Das Klangforum Wien zu Gast in Straßburg

Concert n°16 01©Philippe Stirnweiss

Das Klangforum Wien beim Festival Musica (c) Philippe Stirnweiss

Mit dem Klangforum Wien war eines der renommiertesten Ensembles für zeitgenössische Musik zu Gast beim Festival Musica in Straßburg. Das 1985 gegründete Orchester hat im Laufe seines Bestehens mehr als 70 CDs aufgenommen und an die 500 zeitgenössische Kompositionen uraufgeführt. In Straßburg stand es unter der Leitung von Peter Hirsch. Im Gepäck hatte es Werke von Aureliano Cattaneo, Georges Aperghis sowie Bernhard Lang. Alle Konzerte waren französische Urfaufführungen und – wie sich herausstellte – in ihrer Zusammensetzung wohl durchdacht.

Mit „Giano,repainted“ von Cattaneo wurde der Abend eröffnet. Der Grundgedanke, zwei parallele Erzählflächen aufzubauen, dessen Idee der Komponist dem zweigesichtigen Janus entnommen hat, der sowohl zugleich in die Zukunft als auch Vergangenheit blicken kann, wurde durch eine einfache, aber logische und effektvolle Instrumentierung und Anordnung des Ensembles umgesetzt. Zwei idente Quartette, bestehend aus je 2 Flöten, Klarinetten, Geigen und Klavieren standen sich spiegelverkehrt gegenüber und setzten Cattaneos Idee von multipler Wahrnehmung in Musik um. Dieser Umstand, und auch die Komposition, welche mehr verschleierte als offenlegte, waren der Auslöser dazu, dass eine permanente Infragestellung der soeben Gehörten und Gesehenen zustande kam. Wo ist Gestern und Heute, wie unterscheidet Cattaneo diese Qualitäten, wo sind Unterschiede und wo ist Identisches zu finden? Ein Kunstgriff, der seine Wirkung tat.

In Georges Aperghis „See-Saw“, in der das Ensemble, allerdings in einer anderen Zusammensetzung, ebenfalls spiegelverkehrt Aufstellung nahm, stand die Weiterentwicklung des musikalischen Ausgangsmaterials im Mittelpunkt der Komposition. Die Ausgeglichenheit, die das Werk kennzeichnete, erreicht Aperghis durch proporzhafte Anordnung von lauten und leisen Passagen, die sich ständig abwechseln. Die Zusammenballung aller tonalen Kräfte, die sich am Schluss ergibt und durch die leise Variante schließlich wieder auflöst, bezeichnet der Komponist selbst als paradox, indem er darauf verweist, dass seine kleinen Einheiten, die er nur marginal jeweils verändert und weiter entwickelt, schließlich ein Großes Ganzes ergeben.

Einem von der Grundidee her ganz ähnlichen Kompositionsstil verpflichtet war das letzte Werk des Abends, Berhard Langs „Monadologie VII…for Arnold“ aus dem Jahr 2009. Aus jeweils kurzen musikalischen Ideen, die er durch Rhythmusverschiebungen und geringe Tonfolgeänderungen abwandelt, schuf er ein mehrsätziges, schillerndes Werk. Solange diese Veränderungen von einem rhythmisch nachvollziehbaren Korsett ausgingen, waren sie als solche auch erhörbar. Die letzte Sequenz erst, in welcher Lang Töne erklingen lässt, die sich über einen oder mehrere Takte ziehen, löst sich diese Nachvollziehbarkeit völlig auf. Hier ist es nur mehr das Vertrauen, welches das Publikum, das dieses Stück zum ersten Mal hört, in derselben Fährte der Nachvollziehbarkeit bleiben lässt.

Ein Abend, der zweierlei Forderungen aufstellte: einerseits die Präzision der Ausführenden, welche diese tatsächlich uhrwerkhaftgleich ablieferten. Und andererseits eine permanente Aufmerksamkeit vom Publikum. Wer die besaß wurde mit viel Erkenntnis belohnt.

Dieser Artikel ist auch verfügbar auf: Französisch

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