Ein Fest für alle Pyrotechniker
Ein Fest für alle Pyrotechniker
Michaela Preiner
Im Burgtheater erlebt derzeit eine überarbeitete Fassung von Martin Kušejs „Faust“ – eine Übernahme aus dem Münchner Residenztheater – ihre Wiener Aufführungsserie. Ein Muss für all jene, die pyrotechnische Herausforderungen lieben. Ein ebensolches für all jene, die schauspielerische Glanzleistungen erleben wollen.
Kušejs Faust ist einer, der sich, nach einem gescheiterten Suizidversuch, selbstgefällig über Situationen und Menschen stellt. Völlig verblendet schiebt er jegliche Schuld von sich, die er durch sein Tun verursachte und treibt mit seinem rastlosen Verlangen nach mehr Live-Kicks sogar den Teufel zur Verzweiflung. Weder Gretchen, die er geschwängert ins Unglück stürzte, noch ihre Mutter und ihr Bruder, die er auf dem Gewissen hat, lösen in ihm Gewissensbisse aus. Den teuflischen Ränken und Kusejs Regieeinfall verdankt er auch, dass an ihm offenbar der halbe Weltfriede zu hängen scheint. Dass sich dieser notabene durch sein Zutun jedoch in sein Gegenteil verkehrt, liegt auf der Hand. Maskierte Freiheitskämpfer, Selbstmordattentäter in Form jugendlicher Körperbomben, oder Immobilienhaie begleiten sein Tun. Keiner von ihnen überlebt Fausts Machtspiele.
So mancher Bühnenauf- oder – abgang wird mit viel Rauch, Schüssen und Feuer begleitet, sodass man dabei geblendet die Augen zuhalten muss. Szene für Szene nehmen die Grausamkeiten und Frivolitäten zu – wobei sich hier einige seltsame, wohl geschlechterbedingte Blickwinkel auftun, die es zu hinterfragen gilt.
Einen höchst gelungenen Widerpart zur mephistophelischen Schauspielleistung findet man in jenem von Andrea Wenzl als Gretchen. Ihr Monolog, in dem ihr Wahnsinn sichtbar wird, ist tatsächlich aufpeitschend und berührend und vor dem weiß gekachelten Raum auch gut in Szene gesetzt. Zuvor konnte dieser als Reinheitsmetapher des unschuldigen Mädchens verstanden werden, die von jenem Dunkel umgeben war, in dem sich alle anderen gewalt- und jederzeit lustbereit tummelten.
Dennoch trifft den Teufel göttlicher Glanz oder zumindest ein göttlicher Lichtstrahl bei seinem Wunsch nacht dem Nichts. Sowohl er als auch Faust an seiner Seite müssen ihre Augen kurz bedecken, während sie bei ihren letzten Sätzen himmelwärts blicken. Die Mischung aus Faust Teil 1 und 2 wurde auch durch viele Striche möglich, dennoch dauert die Aufführung 3 Stunden, inklusive Pause. Das Publikum reagierte am Tag nach der Premiere mit höflichem Applaus. Ein Buhrufer meldete sich mit zwei kurzen Unmutsbekundungen ebenfalls zu Wort. Martin Kušej wird es verkraften.