3 Tage – 2 Künstler
Beide haben künstlerische Werdegänge beschritten, die stark mit der Wirtschaft verzahnt sind, dennoch sind sie ihrer eigenen Handschrift immer treu geblieben.
Soltys (geb. 1956) war von 1980 bis 1985 Lehrbeauftragter an der Universität für Musik und Darstellende Kunst, Graz (Abteilung Bühnenbild) und von 1986 bis 2007 Leiter für Bühnenbild der Werkstätten der VEREINIGTEN BÜHNEN GRAZ. Seit 1989 ist er Mitglied des Künstlerkollektivs Intro Graz Spection und arbeitet seit dem Jahr 2007 freischaffend.
Andreas Quella-Gratze (geb. 1962) studierte Bühnenbild in Graz und kam dabei erstmals mit Herbert Soltys als Lehrer in Kontakt. Danach arbeitete er als Freelancer im Bereich Malerei und Grafik und unterstütze Sepp Zotter von Beginn seiner Karriere als Chocolatier. Seit vielen Jahren fungiert er als dessen Art Director und wurde mit der Gestaltung der Schokoladeschleifen weit über Österreich hinaus bekannt.
Im Laufe der Jahre verloren sich Soltys und Quella-Gratze aus den Augen, fanden aber durch Helmut Kocher, Inhaber einer Spenglerei und Dachdeckerei, wieder zusammen. Der Unternehmer ist leidenschaftlicher Kunstförderer und bescherte dem kunstinteressierten Publikum in Graz ein besonderes Event. Die Galerie Sommer, die über 10 Jahre neben dem Standort in der Liebenauer Hauptstraße auch in der Stempfergasse eine Niederlassung hatte, schloss diese mit 17. Juni. Die letzten drei Tage im altehrwürdigen Palais Kazianer wurden dank Helmut Kocher für ein Sonderevent genutzt.
In zwei Räumen standen sich die Arbeiten von Herbert Soltys und Andreas Quella-Gratze gegenüber. Großformatig sind jene von Soltys, der es über Jahrzehnte hin gewohnt war, mit enormem Malgerät riesige Leinwände zu bearbeiten. Kleinformatig präsentierte hingegen Quella-Gratze seine Arbeiten. Ob unterwegs oder zu Hause, er hat immer neben sich Papier liegen, um plötzliche Einfälle festzuhalten.
Beide treffen sich in zwei Stilkriterien sowie zum Teil auch inhaltlich. Zum einen arbeiten sie mit einer Farbenvielfalt, die unbekümmert, ja oft provokant nebeneinandersetzt, was gerade gefällt. Überdies verwenden sowohl Soltys als auch Quella-Gratze malerische und grafische Elemente und zeigen so, dass sie mit Farbe und Linie gleichermaßen umzugehen wissen. Inhaltlich treffen sich die Künstler in der permanenten Beschäftigung mit dem Menschen in all seinen Bewegungen oder auch statischen Momenten.
Quella-Gratze greift oft zu fließenden Formen, in welchen sich seine Körper auflösen und schweben. Grazil erscheinen sie immer und mischen sich mit deutlich erkennbaren Menschenwesen. Seine Bilder erzählen Geschichten, die viele Interpretationen offen lassen. Er selbst hingegen komponiert sie mit einer ganz bestimmten Idee. Wer nachfragt, ist im Vorteil, denn dann hat man das Glück, durch seine Erklärungen auch in seine kreative Gedankenwelt einzutauchen. Seine Bilder sind in dem Sinn keine Suchbilder, aber man sucht in seinen Bildern dennoch stets einen Sinn. Vieles, was man erblickt, scheint Traumszenen entnommen, oft punktet er mit einer hochästhetischen Komposition, der nichts mehr hinzuzufügen oder wegzunehmen ist.
Soltys hingegen betreibt in seinem jüngsten Zyklus kunsthistorische Aufklärungsarbeit. „Der Frühling“ von Botticelli tummelt sich neben einer Miniatur von Günter Brus, eingefasst in einem goldenen Barockrahmen. Joseph Beuys blickt fröhlich aus einem Bild und hält in einer seiner Hände eine kleine Tanz-Figurine, ganz so, als hätte er die Skulptur von Degas gerade aus einem Museum entwendet. Die Porträts blicken die Betrachtenden durchgehend direkt an, suchen deren Blick geradezu. Die kunsthistorischen Referenzen sind für den Künstler Fingerzeige, dass das Gestern ins Heute reicht und das Heute durch das Gestern eine neue Zukunft schafft.
Neben einer fulminanten Vernissage, bei welcher die Räumlichkeiten der Galerie förmlich aus ihren Nähten platzten, durften die Besucherinnen und Besucher am letzten Tag einen weiteren Höhepunkt erleben. Herbert Soltys hatte während der kurzen Ausstellungsdauer ein Bild angefertigt, auf dem viele einzelne Porträts zu erkennen sind. Den letzten Schliff verpasste er seiner Arbeit vor Publikum. Andreas Quella-Gratze überarbeitete dieses anschließend mit seiner eigenen Handschrift partiell und nach der zweifachen Signatursetzung übergaben die beiden Künstler das Werk Helmut Kocher als „Dankeschön“ für seinen Einsatz und seine Unterstützung.
‚3 mal ig‘ vereinte nicht nur zwei unterschiedliche Künstlerpersönlichkeiten mit ihren Werken auf harmonische Weise. Die Aktion machte auch deutlich, dass Kunstschaffende auch abseits von der sonst mehr als bekannten Rivalitätsgeste miteinander kooperieren können. Mit der Tatsache, dass es dafür einen kunstsinnigen Katalysator benötigte, nämlich Helmut Kocher, der selbst für die Kunst der beiden brennt, schließt sich der Kreis: Kunst und Wirtschaft stehen sich nicht diametral gegenüber. Im besten Fall ergänzen sie sich für beide Seiten auf das Zufriedenstellendste.