Marc Albrechts Liebesbeziehung

Fulminanter Saisonauftakt des OPS in Straßburg mit Mahlers Dritter

Marc Albrecht, der Orchesterchef des OPS, zeigte mit seinem Saisonauftakt, Mahlers dritter Symphonie, ganz eindeutig, wem seine Liebe gehört – dem Straßburger Philharmonischen Orchester. Was ihm an diesem Abend mit dem OPS gelang, kann nur dann zustande kommen, wenn sich beide Seiten lieben. Ein spannender Konzertabend, voll des Wohlklangs und prall mit vielen Überraschungen, auch wenn man Mahlers Stück in- und auswendig zu kennen glaubt. Albrecht muss die Partitur akribisch studiert haben, denn er ließ eine Symphonie erklingen, die bis ins letzte Detail durchdacht, durchhört und durchspielt war. Die Musiker seines Orchesters folgten ihm bis in jede kleinste Note, wodurch ein Klangbild zustande kam, das differenzierter nicht sein hätte können. Vermieden wurde jede Falle, die einen Einheitsbrei im Klang erzeugen hätte können.

Mit Verve und Freude agierte Albrecht an seinem Pult und man wünschte sich, auch seinem Mienenspiel folgen zu können, das in den wenigen Augenblicken, in denen er seitlich dem Publikum zugewandt war, so ausdrucksstark erschien, wie die Musik selbst. Albrechts überschwängliche Gestik drückte pure Lebensfreude aus, die sich eins zu eins auf die Musiker übertrug. Nie noch hörte ich Mahlers Dritte in so vielen Einzelheiten der Orchesterstimmen, mit so vielen langsam sich steigernden dramatischen Momenten und nur wenigen, dafür aber umso intensiveren, eruptiven Ausbrüchen wie dieses Mal.

Albrecht, so drängte sich der Vergleich auf, nahm im Partiturstudium wohl Anleihe an Kollegen, die alte Musik interpretieren – allen voran Nikolaus Harnoncourt – denn so wie dieser, verließ er sich überhaupt nicht auf gängige Interpretationen, sondern stützte sich voll und ganz auf sein eigenes Können, Wissen und Wollen. Bewusst geizte er mit überschnell aufgebauten Forti und dosierte seine Bläser bis ins gerade noch Spielbare um dann zu den jeweiligen Satzhöhepunkten dramatisch aufbauen zu können ohne vorher schon das ganze Klangpulver verschossen zu haben. Er versuchte auch, Mahlers Wunsch nach unterschiedlichen Orten, von denen die Klänge der Bläser kommen sollten, zu erfüllen und ließ das Trompetensolo schon im ersten Satz durch eine geöffnete Türe vom Gang erklingen, durch den die Künstler die Bühne betreten.

Seine Feuertaufe erlebte an diesem Abend auch Vladen Chernomor, der neue Supersolist des Orchesters. Zum ersten Mal präsentierte er sich dem Straßburger Publikum mit einem singenden Geigenspiel, das von einem zarten Schmelz geprägt war; niemals war ein trockener Ton zu vernehmen, was sicherlich auch seinem schönen Instrument zuzuschreiben ist. Eine schöne Bereicherung für das ohnehin exzellente Orchester. Das im dritten Satz aufkommende Duett zwischen den Bläsern und den Streichern interpretierte Albrecht beinahe schon kammermusikalisch, woraufhin der Einsatz der Bässe umso fulminanter zum Tragen kam. Die Musiker dieser Instrumentengruppe trugen, wie immer, zu einer gelungenen Aufführung bei, denn sie verstehen ihre Stimmen, im Gegensatz zu vielen ihrer Kollegen in anderen Klangkörpern, nicht nur als begleitende, was sicherlich auch der Motivation ihres Dirigenten zu verdanken ist.

Hanne Fischer - Foto: Det Kongelige Teater

Hanne Fischer - Foto: Det Kongelige Teater

Hanne Fischer sang ihren Part nach einem Gedicht von Nietzsche klar und völlig unprätentiös und fügte sich harmonisch in das Klangbild ein. Sicher in allen Lagen bot sie auch dem Chor einen ausreichenden, aber wohltuend unaufgeregten und eher erzählerischen Widerpart. Der letzte Satz knüpfte, wie oft bei Albrecht, in der Interpretationsweise an den Beginn der Symphonie an und brachte das permanentes Anschwellen aller Stimmen so subtil, verhalten und dennoch zielstrebig, dass das Fortissimo wie eine Erlösung der zuvor erlittenen Spannung erklang. Marc Albrechts Liebesbeziehung verursachte schon am ersten Abend der neuen Saison Herzrasen!

Näheres Infos zum Programm des OPS finden Sie hier:
https://www.philharmonique-strasbourg.com/saison/index.html

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