Das Theater Spielraum lockt zu seinen sonntäglichen Matineen auch mit einem köstlichen Frühstück
Gemütliche Rohrsessel. Eine unaufgeregte, angenehme Atmosphäre. Ein köstlicher Kaffee und ein umfangreiches Frühstück. Die Rede ist nicht von einem hippen Lokal mit Frühstücksangebot wie es derzeit in Wien so modern ist. Vielmehr findet sich das alles an ausgewählten Sonntagvormittagen im Theater Spielraum in der Kaiserstraße.
Plus: Einem interessanten kulturellen Angebot. Die Palette reicht von Lesungen über Diskussionen, Vorstellungen neuer Produktionen bis hin zu – wie Anfang März – der Aufführung der „Ursonate“ von Kurt Schwitters. Nicole Metzger und Gerhard Werdeker, die das Theater im Siebenten leiten, haben mit diesen Matineen offenbar den Publikumsgeschmack getroffen.
Fümms bö wö tää zää Uu, pögiff, kwii Ee. Rinnzekete bee bee nnz krr müü? Ziiuu ennze, ziuu rinnzkrrmüü rakte bee bee. Sie haben nichts verstanden? Sollten Sie auch nicht. Denn der Urheber dieser Nonsenszeilen, Kurt Schwitters, beabsichtigte mit seiner Komposition dies auch gar nicht. Schwitters war einer der Hauptvertreter des Dadaismus, der aus einer verständlichen Reaktion auf den Ersten Weltkrieg entstand. Das, was war, das, was die herrschende Klasse der Welt zugemutet hatte, konnte weder in Worte gefasst, noch kommentiert werden. Und die Welt war nach diesem Krieg nicht mehr dieselbe wie vorher. Die Dada-Bewegung, die in einem kleinen Café, dem Café Voltaire in Zürich, ihren Ausgang nahm, zielte gerade auf das Kontra gegenüber allen bisherigen gesellschaftlichen und vor allem künstlerischen Konventionen ab.
Und doch steckt hinter Schwitters Ursonate viel mehr als nur Nonsens. Sie ist ein „durchkomponiertes“ Lautgedicht, das auf den bis dahin üblichen Sonatensatz aufbaut. Kunstvollst arrangiert, mit starken rhythmischen Passagen, haben noch heute manche Menschen Mühe, bei einer der seltenen Aufführungen auch zu lachen. Viele haben im Hinterkopf das Etikett „hehre Kunst“, dass es ihnen verbietet, ihren Emotionen freien Lauf zu lassen. Philipp Maurer und Kolomann Haslinger gelang es bei ihrer Präsentation jedoch, das Publikum richtig zu erheitern. In der Regie von Eva Ortmayr waren es nicht nur die lautmalerischen Sensationen, die das Zwerchfell reizten. Da schlüpfte doch Maurer tatsächlich kurzfristig in die Rolle eines Priesters, der lautgewaltig seine Predigt hielt, während Haslinger neben ihm mit permanenten Gebetsbeugungen seine Murmellitanei darbot.
An anderer Stelle entwickelte sich ein hitziges Streitgespräch, bei dem Maurer, mit grauem Rauschebart und schwarzer, eng anliegender Lederhose, seinem Gegenüber mit Drohgebärden gefährlich nahe kam. Interessant war auch die Beobachtung, dass auch Nonsensworte durch die Mimik und Gestik und den stimmlichen Ausdruck durchaus in der Lage sind, eine Botschaft zu kommunizieren. Ganz abgesehen von jener Einlage, in der Maurer Verdis „la donna è mobile“ zum Besten gab, selbstredend mit einem unverständlichen Kauderwelsch und sich Haslinger prompt mit einem kleinen Tänzchen anschloss.
In der Fassung von Maurer und Haslinger wurde die Ursonate um ca. 30 Prozent gekürzt, was eine Aufführungsdauer von etwas mehr als 30 Minuten ergab. Ein kluger Schachzug, durch den keinerlei Langeweile aufkam. Im anschließenden Publikumsgespräch wurde auf die literarische dada-Nachfolge der Wiener Gruppe mit H.C. Artmann und Ernst Jandl hingewiesen und auch das Umfeld der Ursprungsbewegung ein wenig beleuchtet.
Was ist dada nun aber genau? Eine Kunst? Eine Philosophie? Eine Politik? Eine Feuerversicherung? Oder: Staatsreligion? Ist dada wirklich Energie? Oder ist es Garnichts, d.h. alles?
All diesen „wichtigen“ Fragen geht das Theater Spielraum noch einmal nach. Mit seinem Programm Dada im 7.ten am 15. März. Erwartet werden insgesamt 10 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die das Publikum mit dadaistischen Collagen verwöhnen. Achtung: Es darf gelacht werden!
Und Frühstück gibt’s mit vorheriger Reservierung auch.
Link: Theater Spielraum