Im ersten Teil waren sechs Orgelwerke von Klaus Lang zu hören, welche einzelne Abschnitte des Textes ‚Unter Mördern und Irren‘ von Ingeborg Bachmann umrahmten. Birgit Minichmayr las die Erzählung, welche Bachmann 10 Jahre nach dem 2. Weltkrieg in Wien verortete. Mit großer Akribie legte die Schriftstellerin dabei psychologische Befindlichkeiten von ehemaligen Kriegsteilnehmern offen, ihre Verdrängungs- und Verteidigungsstrategien gleichsam wie ihre unterschiedlichen Versuche, sich mit dem Nachkriegsleben bestmöglich zu arrangieren. Am Ende der Erzählung spitzt sich das Geschehen dramatisch zu und endet mit der Ermordung eines Mannes, der, umgeben von Befehlsausführenden, angegeben hatte, im Krieg auf niemanden geschossen zu haben.
Minichmayr hatte sorgfältig das Kostüm für ihren Auftritt gewählt und verwendete dafür eine dunkle Hose mit ebensolchem Sakko sowie eine Stehkragenbluse, um deren Kragen sie eine schwarze Schleife gebunden hatte. Sehr passend zur Interpretation einer männlichen, jungen Person, welche von der Autorin als Erzähler eingesetzt worden war.
Langs Kompositionen gaben dem Publikum im wahrsten Sinn des Wortes Zeit zum Nach-Denken und Innehalten. Zugleich gelang es ihm mit seiner Stück-Auswahl, den Spannungsbogen der Erzählung bis zum Schluss aufrecht zu halten. Die Stücke „el sonido luminoso. I, the ugly house. V/I , marias mantel. I, A. aus ABD., confluents und el sonido luminoso. III “ entstanden im Zeitraum zwischen 1995 und 2021.Der Interpret an der Orgel, Wolfgang Kogert, durfte höchst Kontemplatives mit vielen Repetitionspassagen spielen. Zum Teil jedoch auch diskante, rasche Arpeggios über einen ruhigen Bass, wie im allerersten und letzten Stück. Bachs Goldbergvariationen kommen einem für diese Klammer als Ideengeber in den Sinn. Polyphone Stimmführungen waren ebenso wahrzunehmen wie sich langsam aufbauende und zu Klangmassen ballende Akkorde, die sich nach und nach wieder veränderten, um kurz darauf in neuer Farbigkeit abermals zu ertönen. Kleine, mehrstimmige Melodien, aber auch einfach anmutende, die sich wesentlich abstrakter erwiesen, fügten sich in unterschiedlicher Weise an die Textpassagen und erlaubten, die Musik als Ergänzung des Erzählstrangs wahrzunehmen.
Jag die Hunde zurück! (Foto: Markus Sepperer)
Philipp Maintz‘ Komposition: „Jag die hunde zurück!“ für sechs Soprane und sechs Schlagzeuger, nach dem Gedicht Die gestundete Zeit (1953) von Ingeborg Bachmann (2024 UA), in einer diesjährig erweiterten Neufassung, bildete den zweiten Teil des Konzertes. Wuchtige Percussion-Passagen lösten zarte Klanggebilde aus Xylofonen, Triangeln und ruhigen Schlagwerkmomenten ab. Die sechs Sopranstimmen, im letzten Viertel der Komposition verankert, erfuhren ebenso eine permanente Steigerung sowohl in der Dichte ihres Einsatzes als auch in der Dynamik, die am Ende ins Fortissimo kulminierte und das Stück mit Wucht ausklingen ließ.