit Freude verfallen war und deren physiognomische Ausdrucksmöglichkeiten einen überaus hohen Perfektionsgrad erreichten. Die brillante Bühnenkombination von Sofa, alter Frau und einem Turm aus Überwachungskameras, die sich Jakob Scheid dafür ausgedacht hat, war tragender Bestandteil der Inszenierung. Jaime Wolfsons Musik drängte sich nie in den Vordergrund, sondern schaffte das Kunststück, jede einzelne Aussage doppelt zu unterstreichen und verfestigte sich im letzten Auftritt von Theresa Dlouhy und Richard Klein als neu zusammengefundenes Liebespaar in einer einfachen Rumba – wozu kompliziert, wenn das Leben doch so einfach sein kann! Als rundherum gelungen kann diese Kurzoper qualifiziert werden, stellt sie sich doch als Einheit zwischen Text, Musik, Bühne und Sängerinnen und Sängern dar, an welcher man seine wahre Freude hatte. Vor allem die gelungene Spannung zwischen der optischen Auflösung des Geschehens und der dahinter liegenden, hochkomplexen Technik, auf die das Stück baut, faszinierte.
Die anschließende „Inventur“ verfolgte konsequent das bis dahin durchgehende Konzept, welches jedem kurzen Stück eine andere Urheberschaft zubilligte, die Bühnenausstattung, Regie und Sängerinnen bzw. Sänger jedoch nicht wechselte. Theresa Dlouhy und Johann Leutgeb als passionierte Leserin und passionierter Leser führten dem Publikum anhand eines überdimensionalen Buches unfreiwillig das Leben verschiedener Papierschädlinge drastisch vor Augen. Fernando Riederer schuf dazu die Komposition und Brigitta Falkner das Libretto, in welchem sich das Geschehen der kleinen Insekten zu einem wahren Lebensdrama hochschaukelt. Chelifer cancroides der Bücherskorpion und Psociden, die Bücherläuse, werden bei ihrem ungustiösen Treiben, das in einen Kampf auf Leben und Tod endet, von Dlouhy und Leutgeb beobachtet und deren Tun naturwissenschaftlich gefühllos kommentiert. Dem klaren Text ist eine ebensolche Musik zur Seite gestellt, die, wie schon in den Stücken zuvor, vor allem auch eine gute Textverständlichkeit zuließ. Kein Stück für Neurotiker, die ob der drastischen Sichtbarmachung des insektuösen Geschehens danach Schwierigkeiten mit alten Büchern oder Sofas entwickeln könnten, aber eine perfekte Umsetzung einer Opernidee, die schon als wahnwitzig bezeichnet werden darf.
Mit „Monadologie XXIV … The Stoned Guest von Bernhard Lang endete der erste Teil. Geschrieben auf die Schlussszene von Mozarts Don Giovanni, schuf der Komponist nicht nur eine andere Sicht auf das Erscheinen des steinernen Konturs, sondern auch eine wunderbare Persiflage auf die Jahrhunderte alte Operntradition an sich. Sein im Begleittext des Kataloges selbst beschriebenes kompliziertes Kompositionsprinzip erschließt sich den Hörenden durch eine endlose Reihe an Wiederholungen ganz kurzer Sequenzen, die durch ihre Kürze den Text zum großen Teil abstrakt wirken lassen. Langs Musik erinnert an jene von zerkratzten Schallplatten, die immer wieder hängen bleiben und schon dadurch ihr Alter offenbaren. Vor allem die Idee, Altes durch Neues so zu überschreiben, dass sich dadurch nicht nur die Musik selbst, sondern deren Geschichte und Aufführungspraxis zur Hinterfragung stellt, ist wunderbar.
Kristine Tornquist, die für alle Stücke die Regie schuf, steuerte auch verbindende Intermezzi bei, in welchen das pantomimische Element die tragende Rolle spielte. Ein Charly Chaplin-Verschnitt, dem die Zeit davon rinnt und der völlig unerwartet am Ende doch noch seine lustvolle Erlösung findet, sowie die Geschichte der amerikanischen Ureinwohner, die in fünf Minuten erzählt wurde, waren nicht nur vergnüglich, sondern in ihrem Kern eigentlich tiefschwarz. Eine ausgefallene Idee, die aufgrund ihres musiklosen Erscheinungsbildes keine Konkurrenz zu den gezeigten Stücken darstellte aber eine ganz eigene zusätzliche theatralische Qualität beisteuerte.
Das Team um Matthias Lošek hat sich für die diesjährige Saison von Wien Modern etwas Besonderes ausgedacht. Unter dem Motto „Tanzmusik für Fortgeschrittene“ lud es in den großen Saal des Konzerthauses, der zum Teil mit kleinen Tischen bestückt und zum Teil mit einer Tanzfläche versehen war. Das garantierte einerseits ein fröhliches Kommen und Gehen, andererseits aber auch eine gehörige Portion erhöhten Lärmpegel. Musikalisch ausgestattet wurde der Abend vom RSO unter seinem Chefdirigenten Cornelius Meister, dem sein Dirigat an diesem Abend sichtbar großen Spaß bereitete.
Die Bandbreite der Musik reichte von der Strauß-Dynastie über Korngold sowie herrliche Schwertsik-Rhythmen mit historischen Anklängen bis hin zu Werken von Friedrich Cerha, zu denen auch das Tanzbein geschwungen werden durfte. Als Höhepunkt galten aber jene Uraufführungen, die gleich an 10 verschiedene Komponistinnen und Komponisten vergeben worden waren. Einige von ihnen ergriffen auch gleich die seltene Gelegenheit, um ihre eigenen Kompositionen auf ihre Tanztauglichkeit hin zu überprüfen. Hautzinger/Suppan, Winkler, Pulsinger, Gedizlioğlu, Fuchs, Resch, Fuentes, Doderer, Löschel und Lang – sie alle schufen aktuelle „Tanzbeiträge“ die man gerne auch abseits eines virilen Mini-Ballgeschehens hören würde. Gelegenheit dazu gibt es tatsächlich. Das aufgezeichnete Konzert wird am 1.1.2014 in der Sendung „Ö1 extra“ gesendet. Von schwierigen, rhythmischen Vorgaben bis hin zu Mambo-Takten war so gut wie alles vorhanden, was man sich unter einer „zeitgenössischen Tanzmusikproduktion“ vorstellen kann.
Die Spannung, einerseits Neues hören zu wollen und andererseits dem Publikum genügend Raum für ein Geschehen rund um die Tanzfläche zu geben, wurde an diesem Abend nur ansatzweise gelöst. Dies bietet aber immerhin die Möglichkeit, dieses Experiment in welcher Art und Weise auch immer, unter vielleicht anderen Prämissen im nächsten Jahr fortzusetzen. Wünschenswert wäre es sehr, denn und das war an diesem Abend auffallend, der Altersschnitt des Publikums war nicht nur durch die anwesenden Komponistinnen und Komponisten und deren Anhang deutlich niedriger als sonst. Auch die jugendlichen Tanzwütigen – direkt einer Tanzschule entsprungen und auf das große Parkett des Konzerthauses losgelassen – hatten ihren Riesenspaß an diesem außergewöhnlichen musikalischen Sonder-Tanzereignis.
Womit bewiesen wäre, dass zeitgenössische Musik, wenn sie klug gemacht ist, sogar Generationen vereinen kann.
Mit dem Auftritt des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg unter dem Dirigat von Francois-Xavier Roth bescherte Wien Modern seinem Publikum einen äußerst spannungsreichen Abend. Und das in mehrfacher Hinsicht.
Schon vor dem Konzerthaus machte das Orchester mit einem langen Transparent auf seine prekäre Lage aufmerksam. Im Jahr 2016 soll der Zusammenschluss mit dem Radio Sinfonieorchester Stuttgart stattfinden. Zukünftiger Sitz des Orchesters wird dann Stuttgart sein, was auch mit einer drastischen Reduktion der Vorstellungen in Freiburg einhergehen wird. Mit Informationsfoldern standen einige Musikerinnen und Musiker in der Kälte, um schon vor ihrem Auftritt auf diese für sie unhaltbare Situation aufmerksam zu machen.
Am Programm standen drei Werke, die, so kann man verkürzt darstellen, von der musikalischen Idee der Spannung leben. Peter Eötvös war der Auftakt an diesem Abend vorbehalten. Sein „zeroPoints“, dessen kompositorischen Aufbau im wie immer extrem informativen Katalog des Festivals nachzulesen ist, erwies sich nicht nur als spannungsgeladen, sondern brachte auch so manch unkonventionelles Hörerlebnis mit sich. So gelang ihm mit der Gegenüberstellung von Percussionsinstrumenten, die für die hohen Tonlagen eingesetzt werden und die gelegentlich mit Geigen gekoppelt waren mit tiefen Streichern und Bläsern, die ihre volle Mächtigkeit zum Einsatz brachten nicht nur ein extrem effektvoller Einstieg. Die sich durch das Werk ziehende Verwendung eines großen Percussionsapparates gelang ihm extrem farbig und vielschichtig und stand in gewissem Sinn dem zweiten Programmpunkt des Abends zumindest korrespondierend gegenüber.
Mit einem Werk von Iannis Xenakis, einem der ganz großen Komponisten des 20. Jahrhunderts, konnte man erleben, wie andersartig sich ein abermals mächtiger Schlagwerkeinsatz gestalten kann. Mit „Alax“ für drei Ensembles wurde auch ein Kompositionsprinzip Xenakis deutlich, das er in unterschiedlichen Abwandlungen einsetzte. Darin stellt er Instrumentalblöcke gleicher Aufstellung mehrfach auf die Bühne, um ein besonderes Klangvolumen zu erreichen. Die Komposition, die sich gegen ihr Ende hin immer mehr verdichtet und deren Stimmen sich immer stärker überlagern, endet mit einer mitreißenden Rhythmik der Pauken.
Die Entscheidung, diesen beiden starken Werken ein drittes, ebensolches an die Seite zu stellen, war völlig richtig. Philippe Manourys „Sound and Fury“, das sich auf den gleichnamigen Roman von William Faulkner bezieht, stand am Ende des Abends. Auch hier waren es die auditiven Kontraste, die von Beginn an Spannung erzeugten. Ein Pizicatto in den Streichern, das gemeinsam mit dem Glockenspiel erklang, stand in scharfem Gegensatz zu kräftigen Klavier- und Bläsertönen aus den tieferen Registern. Die Komposition steht unter einem Dekonstruktionsprinzip, das bedeutet, dass der Komponist die einzelnen Teile dieses Stückes nicht in jener Reihenfolge ein die Endfassung brachte, in die sie geschrieben wurden. Das Ende gleicht einer furiosen Höllenfahrt, der noch ein überraschender kleiner Nachtakt der Streicher an den Schluss gesetzt wurde.
Roth wandte sich im Anschluss an das Konzert noch einmal zum Publikum, um auch im Saal Stimmung für das Überleben dieses Klangkörpers zu machen. Es ist zu hoffen, dass es den couragierten Musikerinnen und Musikern doch noch gelingt, das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg zu erhalten – ist es doch eines jener wenigen, die sich in ganz besonderer Weise für zeitgenössische Musik eingesetzt hat und unzählige Uraufführungen zustande brachte.
Demokratie im Kulturbereich zeigt sich auch dort, wo dem Bedürfnis einer Minderheit Rechnung getragen wird und Bemühungen erfolgen, diese Bedürfnisse auch abzudecken – und sei es wie in diesem Fall zeitgenössische Musik.
Gleich an zwei aufeinanderfolgenden Tagen gab sich das „Arditti Quartet“ bei Wien Modern die Ehre. Insgesamt neun Werke wurden dabei vor einem treuen und eingeschworenen Publikum im Mozart Saal des Konzerthauses zur Aufführung gebracht, wobei auch an beiden Tagen Sarah Maria Sun mit ihrem Sopran einen großen Beitrag zum Gelingen beisteuerte.
Sarah Maria Sun war mit dem Arditti Quartet zu Gast bei Wien Modern. (Foto: Markus Sepperer)
Die Qualität des Quartetts zu kritisieren macht keinen Sinn, weil es einfach nichts zu kritisieren gibt. Diese Institution die schon seit ihrer Gründung im Jahre 1974, als Irvine Arditti noch Student war, tätig ist, ist nicht irgendeine. Die Formation ist kein beliebiges Streichquartett, deren es Tausende gibt, sondern sie zählt zu jenen seltenen musikalischen Zusammenschlüssen, die über Dezennien hinweg zeitgenössische Musik aufführen.
Wohl aus diesem Grund waren die beiden Abende nicht mit Titeln versehen. Arditti Quartet I und Arditti Quartet II genügte zur Ankündigung. Zu hören waren am ersten Abend Werke von Bernhard Gander, Zeynep Gedizlioğlu, Rebecca Saunders und nach der Pause war Luigi Nonos „Fragmente – Stille, an Diotima“ am Programm. Ganders „khul“ in welchem er die geballte emotionale Kraft der Fernseh-Fantasy-Figur Hulk in unterschiedlichen Facetten beleuchtet, war von einer geballten, nervösen Grundstimmung getragen, die sich zum Schluss aufschaukelt und erst nach dem Ende einer rasenden Jagd durch und mit allen Streicherstimmen abrupt endet. Im krassen Gegensatz dazu stand „Wenn du mich hörst, klopf zweimal“ der Deutschtürkin in Deutschland lebenden Türkin Gedizlioğlu, in dem sie sich auf die Situation von Helfern nach einem Erdbeben bezieht, die Überlebende in den Trümmern suchen.
Besondere Dramatik erhielt dieses Stück durch die Stimme von Sarah Maria Sun, die nicht nur durch ihre verständliche Aussprache, sondern vor allem durch die Kraft ihres Soprans durch und durch beeindruckte. „Hörst Du mich? Bist Du da?“ Das war der Auftakt zu einer gespenstischen Suche nach verschüttetem Leben. Es war zugleich aber auch eine Metapher einer einseitigen Kommunikation, die keinen Wiederpart findet – ein Phänomen, das auch unter Menschen stattfindet, die in Beziehungen ihren verbalen Austausch beenden. Werke wie diese brennen sich gleich nach dem ersten Hören ins abrufbare musikalische Gedächtnis ein, was gerade bei zeitgenössischer Musik nicht oft der Fall ist. Ein Ausnahmestück, aufgeführt von Ausnahmemusikern und einer ebensolchen Sängerin.
Bei Rebecca Saunders „Fletch“, dessen Titel sich auf die Federspitzen von Pfeilen bezieht, regierte das Prinzip der Wiederholung bestimmter Klangphänomene. Wurde auf weite Strecken die Grenze hin zum Geräusch überschritten, blieben doch jene kleinteiligen Strukturen gut hörbar, in welchen sich das Klanggeschehen in immer wiederkehrenden Abwandlungen wie mit einem Wisch in hohe Sphären einfach auflöst. Luigi Nonos Werk war zum Abschluss ein schöner historischer Verweis, in dem vieles, was heute kompositorisch verwendet wird, gefunden werden kann, obwohl die Entstehung der Komposition schon mehr als 30 Jahre zurückliegt. Kaum hörbar, pausen- bzw. stilledurchtränkt und ausgestattet mit einem Geräuschspektrum, bei dem die Streicher weit mehr zu tun haben als nur mit den Bögen auf den Saiten zu streichen, so präsentiert sich „Fragmente – Stille, An Diotima“ auch heute noch als aktuelles Stück.
Am darauffolgenden Abend war das Programm nicht minder anspruchsvoll. Luke Bedford eröffnete mit „Wonderful Four-Headed Nightingale, das als Auftragswerk von WIEN MODERN vergeben worden war. Dabei handelte es sich um die Erinnerung an ein siamesisches Zwillingspaar, das diesen Namen trug, da es mit seinem Gesang – freilich noch unter der Versklavung in Amerika – seinen Unterhalt verdiente. Eine kleine Melodie wechselt nahtlos zwischen erster Geige und Bratsche, um dann in die anderen Stimmen verzerrt überzugehen. Erst am Schluss werden Geige und Bratsche wie zu Beginn wieder vereint das Motiv wiedergeben. Eine musikalische Illustrierung des körperlichen Gefängnisses und ihres Wunsches nach Eigenständigkeit, die trotz oder vielleicht auch wegen ihrer Einfachheit sehr gelungen ist. Mit dem Streichquartett Nr. 2 von Benedict Mason erlebte das Publikum ein neues Klangspektrum, das durch den Einsatz von biegsamen Bögen, auf welchen die Saiten locker aufgespannt waren, erzeugt wurde. Wie durch einen dicken Nebel waren die Instrumente zu vernehmen, die harmonischen Akkorde taten ein Übriges, das Gefühl aufkommen zu lassen, einer Musik aus der Vergangenheit zu lauschen.Die sechs Sätze dieses Werkes sind so unterschiedlich und vielfältig aufgebaut – beinhalten sie doch auch den Einsatz der menschlichen Stimme, die percussionsartige Verwendung der Instrumente oder auch – wie im 5. Satz – Versatzstücke von Klangfragmenten spanischer Gitarren oder russischer Balalikas – sodass sich ein mehrfaches Hören lohnen würde, um allen Ideen des Komponisten folgen zu können. Das Stück „clearing“ von Christian Ireland im Anschluss daran stand richtiggehend antipodisch dagegen. Ohne jegliche deutlich hörbare Rhythmisierung hält der Komponist eine permanente Spannung aufrecht, die er durch lang andauernde Ostinati erwirkt, die er durch alle Stimmen zieht. Ein spannendes Hörerlebnis, das vom Publikum jedoch auch aufgrund seiner Länge einen hohen Aufmerksamkeitspegel erfordert.
Ganz bewusst an den Schluss der beiden Abende setzte das Arditti-Quartet „Pandora´s Box“ von John Zorn. Er selbst umschreibt dieses Werk mit: „Ein Buch des Bösen. Das Heilmittel einer Hexe. Unwetter, Talismane, blau-äugige Dämonen und engelsgleiche Befehle. Ein Drama für Streichquartett und Sopran mit Originaltexten in Deutsch.“ Das Streichquartett wurde an diesem Abend uraufgeführt. Mühelos bewältigte Sarah Maria Sun abermals ihren Part, bei dem sie oft zwischen Sprache und Gesang wechseln muss. Die koloraturartigen Einsprengsel, die ansatzweise an jene der Königin der Nacht erinnern, werden von ihr mit jener erforderlichen Brillanz dargeboten, welche die Rolle der Pandora erfordert. Hier ist kein einziger Ton dem Zufall überlassen, Zisch- und Fauchlaute verleihen ihrem Auftritt eine Art übernatürliche Erscheinung und die Instrumentierung steht beinahe ergänzend neben ihrer auszufüllenden Rolle. Überbordender Applaus mit ungewöhnlich vielen Abgängen zeigte, dass es sich dabei um das absolute Highlight der beiden Vorstellungen handelte. Ein überaus gelungener Abend für Kennerinnen und Kenner von zeitgenössischer Musik.
Tomoko Mukaiyama ist eine Künstlerin, die nicht in eine Schublade zu pressen ist. Als Pianistin ausgebildet, lotet sie ihr Künstlersein nicht nur im Bereich der Musik ganz aus. Sie tritt ebenso als bildende Künstlerin aber auch als Tänzerin auf und ist ständig dabei, ihr kreatives Ausdruckspotential zu erweitern. Auf dem Imagefolder der Tomoko Mukaiyama Foundation sind folgende Charakterisierungen nachzulesen:
Radical, eccentric, Avant-garde, explorative, classical, feminine, cutting-edge, vulnerable, physical, unusual, confronting, powerful, modern, unconventional, daring, connecting, aesthetic. Die Foundation, an der man sich finanziell beteiligen kann, unterstützt die Arbeit von Mukaiyama, die in Amsterdam lebt.
„Shirokuro“ war jene Produktion betitelt, die Tomoko Mukaiyama im Brut an zwei aufeinanderfolgenden Tagen im Rahmen von Wien Modern zeigte. Dabei handelte es sich um die Wiedergabe von ganz verschiedenen musikalischen und tänzerischen Impressionen, die dem Publikum größtmögliche Interpretationsräume lassen. Sie selbst trat nicht nur als tastengewaltige Pianistin auf, die mit sichtbarem Körpereinsatz zwei Sonaten der Russin Ustwolskaja intonierte, sondern auch als Tänzerin.
Beim Interviewtermin hätte man die Künstlerin nicht ohne Weiteres auf Anhieb erkannt. Ihre grauen, glatten Haare standen im krassen Kontrast zur langhaarigen Perücke, die ihr auf der Bühne ein gänzlich anderes Erscheinungsbild verliehen. Im realen Leben verkörpert sie ganz und gar nicht jene wilde Frau, die in Shirokuro das Publikum in seinen Bann zieht.
Wie sie denn dazu kam, außerhalb ihrer studierten Profession als Pianistin tätig zu sein, war die erste Frage.
Als ich nach Amsterdam kam, hatte ich von Beginn an eine Freundin, die als Biologin und Schriftstellerin zugleich arbeitete. Es bereitete ihr überhaupt keine Mühen, zwischen den unterschiedlichen Bereichen zu pendeln. Ich fühle mich in meinen unterschiedlichen künstlerischen Gebieten extrem frei und möchte mich nicht nur auf ein Spezialgebiet fokussieren lassen, in das man sich womöglich ganz eingräbt. Allerdings arbeite ich immer mit dem Klavier. Es ist sozusagen ein Teil meines Körpers geworden und ich kann mich mit und durch das Klavier am besten ausdrücken. Das geht so weit, dass ich das Klavier auch wie beim Stück Shirokuro physisch schmerzend wahrnehme. Die unglaubliche Wucht, mit der ich mich auf die Tasten werfen muss, tut tatsächlich weh.
Sie haben erwähnt, dass alle ihre Projekte sich rund um das Klavier drehen. Sie haben viel darüber nachgedacht, was eine Pianistin oder ein Pianist ist, welche Rolle er oder sie zu spielen hat und wie die Verhältnisse auf der Bühne sich auf das Publikum auswirken. Wie kamen sie überhaupt dazu, über all das nachzudenken? Hat das schon während Ihres Studiums begonnen?
Nein, überhaupt nicht. Es gab zwei einschneidende Erlebnisse, wenn sie so wollen auch „Unfälle“. Das eine war ein Auftritt Maurizio Pollinis in Japan, bei dem ich selbst gar nicht dabei war, von dem ich aber erfahren habe und schockiert war. Er hat dort eine Beethoven Sonate gespielt und wurde ausgebuht, weil er angeblich den zweiten Satz zu langsam interpretiert hatte. Das ist vollkommen lächerlich. Pollini war und ist einer der wichtigsten und bewundernswertesten Pianisten des 20. Jahrhunderts mit ganz eigenen Ansätzen in der Interpretation. Als ich das hörte, musste ich darüber nachdenken, dass im Verständnis der Menschen die Hierarchie der Musiker wie eine Pyramide aufgebaut ist, an deren Spitze der Komponist steht. Die Pianisten stehen viel weiter unten. Das zweite einschneidende Erlebnis war ein Konzert, bei dem ich gespürt habe, dass es zwischen mir auf dem Podium und dem Publikum unten abermals ein Gefälle gab. Und das wollte ich aufheben und nicht akzeptieren. Ich wollte es nicht akzeptieren, als Musikerin nur als Dienerin der Komponisten zu agieren. So habe ich mich daran gemacht, meine eigenen künstlerischen Ideen zu realisieren.
Sie treten in dem Stück Shirokuro als Pianistin auf, die alle gängigen Muster durchbricht, die wir hier in Österreich im Konzertbetrieb kennen.
Ich hoffe nicht nur in Österreich, sondern auf der ganzen Welt!
Man erhält bei diesem Tanzkonzert den Eindruck, als wollten sie sagen: Überwindet herkömmliche Muster, stellt euch einfach hin und macht, was ihr wollt!.
Wenn das so über die Bühne kommt, finde ich das herrlich, denn tatsächlich sollte man komplett frei agieren können. Vor allem als Frau!
Als Tomoko Mukaiyama diesen Satz sagt, hält sie sich ihre linke Hand ganz verstohlen an den Mund, so als würde sie etwas aussprechen, das verboten ist. „Frauen sollten freier sein“, fügt sie noch einmal betonend hinzu und ganz unbewusst schwingt hier mit, was sie in ihrem Leben selbst als Frau erfahren haben dürfte.
In Shirokuro mimen sie eine Frau, die aus Urzeiten in unsere Welt versetzt zu sein scheint.
Ich denke über das, was ich auf der Bühne bin und was wir machen im Vorhinein nie nach. Es kommt einfach, wenn ich an so einem Stück arbeite. Wir setzen dann die einzelnen Teile zusammen und das Publikum kann selbst interpretieren. Wir legen dabei nichts fest.
Es hat den Anschein, als ob sie am Ende des Stückes, nachdem das Klavier mit weißen Tüchern bedeckt ist, eine Art Begräbnis feiern. Einen Abgesang auf unsere technologisierte Gesellschaft.
Das freut mich, wenn Sie diese Schlüsse aus dem Stück ziehen, jede einzelne Interpretation, die individuell ist, freut mich. Ja, und tatsächlich ist es eine Art Ritus, den wir dabei vollziehen.
Geben Sie eigentlich auch noch ganz normale Klavierkonzerte?
Ja, das tue ich selbstverständlich auch.
Was empfinden Sie denn dabei?
Dass das ganz einfache Konzerte sind. Da muss ich mich nicht um die Produktion kümmern, nicht um das Licht usw. Nur Klavier zu spielen ist wirklich ganz einfach. Natürlich sind die Anforderungen groß und die Stücke schwer, aber sich sonst um nichts kümmern zu müssen ist eine große Erleichterung. Ich hatte erst vor Kurzem einen Auftritt in der Suntary Hall, in der ich mit einem Stück von Atsuhiko Gondai, einem japanischen Komponisten, aufgetreten bin. Einige Komponisten mögen mich allerdings nicht, weil ich ihre Stücke manches Mal nur fragmentarisch aufführe oder sie mit anderen mixe. Ich war auch schon bei Veranstaltungen eingeladen, in denen es um historische Musik wie Barockmusik oder Renaissancemusik ging. Den Menschen dort hat das, was ich gemacht habe, nicht gefallen. Ich bin doch besser in einem zeitgenössischen Umfeld aufgehoben, so wie hier bei Wien Modern zum Beispiel. Allerdings bin ich ja nicht ausschließlich Pianistin. Ich mache auch Kunst, wie zum Beispiel die ausgestellten Klaviere, die nicht mehr zu gebrauchen sind, wovon eines mit Nagellack zum Teil bemalt wurde und die ich mit Nocturne 2011 betitelt habe.
Diese Arbeit entstand als Aufarbeitung des Tsunami-Traumas.
Ja genau. Ich habe bemerkt, dass meine unterschiedlichen Tätigkeiten sich aber auch gegenseitig befruchten. Es kann zum Beispiel sein, dass jemand meine Kunstwerke sieht und dabei erfährt, dass ich auch eine Pianistin bin, oder umgekehrt.
Sie brauchen sehr viel Kraft auf der Bühne – trainieren Sie regelmäßig?
Ja, schon, eigentlich täglich. Um die Bewegungen, die ich im Tanz mache gut ausführen zu können, brauche ich vor allem Kraft in den Beinen. Dafür mache ich eine indische Kampfsportart, die mir dabei sehr hilft. Ich habe beim gestrigen Konzert bemerkt, dass ich mich auch beweglicher am Klavier fühle, dass ich nach links und rechts mich stärker verdrehen kann. Ob das gut für mein Klavierspiel ist, weiß ich noch nicht. Ich halte aber nichts davon, wenn man beim Spielen eine gewisse genormte Haltung einnehmen muss. Das ist bei jedem Menschen anders. Glenn Gould saß zum Beispiel in extrem niedriger Haltung am Klavier – ganz anders, als man es machen sollte
Warum machen Sie eigentlich Kunst?
Weil ich viel zu sagen habe und weil ich das und die Erlebnisse, die damit zusammenhängen, mit dem Publikum teilen möchte. Wir alle tragen in uns einen dunklen Teil, den wir nicht zeigen wollen. Das macht uns aber gerade erst zum Menschen. Als Künstler sind wir privilegiert, weil wir diese dunkle Seite ausleben dürfen. Und um noch einmal zusammenzufassen, warum ich Kunst mache: Entweder man wird ein Künstler oder eben nicht!