Auf Herbergsuche in der Kathedrale Straßburg
24. Dezember 2007
Symbolisch gibt es wohl keinen besseren Ort, auf die Tragik der Obdachlosengeschicke in Straßburg aufmerksam zu machen. Was sich in den kunstvollen Tapisserien über ihren Köpfen in einer pittoresken Umgebung geschönt zeigt, nämlich der ganz und gar nicht ärmlich dargestellte Stall, in welchem das Jesuskind in der Krippe liegt, wäre für die Menschen, die darunter […]
Michaela Preiner
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Symbolisch gibt es wohl keinen besseren Ort, auf die Tragik der Obdachlosengeschicke in Straßburg aufmerksam zu machen. Was sich in den kunstvollen Tapisserien über ihren Köpfen in einer pittoresken Umgebung geschönt zeigt, nämlich der ganz und gar nicht ärmlich dargestellte Stall, in welchem das Jesuskind in der Krippe liegt, wäre für die Menschen, die darunter in der improvisierten Zeltallee kurzfristig logierten, schon reinster Luxus. Dass Straßburgs Verantwortliche bislang noch nicht reagierten, ist mir gänzlich unverständlich. Diese reiche Stadt, die mit ihren EU-Renoméebauten auch kräftig auf den Putz haut, verschließt beide Augen vor dem Beherbergungsproblem der Ärmsten. Sommers lagern diese Menschen meist auf Matratzen unter zwei Brücken der Ille, jetzt im Winter sieht man sie täglich in verschiedenen Geschäftseingängen oder zugigen Vorhallen – entweder alleine oder in kleinen Gruppen – sich in ihren Schlafsäcken zur Nacht zu rüsten. Die medienwirksame Aktion hat zumindest einen kurzfristigen Erfolg zu verbuchen. Noch für den selben Abend wurden 10-12 Notquartiere zur Verfügung gestellt und für den 28. Dezember wurde ein Treffen mit Francois Fillon, dem französischen Ministerpräsidenten, vereinbart. Auch wenn die „Publikumsreaktionen“ direkt vor Ort teilweise von „Entweihung eines Gotteshauses“ bis hin zu „lächerlichem Schauspiel“ reichten – wie sich Besucher der Kathedrale entrüsteten(lemonde.fr) , gab es doch auch andere, die den Campern belegte Sandwiches brachten. Wie dem auch sei: Eines sollte nicht vergessen werden: Jener Gott, für den alle christlichen Gotteshäuser errichtet wurden, und seien sie auch noch so prunkvoll, war ein Gott der Armen. Aufgemerkt, ihr praktizierenden Katholiken, die ihr euch als solche vor den Obdachlosen noch explizit bezeichnet habt und diese zugleich beschimpft, dass sie in dieser Kirche gar nichts zu suchen hätten. Habt ihr nie Jesaja gelesen, der da schrieb: „Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus!“ (Jesaja 58 Vers 7) Ich wünsche jedenfalls, dass dieser zeitgenössischen Herbergsuche vielleicht jetzt gerade zur Weihnachtszeit Erfolg beschert ist und dass auch der eine oder die andere zur Besinnung kommen mag, der/die sich gottesfürchtig nennt, aber menschenverachtend agiert.

Bildquelle: https://pasidupes.blogspot.com/2007/12/dlocalisation-des-don-quichotte-disgrce.html