von Michaela Preiner | Nov 28, 2018 | Oper, Wien Modern
Ohne Papiere bist du vogelfrei
„Totenschiff“ (Foto: Armin Bardel)
Ein Mensch ist ein Mensch, ist ein Mensch. Aber nur, wenn er Ausweispapiere hat. Im „Totenschiff“, einer „Song-Oper“ von Oskar Aichinger wurde dieses Thema sehr plakativ vor Augen geführt. Unter der Regie von Kristine Tornquist wurde im Rahmen von Wien Modern die Geschichte des Seemanns Gale nach der Roman-Vorlage von B. Traven erzählt.
Einem in Mexiko gelebt habenden Literaten, dessen eigentlicher Name Otto Feige gewesen sein dürfte. Der ehemalige deutsche Maschinenschlosser und Gewerkschaftssekretär taucht nachweislich um 1942 in Mexiko auf, allerdings ist vieles in seiner Biographie unvollständig und rätselhaft.
Der Romanautor, von dem es auch eine Reihe von Erzählungen gibt, vertrat eine kapitalismuskritische Haltung und schrieb in ironisch-sarkastischem Duktus. Der Stoff, aus dem „Das Totenschiff“ besteht, ist zum Teil autobiografisch. Bei einem Landurlaub in Antwerpen verliert der Matrose Gale seine Papiere und damit auch, wie im Laufe der Inszenierung klar wird, jegliches Recht.
Im stimmungsvollen „Reaktor“ in der Geblergasse, einem langgestreckten historisierenden Raum aus dem 19. Jahrhundert, war ein sparsames, aber stimmiges Bühnenbild mit abstrahierten Videoeinspielungen (Ausstattung Max Kaufmann, Mirjam Mercedes Salzer) ausreichend, um Gale nicht nur durch verschiedene Länder marschieren zu lassen. Er heuerte auch bei einem höchst maroden Schiff an, um dort – ungewollterweise – als Kohlenschaufler zu landen.
B. Traven zeigt in seinem Buch auf, dass papierlos sein gleichzusetzen ist mit keinerlei Rechte mehr haben und Menschen, denen dies passiert, sich rasch in der untersten, sozialen Hierarchiekette wiederfinden. Obwohl der Roman 1926 veröffentlicht wurde, hat er traurigerweise jede Menge Aktualitätsbezüge.
„Totenschiff“ (Foto: Armin Bardel)
Die Kostüme (Nora Scheidl) und die Regie gaben der Inszenierung die Note eines moralisierenden Bilderbuches für Erwachsene, bei dem hin und wieder Brecht und Weill als Paten von Ferne grüßen ließen. Mit überzeichneten Figuren, begonnen von Gale selbst über Polizisten, Kapitäne, Schmuggler oder einen Konsul (Bernhard Landauer, Richard Klein, Clemens Kölbl, Horst Lamnek) war klar, dass das Gezeigte nicht als Geschehen aufgefasst werden sollte, das nur mit der Figur des unglücklichen Seemanns verknüpft ist. Vielmehr zeigten B. Traven und Tornquist in ihrer adäquaten Bühnenübersetzung Prototypen, die massenweise ähnliche Schicksale erfahren wie der Hauptprotagonist. Die Ironie, die Traven immer wieder verwendet, fand in der Bühnendarstellung der Polizisten und des Konsuls ihre Entsprechung. Mit Tanzschritten ausgestattet, zum Teil in Countertenorlage, boten diese Charaktere eine passende, augenscheinliche Persiflage ihrer Rollen.
Voll von Optimismus beginnt Gernot Heinrich in seiner Rolle als Gale, sein Schicksal trotz fehlender Papiere in die Hand zu nehmen. Sein feiner, sehr lyrisch ausgestatteter Tenor traf dabei in mehrfachen Duetten auf den geschmeidigen und zugleich kräftigen Sopran von Romana Amerling. Als „Großer Kapitän“ oder auch Schicksal, stand sie ihm auf all seinen Odyssee-Stationen immer wieder zur Seite, griff jedoch nie helfend ein.
Jury Everhartz leitete das ensemble sirene mit sichtbarem Enthusiasmus aber auch viel Gefühl für Feinheiten. Musikalisch ist die Song-Oper vielfältig angelegt. Oskar Aichinger illustriert Erinnerungen an New Orleans mit dementsprechend jazzigen Klängen, verwendet eine ganze Reihe von Tanz-Rhythmen, erinnerte während der Frankreich-Reise des Hauptprotagonisten an Edith Piafs „padam“, unterstrich das Auslaufen des maroden Schiffes mit einem wilden Marsch, der sich zu einer behäbigen Polka verwandelte und verlieh dem Schicksal in luftiger Höhe immer wieder ein stimmgewaltiges, melodiöses Zwischenspiel. Johann Leutgebs kräftiger, klarer Bariton passte wunderbar zu seiner Rolle. Als Stanislawski fand er in Gale, kohlenschaufelnd unter Deck, einen Freund bis zur letzten Stunde.
„Totenschiff“ (Fotos: Armin Bardel)
Die süße, verführerische Melodie, die Aichinger dem Schicksal am Ende seiner Oper singen lässt, lässt, sicher nicht zufällig, an jene Sirenen-Klänge denken, welche Odysseus Mannschaft in den Tod trieben. Das Eintauchen in die kalte See, in der Gale und sein Freund Stanislawski letztlich ertrinken, geschieht in dunkles Blau getaucht, beinahe erlösend. Welch schöner, vielleicht sogar ungewollter Verweis auf das sirene-Ensemble, welches diese Oper aus der Taufe hob.
Eine intensive Produktion, die sich musikalisch weder dem Gestern noch dem Heute anbiedert und gerade deswegen außerhalb der gängigen, zeitgenössischen Opernproduktionen steht.
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von Michaela Preiner | Sep 26, 2018 | Oper
Jeanne und Gilles in Wien
„JEANNE & GILLES“ (Foto: © Andreas Friess)
Die neue Produktion des Sirene-Operntheaters „Jeanne und Gilles“ überzeugte in allen Punkten
I hre Geschichte ist weit über Frankreich hinaus bekannt. Über Johanna von Orleans, von Gott berufene Kriegsanführerin gegen die Engländer und Bourbonen, die aus Staatsräson auf dem Scheiterhaufen landete, gibt es unzählige Erzählungen, Bücher, dramatisierte Stoffe, Opern und sogar ein Oratorium.
Erst im Vorjahr wurde ihre Geschichte unter dem Titel „Johanna. Eine Passion“ am TAG aufgeführt.
Gilles de Rais hingegen hat es zu weniger Berühmtheit gebracht. Er war jener adelige, junge Feldherr, der sich im Krieg in Jeanne verliebte und nach ihrem Tod, selbst traumatisiert durch die Kriegswirren und ihren Tod am Scheiterhaufen, zum Mörder wurde.
Kristine Tornquist, Mitbegründerin des Sirene-Operntheaters, nahm sich des Stoffes von Jeanne d`Arc in erweiterter Form an und beleuchtete in ihrem Libretto „Jeanne und Gilles“ ihre Beziehung zu Gilles de Rais und sein Leben.
Francois-Pierre Descamps vertonte den Text und leitete selbst das 14-köpfige Instrumentalensemble bestehend aus Streichern, Schlagwerk und Gerald Grün an der Trompete.
Musikalisch charakteristisch für das Stück ist ein Hin- und Herschwingen zwischen tonalen und atonalen Sequenzen, sowie eine stark illustrierende Unterstützung des Textes. In ihr wurden die Spannungen von politischen Verhandlungen durch nervös klingende Streicher unter anderen genauso hörbar wie die Peinigung von Jeanne, belgeitet von dumpfen Percussionsklängen.
Die Trompete wurde nicht nur zur Schlachtenbegleitung eingesetzt, sondern attributierte Jeanne selbst über weite Strecken, bis hin zu einem wundervollen Duett zwischen dem Instrument und ihrer Stimme. Gilles Gesang hingegen wurde von tiefen Bässen begleitet, was der langsamen Verdunkelung seines Seelenzustandes gut entsprach.
„JEANNE & GILLES“ (Foto: © Andreas Friess)
„JEANNE & GILLES“ (Fotos: © Andreas Friess)
Eine unbefleckte Kriegstreiberin und ein sensibler Mörder
Die Location – ein alter Ball- und Vergnügungssaal aus dem 19. Jahrhundert mit historisierenden Elementen in der Gablergasse in Hernals erwies sich als ideal. Der langgestreckte Raum wartet mit einer extrem guten Akustik auf, sodass auch das Publikum in den hinteren Reihen – dankenswerter Weise aufsteigend angebracht – sehr gut hören und sehen kann.
Tornquist, neben dem Libretto auch für die Regie und mit Markus Boxler für das Bühnenbild verantwortlich, schuf nicht nur einen geschichtlichen Kurz-Abriss der Zeit Jeanne d`Arcs. Vielmehr vermittelt ihr Text tiefe Einblicke in die Psychologie des Krieges und die daraus resultierenden, seelischen Verstümmelungen und Bauernopfer.
In ihrer Fassung ist Jeanne eine unbefleckte Kriegstreiberin, die Tötungen und Verbrechen gegen den Feind mit Gottes Wille argumentiert. Mit den Worten „Es gibt keinen Kompromiss in Gottes Befehl“ tritt sie gegen jene königlichen Anweisungen auf, die einen Waffenstillstand mit den Engländern erreichen sollen. Gilles, den Tornquist wesentlich zarter besaitet präsentiert, kippt erst dann in Psychosen, als er mit Jeannes Tod auf dem Scheiterhaufen und seinen persönlich erlebten Traumata im Krieg alleine nicht mehr fertig wird.
„An manchen Abenden sehe ich mich an mit Staunen, dass ich noch unversehrt Haut und mein Leben trage“, lässt Tornquist ihn singen, wobei schon die Abspaltung seines Ichs fühlbar wird. Der zu Hilfe gerufene Arzt und ein Quacksalber verstärken gemeinsam mit seinem Leibdiener seine Krankheit und fördern letztlich den Tod eines jungen Mädchens durch Gilles Hand.
Mit Lisa Rombach und Paul Schweinester erfolgte eine Idealbesetzung der Titelrollen. Kräftig und klar, scheinbar mühelos kam Rombachs Sopran zum Einsatz und bot Schweinester hellem Tenor einen schönen Gegenpart. Nicht minder stimmlich und schauspielerisch gut disponiert waren Bernd Lambauer, Andreas Jankowitsch und Johann Leutgeb, zum Teil in Doppelrollen. Gratulation an dieser Stelle für das punktgenaue Casting.
„JEANNE & GILLES“ (Fotos: © Andreas Friess)
„JEANNE & GILLES“ (Fotos: © Andreas Friess)
Das Gestern schwingt ins Heute und wieder zurück
Die von vier „Maschinisten“ sichtbar verschobenen und von Hanno Frangenberg bemalten Prospekte erinnern an Landschaften von Watteau oder Fragonard sowie barocken Schlachtenbildern. Und auch mit den mittelalterlichen Kostümanleihen von Markus Kuscher blieb das Geschehen geschichtlich im Frankreich zwischen dem 13. und 17. Jahrhundert verortet.
Jeanne selbst wurde über ihr zeitgeistiges Outfit für die Schlachtenszene eine Jacke und ein Wams übergezogen. Im Switchen zwischen den Moden über Jahrhunderte hingweg lieferte die Regisseurin einen kleinen Verweis, dass religiöse Verblendung auch heute noch anzutreffen ist und ein Phänomen darstellt, das keiner bestimmten Periode zugeordnet werden kann. Vielmehr ist es durch Zeit und Raum überall auf der Welt anzutreffen.
Das Einbinden der Bühnenarbeiter, die sichtbar den Bühnenbildwechsel vornahmen, aber auch als Ankleider oder Requisiteure und sogar als Statisten agierten, ist ganz unserem Zeitgeist verpflichtet, die Mechanismen am Theater aufzuzeigen.
Trotz sparsamen Einsatzes funktionierte dies bestens und verdeutlichte, dass Tornquist alle Register des zeitgenössischen Musiktheaters ziehen kann. Gerade das Hin- und Herkippen zwischen dem historischen Ausgangsmaterial und der aktuellen Opernproduktion verlieh dem Abend eine angenehme Spannung, aber auch jede Menge augenzwinkernde Selbstreflexions-Momente.
Der Abend zeichnete sich durch eine selten gelungene Mischung all jener Komponenten aus, die eine herausragende Produktion ausmachen: Eine gelungene Herausarbeitung der Charaktere, ein Libretto, welches die Figuren höchst authentisch erscheinen lässt, eine klare Regieführung, in der besonderes Augenmerk auch auf die schauspielerischen Fähigkeiten der Sängerin und der Sänger gelegt wurde und letztlich eine Musik, die sowohl Grauen und Krieg als auch Gottesentrückung und Liebesgefühle veranschaulichen konnte.
Der lange und enthusiastische Applaus des Publikums war mehr als gerechtfertigt. „Jeanne und Gilles“ ist eine von zwei Herbst-Produktionen des Sirene Operntheaters. Übertitelt sind diese mit „Katastrophen. Feuer und Wasser“.
Im Rahmen von Wien Modern wird die Kammeroper nach B. Traven von Oskar Auchinger „das Totenschiff“ zu sehen und zu hören sein.
Weitere Informationen auf der Webseite des Sirene Operntheaters.
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von Michaela Preiner | Nov 20, 2013 | Oper, Wien Modern
GATES – Zwischen?Raum war der zweite Teil des Wien Modern Abends in Zusammenarbeit mit dem sirene Operntheater – progetto semiserio und der IGNM. Musikalisch unterstützt wurde er von PHACE deren Schlagwerker Berndt Thurner mit einer besonderen Herausforderung konfrontiert war, waren doch die Schlagwerknoten des ersten Stückes „Seelentore“ am Premierenabend nicht auffindbar. Die einzige Möglichkeit, das Spielen von der Gesamtpartitur, gelang Thurner jedoch meisterhaft, womit er seine Klasse und sein Können mehr als sonst unter Beweis stellen konnte.
Seelentorte war im Palais Kabelwerk zu sehen. (Foto: Nick Mangaeas)
Wärme war eine von 8 Kurzopern, die anlässlich von Wien Modern zu sehen war (Foto: Nick Mangaeas)
Gate as my asshole war im Palais Kabelwerk zu sehen. (Foto: Nick Mangaeas)
Bill war eine der Kurzoper, dier im Palais Kabelwerk zu sehen war. (Foto: Nick Mangaeas)
„Seelentore“, für das Jörg Ulrich Krah die Musik und Susanne Felicitas Wolf das Libretto schuf, handelt von drei Personen, die ihre soziale Befindlichkeit offenbaren. Dies geschieht jedoch in parallelen Strängen, sodass sich die Personen nicht kennenlernen und austauschen können, was der Idee eine zusätzliche Spannung verlieh. Der politische Flüchtling, der nicht mehr in seine Heimat zurück kann und sich in seiner neuen nicht zurechtfindet (Levent Bakirci), die Pensionistin, der die Sprachverfremdung und der Lärm einfach zu viel wird (Ingrid Habermann) und der junge Gutmensch, der versucht sein Leben so politisch korrekt wie möglich zu leben, agierten auf ihren eingenommenen Plätzen, ohne diese je zu verlassen. Ein schönes Bild für die Vereinsamung und Unmöglichkeit, sich mit anderen auszutauschen. Krah schuf ein sehr ausdifferenziertes musikalisches Werk, das jeder Person eine eigene Färbung zuschrieb und sogar den Flüchtlingsstatus mit verfremdeten Klängen, die in der Nähe des Bosporus angesiedelt sind, verdeutlichte. Der kurze, aber umso prägnantere und völlig emotionslose Text von Wolf unterstrich die ungeschönten Aussagen exakt.
Mit „Wärme“ schloss sich eine abermals ganz persönliche seelische Bestandsaufnahme an, für die Tamara Friebel das Konzept und die Komposition und Nathalie Latham den visuellen Gang durch eine Kirschblütenbaum schuf. Kaoko Amano pendelte darin als entwurzelte Japanerin zwischen Traumgebilden und bedrohlicher Realität. Die musikalische Begleitung durch Cello und Schlagwerk erweiterte Friebel durch zusätzliche elektronische Einspielungen. Spätestens mit diesem Stück war klar, dass der Abend nach der Pause eine eklatante Wendung genommen hatte. Stand das Spielerisch-Humorige im ersten Teil im Vordergrund, war es die Tragik des Individuums, die nun in verschiedenen Ausformungen abgehandelt wurde.
„Gate as my asshole“ – dieser Titel war nicht das einzig Gewalttätige, das sich in der Arbeit von Oliver Weber (Komposition) und Nurkan Erpulat (Libretto) zeigte. Sie setzten einen türkischstämmigen Mann in den Mittelpunkt, der sein Schwulsein in ständiger Angst so lange verbarg, bis seine unterdrückten Gefühle schließlich vulkanartig ausbrachen. Andreas Jankowitsch explodierte nicht nur schauspielerisch, sondern auch stimmlich – wobei er locker den Spagat zwischen Sprechgesang und schwierigen Gesangspartien bis hin zum Verlust der fließenden Sprachmelodie schaffte. Ein expressives, gewalttätiges Werk, das vor allem im Hinblick auf den Schluss des Abends gut platziert war.
Jorge Sánchez-Chiong war dafür kompositorisch zuständig und Thomas J. Jelinek sorgte für das Konzept, den minimalen Text und die Bühne. Der Titel „Bill“ verweist auf das englische Wort für „Rechnung“ assoziiert aber auch jenen Mann, der den größten Softwareentwickler unserer Zeit begründete. Immer schneller werdende, zum Schluss nicht mehr verfolgbare rasende, aufsteigende Zahlenkolonnen, auf mehrere hintereinander gestaffelte, durchsichtige Leinwände projiziert, symbolisierten den wirtschaftlichen Fortschritt seit dem 18. Jahrhundert auf unserem Planeten, zugleich aber auch die Überpopulation und die irrwitzige Ausbeutung, die damit einhergeht. Eine Klangdichte, die sich im Laufe der „installativen Raum-Klang Oper“ zur Schmerzgrenze hin ausweitete, unterstrich diese unaufhaltbare Entwicklung. Die auf der Bühne mitagierenden Musiker von Phace machten deutlich, wie sehr der Mensch in den Produktionswahnwitz eingebunden ist und diesen trotz aller sichtbaren Bedrohungen weiter verfolgt. Da wurden absurde Klangkästen mit Schläuchen traktiert, Percussioninstrumente, Cello und Saxophon in all ihren Klangmöglichkeiten ausgereizt und keine Rücksicht auf Kaoko Amano und Paul Schweinester genommen, die in die Rollen der Dokumentierenden geschlüpft waren, ohne in den Wahnwitz weiter eingreifen zu können. Das dichte, auditive Gespann, teilweise mit harten Beats akzentuiert, erlaubte keinerlei Gedankenabschweifung und machte klar, dass es aus dieser Situation keinen Ausweg geben würde. Erst als abrupte Stille und tiefes Schwarz den Saal ausfüllten, war dem zerstörerischen Treiben ein Ende gesetzt. Hart, mitreißend, unbarmherzig und illusionsfrei präsentierte sich der Schluss dieses Abends und machte mehr als deutlich, dass individuelle seelische Empfindlichkeiten auf das Weltgeschehen keinen Einfluss mehr ausüben.
Peter Pawlik, der die Regie im zweiten Teil führte, gelang damit eine logische Schlussfolgerung, wenngleich auch für viele eine schwer verdauliche.
Ein Abend der Superlative, was die Anzahl der Werke und auch deren Qualität betraf, der ganz am Puls der Zeit das Medium Oper in kürzestmöglichen Varianten von vielen Seiten aus sowohl unterhaltsam als auch nachdenkenswert beleuchtete. Eine Zweiteilung wäre zwar publikumsattraktiver gewesen, hätte aber auch so manche Erkenntnis, die sich gerade aus der Gegenüberstellung der beiden Blöcke ergab, nicht ermöglicht. Gratulation für dieses Wagnis!
Hier geht es zum 1. Teil des Abends: Aus der Zeit gefallen