Eine Reise in die Zukunft

Eine Reise in die Zukunft

von | 18. April 2019 | Theater

Michaela Preiner

„Schöne neue Welt“ (Foto: Lupi Spuma / Schauspielhaus Graz)

18.

April 2019

Wir schreiben das Jahr 2119. Gemeinsam mit Androiden machen sich rund 50 Personen – Publikum des Schauspielhauses Graz – auf eine Reise in die Zukunft. Oder in die Vergangenheit, je nachdem, was gewünscht wird.
In der Stückentwicklung „Schöne neue Welt: Träumen Androiden von elektrischen Schafen?“ der Bürger*innenbühne gestalten sieben „Alltagsexpert*innen“ eine Zukunfts- zugleich aber auch eine Vergangenheitsschau. Als Androide bzw. deren Begleitpersonen erzählen sie an einem von der Regisseurin Anja Michaela Wohlfahrt betreuten Abend über bereits Erlebtes aber auch Zukunftsfantastisches.
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„Schöne neue Welt“ (Foto: Lupi Spuma / Schauspielhaus Graz)
Die Laien, die beim Text ihre eigene Sicht auf die Zukunft einbringen konnten, sind – das schwappt deutlich ins Publikum über – mit großem Enthusiasmus bei der Sache. Dass dabei auch die eine oder andere persönliche Motivation deutlich wird, tut dem Stück sehr gut. Wie jene von Hanna Helena Gerhardt.

Die Chemikerin und Modedesignerin hält ein flammendes Plädoyer zur ressourcenschonenden Fertigung von Bekleidung. Dabei spürt man, wie sehr ihr das ein Anliegen ist und wie wichtig ihr das Weitergeben der Informationen an möglichst viele Menschen ist. Bernd Hubich dagegen ist Science-fiction-Anhänger mit Leib und Seele und erinnert sich höchst authentisch an die Verfolgung der ersten Mondlandung im Fernsehen. Damals war er noch ein kleiner Bub und musste sehr zu seinem Missfallen kurz nach dem Aufsetzen der Weltraumkapsel schlafen gehen. Hubich agiert als eine Art „graue Eminenz“ in der Inszenierung und erklärt dem Publikum gleich zu Beginn das Szenario.

Patrick Jany und Burkhard Vogel ergänzen sich hingegen wunderbar im Austausch über Verbrennungsmotoren versus Cloud-gesteuerte Leihautos, die sich aufgrund ihrer Programmierung zu jedem Zeitpunkt verkehrskonform verhalten und partout nicht rasant starten lassen. Wünscht sich der eine nichts sehnlicher als Unsterblichkeit, erzählt der andere von seinen Panikattacken während des Autofahrens mitten auf dem Glacis – „auf dem man ja nicht parken kann!“

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„Schöne neue Welt“ (Foto: Lupi Spuma / Schauspielhaus Graz)
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„Schöne neue Welt“ (Fotos: Lupi Spuma / Schauspielhaus Graz)
Majda Krivograd geht ganz in der Android-Rolle auf und trumpft dabei auch mit einer großen Portion Humor auf. Einem Gefühl, das den zukünftigen Lebewesen eigentlich fremd sein sollte. Regina Schwarzl hingegen konnte als Pharmazeutin in die österreichische Seelenlandschaft blicken. „Nichts wird so oft verschrieben wie Schlafmittel und Antidepressiva!“ Im gekonnten Duett mit Patrick Jany plädiert sie für die Endlichkeit des Lebens und spricht dem Tod eine segensbringende Rolle zu. „Das Leben wird erst schön, wenn es aufhört“, steht ganz im Gegensatz zur Vorstellung, dass die größte Erfüllung doch das Hochladen der Seele in die Cloud sein müsste, in der sie unsterblich wird.

Barbara Pfleger erscheint mit ihren Erinnerungen an Waldspaziergänge wie aus der Zeit gefallen. Ihr ganz persönlicher, dem Menschen zugewandter Zugang zum Leben, hört sich wie ein Echo aus vergangenen Tagen an, macht melancholisch und traurig zugleich. Und nährt letztlich doch den Wunsch, dass die Teil- oder Ganzautomatisierung des Menschen doch nur Zukunftsmusik bleiben möge.

Mit chorischen Einlagen und anderen musikalischen Intermezzi, sowie spacigen Schwarz-Weiß-Outfits (Bühne und Kostüme Philipp Glanzner) erhält die Inszenierung einen flockigen Show-Touch. Mit Stückentwicklungen wie dieser zeigt das Schauspielhaus Graz, dass der Wunsch, nah am Publikum und mit diesem selbst zu agieren, tatsächlich funktioniert.
Frenetischer Applaus am Premierenabend machte auch klar, dass sich eine Fangemeinde des Ensembles eingefunden hatte, die ihrem Stolz für die Leistung auf diese Weise Ausdruck verlieh.

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