All seine Aktionen waren vorausschauend so geplant, dass sie zumindest von Fotografen, meist auch von Filmern begleitet waren und die Ergebnisse danach medial verbreitet wurden. Durch Artikel wie jene über seine leere Ausstellung, „Le Vide“ in der Pariser Galerie Iris Clert oder seinen Sturz ins Leere, einer Fotomontage, die ihn in eleganter Turmspringerpose kurz vor dem Aufprall auf dem Asphalt zeigt, hat er selbst dafür gesorgt, als „Agent provocateur“ in den Medien zu erscheinen. Es war ihm wohl bewusst, dass es die Massenmedien sind, die Künstler aus dem Nichts zu Stars machen, und dementsprechend hat er sich auch verhalten. Beinahe bis zur Lächerlichkeit. Seine Hochzeit mit Rotraud Uecker war eine einzige „künstlerische“ Inszenierung. „Ich möchte wie ein König heiraten“, hatte er zu seiner Frau gesagt und sogar beim Papst um die Erlaubnis dieses Zeremoniells in der Kirche angesucht – und sie erhalten. So lautet zumindest die Aussage von Rotraud Klein-Moquay, der Schwester von Günther Uecker, die den im MUMOK gezeigten Film mit eigenartigem Ernst und Pathos stimmlich begleitet. Auf diese Weise kippt beim Betrachten des Videos Lächerlichkeit in Tragik und feierlichen Ernst in einer Endlosschleife und man ist – wie bei vielen Aktionen von Yves Klein – ob der unscharfen Intention ziemlich verunsichert.
Der zweite, interessante Aspekt ist der offensichtliche Zusammenhang der Kunst von Yves Klein zur zeit- und ortsgleichen, existentialistischen Philosophie Jean-Paul Sartres und der Existentialontologie Martin Heideggers, der sich auf den zweiten Blick allerdings als trügerisch herausstellt. Die Entwicklung von der Monochromie bis hin zur Installation und Ausstellung des leeren, weißen Raumes, bringt den paradoxen Versuch hervor, das Nichts und das Sein im Nichts für den Menschen sinnlich erfahrbar zu machen. Obwohl auch schon darauf hingewiesen wurde, dass das Nichts bei Yves Klein einen stärkeren Bezug zum ZEN-Buddhismus aufweist als zum philosophisch, existentialistischen eines Jean-Paul Sarte, (siehe Fußnote) bleibt doch das Phänomen, dass Klein im zentraleuropäischen Raum sich mit den Einflüssen der oben genannten Philosophen auseinandergesetzt hat. Dass sein künstlerisches Statement mit „Le Vide“ aber wiederum von einer starken Ambivalenz geprägt ist, immerhin bewegt sich Yves Klein im Raum vor- und zurück, und sitzt nicht in tiefe Meditation versunken darin, fügt sich nahtlos in das gesamte Schaffen des Künstlers. Nie ist es auf den ersten Blick, die erste Impression, völlig erfasst. Immer öffnen sich nach den primären, sinnlichen Erfahrungen tiefere Gedankenschichten, die eine weitere Auseinandersetzung mit den Arbeiten herausfordern. Um sich hier Klarheit zu verschaffen, müsste eine breitere, intensivere Auseinandersetzung zu diesem Thema stattfinden, welche auch eine stärkere Klarheit und Schärfung von Yves Kleins philosophischen Bezügen verdeutlichen würde.
Yves Klein ist einer jener Künstler, der das 20. Jahrhundert und die nachfolgenden Generationen mitgeprägt hat und dessen Wirken und Auswirkungen noch lange nicht umfassend ausgelotet sind. Dies mag auch daran liegen, dass sein Werk vielschichtig ist und sich, sobald man meint, eine stringente Erklärung für darin vorkommende Phänomene gefunden zu haben, im nächsten Gedächtnismoment daraus wieder zurückzieht, ja vielmehr das Gegenteil des Gedachten als mögliche Variante aufzeigt. So gedacht, steht der Philosoph Yves Klein doch vor dem Schelm. Oder?
Fußnote:Helen Westgeest, Zen in the Fifties. Interaction in Art between East and West, 1996 sowie Benjamin H.D. Buchloch, Klein and poses – artist Yves Klein – Into the Blue, 1995
(c) 2007 Michaela Preiner