Sprache trifft auf Kunst

Von Michaela Preiner

Ferdinand Kriwet (Foto: European Cultural News)

20.

September 2017

Curated by_vienna widmet sich in einer kohärenten, galerienübergreifenden Schau dem Thema Bild und Sprache

Für gewöhnlich kann man sie mit einsamen Wanderern und Spaziergängerinnen im Wald vergleichen. Erpicht darauf, dass möglichst wenige sie bei ihrem Streifzug durch das Gehölz stören. Denn eigentlich sind sie dabei auf der Suche nach herausragenden Pilzen, die sie sich von niemandem anderen wegnehmen lassen möchten und auch mit niemandem anderen teilen wollen.

Gemeint ist mit diesem – zugegeben etwas botanischen Vergleich – die Spezies der Galeristinnen und Galeristen, die ganz im Eigeninteresse darauf aus ist, ihre Künstlerinnen und Künstler zumindest regional oder national an sich zu binden. Daraus folgt, dass es, abgesehen bis auf Auftritte mit Tuchfühlung bei Messen, relativ wenig Berührungspunkte untereinander gibt. Die Wiener Wirtschaftsagentur versucht einmal im Jahr die Marschrichtung durch den Wald vorzugeben und begleitet die Wiener Galerienszene dabei auf ihrem gemeinsamen Ausflug. Dabei lanciert sie jeweils ein bestimmtes Motto. „image / reads / text“ lautet das diesjährige, das von insgesamt 21 Galerien aufgenommen wurde. Die Ausstellungen wurden allesamt von Kuratoren und Kuratorinnen gestaltet, die von den Galerien selbst bestimmt wurden.

Für das kunstinteressierte Publikum ist das Format dieses Jahr besonders interessant. Denn kaum ein Thema zuvor wurde so stringent von den Beteiligten aufgegriffen und bietet zugleich eine so enorme Variabilität. Die Untersuchungen der Bedeutung von Sprache in der zeitgenössischen Kunst erzeugen einen großen Bogen von unterschiedlichsten Formaten. Film, Video, Installationen, Performances, klassische Malerei und Grafik sind dabei vertreten. Es gibt keinen Bereich der bildenden Kunst, der nicht präsentiert wird.

Bei einem ersten Rundgang durch sechs Galerien fiel auf, dass die große, thematische Klammer samt und sonders eingehalten wurde.

Uri Arans Kosmos in der Galerie König

In der Galerie Christine König präsentiert Moritz Wesseler, Direktor des Kölner Kunstvereins, den 1977 in Jerusalem geborenen Künstler Uri Aran. Zeichen, Symbole, Wörter, Gesten und Bilder setzt er in neue Sinnzusammenhänge und erfindet dabei noch eine eigene Sprache. In Bronze gegossene, kleine, unterschiedliche Lettern ergänzen Bilder und Videos, so, als ob sie einen allgemein verständlichen Subtext bilden würden, was aber nicht der Fall ist. Ob Buchstaben oder Noten, ob Morsecode oder Alphabet – den Betrachtenden bleibt die Interpretation selbst überlassen. Der in New York lebende Künstler schuf auch einen eigenen Zyklus für die Ausstellung in Wien, den Christine König als Werk „zwischen der Jetztzeit und Böckl“ einordnet. Die Einzelschau zeigt ein höchst vielfältiges Werk, das von grafischen und filmischen Arbeiten bis hin zu skulpturalen und Fotografien so ziemlich alles einschließt, was die zeitgenössische Kunstproduktion derzeit anbietet.

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Uri Aran in der Galerie König (Foto: European Cultural News)

Bei Senn wird`s intellektuell

Gabriele Senn zeigt eine schöne und intelligente Arbeit von Michael Riedel, kuratiert von Sabine Schaschl. In „one and three chairs (Wien)“ bezieht sich Riedel auf die gleichnamige Arbeit von Joseph Kosuth – einem der Großmeister, wenn es um den Einsatz von Sprache in der bildenden Kunst geht. In der Ausstellung, die bereits mehrere Stationen hinter sich hat, verweist der Künstler auf die erste konzeptuelle Arbeit von Kosuth, ohne diese jedoch zu kopieren. Die Erweiterung von Kosuths Werk geschieht durch die Einbeziehung von eingeladenen Personen, die bei einem Talk über Kosuths und Riedels Werk sprechen. Das aufgezeichnete Gespräch wird anschließend transkribiert und auf eine Säule, die im Raum dafür extra aufgebaut wurde, grafisch aufgebracht.

Die Erweiterung von Kosuths statischer Installation durch zusätzliche Interaktionen und der damit hervorgebrachten sprachlichen Ausbildung, ist ein schönes Beispiel für den postmodernen Zugang zu einem bereits als museal anerkannten Kunstwerk. Da es Kuratorinnen und Kuratoren sind, die über die Arbeit sprechen, fügt Riedel auch den Aspekt des Kunstbetriebes per se in sein Werk ein und erweitert dadurch die Hinterfragung der verschiedenen Erscheinungsformen und der sprachlichen Umsetzung eines Objektes durch gesellschaftsrelevante Bezüge.

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Michael Riedl (Fotos: European Cultural News)

Michael Riedel

Ferdinand Kriwet eine DER Entdeckungen – bei Kargl

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Ferdinand Kriwet (Fotos: European Cultural News)

Johann Rausch

Johann Rausch (Fotos: European Cultural News)

Eine One-man-Show zeigt auch Georg Kargl Fine Arts. Gregor Jansen, Leiter der Kunsthalle Düsseldorf, macht dabei auf den deutschen Künstler Ferdinand Kriwet (*1942) aufmerksam. Es ist eine breit angelegte Personale, die verschiedene Zyklen quer durch die Schaffensjahrzehnte von Kriwet zeigt. Im Eingangsfenster der Galerie flimmert Kriwets Videoarbeit „Nixon“, die er in einem Studio in New York erarbeitete. Dafür hatte er 20 Fernseher aufgebaut, deren darauf flimmernde Dokumentatione er filmte und zu einem Endlosband zusammenschnitt. Kriwet schuf dabei Pionierarbeit auf dem Gebiet der visuellen Medienkritik, die heute, angesichts der Digitalisierung, kaum mehr vorstellbar ist.

Bereits mit 18 Jahren kam der Künstler, der zahlreiche Hörspiele verfasste, mit „Rotor“ zu Ruhm. Einem Roman ohne Handlung, ohne Ende und Anfang, der 1961 im Dumont Schauberg-Verlag herausgegeben wurde. Nach seinem schriftstellerischen Einstand arbeitete Kriwet weiter an seinen Sehbildern, mit denen er das Medium des Buches hinter sich ließ. Für diese Bilder verwendete er in Blei gegossene Lettern als Druckmedium. Die Schwarz-Weiß-Texte, die dabei entstanden, wurden zum Teil bis zur Unlesbarkeit graphisch verarbeitet und für weitere Auflagen vergrößert und verkleinert. Ihnen ist ein eigener Raum in der Ausstellung gewidmet. Die konkrete, optische Poesie, die dort gezeigt wird, ist eines von Kriwets Hauptthemen, das sich quer durch sein Werk verfolgen lässt und auch in einer späteren, bunten Arbeit, den „buttons young glory“, angelehnt an die Pop Art, wieder aufflammt.

Kriwet setzt Zeichen als semantische Informationen auf seine Arbeiten, überfrachtet diese jedoch gerne derart, dass die Informationen selbst kaum mehr oder gar nicht mehr lesbar werden. Ein weiteres Charakteristikum ist das Resampeln, das stetige Wiederaufnehmen und Überarbeiten von Werken, die zum Teil vor Jahrzehnten entstanden.

Die Eroberung des Kunstmarktes blieb Kriwet größtenteils verwehrt, wobei zum einen seine fehlende, akademische Kunstausbildung und zum anderen seine Nähe zu Auftraggebern angeführt wird, für die er im Bereich der angewandten Kunst tätig wurde. So entwickelte er das Leitsystem der Tonhalle Düsseldorf, Glastüren für den Dumont-Verlag oder das CI für die Fleischfabrik Hertha. Damit gelang ihm jedoch eine Erweiterung des Raumes durch Textflächen – eine künstlerische Position, die erst heute richtig gewürdigt werden kann. Wie breit das Spektrum seiner kreativen Ausdrucksfähigkeit ist zeigt auch jene Anekdote, die über einen Konzertauftritt, in dem er als Voract von Frank Zappa agierte, berichtet. Dabei wurde er brachial mit Stangen von der Bühne gejagt, eine Erfahrung, die zu Kriwets schlimmsten gehört und ihm seine kreativen Grenzen aufzeigte.

Die Schau könnte als Anstoß dienen, sich mehr mit jenen Personen zu beschäftigen, die wie Kriwet sich zwar im Kunstbereich durch eine eigene Position auszeichnen, vom Kunstmarkt selbst aber aufgrund ihrer Grenzüberschreitungen wenig goutiert werden.

Johann Rausch, der nicht im Rahmen von curated_by bei Kargl im kleinen Nebenraum ausstellt, gehört auch zu diesem Kreis. Ganz dem Thema image / reads/ text verpflichtet, arbeitet er seit Jahrzehnten tagtäglich neben seinem Beruf als Grafiker an seinen Bildern und Objekten, in welchen er Gehörtes und Gelesenes festhält. Ganz in Gold gehalten, zeigt er ein großes Triptychon, in dem er Kindheit, Jugend und seinen derzeitigen Lebensabschnitt in den für ihn so typischen Lettern visualisiert. „Ich sehe mich als ausführendes Organ der Unwissenheit, das beim Schreiben keine Zeit verspürt“ – O-Ton Rausch. Aus diesem Grund sieht er seine Bilder auch als Zeitmaschinen an, mit welchen er sich jederzeit aus der Echtzeit beamt.

Eine Melange der Mélange bei Unttld Contemporary

Patrick C. Haas und Jonas Schenk bilden das Kuratorenduo „Mélange“, das bei Unttld Contemporary, direkt neben Kargl, eine opulente Schau mit insgesamt sechs künstlerischen Positionen zusammengetragen hat.

Auffallend dabei sind nicht nur die großen Schrifttafeln mit divergierenden Aussagen wie Ja/Nein von Karl Holmqist, sondern eine Arbeit von Raphaela Vogel. Dafür schuf sie ein Video, in dem man sie während einer Autofahrt in einem Cabrio beobachten kann. Montiert wurde der Beamer, der dafür benötigt wird, auf einer altertümlichen, metallenen Waagschale – ein kleiner Hinweis, auf den Aphorismus, Wörter auf die Goldwaage zu legen. Es ist vor allem die Idee der Präsentation des Videos, die dabei beeindruckt und zu einem Markenzeichen der Künstlerin geworden ist. Der Gedanke, die Technik selbst als eine zusätzliche Installation in die Präsentation miteinzubeziehen, ist kreativ und macht Lust, mehr von dieser Künstlerin zu sehen.

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Karl Holmquist (Foto: European Cultural News)

Raphaela Vogel

Raphaela Vogel (Foto: European Cultural News)

Spannende, südamerikanische Positionen bei Krinzinger Projekte

Drei höchst interessante Künstler sind bei Krinzinger Projekte unter dem Übertitel „Archive in the Infra worlds“ zu sehen. Kuratiert wird die Ausstellung von Gabriela Rangel, Direktorin für bildende Kunst und Chefkuratorin an der Americas Society.

Dabei führt sie eine unsichtbare Spur fort, die in diesem Jahr schon von den Wiener Festwochen gelegt worden war. Darin findet sich die Beschäftigung mit außereuropäischen Kunstproduktionen, die jedoch hoch reflektiert immer auch direkte Verknüpfungen zu Europa zulässt. Laut Rangel geht es dabei um „archivarische Entdeckungen der Unterwelt, der Biopolitik und des grausamen Optimismus“, die dabei ans Tageslicht befördert werden. Und tatsächlich ist vieles, wenn nicht alles, was gezeigt wird, mit einer Geschichte verbunden, in der Gewalt ein Hauptthema spielt.
Erick Meyenberg

Erick Meyenberg (Foto: European Cultural News)

Der Mexikaner Erick Meyenberg verweist in seinem Werk „Aspirantes“, einer Videoarbeit mit einer aufwändigen Sechskanal-Technik, tief in die Vergangenheit von Mexiko und verknüpft diese zugleich mit der Gegenwart. Dafür hat er eine Gruppe von 230 Performern vor einer der bedeutendsten, prähistorischen Ruinenstädte, Teotihuacán, Aufstellung nehmen lassen. Neuen Untersuchungen zufolge, wurden dort während der Aztekenzeit 230 junge Männer gemeuchelt.

Mit einer Atemübung, die von allen Teilnehmern auf eine Tonspur zusammengefasst wurde, verweist der Künstler auf den „lost breath“, das letzte Atmen der Delinquenten, das er mit seiner Intervention aus der Vergangenheit ins Heute transferiert. Es ist aber bei Weitem nicht nur die Historie, die Meyenberg hier beschwört. Die hochkant gestellte Drohnenkamera, die das Geschehen überflog, zeigt die Männer vor der „pyramid oft he moon“ in einer Riefenstahl-ähnlichen Aufstellung. Von oben nach unten gleitet dabei der Blick, um das Göttliche des Himmels mit dem menschlichen auf der Erde sichtbar zu verbinden und wieder in eine Einheit zusammenzufassen. Die co-partizipative Performance musste ohne Schnitt in 45 Sekunden abgedreht werden, die schließlich zu einem Endlos-Loop zusammengefügt wurde. Meyenberg verweist mit seiner Arbeit an das quer durch die Geschichte sich ziehende Phänomen in Mexiko, Menschen zu töten und verschwinden zu lassen. Er möchte damit auch an die vielen Menschen in Mexiko erinnern, die in der jüngsten Vergangenheit verschwunden sind, wie zuletzt 43 entführte und ermordete Studenten, deren Körper bis jetzt aber nicht aufgefunden wurden. Das vielschichte Werk, in dem der Künstler auch mit der überlieferten Idee aufräumt, dass Teotihuacán ein friedlicher Ort war, steht einem weiteren gegenüber, das dagegen wie ein historisches Leichtgewicht erscheint. In einer Reihe von Bildern, in welchen mexikanische Fußballer während ihres Spieleinsatzes zu sehen sind, hat Meyenberg diese auf schwarzen Hintergrund gesetzt und die einzelnen Fotos zu einer barocken Assemblage an zwei Wänden zusammengefügt.

Es ist das Aufeinandertreffen von männlichen Körpern in der Öffentlichkeit, das sich sonst nur höchst geregelt zeigen darf, das den Künstler dabei reizt. Dabei setzt er dem non-contact zwischen Männern im öffentlichen Raum dem body-contact der Spieler gegenüber, die auf seinen Bildinterventionen förmlich zu tanzen beginnen. „Wir dachten, dass man der barocken Stadt Wien, in der Rubens stark vertreten ist, mit dieser Arbeit eine Hommage entgegenbringt“, so die Erklärung der Kuratorin, die auch für die Auswahl des Duos Nascimento/Lovera verantwortlich ist.

Nascimento / Lovera (Juan Nascimento und Daniela Lovera`s, beide aus Caracas) beschäftigt sich in ganz spezieller Art und Weise mit der Fort- oder besser Neuschreibung der Geschichte ihres Landes Venezuela. In der Arbeit „Resistencia“ nehmen sie direkt Bezug zum derzeit höchst fragwürdigen Präsidialsystem, das sich zunehmend als diktatorisches Regime erweist. Ein Video zeigt die Aufnahme zweier Orchester aus dem Jahr 2013, die in einen Wettstreit gegeneinander angetreten sind. Dabei begegneten sich das Orchester der Peruanischen Luftstreitkraft und das José Maria Arguedas Orchestra, das mit Instrumenten aus den Anden bestückt ist. Basierend auf einem dramatischen Text von Jean Paul Sartre – Les mains sales oder Die schmutzigen Hände – spielen sie verschiedene populäre und symbolisch aufgeladene, musikalische Themen simultan. Der Clash der unterschiedlichen ideologischen Infrastrukturen bleibt dabei nicht aus und wird schmerzhaft hörbar.
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Juan Nascimento und Daniela Lovera (Foto: European Cultural News)

Die zweite Werkserie zeigt Aufnahmen von architektonischen Ausformungen quer durch die Jahrhunderte und über den Globus verteilt, die Nascimento/Lovera in Bezug zu Naturgebilden ihrer Heimat setzen. Die Schwarz-Weiß-Aufnahmen formieren sich zu einem neuen Atlas einer alternativen Geschichtsschreibung und wurden zum größten Teil aus dem Internet generiert. Auffallend ist dabei eine Ästhetik, das in den einzelnen Serien ähnliche architektonische Formen miteinander in Bezug setzt und höchst willkürlich voneinander ableitet. Doch nicht nur die formalen Ähnlichkeiten werden von dem Duo angesprochen. Auch die Geschichten der einzelnen Bauwerke sind mit einem roten Faden verbunden. Ein Entwurf des russischen Konstruktivisten El Lissitzky steht neben einem formal ähnlichen Bauabschnitt einer nicht vollendeten Zugstrecke in Venezuela, die von der Kuratorin bei der Vorstellung des Werkes als ein Monument der Korruption bezeichnet wurde. Ein sowjetisches Bauwerk ist neben dem jenem des Justizministeriums in Mexico platziert, das wiederum in Bezug zu einem Entwurf für ein Museum moderner Kunst steht, das in Caracas jedoch nicht gebaut wurde. Diese Arbeit verdeutlicht zugleich, dass jegliche Geschichtstradierung ein Narrativ darstellt, das mit der jeweiligen Machtposition einhergeht.

Die Präsentation bei Krinzinger Projekte erweitert den Blick auf die südamerikanische Kunstproduktion weit abseits von folkloristischen Genesen. Zugleich weist sie aber einen direkten Geschichtsbezug auf, der sich nicht nur auf Südamerika beschränkt. Vielmehr verspürt man eine heftige Wechselwirkung, ausgehend von der europäischen Kolonisierung bis zur Übernahme europäischer, politischer Strukturen des 20. Jahrhunderts in Mexiko und Venezuela. Die Schau ist nicht nur aufgrund der Komplexität der ausgestellten Werke höchst empfehlenswert. Sie gibt auch jede Menge Anstöße, mehr über die aktuelle, südamerikanische Kunstlandschaft zu erfahren und sich intensiver damit auseinanderzusetzen. Für eine Galerie, deren Hauptmotivation darin besteht, die Kunstwerke zu vermarkten, extrem mutig und höchst gelungen!

Frauenpower im Raum mit Licht

Salome Schmuki

Salome Schmuki (Foto: European Cultural News)

melanie ender

Melanie Ender (Foto: European Cultural News)

Die Kuratorin Sabine Folie setzt im „Raum mit Licht“ bis auf Arbeiten von Dominik Steiger ganz auf Frauenpower. Gleich im Eingangsbereich zeigt sie „Type, please“ von Salome Schmuki. Ein Video ergänzt große, auf die Wand aufgebrachte Zeichensysteme, in welchen die Künstlerin ihr neues Alphabet – „Double Keys“ – präsentiert. Aus jeweils zwei noch lesbaren Buchstaben kreiert sie einen neuen, der von den Betrachtenden erst mit eigenen Deutungen aufgeladen werden muss.

Melanie Ender besticht mit ihren Rauminstallationen „to open closed forms“, in welchen sie ihre Idee vermitteln möchte, ihre eigene Arbeit als unvollendeten und stets offenen Prozess zu begreifen, der sich anhand ihrer Objekte verdeutlicht. Am klarsten zum Ausdruck kommt dies in jenem Werk, in dem die Künstlerin mit Faltungen arbeitet, die sie jederzeit wieder verändern kann. Damit entzieht sie das Werk einem statischen Kunstbegriff, welcher abseits des performativen Geschehens unter anderen auch im Bereich von kinetischen Modellen zu finden ist.

Andrea van der Straeten hingegen macht in zwei Videos auf das Phänomen der Gebärdensprache aufmerksam. Für die Filme wurden zwei Gebärdensprachlerinnen gebeten, über sich selbst zu erzählen und zum Teil auch Texte von Wittgenstein und van der Straeten selbst wiederzugeben. Obwohl die deutsche Gebärdensprache, die beide verwenden, so wie alle anderen Gebärdensprachen auch, codiert ist, fällt der individuelle Zugang und die einzigartige Umsetzung auf. Die körperliche Ausdrucksweise differiert extrem und setzt damit das „Gesagte“ in jeweils einzigartige, weil höchst persönliche Referenzsysteme.

Die hier aufgezeigten Beispiele machen deutlich, dass es curated_by in seiner neuen Ausgabe bestens gelungen ist, die Vielfalt künstlerischer Ansätze und Ausdrucksweisen zu einem bestimmten Thema beeindruckend aufzuzeigen. Die Kohärenz, mit der die Kuratorinnen und Kuratoren die verschiedenen künstlerischen Positionen aufzeigen, rückt die diesjährige Galeriensession in die Nähe eines ortsübergreifenden, beinahe schon musealen Statements. Höchst empfehlenswert!

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