Elektra geht auch schräg
Von Michaela Preiner
Die leider von der linken Saalseite aus schwer einsehbare Innenausstattung des Wohnraumes zeigte, je nach Szene, den Frühstücksraum des Königspaares Klytaimnestra (Sebastian Schindegger) und Ägisth (Vassilissa Reznikoff), ihr Büro oder die karge, bäuerliche Küchenausstattung von Elektra, Klytaimnestras aufs Land verbannter Tochter. Die Kostüme und die Haartracht – aufgeklebte Backenkoteletten der Männer und eine zopfgedrehte Aufsteckfrisur – siedelten das Geschehen in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts an.
Cotten, die unterschiedliche literarische Elektra-Lesarten quer über die Jahrtausende in ihrem Stück verarbeitet, schreibt Ägisth eine ganz eigene Rolle zu. Er ist ein starker Verdränger, den jedoch seine belastete Familiengeschichte immer wieder einholt, wenngleich er – in dieser Inszenierung von der Ermordung durch Elektra selbst verschont – auch noch im Alter hofft, ein neues Leben ohne diesen psychischen Ballast beginnen zu können.
Alleine das zeigt, dass sich das Duo Suske/Cotten dem historischen Stoff völlig unverkrampft annäherte und damit ein junges Publikum erreichen kann, das mit der einschlägigen Literatur von Sophokles, Aischylos, Euripides bis herauf zu Sartre wenig anzufangen weiß. Auch die Hosenrolle, in welcher die zarte Vassilissa Reznikoff als Orest auftritt und ihr Gegenpart Sebastian Schindegger, der in Travestiemanier als groß gewachsene Klytaimnestra agiert, tragen dazu bei, wenig Ernst beim letztlich doch tödlichen Spiel aufkommen zu lassen.
Wer mag, delektiert sich an den Deklinationen vom Auf- und Absteigen von Machtverhältnissen und den damit verbundenen Auswirkungen auf die Bevölkerung von Mykene. Wer sich eher für die emotionalen Beweggründe der Menschen interessiert – ihre Rachegelüste oder auch ihre Bereitschaft zu vergeben, kommt ebenfalls auf seine Kosten. Einzig der musikalische Output muss als solcher gesehen werden, was er ist: eine adäquate, zeitgeistige Begleitung einer trashigen Inszenierung, bei der das menschliche Scheitern in vielen Facetten fröhlich zelebriert wird.
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