Alljährlich im Frühling öffnet das Museum Liaunig nun schon seit neun Jahren in Neuhaus in Kärnten seine Türen für Interessierte. Warum aber steht dieses Museum ausgerechnet in dem kleinen Ort, das eine zweisprachige Ortstafel aufweist – Neuhaus / Suha? Herbert W. Liaunig und sein Sohn Peter ließen ein wenig hinter die Kulissen ihrer Sammelleidenschaft blicken.

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Dkfm. Herbert Liaunig (c) Museum Liaunig / Lukas Beck

Herbert W. Liaunig empfängt seine Gäste zur Pressekonferenz anlässlich des Saisonstarts im sonnendurchfluteten Atrium herzlich. Es ist bereits seine 9. Saison, in welcher er Teile seiner über 3.000 Kunstwerke starken Sammlung der Öffentlichkeit zeigt. Zu sammeln begann Liaunig als junger Mann. „Zu Beginn war ich von der École de Paris mit Vertretern wie Pierre SoulagesNicolas de Staël und Serge Poliakoff fasziniert“.

Auf die Frage, wie man denn einen so treffsicheren Kunstgeschmack ausbilden kann, wie er sich in seiner Sammlung widerspiegelt, erklärt der erfolgreiche Unternehmer: „Die richtige Qualität auszusuchen, hat etwas mit Erfahrung zu tun. Das funktioniert bei mir wie beim „musée imaginaire“ von André Malraux – je mehr Bilder ich im Kopf habe und abrufen kann, umso sicherer kann ich auch eine Auswahl treffen. Außerdem hatte ich gute Lehrer.“ Hollegha oder Mikl gehörten unter anderen dazu und nicht zuletzt waren es seine vielen Besuche in der Akademie „in der es viel lustiger war als an der Uni“. Diese frühen Kunsterfahrungen schulten sein Auge. Bald schon war klar, dass die österreichische Nachkriegskunst sein Hauptsammelgebiet sein würde.

Uns ist immer alles passiert

Im Laufe der Jahrzehnte wuchs die Zahl der Kunstwerke so an, dass die Familie darüber nachdenken musste, ein Depot bauen zu lassen.

Eingang Liaunig scharf

Eingangsbereich Museum Liaunig (c) European Cultural News

„Eigentlich ist uns alles immer passiert“, erzählt einer der beiden Söhne, Peter Liaunig, über die Baugeschichte des Museums. Die Familie fand zuerst Schloss Neuhaus, das es galt, von Grund auf zu renovieren. Darin hat sie nicht nur ihren Wohnsitz, sondern öffnete es auch für zahlreiche kulturelle Veranstaltungen.

Das jetzige Museum befindet sich in Sichtweite. „Dass in Neuhaus ein Museum errichtet wurde, war nicht von Vornherein geplant. Vielmehr sollte eine Halle errichtet werden, die als Lager für die Kunstwerke dienen konnte. Aber der Umstand, dass der Grund, der zur Verfügung stand, prominent über dem Ort liegt und ein Zweckbau in der erforderlichen Größe zu dominierend gewesen wäre, sowie die Idee der Architekten, die Sammlung doch gleich öffentlich zugänglich zu machen, führte schließlich zum jetzigen Bau.“ Dass er bereits unter Denkmalschutz steht, zeigt die herausragende Arbeit des Architektenteams „querkraft“. 2011 außerdem mit dem Österreichischen Museumspreis ausgezeichnet, ist nur die Hauptgalerie mit 160 Metern Länge und 16 Metern Breite sichtbar. Der Rest ist in den Hang hineingebaut.

Ein Anbau, vor zwei Jahren erst fertiggestellt, beherbergt seither alljährlich eine neue Sonderschau unter dem Generaltitel „Alte Freunde“. Präsentiert werden in diesem architektonisch aufregenden Raum mit einem dreieckigen Grundriss Arbeiten von Künstlern, die Herbert W. Liaunig schon seit Jahrzehnten kennt und die er tatsächlich zu seinem Freundeskreis zählt. Ein Novum in dieser Saison: Der rund 400 Personen fassende Raum wird erstmals mit Musik bespielt werden. In der „Sonusiade“, so nennt sich das neu ins Leben gerufene Festival, sind zwei Matineen und zwei Abendkonzertveranstaltungen angesetzt.

Zu hören sein werden das Altenberg Trio aus Wien, das Ketos Quintett aus Linz. Wolfram Berger wird Wolfgang Puschnig und Janez Grogoric – den künstlerischen Leiter des Festivals – mit einer Lesung begleiten. Ein Liedrezital mit Bernarda Fink, Anthony Spiri und Nejc Mikolic eröffnet die erste Konzertsaison.

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Luftaufnahme Museums Liaunig (c) Museum Liaunig

„Es ist unser Testjahr“, mein Herbert Liaunig zu diesem Vorhaben und hat mit den Bildern von Hermann J. Painitz, die den malerischen Rahmen bieten, ein höchst passendes Ambiente gefunden. „Wir möchten, dass in Zukunft Bilder und Musik miteinander korrespondieren und werden sehen, wie das neue Angebot angenommen wird“.

Eine gezielte Sammeltätigkeit ist der Schlüssel zum Erfolg

Die Sammlungstätigkeit, die aus Leidenschaft begann und nach wie vor aus Leidenschaft betrieben wird, hat sich mit dem Bau des Museums leicht verändert. Nun werden sukzessive Lücken in der Sammlung geschlossen, die durch den besseren Zugang zu den Kunstwerken und den besseren Überblick über dieselben sichtbar wurden. Außerdem legt die Familie Wert auf den Aufbau größerer Werkgruppen, aber kauft auch Werke von Künstlern an, die noch keinen hohen Bekanntheitsgrad vorweisen können.

„Für uns ist nicht der Name entscheidend, sondern ob uns ein Kunstwerk gefällt oder nicht. Es kann auch passieren, dass ich mich erst nach einiger Zeit mit einem Werk anfreunde. Manche Bilder brauchen Zeit, um von mir in ihrer Gänze erkannt zu werden.“ Peter Liaunig hat Verständnis für viele unterschiedliche Kunstrichtungen. „Nur die phantastischen Realisten haben wir nie gesammelt. Aus dem einfachen Grund, weil wir keinen Zugang zu ihnen haben“, ist von ihm zu erfahren. Mit seinem bewusst verwendeten „wir“ meint er immer die gesamte Familie in der „jeder sammelt“.

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Museum Liaunig / Foto: European Cultural News

Ergänzt wird der Bestand durch Vertreter der klassischen Moderne sowie exemplarische Werke internationaler Künstler wie Tony Cragg, Robert Motherwell und Georges Mathieu. „Da wir ja kein öffentliches Museum sind, nehmen wir es mit den uns selbst auferlegten Grenzen nicht so streng und können diese auch ab und zu überschreiten.“ Herbert Liaunig lässt sich von der grundsätzlichen Ankaufs-Ausrichtung aber auch nicht gängeln.

Neben den erwähnten internationalen Künstlern gibt es noch die „kleinen Sammlungen“. So eine Glassammlung mit Stücken zwischen 1500 – 1850, eine Sammlung von Portraitminiaturen und eine Sammlung von afrikanischer Glasperlenkunst, die Peter Liaunig zusammengetragen hat. Auch diese Sammlung ist „passiert“, wie er berichtet. Ein Stück ergab das nächste und heute kann das Publikum das bisherige Ergebnis dieser speziellen Ankaufstätigkeit ebenfalls im Museum betrachten. Selbstverständlich in einem eigenen Raum.

Ungefähr zwei Drittel der Sammlung wurde direkt bei Künstlern erworben, das restliche Drittel von Galerien oder auch verstärkt über Auktionen gekauft. Der Anteil am Onlinekauf nimmt zu.

Das Halbjahresmuseum

Herbert W. Liaunig, erfolgreiche Wirtschaftsboss, unter dessen Holding sich die Firmen Wild, Waagner-Biro sowie Binder&Co befinden, ist auch Miteigentümer der Semper Constantia Privatbank. Ohne diese wirtschaftliche Basis ließe sich das Museum nicht finanzieren. 10.400 zahlende Besucher zählte man in der vergangenen Saison. Anders als in anderen Museen, dauert die jeweilige Saison nur ein halbes Jahr lang, denn im Herbst und Winter ist das Haus geschlossen. „Eigentlich kostet uns jeder Besucher 50 Euro“, erläuterte Peter Liaunig. Wieviel die Familie also in den Erhalt des Museums jährlich steckt, kann somit leicht ausgerechnet werden.

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Museum Liaunig (c) European Cultural News

Dass nicht alles, was gekauft wird, teuer war – darüber freut sich der Sohn des Sammlungsgründers sichtlich. „Im Netz sind manchmal unglaubliche Schnäppchen zu finden“, berichtet er. „Vor allem Grafiken werden dort oft weit unter Wert verkauft. Wenn man sich auskennt, muss man nicht immer viel Geld für Kunst ausgeben“, so die weitere Erläuterung zu seiner eigenen Ankaufspolitik. Zur Erweiterung der Sammlung seines Vaters stehen jährlich 1 Million Euro zur Verfügung. Doch was sich dem Besucher als reines Vergnügen präsentiert, ist zugleich auch eine Herausforderung.

Sammeln ist eine Krankheit

„Natürlich ist so eine Sammlung auch eine Belastung. So alle 2 Wochen, wenn wir in der Familie zusammenkommen, stellen wir uns regelmäßig die Frage, warum wir uns das eigentlich antun. Aber Sammeln ist nicht nur eine Leidenschaft, sondern eine ansteckende Krankheit!“ Dass diese Aussage von Peter Liaunig offensichtlich stimmt, belegt eine kleine Geschichte. „Ich hatte zwei Schulfreunde, die, wenn sie zu uns nach Hause gekommen sind, regelmäßig entsetzt waren, welche Kunst bei uns an den Wänden hing. „Das kann man sich doch nicht ansehen“ usw. waren ihre Kommentare, bis ich einmal sagte: Ihr braucht es ja nicht ansehen, aber wenn ihr mit euren Aussagen nicht aufhört, dann kommt einfach nicht mehr. Und heute sind alle beide selbst Kunstsammler geworden! Ich glaube, alles braucht seine Zeit. Auch das Verstehen von Kunst.“

„Passiert“ ist den Liaunigs auch der Skulpturengarten, der sich über dem Museum selbst befindet. „Es waren rein praktische Gründe, warum dieser Garten entstand, denn die Skulpturen, die hier in der Landschaft gar nicht so imposant wirken, nahmen im Lager selbst viel Platz ein. Nicht nur, dass einige über vier Meter hoch sind – wenn man sie in Kisten lagert, dann kostet das ganz schön Platz.“ Der frei gewordenen Raum, das Skulpturendepot, wurde nun kurzerhand für eine neue Sonderschau genutzt, die Peter Liaunig Wolfgang Ernst widmete. „In 20 oder 30 Jahren werden die Bäume, die wir in diesem Jahr im Skulpturengarten neu gepflanzt haben, sicher schön aussehen.“ Diese Aussage von Herbert Liaunig zeigt überdeutlich, dass sein Denken und Sammeln nicht nur für das Hier und Jetzt gedacht ist, sondern von Dauer sein soll.

Weitere Informationen auf der Homepage des Museum Liaunig.