von Michaela Preiner | Dez 7, 2024 | Allgemein, Juki-Cult
Ende November fand im Palais Coburg ein besonderer Abend statt, als der Verein JUNGEBÜHNE zu einem Fundraising-Dinner einlud. Der Verein ermöglicht Kindern und Jugendlichen schauspielerisch tätig und selbst ein Teil von großen Inszenierungen zu werden. Einige der Kinder empfingen die Gäste auf der großen Freitreppe in bezaubernden Elfenkostümen und begleiteten diese in den ersten Stock. Nach der offiziellen Begrüßung erhielten die Gäste dort einen ersten Einblick in die Arbeit des Vereins.
Ida Pammer-Bruckmüller und Kathia Deninger (Foto: JUNGEBÜHNE)
Kathia Deninger, die künstlerische Leiterin, und die kaufmännische Geschäftsführerin Ida Pammer berichteten über den Erfolg der heurigen Inszenierung „Der Diener zweier Herren“ von Carlo Goldoni. 29 Aufführungen, der Großteil davon im Muth https://muth.at/, weitere in Wiener Neustadt und Mattersburg, wurden von insgesamt 5.100 Besucherinnen und Besuchern, davon 3200 Kindern und Jugendlichen besucht. Ein enormes Aufkommen, bedenkt man, dass auf der Bühne nur Jugendliche und Kinder standen. Beflügelt von diesem Ergebnis wurden auch die Zukunftspläne vorgestellt, darunter geplante Auftritte in den Bezirken oder die langfristige Vision eines Gastspiels in Rom. Der Abend richtete sich nicht nur an Sponsoren und Eltern, sondern vor allem an die talentierten Kinder und Jugendlichen, die das Publikum mit einem abwechslungsreichen Programm in Kostümen unterhielten. Die Szenen, unter anderem mit Texten von William Shakespeare, waren trefflichst gewählt und wurden mit großem Engagement und erstaunlicher Professionalität aufgeführt. „Es ist unglaublich, welche Freude alle hatten, an diesem besonderen Abend dabei zu sein“, berichtete Kathia Deninger voller Stolz. Tatsächlich war das Setting ein komplett anderes als auf einer Bühne, agierte das quirlige Ensemble doch direkt umgeben vom Publikum und bezog dieses teilweise auch mit ein.
Mia Jelinek, Lisa Maria Kavalirek, Clara Bruckmann, Jacob Davies, Philip Frey (Foto: JUNGEBÜHNE)
Severin Tuppa (Foto: JUNGEBÜHNE)
v.l.n.r. hintere Reihe Lili Bühring, Sara Scarapazzi, vordere Reihe: Clara Bruckmann, Dunja Vavic, Felicitas Treske, Lisa Maria Kavalirek, Franziska Kimberger (Foto: JUNGEBÜHNE)
Theater als Bildungsauftrag
Der Verein, der sowohl in Wien als auch in Niederösterreich tätig ist, scheut sich nicht, Kinder und Jugendliche mit großen Werken der Weltliteratur zu konfrontieren und tief in das jeweilige Sprachdiktum einzutauchen. Der Neurowissenschaftler Manfred Spitzer hebt in seinen Büchern und Vorträgen immer wieder die Bedeutung des Theaterspielens als Schulfach hervor. Seiner Meinung nach fördert Theaterspielen nicht nur die Flexibilität des Gehirns, sondern stärkt auch das Selbstwertgefühl und die Empathiefähigkeit. Diese Ansätze spiegeln sich in der Arbeit des Vereins deutlich wider.
Die Kulturträger von morgen
Die Jugendlichen von heute sind nicht nur die Kulturträger, sondern auch das Publikum von morgen. Die Erfahrungen, die sie auf der Bühne sammeln, legen den Grundstein für eine anhaltende Begeisterung für Theater und Kultur. Musik, Tanz, Improvisation sowie schauspielerische Auftritte – all das wird in sommerlichen Workshops und wöchentlichen Unterrichtsstunden in kleinen Gruppen vermittelt. Dabei geht es nicht nur darum, Schauspieltechniken zu erlernen, sondern auch um die Förderung der Kreativität und die persönliche Weiterentwicklung. Die Kinder und Jugendlichen werden ermutigt, ihre eigenen Ideen einzubringen und sich aktiv am kreativen Prozess zu beteiligen. Dadurch entsteht ein lebendiges und abwechslungsreiches Theatererlebnis, das sowohl die Darstellerinnen und Darsteller als auch das Publikum begeistert.
Ort der Begegnung und des Austauschs
Wien verdankt Institutionen wie der JUNGENBÜHNE eine kulturelle Vielfalt, die von Generation zu Generation weitergegeben wird und die Zukunft der Stadt als kulturelles Zentrum Europas sichert. Besonders hervorzuheben ist die Rolle des Vereins als Ort der Begegnung und des Austauschs. Hier kommen junge Menschen aus unterschiedlichen sozialen und kulturellen Hintergründen zusammen, um gemeinsam Theater zu machen und voneinander zu lernen. Diese Zusammenarbeit fördert nicht nur das gegenseitige Verständnis, sondern trägt auch zur sozialen Integration bei.
v.l.n.r. Sara Scarapazzi, Severin Tuppa (Foto: JUNGEBÜHNE)
v.l.n.r. Dunja Vavic, Lisa Maria Kavalirek, Felicitas Treske, Philip Frey, Franziska Kimberger, Jacob Davies (Foto: JUNGEBÜHNE)
v.l.n.r. Sara, Scarapazzi, Giulia Scarapazzi, Severin Tuppa (Foto: JUNGEBÜHNE)
Neue Talente entdecken
Theaterprojekte wie die der JUNGEBÜHNE schaffen einen Raum, in dem junge Menschen ihre Talente entdecken und weiterentwickeln können. Es ist ein Ort, an dem sie ermutigt werden, ihre Komfortzone zu verlassen und Neues auszuprobieren. Ein weiterer wichtiger Aspekt der Vereinsarbeit ist die enge Zusammenarbeit mit Schulen und anderen Bildungseinrichtungen. Durch gemeinsame Projekte wird versucht, das Interesse für Theater und Kunst schon früh zu wecken und nachhaltig zu fördern. Diese Kooperationen ermöglichen es, auch Kinder und Jugendliche zu erreichen, die vielleicht sonst keinen Zugang zu einem derartigen kulturellen Angebot hätten.
Der Abend im Palais Coburg machte deutlich, dass Theater weit mehr ist als nur Unterhaltung – es ist eine wichtige Bildungs- und Entwicklungschance, die jungen Menschen hilft, sich selbst und die Welt um sie herum besser zu verstehen.
Weitere Infos: https://jungebuehne.art
von Michaela Preiner | Dez 4, 2024 | Allgemein, Theater
Ob im TV oder im Theater – Edutainment setzt sich als Format immer stärker durch. Die Wortverbindung von Entertainment und Education macht deutlich, dass das Publikum einerseits unterhalten werden soll, andererseits aber auch Informationen serviert bekommt, die für eine Weiterbildung sorgen.
Weil es knallt (Foto: Bettina Frenzel)
Die Schauspielerinnen und Schauspieler arbeiten divers und inklusiv und präsentieren „geopolitische Geschichten, berührende Texte und jede Menge Halligalli für Auge und Herz“, wie es der Website zu entnehmen ist. Auf der Bühne agierten Claudia Carus, Benjamin Kornfeld und Christiani Wetter. Bernhard Hammer steuerte die Live-Musik bei, wobei er sicher zwischen diversen aktuellen Musikstilen kurvte.
Das Thema der Inszenierung war Sucht in ihren vielen Facetten. Dabei ließen die Agierenden zum Teil tief in ihre eigenen Suchterfahrungen blicken – obwohl – Theater ist Theater und was dabei nun tatsächlich selbst erfahren wurde oder ‚nur‘ gespielt, ließ sich nicht wirklich klären. Die Stückentwicklung leuchtete in viele dunkle, aber auch abseitig gelegene Ecken, wie jene des zoologischen Bereichs. Hier waren es kleine Erzählungen, die das Thema beleuchteten. Die eine oder andere Info kann man ohne Weiteres beim nächsten Smalltalk brauchen, wie jene von den Delfinen, die bei der Auslebung ihres Sexualtriebes nicht gerade wählerisch sind und Kugelfische als Ping-Pong-Bälle benutzen. Das Leben im Wasser wurde gleich zu Beginn veranschaulicht, um einen Zustand zu beschreiben, der sich schwerelos anfühlt und in dem man sich geborgen fühlt. So leicht und geborgen wie in jenem Zustand, den man Rausch nennt.
Weil es knallt (Foto: Bettina Frenzel)
Weil es knallt (Foto: Bettina Frenzel)
Weil es knallt (Foto: Bettina Frenzel)
Weil es knallt (Foto: Bettina Frenzel)
Weil es knallt (Foto: Bettina Frenzel)
Alkoholmissbrauch ist nur eine Art, sich kurzfristig aus dem Leben zu beamen. Vom Kaufrausch kann man ebenso einen Kater davontragen wie nach exzessiven Partnertauschorgien. Vieles, was angesprochen wurde, hörte und fühlte sich nach Selbsterfahrungen des Ensembles an und berührte gerade dadurch. Sollte dies nicht so gewesen sein, dann war es zumindest ausgezeichnet gemacht.
Dass es unglaublich schwer ist, nach einer gewissen Entwöhnung nicht wieder in alte Missbrauchsmuster zu fallen und warum man überhaupt dazu kommt, süchtig zu werden – diese Szenen gingen tatsächlich unter die Haut. Ein Umstand, der gerade bei diesem Thema wichtig ist, werden doch Menschen mit Suchtverhalten gerne rasch abgestempelt, ohne dass man genau hinsieht, was sie so bedrückt. Der Leistungsdruck, dem viele junge Menschen ausgesetzt sind, das Gefühl alleine zu sein, die Angst zu versagen oder der Verlust von lieben Menschen – all das sind Gründe, sich aus der Realität zu beamen und letztlich im Suchtverhalten hängen zu bleiben, durfte man erfahren.
Weil es knallt (Foto: Bettina Frenzel)
Nichts davon jedoch wurde mit einem erhobenen Zeigefinger kommuniziert. Die flotte Regie, durch die das Ensemble ständig in Bewegung gehalten wurde, aber auch das gekonnte „Sich-selbst-nicht-ernst-nehmen“ trugen dazu bei, dass die bitteren Pillen, die verabreicht wurden, keinen weiteren Nachgeschmack entwickelten. Hautenge Bodysuits, bedruckt mit bunten Mustern, wie man sie aus psychedelischen Trip-Erzählungen und Plattencovern der 60-er-Jahre kennt, visualisierten so manchen LSD-Trip, oder zumindest, wie man sich einen solchen vorstellt.
Die Mischung zwischen Witz und Ernst, lockerem Plauderton und tiefgehender Selbsterkenntnis war es, welche „Weil es knallt“ des Theaterkollektivs ‚Fiese Matenten‘ besonders kurzweilig erscheinen ließ.
von Michaela Preiner | Dez 2, 2024 | Allgemein, Tanz
Alles rennt, ist hektisch, hat keine Zeit. An anderen vorbeilaufen, sich anrempeln und ärgern, dass schon wieder so viele Menschen zusammengepfercht in einer Straßenbahn transportiert werden – wer kennt nicht diese Szenarien und die Gefühle, die uns in solchen Momenten innerhalb von wenigen Augenblicken befallen?
Lisa Hinterreithner servierte dem Publikum im TQW ein Gegenkonzept. „Padded“, so ihre Performance, bot pure Entschleunigung. Eine Rückbesinnung auf das, was, was jeder Mensch erlebt, wenn er schläft oder besser – kurz davor und kurz danach.
Das Setting war einfach: Große, genähte Polster in Form von überdimensionierten Schwimmreifen, aus weichem, flauschigem Material oder Kunstfell bedeckten den Boden eines Studios. An den Wänden entlang waren quadratische Pölster und dicke Socken für die Zusehenden platziert. Relaxen vom ersten Augenblick an war angesagt.
Lisa Hinterreithner – padded (Foto: © Eva Würdinger, Markus Gradwohl )
Lisa Hinterreithner – padded (Foto: © Eva Würdinger, Markus Gradwohl )
Die drei Performerinnen, Lisa Hinterreithner, Rotraud Kern und Jasmin Schaitl wurden nicht sofort entdeckt. Verborgen unter Decken und sogenannten ‚Space-Shelter-Gehäusen‘, wie sie im Begleittext der Performance bezeichnet werden, die sich wohlig um ihre Körper schmiegten, wurden sie erst durch die anfänglichen Bewegungen sichtbar. Ein „Summgrunzen“ einer der Frauen, leise und wie im Schlaf von sich gegeben, bot den initialen auditiven Reiz. Immer wieder waren feine Geräusche zu vernehmen, welche die Frauen gelegentlich von sich gaben. Meistens jedoch erklang aus kleinen Audio-Boxen eine Sounduntermalung unterschiedlichster Assoziationsqualität. Leises Schnarren wechselte sich mit Knistern ab, fernes Grillenzirpen entführte die Gedanken in sommerliche Gefilde. Angenehmes Regenplätschern und eine animalische Klangkulisse weckten Lust, einen Landaufenthalt zu buchen und eine Auszeit zu nehmen, in welcher man zur Ruhe kommen kann, ganz so, wie es die Performerinnen vor einem taten.
Dabei gewann man den Eindruck, dass sie schliefen oder sich in einer Art Halbschlaf befanden. Langsame Bewegungen am Boden wie bedächtiges Drehen von einer Seite zur anderen, ein behutsames zentimeterweise Voranrutschen, immer mit dem Bedürfnis und der Möglichkeit, sich dabei unter einer der Stoffkonstruktionen zu verbergen oder sich damit zuzudecken, konnten beobachtet werden. Ein Augenkontakt mit dem Publikum wurde von Beginn bis zum Ende vermieden, vielmehr stand die Introspektion der einzelnen Frauen im Vordergrund. Wenn sie sich zu Zweier- oder Dreiergruppen zusammenfanden, geschah dies ausschließlich durch sanftes Annähern und wieder Entfernen. Niemals jedoch ohne ihre ‚caring objects‘.
Lisa Hinterreithner – padded (Foto: © Eva Würdinger, Markus Gradwohl)
Währenddessen wurde ein spezielles Hörspektrum geboten: Angefangen von einem Knisterknacken und Flatterschnattern, von einem Surrgurgeln, aber auch leisem Lippenschmatzen hin zu Schnarrgeräuschen wurde das entschleunigte Bühnengeschehen begleitet. Was davon eingespielt war und was davon live von den Frauen produziert wurde, war nicht immer auszumachen. Die produzierte Gemächlichkeit erlaubte dem Publikum, sich in den 45 Minuten der Performance selbst zu erholen, den langsamen bis statische Bewegungen zusehen, oder auch die Augen schließen und die eigene Aufmerksamkeit nur der ungewöhnlichen, aber beruhigenden Geräuschkulisse zu widmen.
So gering die Bandbreite der Bewegungsmuster der Performerinnen ausfielen, so viel Freiraum bot ‚padded‘ – zu Deutsch ‚gepolstert‘ dem eigenen Interpretationsraum. Die Zurücknahme, ja Verweigerung dessen, was von einer Tanzperformance normalerweise erwartet wird – Bewegung bis zu Verausgabung, findet seine Parallelen in der Bildenden Kunst, wie sie schon vor Jahrzehnten festgeschrieben wurden. Monochrome Malerei begonnen von Kasimir Malewitsch, über Raimund Girke oder Yves Klein bis hin zur in den USA entwickelten Minimal-Art von den frühen 60er-Jahren. Eine vergleichbare Idee war in der Musik zu beobachten – John Cage oder Philip Glass waren Giganten dieser Stilrichtung.
Lisa Hinterreithner – padded (Foto: © Eva Würdinger, Markus Gradwohl )
Lisa Hinterreithner – padded (Foto: © Eva Würdinger, Markus Gradwohl )
Lisa Hinterreithner stattet jedoch ihren Minimalismus mit einer höchst sinnlichen Komponente aus. Die verwendeten Materialien und ihr Einsatz als Schutz- und Geborgenheitsobjekte erzeugen wohlige Gefühle, auch wenn man als Publikum nicht am Geschehen selbst teilnimmt. Die Möglichkeit, sich durch weiche Stoffobjekte komplett von der Außenwelt abzuschirmen, entspricht dem Bedürfnis vieler junger Menschen, sich komplett aus der Gesellschaft zurückzuziehen. Der Overflow, mit dem die Menschen heute permanent konfrontiert sind, wird mittlerweile von nicht wenigen abgelehnt. ‚Shakaiteki hikikomori‘ nennt sich jenes japanische Gesellschaftsphänomen, bei welchem sich hauptsächlich Jugendliche und junge Erwachsene aus dem gesellschaftlichen Leben in ihre eigenen vier Wände zurückziehen und einen Großteil der Zeit im Bett verbringen. Ottessa Moshfegh thematisierte in ihrem Roman „Mein Jahr der Ruhe und Entspannung“ ebenfalls den totalen Rückzug einer Frau, die diesen minutiös mit Tablettenmissbrauch über ein Jahr lang durchführt.
‚Padded‘ ermöglicht einen Blick in Momente, die normalerweise äußerst privat und zurückgezogen gelebt werden. Die animalischen Parallelen, die sich in gewissen Szenen aufdrängten, auch sie erinnerten daran, was alle Lebewesen auf dieser Welt vereint: Neben Hektik und Betriebsamkeit vorrangig die Lust am Ausruhen, sich Erholen und der Wunsch, sich geborgen in seine eigene Höhle zurückziehen zu können. Ein Zustand, den gerade in unseren Zeiten viele Menschen schmerzlich vermissen müssen.
Lisa Kortschak und Elise Mory steuerten den subtilen Sound bei, Daniela Grabosch lieferte die Kostüme. Sie trugen erheblich zum Gelingen dieser Performance bei.
von Michaela Preiner | Dez 2, 2024 | Allgemein
Die Initiative des Art Collectors Club des Wiener Roten Kreuzes zeigt, dass Kunst und humanitäres Engagement auf einzigartige Weise verbunden werden können. Seit 1995 bringt der Club renommierte Künstlerinnen und Künstler mit der Mission des Roten Kreuzes zusammen: durch Kunst Menschen in Not zu helfen. Jährlich entsteht eine limitierte Druckgrafik-Edition, die nicht nur künstlerisch wertvoll, sondern auch ein wichtiges Instrument der Katastrophenhilfe ist.
Heimo Zobernig und die Kunst des Helfens
Der international bekannte Künstler Heimo Zobernig, dessen Werke in den bedeutendsten Museen der Welt vertreten sind, hat eine Serie von Unikatdruckgrafiken gestaltet, die Anfang Dezember in der Galerie Meyer*Kainer präsentiert wird. „Ich bin gerne dabei, denn das, was das Rote Kreuz macht, ist eine der wichtigsten Sachen. Verbindet man es mit dem, was der Inhalt dieses Druckes ist, wird deutlich, wie oft es Einsätze in der Natur, also am Berg, in der Wüste oder am Wasser gibt“, erklärt der Künstler.
Die Drucke, entstanden in Zusammenarbeit mit der Druckwerkstatt Zein Editions, zeigen ein quadratisches Motiv voller lebendiger Farben und subtiler Botschaften. Auffallend ist das eingebettete Wortspiel „PAIN“, das wie ein stiller Klang durch die Bilder schwingt. Gleichzeitig sind die Spuren des Entstehungsprozesses – Druckpasser und Handabdrücke – sichtbar geblieben, eine bewusste Entscheidung des Künstlers. Für Zobernig ist es wesentlich, dass die Betrachtenden die Kunst nicht nur sehen, sondern auch den Prozess der Schöpfung nachfühlen können.
Foto: (WRK / Markus Hechenberger)
Diese direkte Verbindung zwischen Schöpfungsprozess und Betrachtenden ist typisch für Zobernigs Arbeit. Wie sehr seine Kunst mit der Natur verbunden ist, erklärt er folgendermaßen: „Wesentlich für mich ist, dass die Malerei, die dem Druck zugrunde liegt, etwas probiert, das uns die Natur zeigt. Es ist nicht nach der Natur gemalt, sondern etwas, das Schönheit erzeugt wie Natur. Ursprünglich kommt die Farbe aus der Natur. Es waren Mineralien, Oxide und Pflanzen, die als Farbe für die Malerei gewonnen wurden.“
Zobernig, der in der Kunstszene als einer der wichtigsten Vertreter der zeitgenössischen Kunst in Österreich gilt, beweist auch in der neuen Serie sein meisterhaftes Verständnis für die Macht der Reduktion und die subtile Eleganz der Formensprache.
Der Künstler, bekannt für seine Auseinandersetzung mit Minimalismus und Konzeptkunst, setzt in der Edition auf eine Rückbesinnung zu klaren, geometrischen Formen: Rechtecke, Quadrate und einem Zusammenspiel von unterschiedlich färbigen Flächen. Diese geometrischen Elemente sind nicht einfach nur abstrakte Grundfiguren. Obwohl sie auf den ersten Blick an computergenerierte Schaltflächen erinnern, gelingt es Zobernig, ihnen eine sinnliche Dimension zu verleihen. Die Farbgebung ist leuchtend, das Zusammenspiel von Flächen und Negativräumen sorgfältig komponiert und von einer Leichtigkeit, die fast tänzerisch wirkt „Es gibt ganz wenige Farbnamen, die wie „Rot“, „Gelb“, „Grün“ oder „Blau“ abstrakt zu lesen sind. Aber es gibt tausende Farbnamen, die sich daran orientieren, was wir gerne essen, was wir übel finden, was wächst oder was wir einfach als Materie vorfinden. Ich habe mich lange damit beschäftigt und versucht, meine eigene Palette zu finden und zu verstehen“. Die implementierte Aussage ‚Pain‘ verbindet auf intelligente Weise den Grundgedanken des Roten Kreuzes – Menschen im Schmerz zu helfen.
Foto: (WRK / Markus Hechenberger)
Foto: (WRK / Markus Hechenberger)
Zobernigs Grafiken sind voller rhythmischer Elemente – als würde man einer Melodie mit den Augen folgen. Die Farbflächen korrespondieren mit der Linearität der geometrischen Formen. Das Verhältnis von Vorder- und Hintergrund wirkt dabei dynamisch, fast als ob die Flächen atmen würden. Zobernigs Kunst spielt mit der Wahrnehmung und schafft eine Balance zwischen Präzision und Verspieltheit. Diese Offenheit macht die Arbeiten zugänglich für Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen und ermöglicht es jedem, eine persönliche Verbindung zu den Werken herzustellen.
Der Art Collectors Club und seine Mission
Die Initiative erlaubt Kunstbegeisterten, mit dem Erwerb einer Grafik einen direkten Beitrag zur humanitären Hilfe zu leisten. Die Werke werden gegen eine freiwillige Mindestspende vergeben, deren Erlöse direkt in die Katastrophenhilfe des Wiener Roten Kreuzes fließen. Diese Hilfe ist vielfältig: Sie reicht von Soforthilfemaßnahmen bei Naturkatastrophen bis hin zur Unterstützung von Menschen, die durch Krieg oder humanitäre Krisen in Not geraten. Auch in Österreich selbst kommen die Mittel zum Einsatz, etwa bei Rettungsdiensten, Notunterkünften oder der Versorgung von Menschen, die von akuten Krisen betroffen sind.
„Der Art Collectors Club zeigt, wie Kunst eine Brücke zwischen Ästhetik und Menschlichkeit schlagen kann“, erklärt eine Sprecherin des Roten Kreuzes. „Jeder Kauf eines Kunstwerks ist ein Beitrag dazu, Leben zu retten und Hoffnung zu schenken.“
Bisher haben sich Künstler und Künstlerinnen wie Christian Ludwig Attersee, Herbert Brandl, Brigitte Kowanz, Peter Sengl, Billi Thanner, Franz Zadrazil, Maria Lassnig, Arnulf Rainer, Hubert Scheibl, Eva Schlegel und Erwin Wurm bereit erklärt, einen künstlerischen Beitrag zu leisten.
Die Präsentation der Edition findet am 4. Dezember 2024 um 18:00 Uhr in der Galerie Meyer*Kainer (Eschenbachgasse 9, 1010 Wien) statt. Interessierte sind herzlich eingeladen, die Werke im Original zu bewundern und Teil dieser außergewöhnlichen Initiative zu werden. Denn der Art Collectors Club des Wiener Roten Kreuzes zeigt: Kunst kann nicht nur die Welt verschönern, sondern sie auch verbessern.
Weitere Informationen:
www.wrk.at/artcollectorsclub
von Michaela Preiner | Nov 22, 2024 | Allgemein, Theater
Graz, die Stadt der Murinsel, des Uhrturms und des charmanten Improvisationstheaters, wurde im November zum Epizentrum des Impro-Cups 2024. Ein Festival, bei dem Schauspieler*innen aus ganz Europa in einem gewagten Experiment aufeinandertrafen – Blind Dates auf der Bühne. Fünf Abende, fünf Duos, die sich vorher nicht kannten, aber gemeinsam Neuland betraten. Das Versprechen: Unterhaltung, die berührt, begeistert und garantiert nicht langweilt. Das Ergebnis? Ein Festival, das seinesgleichen sucht und bewies, dass improvisiertes Theater mehr ist als ein paar schnelle Witze.
Im Zentrum standen die sogenannten „Dynamic Duo Shows“, bei denen Künstlerinnen und Künstler des Theaters im Bahnhof (TiB) auf internationale Gäste trafen. Das TiB wurde durch Pia Hierzegger, Lorenz Kabas, Jacob Banigan und Beatrix Brunschko vertreten, während Anja Balzer und Oliver Rank aus Deutschland, Billy Kissa aus Griechenland, Sara Šoukal aus Slowenien und Chris Mead aus Großbritannien teilnahmen. Jede und jeder von ihnen brachte nicht nur den individuellen Stil, sondern auch ihre eigenen kulturellen Einflüsse ein, die diesen Abenden eine einzigartige Note verliehen.
Aus den fünf abwechslungsreichen Abenden haben wir zwei ausgewählt, um aus ihnen hier spannende Eindrücke und Erlebnisse zu teilen.
Montag Spezial: EUROMIX – Wenn Kerzen flirten und Götter Weihnachten feiern
Der zweite Cup-Abend im Orpheum begann mit einer humorvollen Aufwärmphase. Dabei wurde das Publikum mit einem „Schulter-an-Schulter“-Wettbewerb herausgefordert – wer zuerst eine menschliche Kette bildet, gewinnt. Hier zeigte sich, dass das Grazer Publikum nicht nur gerne lacht, sondern auch hochkompetitiv ist. Die Moderation legte charmant-chaotisch nach, indem der Abend in „Englisch, schlechtem Englisch, Deutsch und schlechtem Deutsch“ ankündigt wurde – schlichtweg einem multilingualen Chaos, das hervorragend funktionierte.
Improcup 2024 in Graz (Foto. Johannes Gellner)
Die Szenen des Abends boten ein Feuerwerk an absurden Einfällen. So konnten sich zwei menschliche Kerzen partout nicht aneinander lehnen– eine grotesk-lustige Metapher für eine unmögliche Liebe. Im nächsten Moment durfte man in einem belebten Café drei Paare belauschen , deren Dialoge kunstvoll miteinander verwoben wurden. „Horoskope funktionieren nicht!“, platzte es dabei aus einem Mann heraus, worauf seine Begleiterin fassungslos antwortete: „Du hast mein Leben ruiniert.“
Ein weiteres Highlight war die Szene „Happy Funeral“, bei der eine Pina-Colada-Beerdigung gleichzeitig melancholisch und urkomisch wirkte. Eine Improvisation brachte sogar zwei Berge zum Reden, die in einem Gespräch über die Notwendigkeit vulkanischer Entgasung philosophierten. Der Vulkan müsse „pupsen“, weil Zurückhaltung ihm schaden würde – ein Moment, der in puncto Absurdität und Lachmuskelstimulation kaum zu überbieten war.
Musikalisch ging es mit einem improvisierten Song weiter, bei dem Felix Klengel am Keyboard gefordert war. Und dann waren da noch die Götter des Olymp, die beschlossen, Weihnachten zu feiern. Zeus, gewohnt unkonventionell, gestand, eine Affäre mit der Mutter von Jesus gehabt zu haben – weil, na ja, Versuchung ist eben Versuchung und er schließlich Zeus.
Der Abend endete mit einer epischen Tennisszene auf einem Friedhof, bei welcher der Ball abdriftete und von Ameisen in ihren Bau verbracht wurde. Wenig später wanderte er in einen Abwasserkanal, um schließlich mit einem Liebespaar seinen Weg zurück auf den Friedhof zu finden. Damit schloss sich der Kreis einer surrealen Geschichte, in der sich die Grenzen zwischen Komödie, Romantik und Impro-Kunst auflösten.
Mittwoch: Drei Blind Dates – Von Katzen, Dystopien und poetischen Reisen
Am Mittwoch änderte sich der Ton des Festivals, ohne an Spannung oder Kreativität zu verlieren. Statt interaktiver Szenen stand an diesem Abend die kreative Stückentwicklung und schauspielerische Kunst im Vordergrund. Drei Duos, die vorher nicht miteinander gearbeitet hatten, präsentierten vorbereitete Stücke, die dennoch Platz für zusätzliche, kleine Impro-Einlagen boten.
Improcup 2024 in Graz (Foto. Johannes Gellner)
Lorenz Kabas und Sara Šoukal loteten in „194 km between us“ die kulturelle und emotionale Distanz zwischen Graz und Ljubljana aus. Sie erzählten von Geburtstagsfeiern, ersten Alkoholerfahrungen und einsamen Parties. Höhepunkt dieser Performance war die Interpretation eines französischen Gedichtes von Lorenz, zu dem Sara einen improvisierten Tanz aufführte. Die Poesie dieses Moments kam auch ohne Humor aus, dafür aber versehen mit jeder Menge Gefüh – eine neue Erfahrung im Impro-Theaterbereich.Beatrix Brunschko und Billy Kissa widmeten sich in „Cat Ladies“ ihrer Liebe zu Katzen und nahmen mit ihrer Show das Publikum in ihre eigene Welt mit. Sie kreierten eine humorvolle und zugleich berührende Reise, die das Gefühl der Einsamkeit und die unerwartete Entdeckung von Freundschaft thematisierte. Mit viel Charme und Spielfreude schufen sie eine intime Atmosphäre, in der sich lustige Szenen mit leisen, nachdenklichen Momenten abwechselten. Ihre Darstellung war voller Witz, aber auch nachvollziehbarer Verletzlichkeit und bot eine herzerwärmende Theater-Erfahrung. Dass ihre Show das Publikum mit dem letzten Satz zu hinreißendem Lachen animierte, setzte ihrer Leistung noch das berühmte Tüpfelchen auf dem i auf.
Den Abschluss des Abends bildeten Jacob Banigan und Chris Mead mit „Future Foundation“, einer dystopischen Science-Fiction-Performance. In einer Gesellschaft, in der Individualität unterdrückt wird, verliebt sich Chris’ Figur in eine rothaarige Rebellin – ein brillanter, tragikkomischer Kommentar auf Mittelmäßigkeit und die Suche nach Freiheit. Besonders beeindruckend war die Vielseitigkeit der beiden Schauspieler, die mühelos zwischen verschiedenen Rollen wechselten und gleichzeitig jede Figur mit einer einzigartigen Persönlichkeit ausstatteten. Die Welt, die sie erschufen, war zugleich absurd und tiefgründig und bot eine Mischung aus Humor und Ernsthaftigkeit, die verdeutlichte, wie anspruchsvoll und reflektiert Improvisationstheater auch sein kann.
Thank you TIB for the Impro-Cup
Der Impro-Cup 2024 war ein Fest für all jene, die gerne ins Theater gehen und sich dort überraschen lassen, vor allem aber auch ein Triumph für die Kunst der Improvisation. Das TIB hat sich mit diesem Festival einmal mehr als Zentrum der Impro-Kunst in Österreich erwiesen.
Improcup 2024 in Graz (Foto. Johannes Gellner)
Improcup 2024 in Graz (Foto. Johannes Gellner)
Improcup 2024 in Graz (Foto. Johannes Gellner)
Improcup 2024 in Graz (Foto. Johannes Gellner)
Improcup 2024 in Graz (Foto. Johannes Gellner)
Improcup 2024 in Graz (Foto. Johannes Gellner)
Improcup 2024 in Graz (Foto. Johannes Gellner)
Improcup 2024 in Graz (Foto. Johannes Gellner)