Gas-Toni ganz ohne Gas-Toni

Gas-Toni ganz ohne Gas-Toni

Elisabeth Ritonja
26. Januar 2025

Lesezeit: 3 Minuten

Foto: (Johannes Gellner )
Das Theater im Bahnhof startete mit einer neuen, mehrteiligen Impro-Serie mit dem Titel „Gas-Toni. Ein Familienbetrieb am Kipppunkt“.

Einmal im Monat wird das Publikum von Jänner bis April in das Quartier Theater im Bahnhof in die Elisabethstraße gerufen, um mitzuverfolgen, was sich in der Firma „Gas-Toni“ so alles tut. Vieles durfte man schon in der ersten Folge erleben, in welcher die Schwestern Astrid und Sabine den Installationsbetrieb ihres Vaters übernehmen mussten. Vor lauter Freude und Aufregung, dass die FPÖ bei der letzten Nationalratswahl so gut abgeschnitten hatte, verabschiedete sich der Firmengründer und Familienvater Anton Meier mit einem Schlaganfall aus dem aktiven Geschäftsleben ins Bett auf die Intensivstation. Das heißt, dass die Firma ab sofort ohne Gas-Toni, wie man ihn landauf und landab nannte, auskommen muss.


Nach anfänglichen Durchhalteparolen aller Beteiligten werden jedoch bald Risse im Firmen- und Familiengebälk sichtbar. Zugriff auf das Schwarzgeld gibt es nicht mehr, da niemand weiß, wo der Seniorchef es aufbewahrt hat. Der langjährige Mitarbeiter Martin, zuständig für IT und Grafik, lässt sich vom potenten Nachbar-Konkurrenten abwerben. Die ungarische Perle Esther entpuppt sich als mehr als nur die rechte Hand des Seniorchefs. Zumindest hat sie aber einen Überblick und, wie sich auch zeigt, Führungsqualitäten. Die Zahlungsmoral der Kunden ist schlecht, der Lagerstand stimmt mit dem Computer nicht überein und anstelle eines Inkassobüros setzt man auf den „Inkassoanzug“ des Vaters.

Das Konzept von Lorenz Kabas, der in der Rolle als ‚Links-Nazi‘ Martin brilliert und Jacob Banigan, der sich je nach Publikumswunsch in einen Lagerarbeiter unterschiedlichster Herkunft verwandelt, funktioniert. Nicht nur, dass brandaktuelle gesellschaftliche Entwicklungen in einem kleinen Unternehmenskosmos gespiegelt werden. Die Dramaturgie erlaubt es dem Ensemble, auf ‚Teufel komm raus‘ zu spielen. Eva Hofer als Tochter, die sich stets mit Astrid Müller, geb. Meier am Telefon als Juniorchefin vorstellt, und Monika Klengel als ihre Schwester, welche die Ausbildung an der Modeschule Hetzendorf absolvierte, spielen zwei Antipodinnen. Jede von ihnen hat ihren eigenen Zugang, die Firma in Schuss zu halten, keine kommt jedoch ohne Juliette Eröd aus. Sie mimt Esther, die sowohl mit ihrem ungarisch eingefärbten Akzent als auch mit ihrer Hands-on-Mentalität das Publikum rasch auf ihre Seite bringt. Jacob Banigan hat kurze, aber humorvoll-effektive Auftritte und kontaktiert in einer Szene sogar eine Helpline, um eine „sexuelle Belastung“ zur Anzeige zu bringen, denn schließlich wurde er, ohne gefragt zu werden, umarmt.

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Ed Hauswirth in „Gas-Toni“ im Theater im Bahnhof (Foto: Johannes Gellner)


Die Dichte der Gags ist hoch und gewährleistet viele Lacher: Gezählte 12 Kondome stehen auf einer Schuldnerliste, ein erster Geldeintreibungsversuch scheitert trotz Drohgebärden mit einer Eisenstange und einem Revolver. Eine Spray-Aktion auf die benachbarte Konkurrenzfirma wird klugerweise doch nicht ausgeführt und der Erpressungsversuch eines FPÖ-Kammerfunktionärs geht durch das beherzte Vorgehen von Esther schlichtweg in die Hose. Ed Hauswirth tritt in dieser Rolle als Gast auf und verbreitet ad hoc eine Riesenportion rechten Politmief.

Die Gemengelage, angesiedelt zwischen Komödie und wirtschaftlicher Sozialstudie von Gas-Toni verspricht weitere heitere Theater-Abenteuer mit gleichzeitigem Tiefgang. Dass man nicht nur über das Ensemble lacht, sondern sich bei so mancher Ansage selbst ertappt fühlt, liegt auf der Hand. Da jede Serie jedoch nur zweimal gespielt wird, empfiehlt es sich nicht, bei einem Kartenkauf zu zögern.
Nähere Informationen und weitere Termine: Gas-Toni