Lebensstürme und ihr Vermächtnis
Lebensstürme und ihr Vermächtnis
Michaela Preiner
Tatsächlich stürmt es mehrfach wild auditiv und wirbelt die Menschen kräftig durcheinander, die anfangs in Harmonie lachend und scherzend den Abend eröffneten. Zwei davon trifft es besonders. Sarah Jane Taylor und Norikazu Aoki werden durch eine Sturmattacke so traumatisiert, dass sie nicht wieder in ihre frühere Fröhlichkeit zurückfinden.Wilton erzählt mit seinem Ensemble eine Geschichte, die symbolisch für all jene Schicksalsschläge steht, welche Menschen treffen und aus der Bahn schleudern können. In seinem Stück geht es darum, wie diese sich in der Zeit der Krise benehmen, welche Auswirkungen das auf die Umgebung hat und wie sie wieder zu sich finden und letztlich auch in der Gesellschaft wieder einen Platz einnehmen können.

Es ist sicherlich der Beratung des Neurowissenschaftlers Dr. David Belin zu verdanken, dass die Choreografie viele unterschiedliche Stufen der Traumaverarbeitung aufzeigt. Und diesen Prozess von mehreren Seiten beleuchtet. Erst als Wilton die junge Frau mit ihren zitternden Händen so konfrontiert, dass sie diese nicht mehr hinter ihrem Rücken versteckt und erst, als er den psychischen Heilungsprozess bei Aoki zulässt, ohne beständig intervenieren zu wollen, flattert ein Aschenregen auf die Bühne, der die Katharsis ankündigt, die zu einer Heilung notwendig ist.
„The Storm“ zeigt auch auf, wie hilflos sich jene vorkommen, die den Betroffenen vielfach ihre Hand und Unterstützung anbieten, von diesen aber jedes Mal wieder zurückgewiesen werden. Einfach toll zuzusehen, wie Aoki in einem Solo zeigt, wie viele Arten es gibt, sich am Boden fortzubewegen, aufstehen zu wollen, aber immer wieder zu scheitern. Hoch emotional auch jene Szenen, in welchen James Wilton selbst zu Boden geht in der bitteren Erkenntnis, nicht helfen zu können. Die sich abwechselnden Solo-Szenen mit solchen, in welchen nicht nur die drei Hauptcharaktere tanzen, sondern auch das vierköpfige Nachwuchsensemble auf der Bühne ist, faszinieren beständig.
Die zu Beginn psychedelische Musik, die wogend eine heile Welt vorgaukelte, wird im Laufe der Zeit rhythmisch wilder, um bald darauf gänzlich andere Klangfarben anzunehmen. Die James Wilton Dance Cie bietet den Soundtrack, der von der polnischen Band Amarok unter Michal Wojtas produziert wurde, übrigens auch zum Kauf an.


The Storm (Fotos: Brian Slater)
Fazit: Tänzerisch und dramaturgisch extrem sehenswert!