Die französische Gruppe Maliétès, eine Formation, die in unterschiedlichen Besetzungen auftritt, gastiert derzeit mit einem Programm, das sich „ruelles d`Istanbul“ betitelt.
Ihr Konzert mit dem neuesten Programm präsentierten sie am 30. Jänner im Pole-Sud, in Straßburg. Darin lassen die Musikerinnen und Musiker ein Istanbul erklingen, in dem sich westliche und östliche Musiktraditionen überschneiden. Aufgrund der speziellen Geschichte dieser pulsierenden Stadt, finden sich in ihr sowohl arabische als auch hellenistische Einflüsse, denen die Mitglieder der Gruppe feinsinnig nachspüren. Die beiden Sängerinnen – Hacer Toruk und Xanthoula Dakovanou – zeigen in ihren Interpretationen jeweils ihre musikalischen Wurzeln auf. Das Interessante daran ist, dass sich die arabische und die griechische Musikkultur im Laufe der Zeit, bis hin ins 20. Jahrhundert, in der Melodieführung sehr angenähert haben und dies durch die beiden Interpretinnen auch deutlich zum Ausdruck kommt. Ein Unterschied jedoch ist geblieben – die Rhythmik in der arabischen Musik ist nach wie vor wesentlich komplexer und differenzierter, was für westliche Ohren immer einen längeren Einhörungsprozess bedeutet. Die schwarzhaarige Hacer Toruk steht auch optisch im Gegensatz zur blonden Xanthoula Dakovanou, die im Konzert Lieder des Rembetiko erklingen lässt. Zu einem Höhepunkt zählt wohl die Interpretation einer mystischen Dichtung von Yunus Emre, einem türkischen Nationaldichter, der im 13. Jahrhundert die Derwisch-Dichtung begründete. Aus einer relativ einfachen, ruhigen, melodischen Linie entwickelt sich ein dichtes, durch einen stampfenden Rhythmus begleitetes, musikalisches Drama, das den Zuhörer nachvollziehen lässt, dass diese Art von Musik geeignet ist, sich in einen Trancezustand zu begeben, der Erleuchtungs-und Erkenntnismomente verspricht. Das herausragende Kriterium der Gruppe ist deren überaus exaktes Zusammenspiel, bei welchem jeder einzelne Ton der Instrumente akkurat und perfekt mit dem der anderen Musiker zusammenwirkt und als Einheit ertönt. Wer arabische Musik nur vom volkstümlichen Gedudel aus den Lautsprechern von Dönerläden kennt, für den eröffnet sich in den Darbietungen von Maliétès eine völlig neue Welt. Lieder in epischer Länge, mit blumigen Verzierungen, die an orientalische Gewebe denken lassen und die unterschiedliche Gemütszustände wiedergeben, zeugen von einer Erzähltradition, die typisch für den Orient ist und die durch maliétès wiederbelebt und teilweise neu interpretiert wird. Aber nicht nur historisches Liedmaterial wird von den Musikerinnen und Musikern aufgeführt, sondern auch neue Kompositionen, wie z.B. ein reines Instrumentalstück, komponiert von Yves Beraud, dem Akkordeonisten, der darin seine Eindrücke einer halsbrecherischen Taxifahrt in Istanbul verarbeitet hat. So präsentiert sich das Konzert ruelles d`Istanbul als feinabgestimmter Mix historischer und neuer musikalischer Stücke aus dem Schmelztigel dieser Stadt, angesiedelt zwischen Orient und Okzident und macht schon einmal Lust auf das kommende Jahr, in welchem sich Istanbul als Kulturhauptstadt präsentieren wird. Hörenswert!
link: Webseite: Maliétès, www.pole-sud.fr
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les cultures musicales arabes et grecques?
c’était du chant turc plutôt 😉