Dosen sind zum Spielen da. Und Ketchup auch!


 „Blechgeflüster“ vom Theater der Figur bezauberte die Allerkleinsten bei einem Gastspiel im Lilarum in Wien

Na das ist ja unglaublich, was diese bunten Dosen da so anstellen! Schau mal, die tanzt! Und die Blaue da, nein, das ist ja ein Blauer – der balanciert doch tatsächlich auf einem Seil. Hoch hinauf, zu seiner verehrten Gelben.

 Rot, gelb, weiß, grün und blau sind sie. Und zwei Augen haben sie und einen roten Mund. Klein sind sie und mittelgroß und gaaaanz groß, die bunten Dosen im Stück „Blechgeflüster“ vom Theater der Figur aus Nenzing in Vorarlberg. Mit dem musikalischen Theaterstück für Kinder ab 3 Jahren gastierte es im Lilarum in Wien und verzauberte das junge Publikum im Handumdrehen. Dabei beginnt doch alles ganz unspektakulär. Ein Mann geht in den Supermarkt einkaufen – Dosen klarerweise. Wieder und wieder kommt er, und die Dame an der Kasse macht, was alle Kassendamen so machen. Sie zieht eine Dose nach der anderen über die Registrierung, die jedes Mal laut piepst. Jedes Kind kennt diese Ausgangssituation. Hat es sie auch schon ungezählte Male selbst erlebt.

Doch dann geschieht etwas Unerwartetes. Die Kassierin steckt ihre Arme in zwei gelbe Dosen und beginnt ein kleines Dosenballett zu den Klängen einer Rumba. Jetzt ist der Alltagstrott durchbrochen und die Dosen sind unter der Patronanz von Sabine Wöllgens und Johannes Rausch die Hauptdarsteller in einer kleinen Revue. Sie schaukeln auf Wippen und heben damit in die Lüfte ab, versuchen eine Schräge zu erklimmen, ohne dabei abzurutschen, oder präsentieren unter Trommelwirbel einen Balanceakt. Als es der Blauen schließlich gelingt, das Seil hinter sich zu lassen und sich neben die verehrte Gelbe auf sicheren Boden zu stellen, applaudieren die Kinder laut.

Schwuppdiwupp – schon verändert sich die Szenerie zu einem Fußballfeld. Ganz wie in den großen Arenen erklingen Schlachtgesänge der Fans, aber auch eine feine Interpretation des international bekannten Fußballliedes Olé und gleich darauf die Melodie „Auf in den Kampf“ aus Bizets Carmen. Zwar haben die Kleinen hier noch keinen auditiven Wiedererkennungswert, aber den Erwachsenen macht eine so liebevoll gestaltete musikalische Begleitung natürlich großen Spaß. Matthias Bitschnau hat mit dieser Musik Witz und Feingefühl zugleich bewiesen.

Nach all diesem Dosengeplänkel geht es jetzt erst richtig zur Sache, denn auf der Bühne erscheint der eigentliche Herrscher über dieses bunte Blechreich – eine Ketchup-Flasche. Sie bringt gehörig Unruhe in die bunte Schar, schafft es aber schließlich doch, dass alle in Reih und Glied stehen und sich schrecklich vor ihr fürchten. Bis auf die Allerkleinste. Rot ist sie, so wie die Ketchup-Flasche selbst und vielleicht deswegen mit so viel Mut ausgestattet. Denn sie ist es nicht nur, die der Ketchup-Flasche Paroli bietet, sondern auch gegen die riesige Dosenquetsche in den Kampf zieht, die die bunten Freunde bedroht. Donner und Regenprasseln stimmen das junge Publikum darauf ein, dass jetzt ein dramatischer Augenblick kommt – und tatsächlich herrscht im Saal plötzlich Stille. In den ungleichen Kampf zwischen David und Goliath mischt sich schließlich doch noch die Ketchup-Flasche ein und rettet – in letzter Sekunde, das kleine Döschen durch wildes Bespritzen der Todesmaschine mit rotem Ketchup. Unter lautem Gejohle der Kinder – das versteht sich fast von selbst.

Im Anschluss an die Vorführung durften die Kleinen auf die Bühne und die blechernen Darstellerinnen und Darsteller auch angreifen. „Das sind ja richtige Dosen!“ rief ganz erstaunt ein Dreikäsehoch. Gibt es ein bezaubernderes Lob?

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