Die Antilope – das rätselhafte Wesen
Von Michaela Preiner
Uraufgeführt wurde das Stück „Die Antilope“ bereits 2014 in Luzern. Wien Modern und die „Neue Oper Wien“ brachten es in der Halle E des Museumsquartiers zur österreichischen Uraufführung. Regie führte, wie bereits in der Schweiz, Dominique Mentha. Die Geschichte, gemeinsam von Staud und Grünbein entwickelt, erzählt surreale Begebenheiten im Leben eines Menschen, dem antilopische Züge zugeschrieben werden.
Der Tod eines Unternehmers, der bei seiner eigenen Firmenfeier mit Nasenbluten zusammenbricht, löst schließlich auch den vermeintlichen Suizid des Antilopenmenschen aus, der sich aus dem 13. Stock stürzt. Wie durch ein Wunder findet er sich in der nächsten Szene aber in einem Traumland wieder, in dem mehrere Frauen auf die Erlösung durch einen Mann warten und ein Kind – erkennbar als Antilopen-Alter-Ego – mit diesem zumindest kurz ins Gespräch kommen möchte.
„Die Antilope“ (Foto: Armin Bardel)
Ein Theaterzauber macht es möglich, dass sich in der nächsten Szenerie die Antilope im Zoo wiederfindet und dort verspürt, was es heißt, unter seinesgleichen zu sein. Zumindest für wenige Augenblicke, denn schließlich verführen ihn seine ehemaligen Firmenkollegen und -kolleginnen wieder, mit auf die Feier zu kommen, bei der das Geschehen seinen Ausgang nahm und wieder von vorne beginnt.
Dada und Surrealsimus als Blaupause
„Die Antilope“ (Fotos: Armin Bardel)
Ingrid Erb schuf Kostüme wie die konformistischen „kleinen Schwarzen“ und die Anzüge für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens und deren kontrastierende, tierische Kopfbedeckungen. Die Frauen in der Traumzeit tragen retro angelegte Kostüme wie in den 30er-Jahren, was als Hinweis für die Zeitlosigkeit des Themas ausgelegt werden kann. Von den leeren, stark abstrakten Räumen fasziniert das Anfangs- und Schlussbild in grellem Gelb und Schwarz, das, mit den davor sitzenden „Tieren“, zumindest für wenige Augenblicke, auch ein wunderbar surrealistisches Gemälde ergibt.
Stimmlich herausragend präsentierten sich Wolfgan Resch als Antilopenmensch Victor und Elisabeth Breuer mit ihrer Skulpturenarie, die nichts an Geschmeidigkeit und Klarheit vermissen ließ.
Die „Antilope“ kann als Parabel auf das Ausgestoßensein eines Außenseiters genauso gelesen werden wie auf die heilende Kraft der Kunst – oder beides gleichzeitig. Es ist eine Oper, die sich der aktuellen Zeit entzieht, zugleich aber dennoch hoch aktuell ist und bei der Premiere vom Publikum sehr warm aufgenommen wurde.