Von Michaela Preiner
Die Szenerie: Das Publikum wird zu einem vermeintlichen Casting von drei Personen eingeladen, die sich für die Rolle des Stephen Hawking im Film mit dem Titel „The theory of everything“ bewerben. Sie sollen verschiedene Szenen aus dem Film in ihrer ganz speziellen, persönlichen Art und Weise vorspielen. Anna Mendelssohn verkörpert die Rolle von Nina Gold, einer realen Casting Direktorin, die für Hollywoodfilme die Besetzung erarbeitet. Die Herausforderung vor der sie nun steht ist: Eine Darstellerin oder einen Darsteller zu finden, dem oder der man die Interpretation des schwer behinderten Hawking abnimmt.
Diversität sorgt für volle Kassen
Es ist nur eines von mehreren knallharten Statements, die Gold an diesem Abend von sich gibt und das klarmacht: Hier geht es in allererster Linie nicht um Kunst, hier geht es um Business. Und um die Authentizität größtmöglich zu halten, wurden für das Casting neben einem Schauspieler auch zwei Frauen eingeladen, die verschiedene, körperliche Behinderungen aufweisen. Dass sie selbst schon als Schauspielerinnen gearbeitet haben, erfährt das Publikum staunend im Laufe der verschiedenen Konversationen mit Gold.
Liz Taylor, Conny Clark und Dominik Grünbühel
Der „hanging walker“
Da wirken die schauspielerischen Manöver von Dominik Grünbühel beinahe richtig erholsam. Wenn er mit verzerrtem Gesicht und zusammengekrümmten Händen Unverständliches vor sich her brabbelt, weiß man, dass er sich nach der Szene wieder aufrichten und fröhlich abmarschieren kann. Auch wie er sich in einen bereit gestellten, elektrisch betriebenen Rollstuhl hechtet, zeigt, wie weit entfernt er vom Körpergefühl seiner beiden Rivalinnen ist. Aber zugleich auch, mit wie wenig Respekt er diesem Umstand auch entgegenbringt.
Die Musik zu den einzelnen Szenen (Michael Strohmann) ist außergewöhnlich gut ausgesucht und hollywoodreif. Das hilft bei der emotionalen Unterstützung von Momenten, in denen kräftig auf die Tränendrüsen gedrückt wird genauso wie in jenen, in denen gelacht werden darf.
Die Leichtigkeit des Spiels
Es ist aber auch genau dieser Moment, in dem das Spiel eine unglaubliche Leichtigkeit bekommt. All jene Querverbindungen zwischen Hawking und den beiden Schauspielerinnen, in denen seine Krankheit thematisiert und ihre Endgültigkeit ausgesprochen wird, bilden nun keine Last und keinen Schrecken mehr. Vielmehr beginnt man zu verstehen, dass alle Menschen, egal ob behindert oder nicht, mit Schwierigkeiten im Leben zu kämpfen haben. Das Annehmen dieser Schwierigkeiten macht den Unterschied eines glücklichen, erfüllten Lebens aus. Und man beginnt zu verstehen, dass Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen nicht nur mit ihren körperlichen Behinderungen zu kämpfen haben, sondern vor allem mit den Vorurteilen der anderen. Autsch, das sitzt.
Ein unglaublich gescheiter, packender und humorvoller Abend, der ganz nebenbei auch die Mechanismen des großen Filmbusiness offenlegt – wunderbar platziert bei Impulstanz.