Africa meets Rock and Pop

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„Fatoumata Diawara“
Im Festspielhaus in St. Pölten brodelte es gewaltig. Fatoumata Diawara – preisgekrönte Sängerin, Tänzerin und Schauspielerin, geboren in Mali und seit vielen Jahren in Paris zuhause – rockte das Publikum im Saal und holte es im wahrsten Sinne des Wortes von seinen Sesseln aufs Parkett.
„Do you wanna dance?“ – Diesem Aufruf folgten knapp 1000 begeisterte Zuseherinnen und Zuseher nach über einer Stunde Konzert mit Stillsitzen. „Do not think so much, just hear to your heart“, rief sie mehrfach in den Saal und schon verwandelte sich der Zuschauerraum in einen dancefloor.
Wenige Tage zuvor war Diawara bei der Grammy-Verleihung in Los Angeles aufgetreten. Zwar verfehlte die nominierte Sängerin einen Preis, schrieb aber in ihrem Facebook-Post, dass es zwar dieses Mal nicht geklappt hätte, dass sie sich aber – inshalhah – nächstes Mal einen Grammy abholen würde.

An Selbstbewusstsein mangelt es der 37-jährigen, afrikanischen Musikikone nicht. Und davon braucht sie auch mehr als genug in ihrem Business. Ausgestattet mit einer Stimme, die vom rauchigen Alt bis zu einem hellen, klaren Sopran alles bereithält, begleitet sie sich bei ihren Auftritten selbst auf der E-Gitarre. Einem Instrument, das nach wie vor auf den Bühnen der Welt hauptsächlich von Männern gespielt wird.

Mit ihren vier Musikern, Yacouba Kone an der Gitarre, Sekou Bah am Bass, Jean Baptiste Gbadoe an den drums und Arecio Smith am Keyboard lieferte sie eine Bühnenshow, in der sich musikalisch ihre afrikanischen Wurzeln mit westlicher Rock-, Pop- und Folktradition vermischen. Einige Texterklärungen, die Fatou – wie sie ihre Freunde nennen –  dem Publikum auf Englisch anbot, wurden dankbar aufgenommen, verwendet die Sängerin in ihren Liedern doch ihre Muttersprache Bambara. Das Recht auf Bildung, zur Schule zu gehen, das Recht auf ein glückliches Leben werden darin genauso angesprochen wie kulturelle, afrikanische Traditionen. „Essen, Musik, Feste feiern gehören dazu. Musikinstrumente, die viele Jahrhunderte alt sind auch. Darauf können wir stolz sein!“, stärkt Diawara auch das Selbstbewusstsein ihrer eigenen Landsleute und versucht gleichzeitig, Afrika bei ihren Konzertauftritten in einem anderen Licht zu präsentieren als nur in jenem von Horror-Schlagzeilen.
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„Fatoumata Diawara“ bei ihrem Auftritt im Festspielhaus St. Pölten (Fotos: ECN)
Neben rhythmisch mitreißenden Rockballaden waren es vor allem ihre Solo-Auftritte, in welchen sie mit ihrer Stimme und eigener Gitarren-Begleitung das Publikum verzauberte. Dabei gelang ihr die Mischung zwischen traditionellen, afrikanischen, musikalischen Formvorgaben und einer eigenen, lyrisch-rockigen Interpretation besonders gut. Zu sehen, wie sehr sie dabei in ihren Gitarrensoli versinkt und sich Zufriedenheit und tief empfundene Freude in ihrem Gesicht widerspiegelt, war einfach zauberhaft.

Ihr Bühnenoutfit – eine modern gestylte Variante traditioneller, afrikanischer Roben – gehört ebenso zu ihrem Markenzeichen wie ihre muschelverzierten Dreadlocks. Auch darin äußert sich die Grenzüberschreitung dieser Künstlerin, die mit ihrem neuen Album „Fenfo“, aus dem Tacks zu hören waren, weltweit ihr Publikum begeistert.

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Enthusiasmus und Exzellenz – der Schlüssel zum Erfolg

Enthusiasmus und Exzellenz – der Schlüssel zum Erfolg

Enthusiasmus und Exzellenz – der Schlüssel zum Erfolg

 
Die Wiener Akademische Philharmonie im Goldenen Saal des Musikvereins
29.

November 2018

Aus der Anzahl von großen Klangkörpern in Wien sticht einer, was seine Zusammensetzung betrifft, besonders heraus: Die Wiener Akademische Philharmonie, die im November mit einem fulminanten Konzert im Goldenen Saal des Musikvereins ihr 30-jähriges Bestehen feierte.

Auf dem Programm standen ein aktuelles Auftragswerk an den im Jahr 2000 geborenen Linus Köhring, das 2. Klavierkonzert von Rachmaninoff und die Symphonie fantastique von Hector Berlioz.
Ein Programm, das die Musikerinnen und Musiker nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ herausforderte.

Das Besondere an diesem Orchester ist nicht mit einem Satz erklärt, vor allem nicht, da die Wiener Akademische Philharmonie nicht an das Konzept der gegenwärtigen, allumfassenden Kapitalisierung jeglichen menschlichen Bereiches angepasst ist. Denn: Die Musizierenden – der Großteil davon besteht nicht aus Profis – treten völlig ohne Gagen auf. Und: Berufsmusikerinnen und Musiker aus anderen Orchestern werden ergänzend eingesetzt – man möchte es kaum glauben – ebenfalls ohne Gage. Diese nehmen klugerweise vor allem strategisch wichtige Positionen ein – wie im Bläserapparat, in dem sie einen Anteil von rund 60 Prozent ausmachen. Aber auch der Konzertmeister, Martin Reining ist Vollprofi und maßgeblich für die Qualität der Streicher verantwortlich.

Eine, die das Orchester bereits von Beginn an begleitet, seit 10 Jahren im Vorstand ist und Gründungsmitglied war, ist Daniela Ungar. Die Allgemeinärztin, die als Psychotherapeutin tätig ist, stammt selbst aus einer musikalischen Familie. Der Vater war Dirigent, die Mutter Pianistin. So wie in ihrem Fall haben auch viele der Kolleginnen und Kollegen im Orchester familiäre Bande zu Musizierenden. Das bedeutet gleichzeitig, dass diese Damen und Herren Amateure im positiven Wortsinn sind. Sie üben ihre Tätigkeit ausschließlich aus Liebe zur Musik aus und erleben dadurch in diesem Orchester, was bei vielen anderen leider nicht mehr üblich ist: Eine Freude am Musizieren ohne Konkurrenzdruck, ohne Angst zu versagen und nicht weiter engagiert zu werden. Ihr aller Enthusiasmus ist eine der tragenden Säulen, denn ohne diesen kämen weder die wöchentlichen Proben zustande, noch die Auftritte in großen Häusern wie dem Musikverein oder dem Konzerthaus. Mindestens 2, manches Mal aber auch mehr, sind es pro Jahr, was bedeutet, dass man derzeit auf rund 100 Auftritte zurückblicken kann.

Die zweite, tragende Säule, die auch die Programme des Orchesters so attraktiv macht, dass sie beinahe jedes Mal ausverkauft sind, ist die Auswahl der Dirigierenden sowie der Solistinnen und Solisten. „Die Dirigenten, die mit uns auch proben, sind die einzigen, die eine Aufwandsentschädigung bekommen“, erklärt Daniela Ungar in einem Gespräch. „Aber auch sie sind nicht adäquat bezahlt“. Dabei kommt es hauptsächlich darauf an, dass sie ein Gefühl für diese „inspirierende Arbeit mitbringen und nicht nur toll dastehen und über 2 oder 4 Monate vorne wacheln.“ Ungar bringt die Anforderungen, die das Orchester hat, launig auf den Punkt. Und was die Auswahl der Solistinnen und Solisten betrifft, verfolgen die Damen und Herren der Wiener Akademischen Philharmonie eine eigene Strategie. „Wir bekommen oft Empfehlungen von Kolleginnen und Kollegen, die uns auf Musikerinnen und Musiker hinweisen, die ein herausragendes Talent haben und im Konzertbetrieb nicht adäquat zur Kenntnis genommen werden. Diesen Leuten bieten wir die Möglichkeit, mit einem großen Orchester und in einem der renommiertesten und weltweit bekanntesten Säle aufzutreten. Und was uns besonders freut, ist, dass einige davon internationale Karrieren eingeschlagen haben! Das war auch bei einigen Dirigenten der Fall.“ Und dann zählt Ungar so klingende Namen wie Clemens Hagen, Kirill Kobantschenko oder Kirill Petrenko auf.

Aber es gibt noch weitere Auswahlkriterien für die Dirigenten, denn das Orchester legt besonderen Wert darauf, dass diese „geduldig und zugleich streng sein müssen. Disziplin ist ja da bei uns, aber es besteht natürlich viel mehr die Gefahr des Auseinanderfallens und wenn eine musikalische Linie ausgespielt wird, dann geschieht das meist bis zur Ekstase“, erklärt Ungar mit einem Augenzwinkern. „Er muss uns also halten und unterrichten, weil wir lernbegierig sind, und doch auch fliegen lassen. Das ist eine Gratwanderung, die wirklich schwer ist. Vinzenz Praxmarer hat das in diesem aber auch dem letzten Programm bravurös gemeistert. Wir arbeiteten alle sehr gerne mit ihm.“

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Die Wiener Akademische Philharmonie

Mit diesen Worten ist die allumfassende Herausforderung des Dirigates kurz umrissen, dennoch arbeiten auch arrivierte Dirigenten wie Alfred Eschwée oder Guillermo Garcia Calvo immer wieder gerne mit den enthusiastischen Musikerinnen und Musikern. Wahrscheinlich ist es gerade diese Einstellung, die Begeisterung am Musizieren und die Möglichkeit, sich dabei weiter zu entwicklen, die auch die großen Namen am Dirigentenpult faszinieren.

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Wer schon einmal hinter die Kulissen eines Orchesterbetriebes geblickt hat, weiß, dass es noch einige andere Tätigkeiten gibt, die zugekauft werden müssen, wie zum Beispiel das Layout der Programme und Plakate oder jenes der Website. Auch hier hat die Wiener Akademische Philharmonie großes Glück. Denn Jürgen Palmer von „palmer project“ begleitet mit seinen Designs das Orchester ebenfalls schon seit vielen Jahren kostenlos. Zeugnis davon legt eine fotografische Zusammenfassung der unterschiedlichen Sujets ab, die auch einen aussagekräftigen Einblick in die Arbeit von Palmer selbst geben. Aber auch Spezialisten, wie Klavierstimmer steuern dazu bei, dass die Abende gelingen.

Am 25. November brachte sich Ingmar Flashaar auf diesem Gebiet ein und verlieh dem Fazioli-Flügel, den er besondres gut kennt, noch eine abschließende, exzellente Stimmung. Zur Verfügung gestellt wurde das schöne Instrument von der Firma Stingl, die diesen extra in den Musikverein liefern ließ.

Mit Ketevan Sepashvili hatte man eine Pianistin engagiert, die bereits im Vorjahr in der Reihe „Tasten Lauf“ im Gläsernen Saal des Musikvereins mit ihrem Recital Standing Ovations erhielt. Es war unglaublich faszinierend, mit welcher Ausgewogenheit die aus Georgien stammende Österreicherin Rachmaninoffs Klavierpart spielte. An keiner Stelle überinterpretiert oder romantisierend und dennoch voll Leidenschaft, meisterte sie den schweren und auch langen Part herausragend. Es war für sie sicherlich eine Herausforderung, dem großen Klangkörper dementsprechend Stand halten zu können, aber unter dem sehr feinfühligen Dirigat von Vinzenz Praxmarer, gelang ihr dies mühelos. Mehr noch, mit ihrer konzentrierten Spielweise, bei der sie jedoch immer wieder mit dem Orchester Blickkontakt aufnahm, ihrem präzisen und intensiven Anschlag und dem sicht- und fühlbaren tiefen Eintauchen in die Musik, faszinierte sie das Publikum innerhalb weniger Augenblicke.

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Ketevan Sepashvili

In ihrem Spiel wird überdeutlich, wie sehr sich ihre Ausbildung, orientiert an der russischen Schule, mit der westeuropäischen, bei der vor allem Wert auf ein gefühlsmäßiges Erfassen der Werke gelegt wird, zu einer herausragenden Exzellenz vereinen. Wie sie gleich zu Beginn das Thema mit den stampfenden Bässen und gewaltigen Akkordsequenzen kraftvoll anging, oder die Dynamik im 2. Satz derart ausdifferenziert zu spielen imstande war, dass das Orchester an dieser Stelle auch ohne Dirigat auskommen hätte können, war atemberaubend. Ihr tiefes Verständnis für die Partitur , zeigte sich nicht nur in der Meisterung der technisch schwierigen Passagen mit ihrer lupenreinen Technik, sondern auch ihrem musikalischen Verständnis, das große Linien genauso berücksichtigte, wie kleinste, unterschiedliche Artikulationsmöglichkeiten.

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Die Wiener Akademische Philharmonie bei der Probe
Wie diametral entgegengesetzt zeigte sich die Pianistin in ihrer anschließenden Zugabe – Domenico Scarlattis h-Moll-Sonate. Selten konnte man dieses Werk derart ruhig fließend erleben, das an einem Instrument wie dem Fazioli-Flügel eine eigene Spielweise erfordert. Darf man doch nicht vergessen, dass Scarlattis Werke für Cembalo geschrieben waren und deswegen auf Instrumenten mit einer Hammermechanik gänzlich anders gespielt werden müssen. Vor allem gelang ihr abermals ein faszinierender, dynamischer Ansatz, der sowohl die Bassnoten als auch jene im Diskant mit gleicher Präzision erklingen ließ, sodass keinerlei romantisierende Interpretation aufkam. Aber auch das Gegenteil, eine trockene Auslegung war weit, weit entfernt.

Am Konzertabend erfuhr auch Linus Köhring eine ganz besondere Beachtung. Der junge Musikstudent, der im Orchester Bratsche spielt, erlebte, selbst mitmusizierend, die Uraufführung seines Stückes „Freiheit“. Die Komposition in freier Rondoform, wenngleich auch mit divergierenden Themen ausgestattet, verwies klanglich an Gustav Holst „Planeten“ und große, dramatische Filmmusik aus Hollywood. Es war diese besondere Mischung, ganz dem traditionellen Moll-Dur-Kanon verpflichtet, die vom Publikum begeistert aufgenommen wurde. Köhring nutzte dabei den kompletten Orchesterapparat mit großem Schlagwerk und dem mehrfachen Einsatz von Fanfaren. Für das Orchester selbst war die Erarbeitung des Stückes eine besondere Erfahrung, leitete der Komponist doch auch selbst eine Probe.

Die Wiener Akademische Philharmonie, ursprünglich als Studierendenorchester gegründet,  bietet ihren Mitgliedern eine ganz besondere Möglichkeit: Sie können ihre Passion, das Musizieren in einer Gruppe, in einem Umfeld ausleben, das durch die Einbindung von Profis eine permanente, eigene Weiterentwicklung bietet. Darüber hinaus entsteht auch eine Verbundenheit mit jenen Solistinnen und Solisten, die durch das Orchester die Möglichkeit zum Sprung an die musikalische Spitze erhalten. Genau diese Kombination des Enthusiasmus von musizierenden Amateuren und der Exzellenz von Vollprofis, die diese ergänzen und unterstützen, ist einzigartig und letztlich auch der Schlüssel zum Erfolg.

Weitere Informationen auf der Website der Wiener Akademischen Philharmonie.

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Ohne Papiere bist du vogelfrei

Ohne Papiere bist du vogelfrei

Ohne Papiere bist du vogelfrei

 

„Totenschiff“ (Foto: Armin Bardel)

28.

November 2018

Ein Mensch ist ein Mensch, ist ein Mensch. Aber nur, wenn er Ausweispapiere hat. Im „Totenschiff“, einer „Song-Oper“ von Oskar Aichinger wurde dieses Thema sehr plakativ vor Augen geführt. Unter der Regie von Kristine Tornquist wurde im Rahmen von Wien Modern die Geschichte des Seemanns Gale nach der Roman-Vorlage von B. Traven erzählt.

Einem in Mexiko gelebt habenden Literaten, dessen eigentlicher Name Otto Feige gewesen sein dürfte. Der ehemalige deutsche Maschinenschlosser und Gewerkschaftssekretär taucht nachweislich um 1942 in Mexiko auf, allerdings ist vieles in seiner Biographie unvollständig und rätselhaft.

Der Romanautor, von dem es auch eine Reihe von Erzählungen gibt, vertrat eine kapitalismuskritische Haltung und schrieb in ironisch-sarkastischem Duktus. Der Stoff, aus dem „Das Totenschiff“ besteht, ist zum Teil autobiografisch. Bei einem Landurlaub in Antwerpen verliert der Matrose Gale seine Papiere und damit auch, wie im Laufe der Inszenierung klar wird, jegliches Recht.

Im stimmungsvollen „Reaktor“ in der Geblergasse, einem langgestreckten historisierenden Raum aus dem 19. Jahrhundert, war ein sparsames, aber stimmiges Bühnenbild mit abstrahierten Videoeinspielungen (Ausstattung Max Kaufmann, Mirjam Mercedes Salzer) ausreichend, um Gale nicht nur durch verschiedene Länder marschieren zu lassen. Er heuerte auch bei einem höchst maroden Schiff an, um dort – ungewollterweise – als Kohlenschaufler zu landen.

B. Traven zeigt in seinem Buch auf, dass papierlos sein gleichzusetzen ist mit keinerlei Rechte mehr haben und Menschen, denen dies passiert, sich rasch in der untersten, sozialen Hierarchiekette wiederfinden. Obwohl der Roman 1926 veröffentlicht wurde, hat er traurigerweise jede Menge Aktualitätsbezüge.

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„Totenschiff“ (Foto: Armin Bardel)

Die Kostüme (Nora Scheidl) und die Regie gaben der Inszenierung die Note eines moralisierenden Bilderbuches für Erwachsene, bei dem hin und wieder Brecht und Weill als Paten von Ferne grüßen ließen. Mit überzeichneten Figuren, begonnen von Gale selbst über Polizisten, Kapitäne, Schmuggler oder einen Konsul (Bernhard Landauer, Richard Klein, Clemens Kölbl, Horst Lamnek) war klar, dass das Gezeigte nicht als Geschehen aufgefasst werden sollte, das nur mit der Figur des unglücklichen Seemanns verknüpft ist. Vielmehr zeigten B. Traven und Tornquist in ihrer adäquaten Bühnenübersetzung Prototypen, die massenweise ähnliche Schicksale erfahren wie der Hauptprotagonist. Die Ironie, die Traven immer wieder verwendet, fand in der Bühnendarstellung der Polizisten und des Konsuls ihre Entsprechung. Mit Tanzschritten ausgestattet, zum Teil in Countertenorlage, boten diese Charaktere eine passende, augenscheinliche Persiflage ihrer Rollen.

Voll von Optimismus beginnt Gernot Heinrich in seiner Rolle als Gale, sein Schicksal trotz fehlender Papiere in die Hand zu nehmen. Sein feiner, sehr lyrisch ausgestatteter Tenor traf dabei in mehrfachen Duetten auf den geschmeidigen und zugleich kräftigen Sopran von Romana Amerling. Als „Großer Kapitän“ oder auch Schicksal, stand sie ihm auf all seinen Odyssee-Stationen immer wieder zur Seite, griff jedoch nie helfend ein.

Jury Everhartz leitete das ensemble sirene mit sichtbarem Enthusiasmus aber auch viel Gefühl für Feinheiten. Musikalisch ist die Song-Oper vielfältig angelegt. Oskar Aichinger illustriert Erinnerungen an New Orleans mit dementsprechend jazzigen Klängen, verwendet eine ganze Reihe von Tanz-Rhythmen, erinnerte während der Frankreich-Reise des Hauptprotagonisten an Edith Piafs „padam“, unterstrich das Auslaufen des maroden Schiffes mit einem wilden Marsch, der sich zu einer behäbigen Polka verwandelte und verlieh dem Schicksal in luftiger Höhe immer wieder ein stimmgewaltiges, melodiöses Zwischenspiel. Johann Leutgebs kräftiger, klarer Bariton passte wunderbar zu seiner Rolle. Als Stanislawski fand er in Gale, kohlenschaufelnd unter Deck, einen Freund bis zur letzten Stunde.

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„Totenschiff“ (Fotos: Armin Bardel)

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Die süße, verführerische Melodie, die Aichinger dem Schicksal am Ende seiner Oper singen lässt, lässt, sicher nicht zufällig, an jene Sirenen-Klänge denken, welche Odysseus Mannschaft in den Tod trieben. Das Eintauchen in die kalte See, in der Gale und sein Freund Stanislawski letztlich ertrinken, geschieht in dunkles Blau getaucht, beinahe erlösend. Welch schöner, vielleicht sogar ungewollter Verweis auf das sirene-Ensemble, welches diese Oper aus der Taufe hob.

Eine intensive Produktion, die sich musikalisch weder dem Gestern noch dem Heute anbiedert und gerade deswegen außerhalb der gängigen, zeitgenössischen Opernproduktionen steht.

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Zugvögel können Nester bauen

Zugvögel können Nester bauen

"Über uns der Himmel"  Dschungel Wien (Foto: Rainer Berson)

In Zeiten wie diesen ist es unumgänglich, sich im Theater mit dem Thema Migration auseinanderzusetzen. Wie das in vorbildhafter und zugleich höchst poetischer Weise geschehen kann, zeigte der Dschungel Wien. „Über uns nur der Himmel“ war der Titel einer Koproduktion mit „Wien Modern“, für die Corinne Eckenstein gemeinsam mit Sanja Tropp-Frühwald die Choreografie erarbeiteten.

Eine Gruppe, zusammengesetzt aus Tanzprofis und Kindern zeigten zu Musik von drei Komponistinnen und acht Komponisten ein ganzes Spektrum an Annäherungen zu diesem Thema, ohne jemals den Belehrungsfinger oder einen Holzhammer auszupacken. Vielmehr durfte das Publikum in ein Abenteuer eintauchen, das Schrecken einer dunklen Nacht genauso bereit hielt wie ausgelassenes Spiel und Freude am Entdecken von Neuem. Und dies anhand einer Kinderschar, die sich gezwungenermaßen – wie Zugvögel – auf den Weg machen müssen, um ein neues Zuhause zu finden.

Dabei gelangen sie immer wieder an eine Mauer, die sie nicht überwinden können, oder über die sie, hochgehievt, nur sehnsüchtig blicken können. Vieles, was in dieser Inszenierung im Tanz „erzählt“ wird, ist intuitiv nachvollziehbar. Die Müdigkeit, die schier endlose Reise, der Schlaf, der sie überkommt, das Gemeinschaftsgefühl und der Kampf gegen Unbekanntes und Verbotenes. In flüssigen Bewegungsabläufen mit zum Teil synchronen Passagen, einer außergewöhnlichen Szene, in welcher eines der Mädchen in tiefem Schlaf, wie leblos von ihrem erwachsenen Begleiter gehoben, geschoben, gehievt, gerollt und behutsam bewegt wird, ist der Tanz ein adäquates Mittel, Emotionen, aber auch jede Menge Bilder im Kopf zu vermitteln.

Vier Frauen sitzen mit langen Tarnröcken auf einem kleinen Podest und spielen ein Streichquartett

Koehne-Quartett (Foto: Rainer Berson)

Das Koehne-Quartett tritt dabei optisch, trotz andauernder Bühnenpräsenz, durch tarnfarbige Kostüme, in den Hintergrund. (Kostüme und Bühne Ilona Glöckel) In kurzen Stücken, angesiedelt zwischen Wohlklang und gänzlicher Atonalität, wird eine musikalische Begleitung geboten, die sich atmosphärisch den jeweiligen Vorgängen anschmiegt. Sich auf den Weg machen zu müssen und keine Bleibe zu haben, nicht einmal ein Nest, so wie dies die Zugvögel tun können, ist das Hauptthema von „Über uns nur der Himmel“ und regt, anders als Diskurse über Flüchtlingsströme, nicht vorrangig zum Nachdenken, sondern zum Mitfühlen an. Und so wechselt das Geschehen auch immer wieder zwischen Vogel- und Menschengemeinschaften und bietet sogar einen bezaubernden Tierzirkus.

Die Kunst, Profis und Kinder so auf der Bühne zu vereinen, dass es dabei zu keinen Hierarchien kommt – diese Kunst beherrschen Eckenstein und Tropp-Frühwald exzellent.

Koehne Quartett: Joanna Lewis, Violine, Diane Pascal, Violine, Lena Fankhauser, Viola, Mara Achleitner, Violoncello

TänzerInnen: Jaskaran Anand, Silvia Both, Lino Eckenstein, René Friesacher, Roni Sagi; Tanzcoach Gat Godovich

DarstellerInnen: Laura Biz, Lino Eckenstein, Greta Follak, Sophia Valentina Gomez Schreiber, Sina Pourkarami, Sam Tosun

Musik von: Christine Burke, Angélica Castelló, Denis Dufour, Joanna Lewis, Dimitris Mousouras, Max Nagl, Werner Pirchner, John Psathas, Ahmed Adnan Sygun, Peter Sculthorpe und Paul Stanhope

Ein Konzertabend ohne Dirigat

Ein Konzertabend ohne Dirigat

Ein Konzertabend ohne Dirigat

 

Eröffnungskonzert Wien Modern (Foto: Markus Sepperer)

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November 2018

Es ist schon eine Selbstverständlichkeit, dass die Konzerte von Wien Modern eine unglaublich gute, inhaltlich kongruente Programmierung aufweisen. Unter Beweis stellte dies der Intendant, Bernhard Günther, gleich beim Eröffnungskonzert der Saison 2018 im Konzerthaus, die unter dem Motto „Sicherheit“ steht.

Dabei zeigte sich, dass das Generalthema schon auch einmal schwer hinterfragt, wenn nicht sogar auf den Kopf gestellt werden darf. Denn in dem Konzert mit den Wiener Philharmonikern war – zumindest für das Orchester – überhaupt nichts sicher.

Schließlich sind es die Musizierenden gewohnt, einen Dirigenten oder eine Dirigentin als Sicherheitsanker vor sich zu haben. Jemandem, mit dem das Konzert nicht nur erarbeitet wurde, sondern jemanden, der dieses letztlich auch leitet. An diesem Abend aber mussten sie ohne Dirigat auskommen. Dass dies dennoch funktionierte, hängt einerseits mit den ausgesuchten Stücken zusammen. Andererseits aber auch mit dem herausragenden Klangkörper und seinem Konzertmeister, Rainer Honeck, der spürbar eine Art interimistische Leitungsfunktion übernahm.

Gleich zu Beginn wurde jenes legendäre Stück von John Cage performt, in dem kein einziger Ton gespielt wird. 4‘33‘‘ aus dem Jahr 1953 beeindruckt das Publikum jedes Mal aufs Neue und ist mittlerweile – mit der Handynutzung – in unserer Zeit angekommen. Das „Einfrieren“ des Orchesters, das nach jedem der drei „Sätze“ kurz unterbrochen wurde, erzeugte ein ganz eigenartiges Gefühl. So, als ob die Zeit stehen geblieben und der Saal samt Orchester und Publikum aus jeglicher Zeitmessung gefallen wäre. Dass kurz vor Ende ein Mann sich aus den hinteren Parkettreihen bemüßigt fühlte, ein lautes „Alleluja“ von sich zu geben, erweiterte Cages Idee durch eine persönliche Wortmeldung humorig. Und zeigte zugleich auch, dass jede einzelne Aufführung von 4‘33‘‘ Komponenten bereithält, die zum Teil auch nicht vorhersehbar sind.

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Eröffnungskonzert Wien Modern (Foto: Markus Sepperer)

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Eröffnungskonzert Wien Modern (Foto: Markus Sepperer)

Ein absolutes Konzerthighlight folgte im Anschluss mit der „Verklärten Nacht“ von Arnold Schönberg. Ein häufig gespieltes Stück, das jedoch an diesem Abend so interpretiert wurde, dass man es ohne Übertreibung als Referenzaufnahme titulieren kann. Es sind nur Mutmaßungen, warum an diesem Abend die Spannung, die dem Stück innewohnt und das Drängen, das darin zum Ausdruck kommt, derart intensiv waren und warum die Pianissimo-Stellen eine sphärische Kraft entwickelten, die in dieser Art nicht selbstverständlich ist.

Ein Erklärungsmodell hängt damit zusammen, dass das Fehlen einer dirigierenden Person alle Kräfte eines Orchesters offenbar dermaßen mobilisierst, das Sensorium für ein gelungenes Zusammenspiel derart schärft, dass es zu einer Höchstleistung angestachelt wird. Denkbar ist auch, dass das Erarbeiten des Stückes ohne Dirigat in einer Art und Weise vonstatten geht, in welcher sich die Musikerinnen und Musiker wesentlich stärker einbringen können als dies der Fall ist, wenn ihnen eine Interpretations-Idee, die von außen kommt, vermittelt wird. Schließlich wird die Klasse der Musizierenden auch insofern deutlich, als sich alle aufeinander blind verlassen können und wissen, dass rund um sie herum nur musikalische Exzellenz arbeitet. Es wäre wunderbar, wenn der ORF, der das Konzert live in Oe1 übertrug, diese Aufnahme auskoppeln könnte und vielleicht mit anderen Highlights der Philharmoniker oder des Festivals auf CD anbieten würde. Zumindest bis zum 4. November besteht noch die Möglichkeit, es auf der Seite von Oe1 nachzuhören.

Mit dem zweiten Cage-Stück – Sixty-Eight – wurde abermals klar, dass moderne Mobiltelefone mehr als nur eine Funktion – nämlich das Telefonieren – haben. Die Notation ist so angelegt, dass die Spielenden frei in der Entscheidung sind, innerhalb eines gewissen, vorgegebenen Zeitrahmens ihren Part zu spielen. Dementsprechend waren auch alle Musizierenden mit ihren Handys ausgestattet, um ihren jeweiligen Einsatz nicht zu verpassen. Trotz aller Freiheit – die dennoch nur eine vermeintliche ist – zeigt sich dieses Werk als extrem strukturiert, lässt aber einen sinnlichen, musikalischen Ausdruck nicht vermissen.

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Eröffnungskonzert Wien Modern (Fotos: Markus Sepperer)

Als Abschluss erklang ‚Scattered Light“ von Johannes Maria Staud. Ein Auftragswerk, das er Bernhard Günther widmete. Vorgabe war, eine Komposition zu schreiben, die ohne Dirigat auskommt und so überlegte sich Staud ein metrisches System, das von einer strikten Rhythmusvorgabe im Klavier das gesamte Orchester mitträgt. Im Programmheft war von einem Spannungsfeld zwischen Präzision (Pulsation) und der Unschärfe (ausgelöst durch zwangsläufig auftretende kleinere agogische Abweichungen zwischen den Instrumentengruppen) zu lesen. Und tatsächlich war diese leichte Verschiebung auch hörbar. Das Orchester kam in seiner ganzen instrumentalen Bandbreite zum Einsatz, wobei zum Teil zeitgenössische Spieltechniken angewandt wurden. Stauds Komposition kann als dunkles Klangwolkenkonstrukt beschrieben werden, das mit wilden Pauken und Blech eine organische Bedrohung evoziert. Die Klangfarben bilden ein wildes, lebendiges Etwas ab, das sich aufmacht, Schrecken zu verbreiten und sich am Schluss leise, mit hörbaren Atemgeräuschen aus dem Geschehen verabschiedet. Bravo-Rufe und langer Applaus machten die Zustimmung des Publikums deutlich. Ein fulminanter Auftakt zu einem – das ist sicher – spannenden Festivalmonat von Wien Modern.

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Wie es gewesen sein könnte

Wie es gewesen sein könnte

Wie es gewesen sein könnte

Von Michaela Preiner

Styriarte – „Schubert – Unvollendete“ (Foto: Styriarte)
16.

Juli 2018

Einen außergewöhnlichen Konzertabend durfte das Grazer Publikum im Stefaniensaal im Rahmen der Styriarte erleben.

Der Concentus Musicus gastierte unter dem Dirigat des jungen Musikers Stefan Gottfried. Gemeinsam mit dem Konzertmeister Erich Höbarth und Andrea Bischof (2. Violine) hat dieser nach dem Rücktritt von Nikolaus Harnoncourt die Leitung des Ensembles übernommen. Dass es nach wie vor qualitativ zu den besten der Welt zählt, stellte es an diesem Abend unter Beweis.
Gewidmet war das Programm Franz Schubert, den man sowohl im ersten als auch im zweiten Teil spielte. Mit dem internationalen Bass-Bariton-Star Florian Boesch erklangen nach der Ouvertüre zum Zauberspiel „Die Zauberharfe“ einige atmosphärisch sehr intelligent ausgesuchte Schubert-Lieder mit Orchesterbegleitung. Sowohl Anton Webern als auch Johannes Brahms hatten diese vertont, wenngleich sie leider nicht oft zu hören sind und deswegen viele im Publikum überraschten.

Dem vollen Klang, den Boesch an seiner Seite als Ausgangsmaterial hatte, musste eine ebenso füllige Stimme beigegeben werden. Kein leichtes Unterfangen, bedenkt man, dass normalerweise die Lieder nur mit Klavier begleitet werden und aus diesem Grund das Stimmvolumen bei weitem nicht so groß sein muss. Boesch zeigte jedoch, was es heißt, Schuberts Lieder nicht nur herausragend zu singen, sondern sie von ihrem Grund auf auch zu verstehen. Er erarbeitete sich die Texte so, wie dies ein genialer Schauspieler machen würde, der in einem einzigen Satz imstande ist, die Stimmung mehrfach zu wechseln. Auch Boesch konnte in ein- und derselben Strophe vom zartesten Pianissimo zu Forte aufbrausen vice versa und beeindruckte nicht nur mit seinem herausragenden Bariton, sondern auch mit seiner Gestik und Mimik.

Dabei kam kein einziges Mal ein triefendes Pathos auf, welches andere Sänger gerne benutzen, um den Liedern eine abgehobene Künstlichkeit aufzuoktruieren. Die Interpretation von Boesch in Begleitung des Orchesters, das zum Teil mit Instrumenten arbeitet, die auch zu Schuberts Zeiten eingesetzt wurden, stellte ein so außergewöhnlich beeindruckendes Hörerlebnis dar, dass man ohne Mühe prognostizieren kann, dass es lange Zeit im Musikgedächtnis des Publikums verankert bleiben wird.

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Styriarte: „Schubert – Unvollendete“ (Foto: Styriarte)

Der zweite Teil des Abends brachte ein Novum mit sich. Dafür setzte der Concentus musicus zwei Sätze vor den Beginn von Schuberts „Unvollendeter“, die selbst ja nur in zwei Sätzen überliefert ist. Das von Schubert für den dritten Satz vorgesehene Scherzo war von ihm auf nur 20 Takten auskomponiert worden. Die orchestrale Ergänzung und Neufassung nahm der Musikforscher und Dirigent Benjamin-Gunnar Cohrs vor. Als Finalsatz, der anschließend erklang, wollen mehrere Forscher den Zwischenakt zur Schauspielmusik „Rosamunde“ erkannt haben und tatsächlich konnte man, abgesehen von derselben Tonart, einige Parallelen und Verschränkungen zu den vorangegangenen Sätzen wahrnehmen. Das besondere Charakteristikum des Satzes ist eine unglaublich stark ausgeprägte, emotionale Klangdualität. Zwischen schwarz und weiß, lieblich und herrisch, zwischen lyrisch und polternd bewegen sich die Themen in diesem „Unter-Umständen-Finalsatz“ ohne Unterlass.

Wie sehr Franz Schubert mit dieser Komposition die Klassik bereits hinter sich gelassen hatte und bestrebt war, mit neuen Formen dem strengen, formalen Konzept zu entkommen, wurde mit diesem Konzert überdeutlich. Mit den Schlagworten „Emotion vor Konvention“ könnte man in aller Kürze jene kompositorische Idee umreißen, die der Komponist in seiner Unvollendeten zum Einsatz brachte und die seit beinahe 200 Jahren die Hörerinnen und Hörer so außerordentlich begeistert. Die Idee zur Präsentation, die unbekannten Sätze den bekannten voranzustellen, stammte von Alice Harnoncourt. Sie folgte damit dem Beispiel ihres Mannes, der auf diese Art und Weise schon Bruckners „Unvollendete“ mit Cohrs Ergänzungen zur Aufführung brachte.

Dass die Musizierenden des Ensembles mit einer Hingabe und Freude spielen, die in dieser Art sehr selten bei Orchestermitgliedern anzutreffen ist, war an diesem Konzertabend gut zu bemerken. Das lässt die berechtigte Hoffnung zu, dass der Concentus musicus, wenn er weiter Wege wie diese geht, weiße Flecken aus der Musikgeschichte in einer derart hohen Qualität zu präsentieren, auch in Zukunft seine herausragende Stellung nicht nur behaupten wird können, sondern vielleicht sogar auch ausbauen.

Auf der CD, die in diesem Herbst mit diesem Programm erscheinen wird, wird das Scherzo und das Trio an die beiden bekannten ersten Sätze angeschlossen werden. Damit wird eine „vollendete Unvollendete“ zu hören sein, die, was in Österreich zu erwarten ist, Diskussionen auslösen wird. Etwas Besseres kann klassischer Musik gar nicht passieren.

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