Wir treffen uns in einem bekannten Wiener Caféhaus am Ring. Eva Jankovsky trägt die mitgebrachten Presseunterlagen in einer bedruckten Stofftasche. „Sorry we´re fucked“ ist darauf zu lesen – der Titel ihrer neuesten Theaterproduktion, die am 27. November im Palais Kabelwerk Premiere hat.
Der Abend, der von Florian Zack & Band musikalisch begleitet wird, trägt ökologischen Sprengstoff in sich. „Du bist die Klimakatastrophe“ ist der Untertitel dieser „performativen Rauminstallation“ – einem Geschehen also, bei dem das Publikum nicht von „außen“ zusehen wird. Allerdings wird die Thematik des Klima- und Umweltschutzes nicht professoral abgehandelt werden. Der gesellschaftliche Umgang mit der Natur ist der Schauspielerin und Regisseurin Eva Jankovsky schon seit Langem ein Anliegen.
Ich habe mich für das Medium Theater entschieden, da ich damit dieses ernste Thema spielerisch behandeln kann. Jedes Mittel, das dies schafft, ist mir recht, aber das Theater hat eben den Vorteil unterhaltsam, ironisch und frech aktuelle Fragen zu thematisieren. Ich habe für das Stück ein Jahr lang recherchiert und mit vielen Experten-Interviews geführt. Fazit der Gespräche war: Wir werden entweder vieles ändern müssen oder es wird eng auf diesem Planeten – in vielerlei Hinsicht: Wirtschaftliche Veränderungen würden auch soziale mit sich bringen. Das Interessante ist, dass viele Prognosen, die Umweltschutzorganisationen schon vor Jahrzehnten publiziert haben, eingetroffen sind. Manche mit Verspätung oder ein wenig anders, aber sie sind eingetreten. Und es stellt sich mir immer die Frage: Warum tun „wir“ nichts? Das kann ich nicht verstehen. Um mit diesem Thema das Publikum zu erreichen, haben wir die Handlung auf einen Familienkonflikt herunter gebrochen und agieren dabei nicht nur informativ, sondern vor allem auch unterhaltsam und ironisch. Wir hinterfragen Trends und Allgemeingültiges: Was ist dran am Bio-Schmäh? Was trägt der Einzelne zur Klimakatastrophe bei? Alle, die beim Projekt mitmachen, tun das mit Herzblut und gleichzeitig hochprofessionell. Die Live-Musik, die von Florian Zack & Band kommt, ist ein herrlicher Mix aus österreichischer Tradition und lateinamerikanischen Rhytmen, Zack‘s eigener Stil von ihm selbst auch „Bio-Punk“ genannt, reisst mit und vermischt musikalische Stile fremder Kulturen mit heimischen Sounds. Florian Zack bringt mit seinen österreichischen Dialekt-Songs und den kritischen Texten eine weitere performative Komponente hinzu.
Wie leben Sie selbst denn den Umweltschutzgedanken?
Ich frage mich bei allem was ich kaufe: „Brauch ich das wirklich?“ Ich tausche und recycle, ich nutze die öffentlichen Verkehrsmittel und fahre oft mit dem Fahrrad, bin schon seit Langem Vegetarierin und trenne meinen Müll. Eigentlich könnte man meinen ich wäre eine Musterschülerin in Puncto Umweltschutz. Seit ich den Online-Footprint- Rechner gemacht habe, weiß ich, dass das erst der Anfang ist und ich immer noch viel zu viele Ressourcen verbrauche. Leider bin ich da nicht die Einzige. Und was das Reisen betrifft, ist meine Ökobilanz sicher nicht optimal. Für meinen nächsten Berlinaufenthalt habe ich zwar zumindest nicht die schnelle und billige Variante des Fliegens gebucht, sondern ich fahre mit dem Zug und finde das auch bedeutend angenehmer. Aber wenn man sich die Ökobilanz ansieht, die pro Mensch für die Erde verträglich wäre, kommt man schnell drauf, dass das Reisen eine der Hauptverursacher des CO2-Ausstoßes ist. Da müsste man viel mehr drüber nachdenken, das fängt ja schon bei einfachen Geschäftsreisen an bei denen man „nur schell mal“ ein oder zwei Tage nach Deutschland fährt. Auch die E-betriebenen Autos sind noch nicht überall einsetzbar und obendrein auch nicht so besonders ökologisch in der Produktion. Am wichtigsten ist die Vermeidungsstrategie. Vermeidung von Müll, Vermeidung von Kinderarbeit – die man verhindern kann, wenn man nicht andauernd neues, billiges Gewand trägt.
Sie haben erstmals die Möglichkeit genutzt, die Kosten über Crowdfunding hereinzuspielen.
Ja, aber das macht nur ungefähr ein Fünftel des benötigten Budgets aus. Unsere Crowdfunding- Kampagne läuft auch noch bis Ende Jänner und ist über einen Link im Netz abrufbar. Wir hoffen, dass wir hier noch breitere Unterstützung finden, denn wir wollen das Projekt auch gerne in den Bundesländern zeigen und in Schulen spielen. Das funktioniert nur, wenn wir dafür finanzielle Mittel zur Verfügung haben. Das Projekt wird nicht von öffentlicher Hand unterstützt, umso mehr sind wir auf die Hilfe Privater oder von Unternehmen angewiesen. Es handelt sich um ein Kunstprojekt, jedoch mit bewusstseinsbildender Komponente. Wir können dem Publikum aber nur Fragen mit auf den Weg geben – das ist meiner Meinung nach auch eine der Aufgaben von Kunst, naja vielleicht nimmt sich der eine oder die andere auch Literaturtipps mit.
Sie schlüpfen ständig in unterschiedliche, berufliche Rollen. Als was würden Sie sich selbst bezeichnen?
Ich bin zwar Theaterschaffende, da ich von der Story über die Pressearbeit bis hin zum Bühnenputzen alles mache, insofern wäre diese Bezeichnung richtig. Ich fühle mich beim Theater wohl, da ich täglich mit Menschen arbeite, ihnen im Hier und Jetzt begegne und mich im Austausch mit ihnen künstlerisch ausdrücken kann. Für mich ist Theater das pure Leben. Zwar wühle ich auch gerne in der Erde und genieße es in der Natur zu sein, aber ich brauche die philosophische und intellektuelle Herausforderung, die mir das Theater bietet. Es ist ein ständiges Hin und Her zwischen der Arbeit auf und vor der Bühne. Mich zieht es einerseits als Schauspielerin auf die Bühne, andererseits habe ich bei der Regiearbeit den Vorteil, dass ich mich dabei durch alle Rollen gleichzeitig durchwühlen kann. Aufgrund der Schwierigkeiten, jedes Projekt neu finanziell aufstellen zu müssen, leidet oft die Qualität und die Gesundheit: Eigentlich ist Theatermachen ein totaler Wahnsinn! Ich suche immer noch nach der Alternative.
Wenn Sie sich etwas für Ihre Arbeit wünschen würden, was wäre das?
Da hätte ich gleich drei Wünsche: Ein paar Medien, die über uns berichten, denn die freie Szene wird in Österreich totgeschwiegen, bezahlte Regiearbeiten und eine fixe Bleibe für meine Projekte. Im Moment haben wir zum Beispiel keinen fixen Proberaum. Wir arbeiten in drei unterschiedlichen Räumen. In einem sind die Kostüme, im anderen das Bühnenbild. Aber ich sehe das sportlich und denke mir, dabei bleiben wir wenigstens alle flexibel! Aber wenn Sie die gute Fee sehen, die drei Wünsche erfüllt, schicken Sie sie bitte zu mir! Ich hoffe sehr, dass wir nach den vier Vorstellungen im Palais Kabelwerk bald Folgeauftritte bekannt geben können – sonst wäre es ja schade um den Aufwand!