Eine brisante Auszeit
Aurelia Gruber
Ed Hauswirth erarbeitete mit dem Ensemble ein Kammerspiel, das sich formal an jenem Genre orientiert, in dem die Risse von Partnerbeziehungen während einer Einladung im Freundeskreis offenbar werden.
Was sich anfänglich durch eine lange Vorstellungsphase der einzelnen Charaktere ein wenig in die Länge zieht, nimmt ungefähr ab Mitte des Stückes an Fahrt auf. Nachdem klar ist, dass sich eines der Paare in Trennung befindet und ein anderes in seiner Langzeitbeziehung nicht mehr wirklich wohl fühlt, dass sich in der Konstellation Alt und Jung zwangsläufig unterschiedliche Familienentwürfe offenbaren und gescheiterte, verlegerische Unternehmungen Auswirkungen auf die Lebensumstände einiger Anwesender haben, fährt Hauswirth die politischen Geschütze auf. Und die sind wesentlich interessanter als die sehr stereotyp angelegten Paarkonstellationen.
Die Macht im Staat – von links nach rechts gewandert – tut, was sie immer tut: Sie hebelt bei dem einen oder anderen Prinzipien aus, die sich aufgrund von finanziellen Notständen oder auch der Aussicht auf mehr Einfluss, flugs wandeln. Da mutiert Jens Claßen innerhalb von wenigen Augenblicken zum opportunistischen, aber gut bezahlten Journalisten, während Monika Klengel (Linde) sich ärgert, nicht von ihrem einstigen Redaktions-Schützling Markus und nunmehrigen Blatt-Chef (Raphael Nicholas) für einen Posten vorgeschlagen worden zu sein. Zumindest Georg Schubert und Lorenz Kabas kämpfen nach anfänglichen Verführungsattitüden tapfer mit ihrem Gewissen, wohl wissend, dass sie ab sofort auf der finanziellen Verlierer-Bank Platz nehmen dürfen. Interessanterweise sind es die Frauen, Beatrix Brunschko als Barbara, Lisa Schrammel als Birgit und Juliette Eröd als Dora, die eine Standhaftigkeit an den Tag legen, die den Männern zuweilen abhanden gekommen ist.
Filmeinspielungen, in denen die Freundinnen beim Joggen auf Forstwegen, oder die Männer beim gemeinsamen Kochen gezeigt werden, verschränken das Geschehen mit jenem auf der Bühne und setzen eine ländliche Idylle gegen ein Wien, das voll Militär ist und sich im Ausnahmezustand befindet. Dass sich die Handys, gemäß der Tradition, im versperrten Safe befinden, und keinerlei Internetzugang möglich ist, hebt das Wohlbefinden der kleinen Gruppe auch nicht wirklich.
So sind die Kontrahenten und Kontrahentinnen gezwungen, ihre Scharmützel direkt auszutragen, bis hin zum Showdown zwischen Linde und Markus, den sie dank ihrer überragender Kampf-Technik blutig prügelt. Doch was nach moralischem Happyend aussieht, wischt Markus, der Machtmensch, mit blutverschmierten Fingern vom Tisch. Er, der an der Macht Partizipierende weiß nur zu gut, dass diese Niederlage seinen weiteren, beruflichen Aufstieg nicht bremsen wird. Die Vergangenheit, der alle nachtrauern, ist ein für alle Mal vergangen. Das politische Blatt hat sich gewendet und wird bis in eine nicht absehbare Zukunft sich so schnell auch nicht wieder drehen. Was macht da schon eine blutige Nase?
„Der Untergang des Österreichischen Imperiums“ ist eine Mischung aus Gesellschaftskomödie mit einer dystopisch anmutenden, politischen Gegenwartsbeschreibung und changiert dementsprechend zwischen diesen Polen. Die Inszenierung macht klar, dass sich Österreich in einem Zustand befindet, mit dem sich viele zwar noch nicht abfinden wollen, Ressentiments oder gar Trauer völlig nutzlos sind. Wer dem einen Hoffnungsschimmer entnehmen will, muss sich schon am rechten Rand des politischen Spektrums wohlfühlen.
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