Pranken wie ein Löwe und Feuer im Blut

Seine Videos auf Youtube wurden mittlerweile zig-millionfach angeklickt. Nach seiner ersten Amerika-Tour gastierte der Tastenbändiger Peter Bence in der Stadthalle in Graz. Gut ein Viertel seines Publikums stammte aus Ungarn, der Heimat des jungen Pianisten.

Sein Auftritt – im Dunkel und mit bassig-stampfendem Klavierrhythmus unterlegt – erzeugt eine unerwartete Spannung, die sich rasch in ein Aha-Erlebnis auflöst. „Black and white“ von Michael Jackson stellt er – vielleicht sogar programmatisch – an den Beginn seines Konzertes. Dass damit nicht nur Hautfarben gemeint sein können, liegt auf der Hand. „Die Tastatur beträgt nur 5% dieses Möbelstückes“, erklärt er kurz darauf launig und demonstriert, welche Klänge er durch Zupfen und Streichen der Saiten, durch Klopfen auf den Korpus und mit dem Deckel noch erzeugen kann. Seine Arrangements von Pop-Klassikern erinnern zeitweise an große Hollywoodmusik. Aber mit Amerika, dem Land, in dem er nach seiner Ausbildung als klassischer Pianist, Filmmusik studierte, verbindet ihn noch mehr. Einer seiner größten Inspirationsquellen ist John Williams, wie er nach seinem mitreißenden Beginn dem Publikum mit Handmikro erklärt. Danach lässt er ein Medley folgen, in dem nicht nur Star Wars aus der Feder des Filmmusikkomponisten die Halle klanglich füllt. Unglaublich fein seine Harry-Potter-Interpretation, bei der er das kleine Glockenspiel perlend zum Klingen bringt, während er zugleich das musikalische Hauptthema weiter verfolgt.

Peter Bence

Peter Bence

Bence ist einer, der sich nicht einfach hinsetzt und seine Fans im Programmheft – das es gar nicht gibt, nachblättern lässt. Er ist ein Entertainer, der seine Show selbst moderiert, dabei aber nie dick aufträgt. Immer wieder spürt man, dass ihm der Schalk im Nacken sitzt, auch wenn er mit seinem Publikum ins Zwiegespräch kommt.

Kompositorisch schafft er es, den Bogen von den Number-One-Songs so aufzubereiten, dass jede Menge klassisches Inventar darin vorkommt, sich dabei aber nicht aufdrängt. Er lässt Läufe vom Stapel, als ob es kein Morgen gäbe, spielt feine Triller genussvoll aus und hämmert seine Fortissimi, als ob er die Pranken eines Löwen besäße. Markenzeichen ist sein Armrudern, mit dem er kraftvolle Passagen beendet. Dabei prallen seine Hände vom Klavier ab, als würden sie von einem elektrischen Schlag getroffen worden sein.

Mit klassischer Attitüde hat das überhaupt nichts zu tun, vielmehr spürt man, wie elektrisiert Peter Bence von seinem Spiel und der Musik selbst ist. Einem atemberaubenden Klavierspiel, das nur durch eine klassische Ausbildung so zustande gekommen ist. Seine Eigenkompositionen umspannen eine große musikalische Bandbreite. Von Neo-Romantik „Midnight-Medley“ bis hin zu seiner „Fibonacci sequence“, die man mathematisch sicher lupenrein auseinandernehmen könnte. Dass sie auch musikalisch funktioniert, zeigte die Begeisterung des Publikums. „Meine CD wird demnächst erscheinen. Ach, das sage ich schon die ganze Zeit“. Mit dieser Aussage hatte Bence die Lacher auf seiner Seite. In einem Interview machte er aber deutlich, dass er sich für dieses Projekt die Latte sehr hoch gelegt hat und damit ringt, nur das Beste vom Besten einzuspielen.

Eine Lightshow, die jeden normalen Konzertpianisten aus dem Konzept bringen würde und die Einspielung von Loops, Percussionklängen und mehreren Stimmen, zuvor von ihm nur am Klavier aufgenommen, machen seinen Sound zum Erlebnis. Dennoch wäre es falsch, Bence als einen Pop-Künstler zu bezeichnen. Gerade die außergewöhnliche Mischung aus Pop und Klassik, die er für sich entdeckt und kultiviert hat, macht ihn so einzigartig. Dass er damit viele Menschen in Konzertsäle lockt, die sonst einen weiten Bogen darum machen würden, ist ein großes Verdienst. Die Leidenschaft, das Feuer, das in ihm beim Spielen brennt, ist unglaublich ansteckend und dürfte auch viele motivieren, die selbst Klavier spielen oder es  erlernen, ihr eigenes Instrument neu zu erkunden. Nach eineinhalb Stunden Vollpower am Klavier dankte das Publikum zu Recht mit Standing Ovations.

Dass Peter Bence ein Publikum erreicht, das Generationen übergreift, illustriert eine kleine Abschlussanekdote. „Gibt es von ihm auch Noten, das möchte ich auch gern spielen?!“, fragt ein Volksschulmädchen nach dem Konzert ihre Begleitperson, eine ältere Dame, sichtlich ihre Großmutter. „Ich glaube schon“, antwortet diese mit dem Zusatz: „Da musst aber sicher noch ein bisschen üben!“. Worauf die Antwort wie aus der Pistole geschossen kam: „Du aber auch, Oma!“

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