bis dato noch nie etwas von einem politisch korrekten Sprachgebrauch gehört, anders lässt sich diese sprachliche Diskriminierung der Volksstämme aus dem Sinti- und Romabereich nicht erklären. Angesprochen auf diesen Fauxpas, verteidigte sich ein männlicher Aufseher damit, dass die Ausstellung nicht vom Volkskundemuseum in Graz ausgerichtet sei, sondern von der Firma Haribo selbst und ergriff, nach dieser Informationsweitergabe, flink die Flucht in Richtung Ausgang. Ob dies zum Zwecke der Berichterstattung an die Museumsleitung wegen dieses Einwandes geschah, oder ob dies andere Hintergründe hatte, wurde von uns nicht weiter hinterfragt, hätten wir dem jungen Mann doch nachlaufen müssen. Allerdings sahen wir mit dieser kurzen Hintergrundinformation nun die Ausstellung aus einem anderen Blickwinkel. Was hier geboten wird ist also nichts weiter, als ein geschickter Marketinggag der Firma Haribo, der sich mit dem Mäntelchen einer museumskuratierten Schau schmückt. Immerhin ist es hier jedoch einer offensichtlich sehr fitten Marketingabteilung gelungen, dem Unternehmen Haribo, abgeleitet aus den Anfangsbuchstaben des Firmengründers und des Firmenstandortes – Hans Riegel, Bonn, dass sich Interessenten und Konsumenten ungefähr eine Stunde lang intensiv mit den Produkten der Firma auseinandersetzen. Eine Wunschvorstellung eines jeden Lebensmittelherstellers! Inmitten einer Fülle von Marketingartikeln, die über die Jahrzehnte für Haribo hergestellt wurden bis hin zu Artefakten, wie alten Vertreterköfferchen, voll bestückt mit Hariboprodukten, wurde uns deutlich, dass wir uns eigentlich selbst in einer großen, dreidimensionalen Werbenummer befanden. Nun wäre weiter auch nichts dagegen einzuwenden, hätten wir nicht Eintritt bezahlt. Es kam uns vor wie beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen in Österreich. Dieses kassiert auch doppelt, von seinen Zusehern und von seinen Werbepartnern. Als es uns schließlich dämmerte, dass wir uns mit unserem Entschluss, diese Ausstellung zu besuchen, selbst auf den Gummibärenleim gegangen waren, und uns ja schon mittendrin in dieser Wunderwelt des süßen, zähen Goldbärenbreies befanden, kamen wir übereinstimmend ohne weitere Worte überein, die Ausstellung bis zu deren Ende zu besuchen. Und gut so, sonst hätten wir die Videobotschaft verpaßt, dass die derzeitigen Verantwortlichen des Hauses Haribo ihren Nachfolger aus der Familie bereits gekürt haben und sich somit die Gummibären verdrückende Fangemeinde keine Sorgen um den Fortbestand des Unternehmens und um den Nachschub der mit süßen Leckereien gefüllten Plastiktüten machen muss. Dass uns zuvor noch eine Wachspuppe von Thomas Gottschalk, dem langjährigen Werbeträger der Firma Haribo, aufgrund ihrer hässlichen Ausführung regelrecht erschreckt hat, und uns die dargebotenen, filmischen Werbesequenzen aus den letzten Jahrzehnten zumindest bei dem ein oder anderen Clip an unbeschwerte Jugendtage erinnern ließen, diese emotionale Hochschaubahn berechtigte doch schlussendlich noch den bezahlten Eintritt. Denn in welcher Ausstellung liegt schließlich Gruseln und rührselige Kindheitserinnerung so knapp nebeneinander? Was uns sonst noch im Gedächtnis blieb? Dass die Beatles Goldbärchenliebhaber waren und dass die Haribotütchen an der Kasse samt und sonders nur 90 Cent kosteten. Was der Firma Haribo angesichts der prallvoll gefüllten Tüten unseres Sohnes schließlich noch zu einem weiteren Umsatz an diesem Tag verhalf.
Infos: www.volkskundemuseum-graz.at/
Michaela Preiner