Von Michaela Preiner
Unser Gespräch findet anlässlich des Termins 15 Jahre Dschungel statt. Das bedeutet, wir halten Rückschau, oder?
Wenn wir trotzdem zurückschauen, möchte ich gerne wissen, sind die Visionen, die Vorhaben aufgegangen, oder war Einiges, das kam, so nicht geplant?
Was kam noch mehr?
Weiters beginnt Januar 2020 ein 4-jähriges EU-Projekt mit dem Titel „Connectup“, ein internationales Projekt mit 9 verschiedenen Ländern und 14 Theatern in ganz Europa. Daran wurde schon vor 4 Jahren gearbeitet, als ich das Konzept geschrieben hatte. Darin wird der Fokus auf „schwieriges Publikum“ gelegt – sprich Jugendliche aus sozial schwierigen Verhältnissen. Man kontaktierte mich damals, im gegebenen Fall ich würde den Dschungel leiten, in das Projekt einzusteigen. Und so haben wir das gemeinsam entwickelt. Es geht um Inklusion, deswegen ist auch die „Ich bin O.K“-Kompanie dabei, die ich dazugenommen habe. Es werden auch Künstlerinnen und Künstler der Szene eingebunden.
Dazu kommt auch ein SHIFT-Projekt in Koproduktion mit dem diverCITYLAB und der Choreografin Magda Chowaniec. Dieses Stück machen wir an der Peripherie unter dem Titel „Medeas Töchter“. Darin geht es um die Sichtbarkeit von jungen Frauen vor allem mit Migrationshintergrund. Es findet im Mai statt und wird eine Reise durch Wien sein. Im 10. Bezirk gibt es eine Halle, die „Ausreisehalle“ heißt. Die stammt noch aus der Zeit von früher, wo die Leute ausreisen „wollten“. Das Schild hängt heute noch so da – und das war unser Ausgangspunkt, dass alle die jungen Frauen der nun 2. und 3. Generation beschließen, auszureisen. Unsere Reise geht bis zum Vienna International Center. Dort gibt es einen Ort innerhalb der Hochhäuser, der wie ein Amphitheater aussieht. Sie kommen da in eine Welt, in die sie nicht gehören. Von dort nehmen sie einen Bus und fahren weg. Das Publikum reist mit diesen Töchtern Medeas mit. Rapperin EsRAP und Slampoetin Yasmo erarbeiten mit den gecasteten junge Frauen Slam-Poetry und Rap, um mit ihnen gemeinsam eine Art Textpartitur zu erstellen.
Wie hat sich denn die Zusammenarbeit mit den Schulen entwickelt?
Gibt es etwas, was emotional extrem berührend war?
Ein junger Iraker sagte zu mir: „Männer und Frauen sind gleich, weil im Tod sind alle Menschen gleich“. Da wusste ich, der hat mehr kapiert als viele andere – da braucht man auch nicht länger zu diskutieren.
Wenn wir über Visionen sprechen, welche sind denn für den Dschungel wichtig?
Merken die Kinder und Jugendlichen die politische Veränderung, die derzeit rund um die Welt vonstatten gehen?
Ich blicke positiv zurück. Schwierigkeiten gibt es immer wieder und ich sehe vor allem die freien Gruppen kämpfen. Auch weil ich es selbst 26 Jahre als freie Künstlerin und Regisseurin erlebt habe, dass man vor allem im Theaterbereich für junges Publikum finanziell schlechter gestellt ist als jemand in der freien Szene. Diese Ungleicheit, ganz abgesehen davon, ob generell zu wenig Geld da ist für die freien Künstlerinnen und Künstler, geht für mich gar nicht. Wir machen mehr als nur Theater – wir machen Bildung. Dieser Aspekt wird ja gar nicht abgedeckt, den müssen wir selber abdecken. Er wird aber als Teil der Aufgabe gesehen. Wir versuchen überall Geld aufzutreiben, um diese Arbeit zu leisten. Ich frage mich nur, wie lange die Künstlerinnen und Künstlerinnen das noch mittragen. Man kann nicht nur darüber reden, dass fair pay wichtig ist. Wenn diese Arbeit nicht für Kinder und Jugendliche wäre, würde ich sie nicht machen.