Ich will Präsident werden!

Passender hätte der Termin nicht gewählt sein können; der neue österreichische Bundeskanzler Christian Kern wurde vor Kurzem angelobt und die entscheidende Stichwahl zur Bundespräsidentenwahl ist in Sichtweite und wirft ihren langen Schatten voraus.

Der Salon5 hat im alten Rathaus „Barack Obama“ und „Donald Trump“ zum Stelldichein gebeten. Unter dem Motto: „How to become Mr. President“ zielte diese Veranstaltung natürlich auf die Stichwahl am 22. Mai ab. Auf der einen Seite hielt David Wurawa die Siegesrede von Barack Obama aus dem Jahr 2008 und Horst Schily präsentierte die bereits legendäre Rede von Donald Trump aus dem Jahr 2015, bei der er seine Kandidatur bekannt gab. Als Gesprächspartner der Gastgeberin Anna Maria Krassnigg war Rainer Nowak, Chefredakteur der Presse, direkt von der Hofburg in das Alte Rathaus geeilt, um die Reden zu analysieren und die derzeitige innenpolitische Situation zu diskutieren.

Die Parallelen zwischen der Wahl von Obama und Christian Kern sind augenfällig. Beide proklamieren auf ihre Weise den Wechsel im politischen Spiel und wollen über die eigene Partei hinaus verbinden. Beide werden als eine Art politischer Heilsbringer empfunden und gehypt. „Es muss sich etwas ändern im politischen System“, ist die Botschaft der beiden. „Change“ und „yes we can“ könnte auch in der Rede von Kern stehen. Beide treten in Zeiten an, in denen die Gesellschaft in verschiedene Lager gespalten ist. Obama hatte von Anfang an die Tea-Party-Bewegung und die Mehrheit der Republikaner gegen sich. Die Frage, ob die ÖVP einem SPÖ-Kanzler den Erfolg und den Turnaround gönnt, ist nicht unberechtigt. Mit Norbert Hofer ist ein Politiker in der Stichwahl, der ähnlich wie die Tea-Party und jetzt auch Donald Trump sehr stark polarisiert und mehr die Gegensätze betont als die Gemeinsamkeiten. Nowak geht davon aus, dass gegen die Simplifizierer und Ausgrenzer nur die Werte der Aufklärung helfen können. Diese müssten konsequent gezeigt werden und man dürfe den Rechtsstaat nicht aufweichen, so seine Meinung.

Der Abend war sehr aufhellend und aufrüttelnd zugleich. Gerade für politisch Interessierte wurde mehr als deutlich, dass Demokratie, Toleranz und Offenheit nicht selbstverständlich sind. Die politische Stimmung kann sich innerhalb nur weniger Jahre extrem verändern. Außerdem zeigte sich klar, dass einzelne Politiker zwar Initialzündungen geben können, allerdings immer in ein politisches System eingebunden sind, welches seine eigenen Spielregeln und ab und zu auch Bremsen für Reformen und Veränderungen eingebaut hat.

Das Format „Reden“ des Salon5 erwies sich einmal mehr als brandaktueller, künstlerisch-intellektueller Beitrag zum aktuellen Zeitgeschehen in Österreich.

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