Cosi fan tutte an der ONR in Straßburg

Cosi-fan-tutte Straßburg (Photo: Alain Kaiser)

Cosi-fan-tutte Straßburg (Photo: Alain Kaiser)

Die Opera national du Rhin in Straßburg huldigte im Dezember Wolfgang Amadeus Mozart mit seiner Oper „Cosi fan tutte“. Die Wiederaufnahme der Inszenierung von David Mc Vicar aus dem Jahr 2005 lieferte neue Stimmen und bestach, wie schon vor vier Jahren, vor allem durch das Bühnenbild, an dem man sich kaum satt sehen konnte.

In seinem Mittelpunkt standen zwei realistisch wiedergegebene Felsblöcke im Wasser, die bis ins letzte Bild hin metaphorisch aufgeladen waren. Verkörperten sie doch die Standhaftigkeit, bzw. die Untreue der beiden Schwestern Fiordiligi und Dorabella. Sie versprachen ihren Verlobten Ferrando und Giulielmo , die vorgaben in den Krieg ziehen zu müssen, ewige Treue, die dann doch nur einen einzigen Tag lang hielt. Mit Jacqueline Wagner und Stephanie Houtzeel wählte Marc Clémeur, der Intendant der ONR, zwei wunderbar ausgewogene Stimmen, die sich auf das beste ergänzten. Sie standen ebenbürtig nebeneinander ohne jedoch ihre einzelnen Vorzüge zu verlieren. Jacquelyn Wagner die auch in hohen Lagen klar und sicher sang, wie auch ihre Partnerin Stephanie Houtzellnicht, waren nicht nur klanglich, sondern auch optisch eine ideale Besetzung. Der warme, nur eine Spur dunklere Mezzosopran Houtzellnichts zeigte ebenfalls keine einzige Unsicherheit und blieb den Abend hindurch eine einzige Freude. Ihnen zur Seite gestellt agierten der Tenor Sébastien Droy als Ferrando und Johannes Weisser völlig adäquat; wenngleich beide Sänger ihre Stimmen erst nach einer gewissen Aufwärmphase in ihrem Bestzustand gebracht hatten. Das von vielen als skurril empfundene Libretto wird in Mc Vicars Interpretation verständlicher, vor allem, weil er eine gute Idee an den Schluss der Oper setzte. Es sind nicht die Paare, die zu Beginn Liebe füreinander verspürten, die gemeinsam in ihre Zukunft blicken, sondern die umgekehrte Paarkonstellation, die es noch einmal wagt, das Leben zu zweit weiter zu bestreiten. Nach den vorgefallenen Vertrauensbrüchen ist dies wahrlich eine der wenigen logischen Möglichkeiten, die Oper nachvollziehbar ausklingen zu lassen.

Das Bühnenbild von Yannis Thavoris besticht vor allem deswegen, weil man sich tatsächlich in warme, italienische Gefilden versetzt vorkommt, denen man eigentlich nicht gerne wieder in die Kälte der Nacht entfliehen möchte. Auch die Szene, in welcher sich Fiordiligi und Dorabella mit ihren vermeintlich neuen Verehrern, die doch nur die verkleideten Verlobten sind, nachts im Park treffen, strotzt vor der Wärme einer mit Lampions erhellten Sommernacht. Die gelungene Beleuchtung von Paule Constable trug ihr Übriges zu diesen Wohlfühlmomenten bei. Hendrickje Van Kerckhove als Kammerzofe Despina, aber auch als Doktor und Advokat, brillierte als unbändigbares Energiebündel, das zwar am Ende der Oper einsehen muss, nur benutzt worden zu sein, aber dennoch nicht in Gram versank. Peter Savidge, der die Partie des Don Alfonso sang, welcher die jungen Männer davon überzeugt, dass auch ihre Frauen keine unbezwingbaren Göttinnen sind, agierte den ganzen Abend über mit listiger Souveränität, die er auch in seinem schlanken Bassbariton zum Ausdruck brachte.

Die musikalische Leitung des Philharmonischen Orchesters Mulhouse oblag Ottavio Dantone, dem es gelang, das auf schlanke Barockausmaße reduzierte Ensemble nahe an historische Klangfarben heranzuführen. Dies ließ zu, dass der musikalische Aufbau sehr transparent wurde. Die rein instrumentale Überleitung zur Nachtszene gestaltete sich als kleines, kammermusikalisches Erlebnis. Nicht ein einziges Mal mussten die Sängerinnen und Sänger gegen den schlanken Klangkörper ankämpfen, vielmehr beeindruckte gerade die Zartheit der Instrumente, mit der Dantone Mozarts Musik erklingen ließ.

Cosi-fan-tutte Straßburg (photo: Alain Kaiser)

Cosi-fan-tutte Straßburg (photo: Alain Kaiser)

Die in tausende Stücke berstenden Felsen, die im letzten Bild wie in einem Filmstill erscheinen, verweisen zwar auf den Treuefall, lassen aber zugleich erahnen, dass sich dadurch Neues, Lebendiges ankündigt. Ein schöner Schluss, der dem Publikum eine Versöhnung mit den psychologischen Wirrnissen ermöglicht und vor allem das Thema Schuld nicht alleine auf den Frauen sitzen lässt.

Dieser Artikel ist auch verfügbar auf: Französisch

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