Richard Deacon – The missing part

Wann gehört eine Künstlerin oder ein Künstler zu den ganz großen? Auf diese Frage gibt es mehrere Antworten. Die eine ist, wenn die künstlerische Handschrift, egal wo man auf der Welt ein Werk sieht, erkennbar ist. Bei vielen Werken von Richard Deacon ist das der Fall. Die andere Antwort ist: Wenn sich der Name in einem Lexikon oder einer Enzyklopädie wiederfindet. Auch das gilt für Richard Deacon. Wer „New british sculptor“ googelt, oder auch noch brav in Kunstlexikas blättert, der findet unter diesem Begriff neben Stephen Cox, Tony Cragg, Barry Flanagan, Anthony Gormley, Shirazeh Houshiary, Anish Kapoor, Alison Wilding, Bill Woodrow auch Richard Deacon. Wie einige von den Genannten, ist auch Deacon Turner-Preisträger und stellte am Beginn seiner Karriere in den 80er Jahren im Institute of Contemporary Arts in London aus. Nach vielen Preisen und Lehraufträgen unterrichtet er nun schon seit 1999 an der Ecole nationale supérieure des beaux-arts in Paris. Das erklärt auch sein fließendes, wenngleich auch eingefärbtes Französisch. Beinahe schon ein Sondertatbestand für einen Künstler von der Insel.

Derzeit ist in Straßburg am MAMCS noch bis zum 19. September die Schau „Richard Deacon. The missing part“ zu sehen. Vereint darin finden sich Werke aus seinen letzten 40 Schaffensjahren. Mit den gezeigten frühen Fotoarbeiten, sowie den Zeichnungen und Graphiken, ist es die erste so umfassende Werkschau überhaupt. Die 40 Skulpturen, ebenfalls aus allen Schaffensperioden des Künstlers, geben einen guten Überblick über Deacons Entwicklung in diesem Bereich.

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Richard Deacon „Quick“, 2009, Eiche und Stahl. Strasbourg, MAMCS (c) Ken Adlard

Das Werk „Quick“, das gleich im großzügigen Atrium zu bewundern ist, hat das Musée d´art moderne et contemporain de Strasbourg angekauft. Es wird nach dieser Ausstellung in den oberen Stock zwischen den anderen Werken der ständigen Sammlung untergebracht werden. Im Moment jedoch noch beeindruckt die langgezogene, in sich verdrehte Endlosschleife die Besucher gleich nach dem Eintritt ins Museum. „Viele meiner Arbeiten tragen Titel, die mehrdeutig sind. „Quick“ zum Beispiel hat etwas mit dem Leben im Gegensatz zum Tod zu tun. Das Rasche im Gegensatz zum Toten. Die lange Querverstrebung, die im Werk zu sehen ist, erinnert mich auch an eine Rennstrecke, an etwas, auf dem es schnell zugeht. Aber das Wort „quick“ wird auch in Zusammenhang mit einer Schwangerschaft verwendet, ist also in vielerlei Hinsicht mehrdimensional“. „The missing part“ – den Titel der Ausstellung wiederum hielt ich deswegen für gut, da dieses Werk vom Museum angekauft wurde, es dem Museum sozusagen noch der fehlende Teil war. Auch deswegen, weil die frühen Zeichnungen von mir gezeigt werden, die bisher noch nie gezeigt wurden, die für das Verständnis meines Werkes ebenfalls so etwas wie ein fehlender Teil waren. Und nicht zuletzt, weil für den noch offenen Restbetrag des Ankaufes der Skulptur „Quick“ die Mittel des Museums nicht reichten und die Hilfe einer Privatperson nötig geworden war, die dann eben das noch „fehlende Stück“ finanziell beisteuerte. Ich schenkte ihm als Dank dann auch eine Zeichnung, der ich ganz unabhängig von dieser Geschichte auch diesen Titel gegeben hatte.“

Im Gegensatz zu vielen anderen bildenden Künstlern wird Richard Deacon nicht müde, sein Werk zu erklären. Ja es scheint ihm wichtig zu sein, richtig verstanden zu werden. „Erst durch die Poesie der Sprache ist es möglich, die Leere zwischen dem einzelnen Objekt und dem Betrachter zu überbrücken“ macht Deacon auch seine Idee zur Titelgebung deutlich. „Quick“, die schon angesprochene Neuerwerbung des Museums steht exemplarisch für viele Arbeiten des Künstlers, in welchen er unterschiedliche Materialien wie Holz und Metall auf sehr, sehr diffizile Art und Weise miteinander verbindet. Zur Fertigung steht im ein Mitarbeiterstab zur Verfügung, die Idee wird jedoch nicht, wie man heute vielleicht glauben möchte, am Computer ausgefeilt. „Nein, ich stamme noch aus einer anderen Generation“ antwortete der Künstler auf eine diesbezügliche Journalistenfrage. „Ich brauche meine Hände und das Material um etwas zu schaffen. Wenn ich eine Skulptur mache, dann arbeite ich ständig mit der Oberfläche. Ich verforme das Material, das da ist, gebe ihm erst eine richtige Form, so wie wenn ich ein Blatt Papier zusammenrolle. Außen bleibt nur die Oberfläche übrig.“ Während Deacon so seine Arbeitsweise erklärt, illustriert er seine Ausführungen dadurch, dass er tatsächlich ein weißes Blatt Papier zu einer Rolle verformt und dann verbiegt.

Richard Deacon, der 1949 in Wales geborene Bildhauer, blickt heute auf eine große Anzahl von Werken, auch im öffentlichen Raum zurück. In seiner Anfangszeit jedoch beschäftigte er sich intensiv mit kunsttheoretischen Problemen, mit der Rolle des Künstlers und des Kunstwerkes an sich und gestaltete mehrere öffentliche Performances. „Bis ich eines Tages erkannte, dass mich das nicht weiterbrachte. Ich war gerne unter Leuten und habe mit ihnen gemeinsam gearbeitet, aber ich wollte mich danach intensiv der Bildhauerei zuwenden, mit dem Material arbeiten und experimentieren.“ Sowohl Fotos von seinen frühen Performances werden in der Schau gezeigt, als auch seine frühen Skizzenblätter. Großformatige Papierarbeiten, auf denen der Künstler mit der Form rang. „Es war mir wichtig, eine Form mit einem Strich in einem Zug zu beschreiben“, während er das sagt, lässt er seine Hand in der Luft entlang des Striches gleiten, der wohlbehalten hinter Glas unantastbar bleibt.

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Untitled 2, 1975 Sammlung des Künstlers (photo: Ken Adlard)

Daneben, im selben Raum, steht seine erste Skulptur. Eine Assemblage aus verschiedenen Holzstücken. Schon damals nicht ausschließlich ein Material sondern mehrere. Form und Raum. Die Eroberung des Raumes durch eine Form. Innen und Außen, die Leere und die Plastizität, das sind Phänomene, die den Künstler zur Bearbeitung und zur Reflexion reizen.

„Ich stand einmal im Supermarkt vor einem Käseregal, in dem ein Emmentaler lag. Da dachte ich, was bleibt übrig, wenn man sich den Käse um die Löcher herum wegdenkt? Mit dieser Idee begann ich, um eine Leere herum eine Skulptur zu bauen.“ Was im ersten Moment wie eine schrullige Anekdote klingt, macht überdeutlich, wie Richard Deacon tickt. Wie er über Raum- Formprobleme nachdenkt und zu Ergebnissen kommt. Deacons Skulpturen sind artifizielle Wesen, die nur sich selbst und der Kunst genügen. Sie stellen keine sozialkritischen Fragen oder wollen unbedingt eine Botschaft vermitteln. Alles, was Deacon möchte, ist Kunst zu erschaffen. Objekte, die sich einbrennen in die Gedanken jener, die seine Skulpturen gesehen haben und sich damit beschäftigten. Zeichen in der Landschaft, Zeichen in einem Raum, die diesen verändern und bestimmen. „Der große Saal machte mich nicht wirklich glücklich, denn ich liebe es, wenn meine Skulpturen in einer anderen Art von Realität stehen“, auch diese Aussage gab der Künstler anlässlich der Ausstellungsbegehung von sich. Skulptur also als Monument. Als etwas, was da ist, aber nicht nur bestimmt, sondern auch sich einfügt, in gewisser Weise. Und seine organischen Formen tun dies im Freien meist sehr gut. Anders als rein geometrische Arbeiten, sind es gerade die fließenden Komponenten seiner Skulpturen, auch die Durchlässigkeit vieler, die den Eindruck erwecken, als hätte die Natur sich eine Parallelschöpfung aufgebaut. Dieser Umstand verbindet Deacon mit jenem Künstler, dessen Name der Platz vor dem Museum trägt –Hans Jean Arp. Wer die große Arp-Schau vor einem Jahr in Straßburg gesehen hat, wird diese Parallelen bestätigen können.

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North – Fruit, 2007, Sammlung des Künstlers (photo: Hans Ole Madsen – Oettesen Galleri)

Um zu sehen, was Deacon damit meint, dass er seine Skulpturen gerne in anderen realen Umgebungen sieht, kann man sich nach der Schau noch in die Stadtmitte, ins Palais Rohan begeben. Dort finden sich im königlichen Schlafgemach aus dem 18. Jahrhundert zwei Keramikskulpturen von ihm. Neben chinesischen Bodenvasen und französischen Wandteppichen wird klar, warum ein white cube nicht notgedrungenerweise das beste Umfeld für Deacons Arbeiten sind. Denn gerade die Sprache und die Auseinandersetzung mit einer lebendigen Umgebung ist es, die den Skulpturen weitere Spannungsmomente hinzufügt.

Weitere Infos unter: https://www.musees-strasbourg.org/sites_expos/deacon/

Hier ein Artikel über eine Tony Cragg-Ausstellung: https://european-cultural-news.com/tony-cragg-versus-fx-messerschmidt/104/

 

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Quand est-ce qu’une artiste ou un artiste fait partie des très grands ?

Il y a plusieurs réponses à cette question.
L’une pourrait être la suivante : Quand l’écriture artistique permet – où que l’on voit une œuvre dans le monde – de l’identifier. C’est effectivement le cas pour beaucoup de créations de Richard Deacon.
L’autre réponse pourrait être : Si l’on trouve le nom de l’artiste référencé dans un dictionnaire ou une encyclopédie. Ça aussi c’est le cas concernant Deacon.
Si l’on cherche sur Google « New british sculptor » ou alors, si on feuillette une encyclopédie d’art, on le trouve sous cette définition aux cotés de Stephen Cox, Tony Cragg, Barry Flanagan, Anthony Gormlzy, Shirazh Houshiary, Ansih Kapoor, Alison Wilding et Bill Woodrow. Tout comme certains parmi ceux qui viennent d’être cités, Deacon a également remporté le prix «Turner» et au début de sa carrière, dans les années 80, il a exposé au « Institute of Contemporary Arts » à Londres.
Après avoir remporté de nombreux autres prix et ayant été chargé de cours à de nombreuses écoles, il enseigne depuis 1999 à l’école nationale supérieure des beaux-arts à Paris. D’où son français – excellent, bien que teinté par un petit accent. Un détail pratiquement exceptionnel pour un artiste de l’île.
Actuellement, et encore jusqu’au 19 septembre, se tient au MAMCS à Strasbourg l’exposition «Richard Deacon. The missing part» pour laquelle on a rassemblé des travaux de l’artiste des 40 dernières années. Il s’agit en fait de la première exposition vraiment importante, incluant une grande partie de ses œuvres, comme des œuvres photographiques de ses débuts, des dessins et des travaux graphiques. Les 40 sculptures appartenant à toutes les périodes de création de l’artiste, donnent un bon aperçu de l’évolution de Deacon dans ce domaine.

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Richard Deacon „Quick“, 2009, chêne et acier. Strasbourg, MAMCS (c) Ken Adlard

Dans le vaste atrium, on peut admirer «Quick», une œuvre achetée par le Musée d’Art Moderne et Contemporain de Strasbourg. Après cette exposition, elle sera installée de façon définitive parmi d’autres œuvres de la collection permanente au premier étage. Pour l’instant, cette boucle sans fin, longue et tortueuse impressionne le visiteur dès qu’il entre dans le musée. « Beaucoup de mes travaux ont des titres avec plusieurs significations. « Quick » par exemple a un rapport avec la vie – le contraire de la mort. Ce qui est rapide, contrairement a ce qui est mort. La structure transversale à l’intérieur de l’œuvre me fait penser à un circuit automobile – là, où tout se passe à toute vitesse. Mais le terme « quick » a également un rapport avec la grossesse il est donc à plusieurs titres «pluridimensionnel».
Je trouve la deuxième partie du titre de l’exposition très réussie, car cette œuvre, achetée par le musée, était en quelque sorte celle qui manquait encore au musée. Mais également, parce qu’ici on expose pour la toute première fois des dessins qui datent de mes débuts et qui manquaient jusqu’ici pour la compréhension de mon œuvre. Et «last, but not least», parce qu’une partie de la somme nécessaire à l’achat de «Quick» (le musée ne disposait pas de la totalité des fonds) était payée par un particulier, qui a donc réglé la partie manquante. Pour le remercier, je lui ai offert un dessin qui portait – indépendamment de tout ce que je viens de vous raconter – le même titre. »

Contrairement à beaucoup d’autres, Richard Deacon est infatigable quand il s’agit d’expliquer son œuvre. Il semblerait que ce soit très important pour lui, d’être compris – et bien compris. « C’est la poésie du langage qui permet de combler le vide entre l’objet et celui qui le regarde » Ainsi, Deacon explique également sa démarche par rapport aux titres qu’il donne à ses œuvres. « Quick », le dernier achat du musée est représentatif pour beaucoup d’œuvres de l’artiste, où il relie les différents matériaux comme le bois et le métal de façon très très complexe entre eux. Pour la mise en œuvre, il dispose d’un certain nombre de collaborateurs, mais l’idée n’est pas du tout affinée par ordinateur, ce que l’on pourrait éventuellement supposer de nos jours. « Non, je fais partie d’une autre génération » à répondu l’artiste à la question d’une journaliste qui allait dans ce sens. « J’ai besoin de mes mains et du matériau pour arriver à créer quelque chose. Si je fais une sculpture, je travaille en permanence avec la surface. Je déforme le matériau, je lui donne d’abord une forme juste, comme quand je roule une feuille de papier. Ne reste à l’extérieur que la surface. » Pendant que Deacon explique sa façon de travailler, il illustre ses propos effectivement en formant un rouleau avec une feuille de papier blanc qu’il tord ensuite.

Le sculpteur Richard Deacon, né à Wales en 1949, a créé un grand nombre d’œuvres – même pour le domaine public. A ses débuts, il a fait un travail important concernant les théories artistiques, il s’est penché sur le rôle de l’artiste et de l’œuvre d’art et a fait plusieurs performances publiques. « Jusqu’à ce que je comprenne un jour, que cela ne me faisait pas avancer. J’aimais être avec les gens, j’aimais travailler avec eux, mais ensuite, je voulais me consacrer intensément à la sculpture, travailler et faire des expériences avec le matériau.

On voit et des photos de ses performances du début, et ses croquis datant de la même période. De grands formats en papier qui montrent que l’artiste luttait avec la forme. « Pour moi, ce qui était important, c’était de décrire la forme avec un trait d’un seul tenant. » Pendant qu’il parle, il esquisse le geste du trait avec sa main, un trait qui reste bien à l’abri derrière une vitre, intouchable.

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Untitled 2, 1975 collection de l´artiste (photo: Ken Adlard)

A coté, dans la même pièce se trouve sa première sculpture. Il s’agit d’un assemblage de différentes pièces de bois. Déjà à cette époque, il n’utilisait pas qu’un seul matériau, mais plusieurs. La conquête de l’espace par la forme. L’intérieur, l’extérieur, le vide et la plasticité : Ce sont les phénomènes qui incitent l’artiste au travail et à la réflexion.

« Un jour, je me suis retrouvé devant une étagère de fromages dans un supermarché, où il y avait du fromage d’emmental. J’ai pensé que reste-t-il si on essaie d’imaginer que le fromage autour des trous n’existait pas? Guidé par cette idée, j’ai commencé à construire une sculpture autour du vide. »
Ce qui peut ressembler à une anecdote bizarre, montre au fond très clairement comment Richard Deacon fonctionne. Comment il réfléchit sur des problèmes de forme et d’espace pour arriver à un résultat. Les sculptures de Deacon sont des créations artificielles, qui se suffisent à eux même – et à l’art. Elles ne posent pas de questions en rapport avec la critique sociale, elles ne veulent pas transmettre un message à tout prix. Tout ce que Deacon veut, c’est faire de l’art. Des objets qui restent gravés dans les pensées de ceux qui ont vu ses sculptures et qui cherchent à comprendre. Des signes dans un paysage, des signes dans un espace, qui déterminent et changent celui-ci.
« Je ne suis pas vraiment heureux de cette grande salle, parce que j’aime voir mes sculptures dans un environnement d’une autre réalité » a constaté l’artiste au cours de la visite de l’exposition. Sculpture donc égal monument Quelque chose, qui est présent, qui n’est pas uniquement déterminant mais qui s’adapte également en quelque sorte. A l’extérieur, ses formes organiques y parviennent très bien. Contrairement aux travaux purement géométriques, ce sont justement les parties fluides de ses œuvres et leur coté perméable qui donnent l’impression que la nature pourrait être à l’origine d’une création parallèle.

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North – Fruit, 2007, collection de l´artiste (photo: Hans Ole Madsen – Oettesen Galleri)

Cette particularité le lie à l’artiste dont la place devant le musée porte le nom – Jean Arp. Tous ceux qui ont vu la grande exposition de Jean Arp d’année dernière à Strasbourg, pourront confirmer l’existence de ses parallèles.

Pour voir ce que Deacon veut dire quand il parle d’un autre environnement pour ses sculptures, il suffit de faire un tour au centre ville au Palais Rohan. Dans la chambre à coucher royale se trouvent deux de ses sculptures en céramique – aux cotés de deux énormes vases chinois et des tapisseries murales françaises. Et là on comprend qu’un white cube n’est pas nécessairement le meilleur environnement pour les travaux de Deacon. C’est justement la langue et la confrontation avec un contexte vivant qui ajoutent à ses sculptures d’autres dimensions passionnantes.

Vous trouverez d’autres informations à l’adresse suivante : https://www.musees-strasbourg.org/sites_expos/deacon/

Texte traduit de l’allemand par Andrea Isker

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