Die Intimität einer Verführung
Von Michaela Preiner
Der Ring der Großmutter, in Triest um die Jahrhundertwende von einem Juwelier gemacht, verschwindet darin. Unter einem gut vorbereiteten Wäscheberg, der neben einem Koffer darauf wartet, eingepackt zu werden. Wie auch ein Kind verschwand, unter einem Wäscheberg. Die Liebe, die entgegen besseren Wissens begonnene, auch sie wird sich, oder hat sich bereits, so deutet es Streeruwitz zumindest an, verflüchtigen.
Die Komposition von Klement beeindruckte ebenso mit einer Reihe unterschiedlicher, stilistischer Ideen. Die Komponistin bildete zu Beginn mit Soundschnipseln wie dem Prasseln von Feuer, dem Zirpen von Zikaden oder indifferentem Rauschen, die elektronisch eingespielt wurden, ein individuell deutbares Geräuschmosaik. Später begleitete sie den Rhythmus des Textes mit Hilfe des Klavierkörpers rein perkussiv. In einem pianistischen Solo ließ sie eine an- und abschwellende Klangwelle entstehen, die einen eigenen Groove entwickelte. Eine spätere, eindrückliche, elektronische Raum-Klanginstallation, die sich ständig zunehmend über mehrere Lautsprecher im Raum verteilte, um sich nach und nach wieder zu entflechten, fügte dem Text wiederum völlig neue, auditive Qualitäten hinzu.
Mit abermaligen Glaubens- und Wissens-Bekenntnissen verknüpfte Streeruwitz den Schluss ihres Textes kunstvoll ringförmig mit dessen Beginn. Nur folgerichtig, dass Klement dazu auch Geräusche zitierte, die bereits am Anfang zu hören waren.
„Verführung“ bot nicht nur ein anspruchsvolles, musikalisches Kaleidoskop, in dem Katharina Klement beweisen konnte, dass ihre musikalische Kreativität schier unbegrenzt scheint, wobei sie gleichzeitig in der Lage war, sich feinfühligst auf den Text von Streeruwitz einzulassen. Der Autorin gelang mit ihrem Text auch das Kunststück, individuell Erlebtes sprachlich so aufzubereiten, dass sich dies zu einer allgemeingültigen Aussage hin verdichtete.
Ein Ausnahme-„Konzert“, das sich zum Nach- oder Neuhören auch auf einer CD ausnehmend gut präsentieren würde.