Akrosphäre – Evening of Wonders

Akrosphäre – Evening of Wonders

Michaela Preiner
28. Januar 2025

Lesezeit: 5 Minuten

Foto: (Mark Morgan )
Der Verein Akrosphäre lud im Jänner anlässlich seines 10-jährigen Bestehens in das Orpheum in Graz ein. Die große Kartennachfrage bei den vorangegangenen Shows führten dieses Mal sowohl zu einem Nachmittags- und einem Abendtermin, die jeweils bei vollem Saal stattfanden und insgesamt 1100 Gäste in Staunen versetzten.

Die Teilnehmerzahl war mit 45 Personen ebenso beachtlich wie das Engagement, das alle mitbrachten. Die Gruppe Mooncats imponierte gleich zu Beginn mit ihrer Natürlichkeit und ihrer Bühnen-Unerschrockenheit in ihrem „Fire & Water“-Auftritt, gefolgt von den Freecats, die in außerterrestrische Welten entführten, um letztlich doch wieder glücklich auf unserem Planeten zu landen. So manchem Elternteil dürfte bei den Vorführung das Herz in die Hose gerutscht sein, agierten doch auch die Allerjüngsten in luftigen Höhen, als wäre dies das Natürlichste auf der Welt.

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Evening of Wonders • „Duo-Straps“ (Foto: Mark Morgan)


Das Duo-Straps von Mirjam Heypke und Lydia Kremshuber setzte mit der Show „gew!cht?g“ das Thema Zug und Gegenzug künstlerisch-kreativ auf neue Art und Weise um. Zu einem epischen Soundlayer ließen sich die beiden Artistinnen mittels Flaschenzug gegenseitig liften und absenken, und schwebten – ästhetisch toll anzusehen – mithilfe ihrer eigenen Muskelkraft knapp über dem Bühnenboden.


Abwechslungsreich ging es mit der Karelly-Family weiter. Lea als Barbie-Puppe und Tim als wagemutiger BMX-Fahrer wurden von ihrem Vater Lex in feinster Partnerakrobatik in unterschiedlichsten Posen gehoben. Eine Herausforderung nicht nur für den Herrn Papa, sondern gleichermaßen für die beiden Kinder, die mit ihren Auftritten bei den Veranstaltungen der Akrosphäre immer wieder ihre Fortschritte unter Beweis stellen.

Beim Profi-Act „SechS“ von Ariane Öchsner, die als Allroundkünstlerin auch politische Performances und Researching betreibt, durfte man erleben, dass Ball-Jonglagen nicht nur mit Händen, sondern auch mit Füßen gezeigt werden können. Wenn sie sich liegend oder sitzend um die eigene Körperachse drehte und dabei weiße Bälle auf ihren Füßen in Balance hielt, war das Staunen des Publikums nicht nur spür- sondern auch hörbar. Sie zeigte damit eine grandiose, körperliche Leistung, bei der man die harte Arbeit, die dahintersteckt, leicht nachvollziehen kann.

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Evening of Wonders • Aerial Silks Showkurs der Grazer Akrosphäre (Foto: Mark Morgan)


Mit dem Aerial Silks Showkurs der Grazer Akrosphäre: „Wir spinnen doch nicht!“ zeigten die Akrobatinnen, wie vielfältig das artistische Können mit Seidenbändern hoch in der Luft aussehen kann. Spektakulär dabei waren nicht nur die unterschiedlichen Wickel- und Abseilmethoden, sondern vor allem auch eine Partnerakrobatik zu zweit in der Luft. Eine zusätzliche Dimension, bei der deutlich wird, wie exakt und abgestimmt man agieren muss, um sich selbst und die Partnerin nicht zu gefährden und wieder heil auf den Boden zu bringen.

Die Aerial-Silks-Artistin Le Wang gestaltete gemeinsam mit Alfredo Félix-Díaz, die Poesie und Tuchakrobatik: „City Birds“. Während Alfredo einen poetischen Text in Englisch rezitierte, schwebte die zarte Artistin hoch in der Luft und begleitete diesen mit rasch aufeinanderfolgenden, jedoch meditativ gesetzten Bewegungen. Kleine Wermutstropfen waren die sparsame Ausleuchtung ebenso wie die Tatsache, dass nicht alle im Publikum der ausgeprägt schönen lyrischen Form des Textes folgen konnten. Kleine diesbezügliche Adaptionen würden diesem ästhetisch und artistisch hochrangigen Act sicher guttun.

Gesang und Partnerakrobatik gleichzeitig auszuführen, dieser doppelten Herausforderung stellte sich das Entropy Ensemble. Mit „Der Tod und das Mädchen“ nach Franz Schubert verzauberten sie nicht nur mit ihrem akrobatischen Können. Vielmehr waren es eindringliche Bilder, wie jenes von der gefreezten, weiblichen „Kreuzabnahme“, die einen nachhaltigen Eindruck hinterließen. Dramaturgisch war dieser Act sehr gut nach dem ebenfalls melancholischen „City bird“ platziert.

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Evening of Wonders • „Anna Shtengel“(Foto: Mark Morgan)


Wie unglaublich vielfältig zeitgenössische Akrobatik ist, bewies Anna Shtengel mit ihrer Pole-Nummer „Free tob e a bum“. Einsockig und mit einem fetzigen Kostüm ausgestattet, zeigte sie eine muskelfordernde Nummer, bei welcher eine Drehung und eine neue Bewegunskaskade der anderen an der Stange folgte. Kraft und Ästhetik beherrschten gleichermaßen den sehenswerten Auftritt von Nobodystigershoe, wie sich die Artistin auf Instagram nennt.


Joe Hofbauer, alias Franz Fanfare kickte das Publikum mit seiner Clownerie „Schifoan“ in seine kreative Welt, in der sich ein skurriler Wintersportler seine Ski auf andere Art und Weise umschnallte. Neben den Moderationen von Lex und Tim (Lex Karelly und Tim Liebisch) steuerte er mit seinen Clownerie-Einlagen immer wieder humorige Augenblicke bei.


Sophie and Lenni from OneTwoMany Collective holten bei ihrer Partnerakrobatik „In This Together excerpt“ auch Publikum auf die Bühne. Besonders spektakulär war dabei jener Part, in welchem sie Figuren aus dem Eiskunstlauf umsetzten. Dabei wurde Sophie von Lenni derart furchterregend mit Schwung knapp über dem Boden gedreht, dass ein angstvolles Publikumsraunen zu hören war. Die beiden zeigten Partnerakrobatik auf allerhöchstem Niveau, das nur durch lebenslanges Training so ausgeführt werden kann.

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Evening of Wonders • „Michaela Robnik“(Foto: Mark Morgan)


Auch der allerletzte Act des Abends faszinierte durch eine artistische Körperbeherrschung der Sonderklasse. Michaela Robniks Aerialhoop „When the sun goes down“ kombinierte Reifen- mit Luftakrobatik. Ihre Auf- und Abwärts-Pirouetten mit dem Reifen, ihre mannigfaltigen Posen in der Luft, während sich der Reifen drehte, lösten allgemeine Bewunderung aus. Auch die Geschwindigkeit, mit der sie ihre Bewegungen ablöste, zeigte, dass sich die Artistin derzeit wohl auf dem Höhepunkt dieser zirzensischen Darbietung befindet. What a show!

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Evening of Wonders • Team der Akrosphäre (Foto: Mark Morgan)


Das Team der Akrosphäre wird wachsen – denn in den kommenden Monaten geht für den Verein ein langjähriger Wunsch in Erfüllung. Mit dem Bezug einer 180qm großen Halle, plus einer Galerie und einer großen Terrasse im Tagger-Gelände, soll das gesamte Kurs- und freie Trainings-Programm dorthin verlagert werden. Damit kann das Workshop-Angebot für Kinder und Erwachsene ausgebaut und andererseits die Halle als Proberaum für österreichische und internationale Zirkuskünstler*innen etabliert werden. Mittelfristig ist auch eine kleine Bühne geplant, auf der Ergebnisse von Probephasen präsentiert und kleine Zirkusabende stattfinden können.