Feierlaune im Konzertsaal

Von Michaela Preiner

Wiener Jeunesse Orchester (Foto: Jenny Dünser)

27.

September 2017

Können Sie folgende Quizfrage beantworten? Wie können 18 bis 26-Jährige ein 30-jähriges Jubiläum feiern?

Antwort: Wenn diese im Wiener Jeunesse-Orchester spielen, das in diesem Jahr sein 30-jähriges Bestehen feiert. Unter der Leitung von Herbert Böck konnten beim großen Jubiläumskonzert insgesamt 92 junge Musizierende erleben, was es heißt, im großen Saal des Musikvereines einen wahren Triumph einzufahren.

Viel dazu trug die sehr kluge Programmgestaltung bei, denn mit „Till Eulenspiegels lustige Streiche op.28“ von Richard Strauss und der Symphonie Nr. 8 op.88 von Antonin Dvorak standen zwei mächtige Stücke im Raum, die alle Instrumentengruppen zu ihrem Recht kommen lassen. Fein anzusehen waren die jungen Damen und Herren außerdem. Weinrote Krawatten für die Musiker und weiße Bänder mit roten Blumen für die Musikerinnen gaben dem Orchester einen elegant modernen Touch.

Drei herausragende Solisten

Beinahe frenetisch – und zu recht – wurde aber das Tripelkonzert von Ludwig van Beethoven beklatscht. Dies nicht nur, da Herbert Böck auf äußerst einfühlsame Weise das Orchester zu höchst differenzierter Dynamik anspornte. Mit Emmanuel Tjeknavorian (Violine), Kian Soltani (Cello) und Aaron Pilsan (Klavier) standen drei junge Solisten an der Spitze, die Außerordentliches leisteten. Gemeinsam ist allen Dreien, dass sie von der European Concert Hall Association jeweils zum Rising Star einer bestimmten Saison ausgewählt wurden, die vielen Auszeichnungen, welche die jungen Musiker bisher erhielten, seien hier nur am Rande erwähnt.

Neben der unglaublichen Musikalität, die sich schon in den ersten Minuten zeigte, machte es großen Spaß, den drei Männern beim Musizieren zuzusehen. Ihre große Spielfreude zeigte sich auch in ihrem Mienenspiel, vorrangig bei Aaron Pilsan, der seinen Blick auch gerne ins Publikum schweifen ließ. Seine Freude, im Musikverein zu spielen, war ihm sicher bis in die letzte Reihe anzusehen. Jener Augenblick im 2. Satz, in welchem das musikalische Geschehn beinahe zum Stillstand kommt, war symptomatisch für das ganze Konzert. Die Spannung, die dabei erzeugt wurde, paarte sich mit einem lebendigen Timing und einer präzisen Detailtreue, der zwar jede einzelne Note unterlag, die sich aber durch die hohe Musikalität und die großen Spannungsbögen auszeichnete, die zu Gehör gebracht wurden.

Es wäre ein zögerliches Understatement, wollte man die drei Musiker als Talente von morgen bezeichnen, denn sie sind bereits jetzt eine Klasse für sich. Das wunderbare Konzert wurde noch durch eine kleine, ganz wienerische Zugabe ergänzt; dem Wiener Marsch aus Kreislers Miniaturen. Sehr zur Freude des Publikums, das die Musiker noch mehrfach auf die Bühne holte.

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Emmanuel Tjeknavorian; Kian Soltani; Aaron Pilsan (Fotos: Julia-Wesely; Juventino Mateo; Marie Staggat)

Die Damen sind vorne

Interessant bei der Orchesterbesetzung ist, dass die jungen Frauen mit 55 Prozent eine leichte Mehrheit halten. Bei den 1. und 2. Violinen sind es sogar bis zu 80%. Je nach Ausbildungsweg und Karrierefortschritt beträgt die Verweildauer 2 – 5 Jahre im Orchester. Nicht wenige Musizierende finden sich im Verlauf ihrer Arbeit im Orchester auch zu Ensembles zusammen. Tommaso Huber (Kontrabass, Akkordeon) mit Amarcord, Matthias Schorn und Alexander Neubauer (beide Klarinette) mit Faltenradio, Sebastian Gürtler (Violine) spielt im Hugo Wolf-Quartett, Sophie Abraham (Cello) im Trio Frühstück und in „The Little Band from Gingerland“. Seitens des Orchesters ist man sehr bemüht, die Karrierewege der Musikerinnen und Musiker weiterzuverfolgen, um zu sehen, in welche Richtung ihre Berufswege führen.

Ein kleiner, feiner Auftakt mit dem Deciso Quartett

Mit dem Deciso Quartett – das sich ebenfalls aus Musizierenden des Orchesters zusammensetzt, wurde der große Abend im Musikverein eingeleitet. Yevgeny Chepovetsky (Konzertmeister des WJO), Valerie Gahl (Violine), Christina Hecher (Viola) und Lisa Braun (Cello) präsentierten dabei ein 3-sätziges Streichquartett, in dem sich Richard Strauss (op.2), Ludwig van Beethoven (op.18/1) und Antonin Dvorak (op.96) die Hand reichten. Nicht nur, dass das Hörerlebnis dabei ein gänzlich ungewohntes war. Die Vier konnten dabei nicht nur ihre Sicherheit auch im schwierigen raschen ersten und dritten Satz unter Beweis stellen, sondern mit dem ruhigen, zweiten Satz beeindrucken, in dem die Soli mit den Begleitstimmen so rasch hintereinander abwechseln.

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Wiener Jeunesse Orchester (Fotos: Virgil Oprina)

Kommende Auftritte

Mit diesem Abend gab das Jeunesse Orchester nicht nur ein kräftiges Lebenszeichen von sich. Es machte vielmehr auch Lust auf weitere Konzerte dieser Art. Wer sich jetzt schon Termine eintragen möchte, hier eine kleine Vorausschau:

Im Rahmen der Jubiläumssaison 2017/18 gibt es eine Frühjahrsarbeitsphase mit vier Konzerten in Schwaz/Tirol (13.04.), Brucknerhaus Linz (17.04.), Wiener Konzerthaus (15.04.) und in der Philharmonie Bratislava (18.04.) unter der Leitung von Marc Piollet (Mahler 5. und Rückert-Lieder, Bernstein Candide-Suite). Die Sommerarbeitsphase 2018 findet im August statt und wird das WJO, erneut unter der Leitung seines Chefdirigenten Herbert Böck, zu mehreren Konzerten nach Italien und Rumänien führen.

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