„Diese Geschichte von Ihnen“, ein Drama von John Hopkins, hatte unter der Regie von Andrea Breth am 28. Februar im Akademietheater Premiere. Das Stück, das unter dem Titel „Sein Leben in meiner Gewalt“ 1973 in Starbesetzung verfilmt wurde, handelt von Sergeant Johnson, einem Polizeioffizier, der nach 21 Jahren im Dienst mit seinem Verdrängungsmechanismus nicht mehr fertig wird.
Nicholas Ofczarek übernimmt diesen Charakter, der im Alkohol sein Heil sucht und vom Leben im Allgemeinen desillusioniert ist. Seine Frau Maureen (Andrea Clausen) und er leben nur mehr gewohnheitsmäßig nebeneinander. Gegenseitige Gewaltausbrüche stehen an der Tagesordnung und obwohl Maureen versucht, ihren Mann zum Reden zu bewegen, schafft es Johnson nicht, aus seinem inneren Kokon auszubrechen. Er verhört eines Tages einen Mann, von dem er annimmt, dass er ein Kinderschänder sei, dafür jedoch noch keine eindeutigen Beweise hat. August Diehl spielt diese Rolle herausragend. Mit ihm nimmt die Inszenierung nach zwei lähmenden ersten Aufzügen endlich an Fahrt auf. In dieser letzten Szene bricht, so scheint es, alles aus dem Polizisten heraus, was er bis dahin an Seelenmüll mit sich schleppte. In einem richtigen Show-Down kommt es schließlich zu Gewaltszenen und dem Tod von Baxter.
Breth, die bei den letzten Festwochen Herzog Blaubart spannend inszenierte, lässt das Geschehen ganz langsam anlaufen. Ofczarek torkelt als Betrunkener in seinem eigenen Wohnzimmer herum, wobei man ihm die Trunkenheit nicht wirklich abnimmt. Andrea Clausen kommt mit einem Lockenwickler-Kopf, in Hausmantel und Pantoffeln in dieser Szene auch nicht glücklich in die Gänge. Die Demütigungen ihres Mannes nimmt sie in einer Mischung aus Mitleid, Wut und Kälte entgegen, wobei sie die ständige Aufforderung „Sprich mit mir“, in einer seltsam teilnahmslosen Diktion vorträgt. Man ist sich nicht wirklich sicher, ob die beiden, sonst hervorragenden Künstler, den richtigen Zugang zu ihren Rollen nicht gefunden haben oder aber auf Regieanweisung derart unglaubwürdig spielen. Das aufwändige Bühnenbild, ein riesiger Wohnzimmerschrank mit unsäglichem Porzellan-Nippes, spiegelt zumindest die Zeit wieder, in der Hopkins das Stück schrieb.
Die Zimmer im Polizeirevier im zweiten und dritten Aufzug befinden sich offensichtlich in einer Umbauphase. Rohe Gipswände und mit Bauplane verhängte Fenster erwecken diesen Eindruck und verstärken die Kälte dieser Umgebung. (Bühne Martin Zehetgruber) Roland Koch als Chief Inspector Cartwright, der die Todesumstände von Baxter untersuchen soll, verleiht dieser Figur ein gut nachvollziehbares Profil. Er pendelt zwischen einem Kollegen, der helfen will und einem starken Ego, das bei verbalen Angriffen sofort in die Gegenoffensive geht. Dennoch bleibt der elendslange Dialog der beiden Männer vor allem auch aufgrund der nicht stimmigen Psychologisierung von Johnson mühsam. Die Pause, die danach folgte, bescherte, gut nachvollziehbar, dem Theater einige freie Plätze.
Die psychologische Auflösung, was in Johnson und Baxters Gedanken tatsächlich vorgeht, wird im letzten Aufzug nachgeliefert. Ofczarek kommt hier als schleimender und prügelnder Polizist in Fahrt, obwohl die Kluft zwischen dem Gewalt ausübenden Mann und jenem, der sich beim Verhör „auf die Nette“ ein Geständnis holen möchte, unendlich groß bleibt. August Diehl hingegen changiert gekonnt zwischen einem bockigen und ängstlichen Vielleicht-Vergewaltiger und einem, der aufgrund seiner überlegenen Rhetorik bemerkt, wie er sein Gegenüber in die Enge treiben kann. Es sind nicht die Dialoge – bis auf ganz wenige Ausnahmen zwischen Johnson und Baxter – welche diese Inszenierung spannend machen. Die vielen Gewaltszenen, die auf der Bühne live performt werden, liefern an diesem Abend den stärksten Eindruck ab. Eine Kürzung von 3 ¼ auf 1 ½ Stunden würde der Aufführung gut tun. Der Applaus am Premierenabend war nicht nur höflich, sondern teils enthusiastisch.
Fazit: Für uns überraschend enttäuschend. Empfehlung: Selbst ansehen und sich eine Meinung bilden.