Gehuldigt wird mit Gaudi

Von Michaela Preiner

„Julo Ascanio“ (Foto: Werner Kmetitsch)

30.

Juni 2018

All jenen, die in Graz das Konservatorium besuchten oder noch besuchen, ist sein Name wohl bekannt: Johann Josef Fux. Dass er Steiermarks einflussreichster und wichtigster Barockkomponist war, wissen viele Musizierende jedoch gar nicht.

Das Styriarte-Team hat es sich nun zur Aufgabe gemacht, den Bekanntheitsgrad des Komponisten drastisch zu steigern und bot dem Publikum in dieser Festvalsaison das „Fux-Opernfest Vol.1“ an.

Das Surrounding dazu war außergewöhnlich. Wurde doch nördlich von der List-Halle ein „Glücksgarten“ mit Lustwandlungsmöglichkeiten angelegt, der in den kommenden Jahren erhalten bleiben soll. „Zwischen den parkenden Autos in der Pause zu marschieren, hatte auch einen gewissen Charme“, wusste Intendant Mathis Huber von den bisherigen Usancen zu berichten. Nun jedoch bietet der Garten und die ihm angeschlossenen, großen Zelte den Musikfans auch die Möglichkeit des Entspannens und des Labens vor und nach den Aufführungen.

Ein Fest sollte es werden, mit allem was dazugehört. Einem fröhlichen Sicheinfinden, einer Verköstigung, Musik zum Tanzen und nicht zuletzt der selten aufgeführten Oper „Julo Ascanio, Re d`Alba“. Der in Hirtenfeld bei St. Marein geborene Musiker schuf diese anlässlich des Namenstages seines Kaisers, Josef I. Sie wurde im März 1708 in Wien am Hofe aufgeführt und erlangte das Gefallen Ihro Gnaden höchstpersönlich.

„Julo Ascanio“ (Foto: Werner Kmetitsch)

„Julo Ascanio“ (Fotos: Werner Kmetitsch)

Auch in Graz durfte sich das Styriarte Publikum über die musikalisch herausragende Leistung von Fux, aber auch des „welschen“ Klangkörpers, sowie der Sängerinnen und Sänger freuen. Alfredo Bernardini, der Leiter des Zefiro Barockorchesters, kam höchst ungewöhnlich mit seinem Ensemble auf die Bühne. Fröhlich und sich angeregt unterhaltend, marschierten die Damen und Herren mit ihren Instrumenten zu ihren Plätzen, wobei klar wurde: Bierernst würde in dieser Inszenierung nicht wirklich etwas genommen werden. Und tatsächlich setzte die Regie von Wolfgang Atzenhofer der Beweihräucherung des einstigen Kaisers eine große Prise Ironie dagegen und kam so nicht einmal in den leisesten Verdacht reaktionärer Umtriebe. Ausgestattet mit opulenten Crossover-Kostümen von Lilli Hartmann, angelegt zwischen barocken Stilelementen bis hin zu poppigen Glitzeroutfits, sang Kai Wessel in der Titelrolle jenen König, von dem die Habsburger ihren Stammbaum ableiteten. Sein Altus war am besuchten Abend nicht mit einer unverbrüchlichen Standfestigkeit ausgestattet, wies jedoch eine zarte, lyrische Qualität auf. In einem Outfit zwischen Ritter, Barockfürst und Weltraumeroberer kämpfte der König von Alba um die Liebe von Emilia, deren Volk er unterjocht hatte.

Arianna Vendittelli war in dieser Rolle neben Monica Piccinini, die ihre Mutter gab, der Star des Abends. Gar wunderbar zu hören, wie sich die beiden Soprane in ihren unterschiedlichen, bestens disponierten Stimmqualitäten voneinander fein unterschieden. Valerio Contaldo beeindruckte mit seinem klaren, aber nie scharfen Tenor in der Rolle als Teucro, während Mauro Borgioni stimmgewaltig als Evandro seiner Schwester Emilia unmissverständlich klar machte, wem sie ihre Hand reichen sollte.

Die Grazer Medien-Produktionsfirma OchoReSotto steuerte auf einer Videowand, quer hinter der Bühne gespannt, abstrakte, bunte Einspielungen bei, die Details aus den Kostümen geometrisch zerlegten und vergrößerten. Dabei konnten, aufgrund des Einsatzes der verschiedenen Farben wie Rot, Schwarz oder Weiß, gut die unterschiedlichen, emotionalen Befindlichkeiten der jeweiligen Charaktere nachempfunden werden. Rot fungierte dabei logischerweise für die besungenen Liebesgefühle, die Schwarz-Weiß Projektionen begleiteten eher strategische Überlegungen der Charaktere.

„Julo Ascanio“ (Fotos: Werner Kmetitsch)

Dem höfischen, barocken Musikideal in der Halle wurde mit den „Fidelen Hirtenfeldern“ im Garten vor und nach der Vorstellung ein Kontrapunkt entgegengesetzt. Das Spezialensemble für historische Volksmusik trat in clownesken Trachtenkostümen gemeinsam mit „Johann Josef Fux“ (Christoph Steiner) auf, der sich beständig über alles echauffieren konnte, das nach seiner Meinung nach der höfischen Etikette nicht entsprach, wie das „Fräulein Austria“ (Jutta Panzenböck). Deren Naheverhältnis war zum Kaiser sogar so weit vorangeschritten, dass dieser seine selbst komponierte Aria „Tutto in pianto“ laut ihrer Aussage auf ihrem bloßen Körper zur Niederschrift brachte.

Die Idee, dem Publikum mehr als nur eine Oper zu bieten, sondern auch ein wenig von jenem Flair wiederzugeben, was die Aufführung zu ihrer Entstehungszeit gewiss so reizvoll machte, ging auf. Es wurde fröhlich lustwandelt, man hatte seine Gaudi mit der bunten Volksmusikgruppe, gab sich den barocken Klängen hin, genoss steirisches Chili und nicht zuletzt „ein Maul voll Kaiserschmarrn“. Zum Glück hat Fux mehr als nur eine Oper zu bieten, sodass man auf eine Fortsetzung in der nächsten Saison gespannt hoffen darf.

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